TE OGH 1997/8/7 12Os102/97

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Veröffentlicht am 07.08.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.August 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Boguslaw D***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 6.Mai 1997, GZ 36 Vr 20/97-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 7.August 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Boguslaw D***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach Paragraph 201, Absatz 2, StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 6.Mai 1997, GZ 36 römisch fünf r 20/97-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklage auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der polnische Staatsangehörige Boguslaw D***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I) sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II) und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde der polnische Staatsangehörige Boguslaw D***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach Paragraph 201, Absatz 2, StGB (römisch eins) sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach Paragraphen 15,, 105 Absatz eins, StGB (römisch II) und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach Paragraph 212, Absatz eins, StGB (römisch III) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 21.September 1996 in Pernitz Klaudia C*****

mit Gewalt, nämlich dadurch, daß er sich zu ihr in das Bett legte, sie am Hals ergriff, würgte, ihr eine Ohrfeige versetzte und die Unterhose vom Körper riß, zur Duldung des Beischlafs genötigt (I);mit Gewalt, nämlich dadurch, daß er sich zu ihr in das Bett legte, sie am Hals ergriff, würgte, ihr eine Ohrfeige versetzte und die Unterhose vom Körper riß, zur Duldung des Beischlafs genötigt (römisch eins);

hiedurch als seiner Aufsicht unterstehende (am 2.November 1981 geborene und somit) minderjährige Person zur Unzucht mißbraucht (III) undhiedurch als seiner Aufsicht unterstehende (am 2.November 1981 geborene und somit) minderjährige Person zur Unzucht mißbraucht (römisch III) und

durch die Äußerung "solltest du irgendeinem von diesem Vorfall erzählen, werde ich dich überall hin verfolgen und umbringen" zur Unterlassung der Anzeige des unter Punkt I bezeichneten Verbrechens zu nötigen versucht (II).durch die Äußerung "solltest du irgendeinem von diesem Vorfall erzählen, werde ich dich überall hin verfolgen und umbringen" zur Unterlassung der Anzeige des unter Punkt römisch eins bezeichneten Verbrechens zu nötigen versucht (römisch II).

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 und 5 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.Dagegen richtet sich die aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 3,, 4, 5 und 5 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Schon die Verfahrensrüge (Z 3) erweist sich als berechtigt.Schon die Verfahrensrüge (Ziffer 3,) erweist sich als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der leugnende Angeklagte beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme des zur Tatzeit in der Wohnung aufhältigen Zdzislaw K***** zum Beweis dafür, daß dieser weder auf einen Kampf mit Klaudia C***** hindeutende Geräusche, noch ihr Weinen, noch deren Protest gegen "irgendwelche Handlungen" gehört hat und das Mädchen sich am nächsten Tag noch freundlich und fröhlich vom Angeklagten verabschiedete.

Ohne Einverständnis des Angeklagten (S 155 f iVm ON 13) nahm das Schöffengericht die Verlesung der von der Gendarmerie am 13.Dezember 1996 mit diesem Zeugen aufgenommenen Niederschrift (S 37 ff) vor und würdigte diese dahin, daß K***** - ungeachtet der Urteilsannahmen, wonach sich das Opfer gegen die Vergewaltigung wehrte, den Angeklagten anschrie, im Verlauf der Tat "vor Schmerzen zu schreien begann" (US 5), das Tatgeschehen somit akustisch wahrnehmbar war - kein unmittelbarer Tatzeuge sei und seine (bisherigen) Angaben, (nur) laute Lachgeräusche gehört zu haben, "die Zeugenaussage der Klaudia C***** keineswegs zu erschüttern vermögen", weil "zu diesem Zeitpunkt der Fernseher noch gelaufen" sei und das strafbare Verhalten des Angeklagten erst einsetzte, "als der Zeuge bereits wieder geschlafen" habe. Das Erstgericht stützte sich dabei auf § 252 Abs 1 Z 1 StPO (US 9). Dies indes zu Unrecht:Ohne Einverständnis des Angeklagten (S 155 f in Verbindung mit ON 13) nahm das Schöffengericht die Verlesung der von der Gendarmerie am 13.Dezember 1996 mit diesem Zeugen aufgenommenen Niederschrift (S 37 ff) vor und würdigte diese dahin, daß K***** - ungeachtet der Urteilsannahmen, wonach sich das Opfer gegen die Vergewaltigung wehrte, den Angeklagten anschrie, im Verlauf der Tat "vor Schmerzen zu schreien begann" (US 5), das Tatgeschehen somit akustisch wahrnehmbar war - kein unmittelbarer Tatzeuge sei und seine (bisherigen) Angaben, (nur) laute Lachgeräusche gehört zu haben, "die Zeugenaussage der Klaudia C***** keineswegs zu erschüttern vermögen", weil "zu diesem Zeitpunkt der Fernseher noch gelaufen" sei und das strafbare Verhalten des Angeklagten erst einsetzte, "als der Zeuge bereits wieder geschlafen" habe. Das Erstgericht stützte sich dabei auf Paragraph 252, Absatz eins, Ziffer eins, StPO (US 9). Dies indes zu Unrecht:

Nach dieser Gesetzesstelle hätte die Niederschrift nur verlesen werden dürfen, wenn der Vernommene in der Zwischenzeit verstorben oder sein Aufenthalt unbekannt wäre, ferner wenn sein persönliches Erscheinen wegen seines Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen füglich nicht bewerkstelligt werden konnte.

Keine dieser Verlesungsvoraussetzungen lag hier vor. Denn der Angeklagte hat in seinem Beweisantrag die Anschrift des Zeugen K***** in Polen - somit in einem Land, mit dem geordnete Rechtsbeziehungen bestehen, sodaß bei Weigerung des Zeugen vor dem österreichischen Gericht auszusagen (§ 72 Abs 1 ARHG), seine Vernehmung zu den vom Beschwerdeführer relevierten Punkten im Rechtshilfeweg offen steht - bekanntgegeben. Daß dieser - nach der allerdings bisher nicht verifizierten Bekanntgabe durch den Angeklagten - mit einem Aufenthaltsverbot in Österreich belegt ist, steht seiner unmittelbaren Einvernahme durch das erkennende Gericht nicht entgegen, weil allein tatsächliche, keinesfalls aber vom Willen inländischer Behörden abhängige Hindernisse die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsprinzips gestatten (Mayerhofer StPO4 § 252 E 25 f).Keine dieser Verlesungsvoraussetzungen lag hier vor. Denn der Angeklagte hat in seinem Beweisantrag die Anschrift des Zeugen K***** in Polen - somit in einem Land, mit dem geordnete Rechtsbeziehungen bestehen, sodaß bei Weigerung des Zeugen vor dem österreichischen Gericht auszusagen (Paragraph 72, Absatz eins, ARHG), seine Vernehmung zu den vom Beschwerdeführer relevierten Punkten im Rechtshilfeweg offen steht - bekanntgegeben. Daß dieser - nach der allerdings bisher nicht verifizierten Bekanntgabe durch den Angeklagten - mit einem Aufenthaltsverbot in Österreich belegt ist, steht seiner unmittelbaren Einvernahme durch das erkennende Gericht nicht entgegen, weil allein tatsächliche, keinesfalls aber vom Willen inländischer Behörden abhängige Hindernisse die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsprinzips gestatten (Mayerhofer StPO4 Paragraph 252, E 25 f).

Die dargestellte Würdigung der im Vorverfahren abgelegten Aussage dieses Zeugen (US 9) steht der Gewißheit entgegen, daß die Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO).Die dargestellte Würdigung der im Vorverfahren abgelegten Aussage dieses Zeugen (US 9) steht der Gewißheit entgegen, daß die Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (Paragraph 281, Absatz 3, StPO).

Die gegen den erklärten Willen des Beschwerde- führers vorgenommene Verlesung verletzt somit das Gesetz in der Bestimmung des § 252 Abs 1 Z 1 StPO in Urteils- nichtigkeit bewirkender Weise.Die gegen den erklärten Willen des Beschwerde- führers vorgenommene Verlesung verletzt somit das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 252, Absatz eins, Ziffer eins, StPO in Urteils- nichtigkeit bewirkender Weise.

Da somit - wegen untrennbaren Sachzusammenhanges in vollem Verfahrensumfang - die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben (§ 285 e StPO) und die Erörterung der weiteren Beschwerdepunkte entbehrlich.Da somit - wegen untrennbaren Sachzusammenhanges in vollem Verfahrensumfang - die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben (Paragraph 285, e StPO) und die Erörterung der weiteren Beschwerdepunkte entbehrlich.

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, daß eintätiges Zusammentreffen des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses mit einem Delikt der Willensbrechung nicht möglich ist. Ergäbe das Beweisverfahren, daß das Opfer mit dem Angeklagten nach Willensbeugung oder gar freiwillig geschlechtliche Handlungen praktizierte (vgl S 38 ff), wären präzise Feststellungen über das Autoritätsverhältnis zu treffen, weil Klaudia C***** weder Kind, Wahlkind, Stiefkind noch Mündel des Angeklagten ist (US 10).Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, daß eintätiges Zusammentreffen des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses mit einem Delikt der Willensbrechung nicht möglich ist. Ergäbe das Beweisverfahren, daß das Opfer mit dem Angeklagten nach Willensbeugung oder gar freiwillig geschlechtliche Handlungen praktizierte vergleiche S 38 ff), wären präzise Feststellungen über das Autoritätsverhältnis zu treffen, weil Klaudia C***** weder Kind, Wahlkind, Stiefkind noch Mündel des Angeklagten ist (US 10).

Mit seiner außerdem ergriffenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E47181 12D01027

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0120OS00102.97.0807.000

Dokumentnummer

JJT_19970807_OGH0002_0120OS00102_9700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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