TE OGH 1997/7/24 6Ob215/97d

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Veröffentlicht am 24.07.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der zu FN 134483w im Firmenbuch des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch eingetragenen F***** Gesellschaft mbH, wegen Bucheinsicht eines Gesellschafters, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Gesellschaft mit dem Sitz in ***** vertreten durch den Geschäftsführer Christoph Miessgang, dieser vertreten durch Dr.Otmar Simma ua Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 6.Mai 1997, GZ 3 R 87/97m-10 (FN 1304483w), womit infolge Rekurses der Gesellschaft der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch vom 2.April 1997, GZ FN 134483w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Drei Gründungsgesellschafter haben sich mit Gesellschaftsvertrag vom 15.5.1995 samt einem Nachtrag vom 18.5.1995 zu einer Gesellschaft mbH zusammengeschlossen, die am 7.6.1995 im Firmenbuch eingetragen wurde. Nach der Satzung hat jeder Gesellschafter der auf unbestimmte Zeit errichteten Gesellschaft das Recht, diese unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Ende des Geschäftsjahrs durch eingeschriebenen Brief an alle übrigen Gesellschafter zu kündigen. Die Kündigung führt zur Auflösung der Gesellschaft. Die verbleibenden Gesellschafter sind berechtigt, die Gesellschaft fortzusetzen, wenn sie den Geschäftsanteil des kündigenden Gesellschafters innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt des Kündigungsschreibens im Verhältnis der übernommenen Stammeinlagen zum Verkehrswert übernehmen. Mit Schreiben vom 29.4.1996 kündigte der Gesellschafter Franco N***** die Gesellschaft zum Ende des Geschäftsjahres (das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt) auf. Die beiden anderen Gesellschafter erklärten, die Gesellschaft fortsetzen und den Geschäftsanteil des Kündigenden zum Verkehrswert übernehmen zu wollen. Eine förmliche Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters an die beiden verbleibenden Gesellschafter ist bisher noch nicht erfolgt. Es besteht noch keine Einigung über den Abtretungspreis. Die Gesellschaft hat ein Begehren des ausscheidenden Gesellschafters auf Einsicht in die Bücher und Schriften ausdrücklich abgelehnt.

Am 9.1.1997 beantragte der ausscheidende Gesellschafter, der Gesellschaft aufzutragen, ihm und/oder einem von ihm beigezogenen Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren. Er sei weiterhin Gesellschafter, jedenfalls aber auch als ausgeschiedener Gesellschafter berechtigt, Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zwecks Feststellung des Wertes seines Geschäftsanteils zu nehmen.

Die Gesellschaft beantragte die Zurückweisung des Bucheinsichtsantrages wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs. Der Antragsteller sei nicht mehr Gesellschafter. Für sein Einsichtsrecht gelte die zeitliche Schranke des § 22 Abs 3 GmbHG. Der Gesellschafter habe durch seine nicht formgerechte Kündigung gegen die Treuepflicht verstoßen. Er betreibe ein Konkurrenzunternehmen und wolle das Einsichtsrecht lediglich zu Zwecken des Wettbewerbs sowie zur Schädigung der Gesellschaft mißbrauchen. Er habe als Gesellschafter eine Geschäftsbeziehung zu zwei namentlich angeführten Kunden angebahnt, beliefere diese nunmehr allein und als Konkurrent der Gesellschaft.Die Gesellschaft beantragte die Zurückweisung des Bucheinsichtsantrages wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs. Der Antragsteller sei nicht mehr Gesellschafter. Für sein Einsichtsrecht gelte die zeitliche Schranke des Paragraph 22, Absatz 3, GmbHG. Der Gesellschafter habe durch seine nicht formgerechte Kündigung gegen die Treuepflicht verstoßen. Er betreibe ein Konkurrenzunternehmen und wolle das Einsichtsrecht lediglich zu Zwecken des Wettbewerbs sowie zur Schädigung der Gesellschaft mißbrauchen. Er habe als Gesellschafter eine Geschäftsbeziehung zu zwei namentlich angeführten Kunden angebahnt, beliefere diese nunmehr allein und als Konkurrent der Gesellschaft.

Das Erstgericht gab dem Antrag auf Bucheinsicht für die Zeit bis zum 31.12.1996 statt. Das Mehrbegehren betreffend den danach liegenden Zeitraum wurde (unangefochten) abgewiesen. Das Erstgericht vertrat die Auffassung, daß dem Gesellschafter einer Gesellschaft mbH zur Unterstützung seiner Leitungs- und Prüfungsrechte, aber auch zur Durchsetzung seiner gesellschaftsrechtlichen Vermögensrechte ein alle Geschäftsangelegenheiten umfassender Informationsanspruch zustehe, der im außerstreitigen Verfahren vor dem Firmenbuchgericht geltend zu machen sei. Ein ausgeschiedener Gesellschafter müsse sein berechtigtes Interesse an der begehrten Bucheinsicht konkret darlegen. Dies sei hier geschehen. Der Antragsteller habe vermögensrechtliche Ansprüche bescheinigt. Sein Einsichtsrecht sei aber auf den Zeitraum bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft zu beschränken gewesen. Eine allfällige Konkurrenztätigkeit des Antragstellers könne sein Einsichtsrecht nicht beschränken.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Es bejahte einen über den Anspruch des § 22 GmbHG hinausgehenden allgemeinen Informationsanspruch des Gesellschafters. Dieser Anspruch sei im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Er stehe auch einem ausgeschiedenen Gesellschafter zu. Der Anspruch eines Gesellschafters auf alle Geschäftsangelegenheiten umfassende Bucheinsicht könne von der Gesellschaft nur verweigert werden, wenn diese eine konkrete Gefährdung erheblicher Interessen der Gesellschaftt aufgrund eines vom Gesellschafter beabsichtigten Rechtsmißbrauchs behaupte und bescheinige. Die Umstände seien streng zu prüfen. Eine bloße Besorgnis, der Gesellschafter könne die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden, reiche zur Rechtfertigung der Verweigerung der Bucheinsicht nicht aus. Die Gesellschaft habe nicht hinreichend konkrete Umstände behauptet, insbesondere nicht, daß der Antragsteller die begehrte Einsicht lediglich zur Erlangung wettbewerbsrelevanter Informationen begehre und daß der Gesellschaft eine schwerwiegende Schädigung drohe.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Es bejahte einen über den Anspruch des Paragraph 22, GmbHG hinausgehenden allgemeinen Informationsanspruch des Gesellschafters. Dieser Anspruch sei im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Er stehe auch einem ausgeschiedenen Gesellschafter zu. Der Anspruch eines Gesellschafters auf alle Geschäftsangelegenheiten umfassende Bucheinsicht könne von der Gesellschaft nur verweigert werden, wenn diese eine konkrete Gefährdung erheblicher Interessen der Gesellschaftt aufgrund eines vom Gesellschafter beabsichtigten Rechtsmißbrauchs behaupte und bescheinige. Die Umstände seien streng zu prüfen. Eine bloße Besorgnis, der Gesellschafter könne die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden, reiche zur Rechtfertigung der Verweigerung der Bucheinsicht nicht aus. Die Gesellschaft habe nicht hinreichend konkrete Umstände behauptet, insbesondere nicht, daß der Antragsteller die begehrte Einsicht lediglich zur Erlangung wettbewerbsrelevanter Informationen begehre und daß der Gesellschaft eine schwerwiegende Schädigung drohe.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es liege eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen des allgemeinen Einsichts- und Informationsrechtes eines Gesellschafters einer Gesellschaft mbH und zu den Voraussetzungen der Verweigerung der Bucheinsicht vor.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Gesellschaft die Abänderung dahin, daß "das Einsichtsrecht des Antragstellers in die Bücher und Schriften der Antragsgegnerin hinsichtlich wettbewerbsrelevanter Informationen eingeschränkt" werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Nach der nun schon ständigen jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung steht dem Gesellschafter einer Gesellschaft mbH nicht nur das im Gesetz geregelte Bucheinsichtsrecht (§ 22 Abs 2 und § 93 Abs 4 GmbHG) zu, sondern auch ein allgemeiner, umfassender Informationsanspruch gegenüber der Gesellschaft (6 Ob 17/90 = EvBl 1990/170; SZ 65/11 ua). Der Informationsanspruch steht auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter zu, soweit die begehrte Einsicht Unterlagen betrifft, die in die Zeit fallen, in der der Antragsteller noch Gesellschafter war (GesRZ 1990, 222). Das Recht auf Bucheinsicht und Auskunftserteilung ist im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen (NZ 1990, 232; 6 Ob 33/97i mwN). In der Lehre wird einhellig die Auffassung vertreten, daß der Informationsanspruch des Gesellschafters seine Grenzen dort findet, wo der Anspruch rechtsmißbräuchlich erhoben wird oder gesellschaftsfremden Zwecken dienen soll (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht2 Rz 2/737; Reich-Rohrwig, Zum Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters in ecolex 1992, 334; Koppensteiner, GmbHG Rz 29 zu § 22; Grünwald, Grenzen des allgemeinen Informationsrechtes des GmbH-Gesellschafters in ecolex 1991, 245). In Deutschland ist das Verweigerungsrecht der Gesellschaft gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführer dürfen gemäß § 51a Abs 2 dGmbHG die Auskunft und die Einsicht in die Bücher verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Hauptanwendungsfall dieser Gesetzesstelle ist die Ausnutzung der begehrten Information für ein Konkurrenzunternehmen (Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechtes Rz 20 zu § 33; Luther/Hommelhoff14 Rz 21 zu § 51a). Auch für den österreichischen Rechtsbereich gilt, daß rechtsmißbräuchlich erhobenen Ansprüchen nicht stattgegeben werden darf. Die Rechtsausübung zum offenbaren Zweck, den Schuldner zu schädigen, ist rechtsmißbräuchlich. Das Leistungsbegehren ist abzuweisen (§ 1295 Abs 2 ABGB). Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß dieser allgemeine Grundsatz auch hinsichtlich des Informationsanspruchs eines Gesellschafters einer Gesellschaft mbH gilt. Das Individualrecht des Gesellschafters auf Information ist rechtsmißbräuchlich, wenn damit gesellschaftsfremde, die Gesellschaft schädigende Interessen verfolgt werden (SZ 65/11; 6 Ob 33/97i). Die Frage des Rechtsmißbrauchs kann dann bejaht werden, wenn der Gesellschafter die Erlangung von Geschäftsinformationen anstrebt, die er für ein (sein) Konkurrenzunternehmen benötigt und verwenden will. Genau dies hat die rekurrierende Gesellschaft schon in ihrer Äußerung zum Bucheinsichtsantrag des Gesellschafters behauptet. Der Antragsteller habe unter Verstoß gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft Geschäftsbeziehungen zu zwei Kunden der Gesellschaft angebahnt und beliefere nunmehr diese Kunden "allein für sein Konkurrenzunternehmen". Durch die Einsicht in wettbewerbsrelevante Unterlagen seien die Interessen der Gesellschaft gefährdet. Zu diesem Vorbringen berief sich die Gesellschaft auf vorgelegte Urkunden und die Parteienvernehmung. Ein Beweisverfahren zum angeführten Thema unterblieb. Feststellungen wurden nicht getroffen. Das Rekursgericht anerkannte zwar grundsätzlich ein Verweigerungsrecht der Gesellschaft, hielt aber ihr Vorbringen für nicht ausreichend konkret. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Das wiedergegebene Vorbringen der Gesellschaft im Verfahren erster Instanz, das auch im Rekurs (ON 8) wiederholt wurde, ist durchaus konkret und für den Fall des Nachweises des behaupteten Sachverhalts auch geeignet, ein Verweigerungsrecht der Gesellschaft bejahen zu können. Es ist zwar ein Informationsbedürfnis des Gesellschafters wegen seiner vermögensrechtlichen Interessen im Rahmen des Aufgriffsverfahrens zu bejahen, die Interessen der Gesellschaft wären aber im Wege der vorzunehmenden Interessenabwägung dann höher zu bewerten, wenn feststünde, daß der Antragsteller die Bucheinsicht auch aus dem Grund anstrebt, um für sich (sein Unternehmen) Wettbewerbsvorteile, insbesondere die Kenntnis über Kunden der Gesellschaft (um diese abwerben zu können), zu erlangen. Diese Absicht könnte durch das behauptete gesellschaftswidrige Verhalten (Abwerben zweier Kunden der Gesellschaft durch den Antragsteller) nachgewiesen werden. Bei Feststellung eines solchen Sachverhalts müßte der gestellte Anspruch des Gesellschafters auf umfassende Bucheinsicht, also unter Einschluß auch wettbewerbsrelevanter Unterlagen, als rechtsmißbräuchlich erhoben qualifiziert werden. Die unbeschränkte Bucheinsicht stünde außer Verhältnis zur Belastung der Gesellschaft und zur drohenden Schädigung von Gesellschaftsinteressen (vgl 6 Ob 7/96).Nach der nun schon ständigen jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung steht dem Gesellschafter einer Gesellschaft mbH nicht nur das im Gesetz geregelte Bucheinsichtsrecht (Paragraph 22, Absatz 2 und Paragraph 93, Absatz 4, GmbHG) zu, sondern auch ein allgemeiner, umfassender Informationsanspruch gegenüber der Gesellschaft (6 Ob 17/90 = EvBl 1990/170; SZ 65/11 ua). Der Informationsanspruch steht auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter zu, soweit die begehrte Einsicht Unterlagen betrifft, die in die Zeit fallen, in der der Antragsteller noch Gesellschafter war (GesRZ 1990, 222). Das Recht auf Bucheinsicht und Auskunftserteilung ist im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen (NZ 1990, 232; 6 Ob 33/97i mwN). In der Lehre wird einhellig die Auffassung vertreten, daß der Informationsanspruch des Gesellschafters seine Grenzen dort findet, wo der Anspruch rechtsmißbräuchlich erhoben wird oder gesellschaftsfremden Zwecken dienen soll (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht2 Rz 2/737; Reich-Rohrwig, Zum Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters in ecolex 1992, 334; Koppensteiner, GmbHG Rz 29 zu Paragraph 22 ;, Grünwald, Grenzen des allgemeinen Informationsrechtes des GmbH-Gesellschafters in ecolex 1991, 245). In Deutschland ist das Verweigerungsrecht der Gesellschaft gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführer dürfen gemäß Paragraph 51 a, Absatz 2, dGmbHG die Auskunft und die Einsicht in die Bücher verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Hauptanwendungsfall dieser Gesetzesstelle ist die Ausnutzung der begehrten Information für ein Konkurrenzunternehmen (Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechtes Rz 20 zu Paragraph 33 ;, Luther/Hommelhoff14 Rz 21 zu Paragraph 51 a,). Auch für den österreichischen Rechtsbereich gilt, daß rechtsmißbräuchlich erhobenen Ansprüchen nicht stattgegeben werden darf. Die Rechtsausübung zum offenbaren Zweck, den Schuldner zu schädigen, ist rechtsmißbräuchlich. Das Leistungsbegehren ist abzuweisen (Paragraph 1295, Absatz 2, ABGB). Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß dieser allgemeine Grundsatz auch hinsichtlich des Informationsanspruchs eines Gesellschafters einer Gesellschaft mbH gilt. Das Individualrecht des Gesellschafters auf Information ist rechtsmißbräuchlich, wenn damit gesellschaftsfremde, die Gesellschaft schädigende Interessen verfolgt werden (SZ 65/11; 6 Ob 33/97i). Die Frage des Rechtsmißbrauchs kann dann bejaht werden, wenn der Gesellschafter die Erlangung von Geschäftsinformationen anstrebt, die er für ein (sein) Konkurrenzunternehmen benötigt und verwenden will. Genau dies hat die rekurrierende Gesellschaft schon in ihrer Äußerung zum Bucheinsichtsantrag des Gesellschafters behauptet. Der Antragsteller habe unter Verstoß gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft Geschäftsbeziehungen zu zwei Kunden der Gesellschaft angebahnt und beliefere nunmehr diese Kunden "allein für sein Konkurrenzunternehmen". Durch die Einsicht in wettbewerbsrelevante Unterlagen seien die Interessen der Gesellschaft gefährdet. Zu diesem Vorbringen berief sich die Gesellschaft auf vorgelegte Urkunden und die Parteienvernehmung. Ein Beweisverfahren zum angeführten Thema unterblieb. Feststellungen wurden nicht getroffen. Das Rekursgericht anerkannte zwar grundsätzlich ein Verweigerungsrecht der Gesellschaft, hielt aber ihr Vorbringen für nicht ausreichend konkret. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Das wiedergegebene Vorbringen der Gesellschaft im Verfahren erster Instanz, das auch im Rekurs (ON 8) wiederholt wurde, ist durchaus konkret und für den Fall des Nachweises des behaupteten Sachverhalts auch geeignet, ein Verweigerungsrecht der Gesellschaft bejahen zu können. Es ist zwar ein Informationsbedürfnis des Gesellschafters wegen seiner vermögensrechtlichen Interessen im Rahmen des Aufgriffsverfahrens zu bejahen, die Interessen der Gesellschaft wären aber im Wege der vorzunehmenden Interessenabwägung dann höher zu bewerten, wenn feststünde, daß der Antragsteller die Bucheinsicht auch aus dem Grund anstrebt, um für sich (sein Unternehmen) Wettbewerbsvorteile, insbesondere die Kenntnis über Kunden der Gesellschaft (um diese abwerben zu können), zu erlangen. Diese Absicht könnte durch das behauptete gesellschaftswidrige Verhalten (Abwerben zweier Kunden der Gesellschaft durch den Antragsteller) nachgewiesen werden. Bei Feststellung eines solchen Sachverhalts müßte der gestellte Anspruch des Gesellschafters auf umfassende Bucheinsicht, also unter Einschluß auch wettbewerbsrelevanter Unterlagen, als rechtsmißbräuchlich erhoben qualifiziert werden. Die unbeschränkte Bucheinsicht stünde außer Verhältnis zur Belastung der Gesellschaft und zur drohenden Schädigung von Gesellschaftsinteressen vergleiche 6 Ob 7/96).

Zum Abänderungsantrag im Revisionsrekurs (die Rekurswerberin strebt die Abweisung des Bucheinsichtsantrages dahin an, daß nur die Einsicht exklusive "wettbewerbsrelevanter Unterlagen" bewilligt werde) ist auszuführen, daß eine solche Einschränkung mangels näherer Bestimmbarkeit nicht in Frage kommt. Die Bucheinsicht muß exekutiv durchsetzbar sein. Zu diesem Zweck wird im erneuerten Verfahren eine Klarstellung dahin zu erfolgen haben, welche konkreten Unterlagen von der Bucheinsicht ausgenommen werden sollen (für den Fall, daß nach dem Beweisverfahren von einer rechtsmißbräuchlichen Antragstellung auszugehen ist).

Die Sache ist noch nicht spruchreif. Der Revisionsrekurs ist mit seinem Aufhebungsantrag berechtigt. Das Erstgericht wird nach Durchführung der beantragten Beweise zum aufgezeigten Thema Feststellungen zu treffen und danach neuerlich zu entscheiden haben.

Anmerkung

E46872 06A02157

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00215.97D.0724.000

Dokumentnummer

JJT_19970724_OGH0002_0060OB00215_97D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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