TE OGH 1997/8/27 1Ob202/97f

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Veröffentlicht am 27.08.1997
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Gustav S*****, vertreten durch Dr.Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 863.047,32 S sA infolge von Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse 107.840,50 S sA) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 479.589 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 27.März 1997, GZ 11 R 245/96x-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. September 1996, GZ 26 Cg 268/94m-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger - ein Facharzt - veranlaßte 1992/1993 die Renovierung eines Hauses mit einem Kostenaufwand von 3 Mio S und finanzierte den Erwerb eines Labors um 7,5 Mio S, wobei "etliche Zahlungen" anfielen. Er beschäftigte in der Buchhaltung seines Betriebs eine Mitarbeiterin auf Werkvertragsbasis. Diese nützte ihre Stellung zu seinen Lasten aus. Sie fingierte die Einstellung von Mitarbeitern in der Lohnverrechnung, fügte Sammelüberweisungsaufträgen, nachdem sie der Kläger unterschrieben hatte, jeweils einen weiteren Zahlungsempfänger hinzu und täuschte aufgrund gefälschter Unterschriften Akontozahlungen an Dienstnehmer vor. Dem Kläger, dessen betrieblicher Umsatz sich im hier maßgeblichen Zeitraum erhöht hatte, fielen zwar "hohe Geldausgaben" auf, er hegte jedoch keinen Verdacht, es könnte sich dabei teilweise um "Betrügereien" handeln. Auch dessen Steuerberater bemerkte keine Unregelmäßigkeiten. Der Kläger hatte seine unredliche Mitarbeiterin aufgefordert, Belege, die sein Privatkonto betrafen, den korrespondierenden Rechnungen zuzuordnen, kontrollierte jedoch nicht, ob dieser Anordnung auch entsprochen wurde. Deshalb entgingen ihm ua die Verfälschungen der unterfertigten Sammelüberweisungsbelege. Sämtliche Überweisungen, die der Klage zugrunde liegen, beziehen sich auf drei von der unredlichen Mitarbeiterin des Klägers bei der beklagten Partei eröffnete anonyme Sparkonten. Diese Überweisungen erfolgten teilweise mittels Datenträger. Die elektronisch gespeicherten Daten enthielten die einzelnen Beträge, Namen, Kontonummern und eventuelle Angaben zu den Verwendungszwecken. Der gleichzeitig übermittelte Datenträgerbegleitbrief enthielt die "Gesamtüberweisung verschiedener Kunden". Die Sammelüberweisungsbelege waren der beklagten Partei nicht zugegangen. Die elektronisch bearbeiteten Überweisungen wurden den angeführten Konten ohne weitere Kontrolle gutgeschrieben. Bei den einzelnen Überweisungen auf Sparkonten erfolgte daher keine "Überprüfung auf Übereinstimmung von Kontonummer und Kontowortlaut". Die Überweisungsbeträge lagen zwischen 4.320 S und 100.000 S. Nach Pkt. 8 Abs 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen ist die Haftung für die Durchführung gefälschter oder verfälschter Überweisungsaufträge - soweit gesetzlich zulässig - ausgeschlossen. Pkt. 33 Abs 2 dieser Geschäftsbedingungen hat folgenden Wortlaut:Der Kläger - ein Facharzt - veranlaßte 1992/1993 die Renovierung eines Hauses mit einem Kostenaufwand von 3 Mio S und finanzierte den Erwerb eines Labors um 7,5 Mio S, wobei "etliche Zahlungen" anfielen. Er beschäftigte in der Buchhaltung seines Betriebs eine Mitarbeiterin auf Werkvertragsbasis. Diese nützte ihre Stellung zu seinen Lasten aus. Sie fingierte die Einstellung von Mitarbeitern in der Lohnverrechnung, fügte Sammelüberweisungsaufträgen, nachdem sie der Kläger unterschrieben hatte, jeweils einen weiteren Zahlungsempfänger hinzu und täuschte aufgrund gefälschter Unterschriften Akontozahlungen an Dienstnehmer vor. Dem Kläger, dessen betrieblicher Umsatz sich im hier maßgeblichen Zeitraum erhöht hatte, fielen zwar "hohe Geldausgaben" auf, er hegte jedoch keinen Verdacht, es könnte sich dabei teilweise um "Betrügereien" handeln. Auch dessen Steuerberater bemerkte keine Unregelmäßigkeiten. Der Kläger hatte seine unredliche Mitarbeiterin aufgefordert, Belege, die sein Privatkonto betrafen, den korrespondierenden Rechnungen zuzuordnen, kontrollierte jedoch nicht, ob dieser Anordnung auch entsprochen wurde. Deshalb entgingen ihm ua die Verfälschungen der unterfertigten Sammelüberweisungsbelege. Sämtliche Überweisungen, die der Klage zugrunde liegen, beziehen sich auf drei von der unredlichen Mitarbeiterin des Klägers bei der beklagten Partei eröffnete anonyme Sparkonten. Diese Überweisungen erfolgten teilweise mittels Datenträger. Die elektronisch gespeicherten Daten enthielten die einzelnen Beträge, Namen, Kontonummern und eventuelle Angaben zu den Verwendungszwecken. Der gleichzeitig übermittelte Datenträgerbegleitbrief enthielt die "Gesamtüberweisung verschiedener Kunden". Die Sammelüberweisungsbelege waren der beklagten Partei nicht zugegangen. Die elektronisch bearbeiteten Überweisungen wurden den angeführten Konten ohne weitere Kontrolle gutgeschrieben. Bei den einzelnen Überweisungen auf Sparkonten erfolgte daher keine "Überprüfung auf Übereinstimmung von Kontonummer und Kontowortlaut". Die Überweisungsbeträge lagen zwischen 4.320 S und 100.000 S. Nach Pkt. 8 Absatz 6, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen ist die Haftung für die Durchführung gefälschter oder verfälschter Überweisungsaufträge - soweit gesetzlich zulässig - ausgeschlossen. Pkt. 33 Absatz 2, dieser Geschäftsbedingungen hat folgenden Wortlaut:

"Die Kreditunternehmung muß ferner für sich und ihre Angestellten wegen der großen Zahl und Mannigfaltigkeit der Geschäftsvorfälle für die gesamte Geschäftsverbindung mit dem Kunden, aber auch für die Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen durch Nichtkunden, den Ausschluß jeglicher Haftung beanspruchen, soweit es gesetzlich zulässig ist und diese Geschäftsbedingungen nichts anderes bestimmen."

Der Kläger begehrte den Zuspruch von 863.047,32 S sA und brachte vor, eine unredliche Mitarbeiterin habe bei der beklagten Partei anonyme Sparkonten eröffnet und darauf zu Lasten seiner Konten bei einer anderen Bank Überweisungen durchgeführt. Die Sparbücher hätten sich im Besitz dieser unredlichen Mitarbeiterin befunden. Die beklagte Partei "hätte bei Überprüfung der Bezeichnung des Kontos mit dem Überweisungsaufrag die Abweichung zwischen Auftrag und Konto festzustellen gehabt" und daher die den Klagegrund bildenden Überweisungen auf die einzelnen Sparbuchkonten nicht durchführen dürfen. Diese habe jedoch "nur die Übereinstimmung der Nummern des Empfangskontos mit dem Auftrag geprüft, nicht aber auch die Bezeichnung des empfangenden Kontos mit dem Auftrag". Im einzelnen seien aufgrund der Tathandlungen seiner unredlichen Mitarbeiterin folgende Überweisungen erfolgt:

Zugunsten Sparbuch Nr. 01720-151-991:

a) Vom Konto 044-20020:

08.02.1993 B*****                              S 40.000,00

11.02.1993 B*****                              S 13.728,00

12.03.1993 Sparbuch Erika H*****               S 30.000,00

06.04.1993 B*****                              S 15.984,00

17.05.1993 B***** R*****                       S  8.000,00

01.06.1993 R*****                              S  4.320,00

07.06.1993 T***** E*****                       S 16.000,00

    S 128.032,00

b.) Vom Konto 044-17623:

19.01.1993 Firma K***** Tischlerei

1170 Wien                                     S 100.000,00

27.01.1993 -"-                                S 100.000,00

24.02.1993 -"-                                S 100.000,00

03.03.1993 -"-                                S 100.000,00

22.03.1993 -"-                                S 100.000,00

21.04.1993 -"- S***** Privat                  S  27.404,00

                                              S 527.404,00

Zugunsten Sparbuch 1720 151 991 vom Konto 044-20020:

25.03.1993 L***** E*****                       S 22.344,00

28.04.1993 -"-                                 S 22.344,00

27.05.1993 -"-                                 S 22.344,00

25.06.1993 -"-                                 S 49.154,00

29.07.1993 -"-                                 S 22.344,00

23.08.1993 -"-                                 S 36.000,00

S 174.530,00

Zugunsten Sparbuch 01720-129-716:

a) vom Konto 044-20020:

16.09.1992 Erika H*****                        S 24.000,00

18.09.1992 Erika H*****                        S 26.424,50

6.10.1992 ***** D***** 1160 Wien S 70.524,00

28.10.1992 Erika H*****                        S 26.424,50

                                              S 147.373,00

b) Vom Konto 044-17623:

16.10.1992 B*****                                  S 50.000,00

Zugunsten Sparbuch 01720 155 385 vom Konto 0044-20020:

02.07.1993 L***** Johanna 1010 Wien           S  58.400,00

08.07.1993 -"-                                S 100.000,00

27.07.1993 B***** M***** Dagmar               S 100.000,00

26.08.1993 B*****                              S  8.832,00

                                              S 267.232,00

Aus Gründen prozessualer Vorsicht werde ein Mitverschulden von einem Drittel zugestanden. Die beklagte Partei habe daher zwei Drittel des Gesamtschadens zu ersetzen.

Die beklagte Partei replizierte, ein auf "Überbringer" lautendes Sparkonto sei eine Kontoart, jedoch keine Kontobezeichnung. Bei solchen Sparkonten sei die Überweisung und Gutschrift auch ohne Vorlage des Sparbuchs zulässig. Die Konten würden nur durch ihre Nummer individualisiert. Eine Kontrolle der Übereinstimmung von Kontonummer, Kontowortlaut und Überweisungsbezeichnung sei daher nicht erforderlich, bei derartigen Massengeschäften im übrigen aber weder durchführbar noch zumutbar. Die Überweisung mittels elektronischer Datenträger erfolge ohne Beleg. Mitarbeiter der beklagten Partei hätten daher die Verfälschung der einzelnen Sammelüberweisungsaufträge nicht erkennen können, weil die beklagte Partei die ausgefüllten Überweisungsaufträge gar nicht erhalten habe. Der Kläger habe den geltend gemachten Schaden seiner eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben. Teilweise hätte schon dessen Hausbank Überweisungsaufträgen mangels Unterschrift nicht entsprechen dürfen.

Das Erstgericht erkannte dem Kläger 587.429,50 S samt 4 % Zinsen seit 18. November 1993 zu und wies das Mehrbegehren von 275.617,82 S und weitere 6,26 % Zinsen ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Oberste Gerichtshof habe bereits in 1 Ob 672/90 ausgesprochen, daß die Bank bei Überweisungen auf ein Girokonto verpflichtet sei, die Übereinstimmung der Kontonummer mit der Empfängerbezeichnung zu überprüfen. Werde eine solche Kontrolle unterlassen, könne das auch zu einer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kunden der überweisenden Bank führen. Dieser Haftungsgrundsatz sei auch für Überweisungen auf anonyme Sparkonten maßgeblich. Der beklagten Partei wäre zumutbar gewesen, zu überprüfen, ob "die in der Überweisung angegebene Bezeichnung des Empfangskontos mit der tatsächlichen Kontobezeichnung" übereinstimme. Das habe nichts mit der Frage zu tun, ob Konten, für die Überweisungen eingelangt seien, überhaupt einer Bezeichnung bedurft hätten. Erfolge eine "Überweisung mit einer Kontobezeichnung" auf ein Konto ohne Bezeichnung, genüge es nicht, wenn die in der Überweisung angeführte Kontonummer einem bei der Empfängerbank tatsächlich geführten Konto entspreche. Es müsse vielmehr auf die Übereinstimmung der Bezeichnung der Überweisung mit jener des Sparkontos geachtet werden. Die beklagte Partei hätte daher Nachforschungen anzustellen gehabt, soweit Überweisungsangaben von den Kontenbezeichnungen abgewichen seien. Solche Nachforschungen seien nur entbehrlich, wenn eine Überweisung bezeichnungslos für ein bestimmtes Nummernkonto erfolgt bzw als Empfänger "Überbringer" oder die kontoführende Bank bezeichnet worden sei. Werde jedoch bei einer Überweisung - wie in einem der festgestellten Fälle - nicht einmal die Kontonummer richtig angeführt, seien jedenfalls weitere Nachforschungen erforderlich. Die beklagte Partei hafte daher für die Vernachlässigung bestehender Überprüfungspflichten. Dem Kläger, der die Überwachung der Tätigkeit seiner unredlichen Mitarbeiterin unterlassen habe, sei allerdings ein Mitverschulden von 50 % anzulasten, was zu einer Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 führe.

Das Berufungsgericht sprach dem Kläger lediglich 479.589 S sA zu, wies - abgesehen von der unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Abweisung von 275.617,82 S und weiterer 6,25 % Zinsen - ein weiteres Mehrbegehren von 107.840,50 S sA ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in 1 Ob 672/90 klargestellt, daß die Empfängerbank aufgrund ihres Vertrags mit der überweisenden Bank Schutzpflichten "zugunsten des Überweisenden" zu beachten habe. Es bestehe daher eine vertragliche Nebenpflicht, einen aus der Kontobezeichnung ableitbaren allfälligen Irrtum des Überweisenden über den Kontoinhaber aufzuklären. Insofern sei der Haftungsausschluß nach Pkt. 13 Abs 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam. Auch Pkt. 8 Abs 6 dieser Geschäftsbedingungen sei für den Bankkunden gröblich benachteiligend, "weil damit eine zentrale Pflicht der Bank, und zwar über das Konto ihres Kunden nur entsprechend dessen Willen zu verfügen, eingeschränkt" werde. Das Klagebegehren sei überdies gar nicht darauf gestützt worden, daß die beklagte Partei verfälschte Überweisungsaufträge vollzogen habe. Der Kläger werfe der beklagten Partei vielmehr vor, daß diese die Kontenbezeichnungen nicht mit den Angaben in den Überweisungsaufträgen verglichen habe. Hätte die beklagte Partei aufgrund der auffallenden Divergenzen rückgefragt, wären "sämtliche Malversationen" aufklärbar gewesen. Da der die beklagte Partei begünstigende vertragliche Haftungsausschluß ohnehin rechtsunwirksam sei, müsse nicht geprüft werden, ob ein solcher Ausschluß, wäre er wirksam, gegenüber dem Kläger "als von den Schutzwirkungen des Vertrags erfaßten Dritten" überhaupt erfolgreich eingewendet werden könnte. Beim anonymen Sparbuch werde der Empfänger aus der Sicht des Überweisenden in zwei Stufen individualisiert. Dieser habe einerseits eine Vorstellung über den berechtigten Sparbuchinhaber, andererseits beziehe sich das Sparbuch auf eine bestimmte kontoführende Bank. Der Begriff "Überbringer" im Sinne des § 18 Abs 1 KWG sei keine bestimmte Sparbuchbezeichnung. Habe der Überweisende dagegen einen bestimmten Empfänger als Individualisierung gegenüber der Zahlstelle angeführt, sei das eine "bestimmte Bezeichnung". Andernfalls müßte unterstellt werden, "der die Willenserklärung Abgebende" habe "von vornherein eine für den primären Erklärungsempfänger nicht nachvollziehbare Erklärung abgeben" wollen. Stimme daher die vom "Überweisenden gewählte bestimmte Bezeichnung nicht mit jener überein, die der Kontoinhaber bei der Empfängerbank gewählt" habe, müßten "Zweifel an der Individualisierung entstehen". Es sei dann nicht mehr mit Sicherheit davon auszugehen, der Überweisende habe die richtige Vorstellung "vom aus dem Einlagengeschäft Berechtigten", wenn er schon die Individualisierungsmerkmale dieses Geschäftstypus verfehlt beschrieben habe. Das müsse Zweifel an der "Ordnungsgemäßheit der Überweisung" hervorrufen und verpflichte zu Nachforschungen. Die Bank dürfe sich nicht einfach darauf verlassen, der "Überweisende habe den ihm nicht bekannten anonymen Sparbuchinhaber gemeint". Soweit jedoch "als Empfänger nur die empfangende Bank angeführt" werde, seien keine Nachforschungen erforderlich, habe doch "damit der Überweisende eben innerhalb der Zahlstelle keine nähere Individualisierung" als durch Angabe der Kontonummer vornehmen wollen. In allen Fällen, in denen nur die beklagte Partei als Überweisungsempfängerin angeführt worden sei, könne dieser daher kein Mangel in der Überweisungsabwicklung vorgeworfen werden. Dasselbe gelte in jenen Fällen, in denen die unredliche Mitarbeiterin des Klägers ihren eigenen Namen als Überweisungsempfängerin und tatsächliche Sparbuchinhaberin angegeben habe, führe doch eine Schutzpflichtverletzung nur dann zur Bejahung eines Schadenersatzanspruchs, wenn den überwiesenen Geldbetrag eine andere Person als jene, die "nach sämtlichen sich aus dem Überweisungsauftrag ergebenden Individualisierungsmerkmalen ableitbar" gewesen sei, erhalten habe. Unter Bezugnahme auf die erörterten Individualisierungsstufen habe die beklagte Partei "ihre Schutzpflicht hinsichtlich der zweiten Stufe der Individualisierungsmerkmale des Empfängers - der - ihr bekannten Individualisierung des Sparbuchs verletzt". Der Berufung sei daher nur soweit Folge zu geben gewesen, als - in Ergänzung des vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalts - bei zwei weiteren Zahlungen in Höhe von 100.000 S und 30.000 S die beklagte Partei, die unredliche Mitarbeiterin des Klägers oder der Begriff "Sparbuch" als Individualisierung des jeweiligen Überweisungsempfängers angegeben worden seien. Außerdem sei noch eine offenbare Unrichtigkeit im Betrag von 8.832 S zu korrigieren gewesen.Das Berufungsgericht sprach dem Kläger lediglich 479.589 S sA zu, wies - abgesehen von der unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Abweisung von 275.617,82 S und weiterer 6,25 % Zinsen - ein weiteres Mehrbegehren von 107.840,50 S sA ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in 1 Ob 672/90 klargestellt, daß die Empfängerbank aufgrund ihres Vertrags mit der überweisenden Bank Schutzpflichten "zugunsten des Überweisenden" zu beachten habe. Es bestehe daher eine vertragliche Nebenpflicht, einen aus der Kontobezeichnung ableitbaren allfälligen Irrtum des Überweisenden über den Kontoinhaber aufzuklären. Insofern sei der Haftungsausschluß nach Pkt. 13 Absatz eins, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen gemäß Paragraph 879, Absatz 3, ABGB unwirksam. Auch Pkt. 8 Absatz 6, dieser Geschäftsbedingungen sei für den Bankkunden gröblich benachteiligend, "weil damit eine zentrale Pflicht der Bank, und zwar über das Konto ihres Kunden nur entsprechend dessen Willen zu verfügen, eingeschränkt" werde. Das Klagebegehren sei überdies gar nicht darauf gestützt worden, daß die beklagte Partei verfälschte Überweisungsaufträge vollzogen habe. Der Kläger werfe der beklagten Partei vielmehr vor, daß diese die Kontenbezeichnungen nicht mit den Angaben in den Überweisungsaufträgen verglichen habe. Hätte die beklagte Partei aufgrund der auffallenden Divergenzen rückgefragt, wären "sämtliche Malversationen" aufklärbar gewesen. Da der die beklagte Partei begünstigende vertragliche Haftungsausschluß ohnehin rechtsunwirksam sei, müsse nicht geprüft werden, ob ein solcher Ausschluß, wäre er wirksam, gegenüber dem Kläger "als von den Schutzwirkungen des Vertrags erfaßten Dritten" überhaupt erfolgreich eingewendet werden könnte. Beim anonymen Sparbuch werde der Empfänger aus der Sicht des Überweisenden in zwei Stufen individualisiert. Dieser habe einerseits eine Vorstellung über den berechtigten Sparbuchinhaber, andererseits beziehe sich das Sparbuch auf eine bestimmte kontoführende Bank. Der Begriff "Überbringer" im Sinne des Paragraph 18, Absatz eins, KWG sei keine bestimmte Sparbuchbezeichnung. Habe der Überweisende dagegen einen bestimmten Empfänger als Individualisierung gegenüber der Zahlstelle angeführt, sei das eine "bestimmte Bezeichnung". Andernfalls müßte unterstellt werden, "der die Willenserklärung Abgebende" habe "von vornherein eine für den primären Erklärungsempfänger nicht nachvollziehbare Erklärung abgeben" wollen. Stimme daher die vom "Überweisenden gewählte bestimmte Bezeichnung nicht mit jener überein, die der Kontoinhaber bei der Empfängerbank gewählt" habe, müßten "Zweifel an der Individualisierung entstehen". Es sei dann nicht mehr mit Sicherheit davon auszugehen, der Überweisende habe die richtige Vorstellung "vom aus dem Einlagengeschäft Berechtigten", wenn er schon die Individualisierungsmerkmale dieses Geschäftstypus verfehlt beschrieben habe. Das müsse Zweifel an der "Ordnungsgemäßheit der Überweisung" hervorrufen und verpflichte zu Nachforschungen. Die Bank dürfe sich nicht einfach darauf verlassen, der "Überweisende habe den ihm nicht bekannten anonymen Sparbuchinhaber gemeint". Soweit jedoch "als Empfänger nur die empfangende Bank angeführt" werde, seien keine Nachforschungen erforderlich, habe doch "damit der Überweisende eben innerhalb der Zahlstelle keine nähere Individualisierung" als durch Angabe der Kontonummer vornehmen wollen. In allen Fällen, in denen nur die beklagte Partei als Überweisungsempfängerin angeführt worden sei, könne dieser daher kein Mangel in der Überweisungsabwicklung vorgeworfen werden. Dasselbe gelte in jenen Fällen, in denen die unredliche Mitarbeiterin des Klägers ihren eigenen Namen als Überweisungsempfängerin und tatsächliche Sparbuchinhaberin angegeben habe, führe doch eine Schutzpflichtverletzung nur dann zur Bejahung eines Schadenersatzanspruchs, wenn den überwiesenen Geldbetrag eine andere Person als jene, die "nach sämtlichen sich aus dem Überweisungsauftrag ergebenden Individualisierungsmerkmalen ableitbar" gewesen sei, erhalten habe. Unter Bezugnahme auf die erörterten Individualisierungsstufen habe die beklagte Partei "ihre Schutzpflicht hinsichtlich der zweiten Stufe der Individualisierungsmerkmale des Empfängers - der - ihr bekannten Individualisierung des Sparbuchs verletzt". Der Berufung sei daher nur soweit Folge zu geben gewesen, als - in Ergänzung des vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalts - bei zwei weiteren Zahlungen in Höhe von 100.000 S und 30.000 S die beklagte Partei, die unredliche Mitarbeiterin des Klägers oder der Begriff "Sparbuch" als Individualisierung des jeweiligen Überweisungsempfängers angegeben worden seien. Außerdem sei noch eine offenbare Unrichtigkeit im Betrag von 8.832 S zu korrigieren gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind unzulässig.

Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (1 Ob 2295/96y; 1 Ob 2056/96a; EvBl 1996/60; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; WBl 1992, 335; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 1 zu § 502; Petrasch, Das neue Revisions- (Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff [201]; Rechberger/Simotta, ZPR4 Rz 106). Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 5 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (1 Ob 2295/96y; EvBl 1996/60; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; WBl 1992, 335; SZ 65/94; SZ 63/188 uva). Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhobenen Ansprüche - wie hier - nur dann zusammenzurechnen, wenn sie im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 55, Absatz eins, JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (1 Ob 2295/96y; 1 Ob 2056/96a; EvBl 1996/60; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; WBl 1992, 335; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 1 zu Paragraph 502 ;, Petrasch, Das neue Revisions- (Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff [201]; Rechberger/Simotta, ZPR4 Rz 106). Diese Regelung ist gemäß Paragraph 55, Absatz 5, JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (1 Ob 2295/96y; EvBl 1996/60; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; WBl 1992, 335; SZ 65/94; SZ 63/188 uva). Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhobenen Ansprüche - wie hier - nur dann zusammenzurechnen, wenn sie im Sinne des Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer eins, JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.

Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne daß also noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (1 Ob 2295/96y; EvBl 1996/60; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; WBl 1992, 335; SZ 65/94; SZ 63/188;

Mayr in Rechberger aaO Rz 2 zu § 55 JN mwN aus der Rsp;Mayr in Rechberger aaO Rz 2 zu Paragraph 55, JN mwN aus der Rsp;

Rechberger/Simotta aaO). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt dagegen vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (1 Ob 2295/96y; 1 Ob 2056/96a; 4 Ob 521/95; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31; SZ 58/134; SZ 56/186 uva; Mayr in Rechberger aaO). Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne daß eine Zusammenrechnung stattfände (SZ 65/157; SZ 63/188; SZ 56/186 uva).

ie Klärung, ob mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, hat immer nach dem Klagevorbringen zu erfolgen (1 Ob 2295/96y; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31). Dabei ist hier gemäß § 502 Abs 2 ZPO nur jener Streitgegenstand von Bedeutung, über den das Berufungsgericht entschied.ie Klärung, ob mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, hat immer nach dem Klagevorbringen zu erfolgen (1 Ob 2295/96y; 3 Ob 520/95; RZ 1995/31). Dabei ist hier gemäß Paragraph 502, Absatz 2, ZPO nur jener Streitgegenstand von Bedeutung, über den das Berufungsgericht entschied.

einer der einzelnen Beträge, die dem Klagebegehren zugrundeliegen, übersteigt 100.000 S. Der Kläger, der ein Mitverschulden von einem Drittel zugestand, begehrte deshalb nur den Zuspruch von zwei Dritteln des behaupteten Gesamtschadens. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung dagegen ein Mitverschulden des Klägers von 50 % zugrunde und gelangte dadurch zu einer Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1. Die daraus resultierende Abweisung eines Teils des Klagebegehrens blieb unbekämpft. Im Berufungsverfahren überstieg daher keiner der einzelnen Klageansprüche 50.000 S. Der Zulässigkeit der Revisionen der Streitteile stünde daher der Rechtsmittelausschluß des § 502 Abs 2 ZPO nur dann nicht entgegen, wenn die einzelnen Klageansprüche im Sinne der einleitenden Rechtsausführungen zusammenzurechnen wären.einer der einzelnen Beträge, die dem Klagebegehren zugrundeliegen, übersteigt 100.000 S. Der Kläger, der ein Mitverschulden von einem Drittel zugestand, begehrte deshalb nur den Zuspruch von zwei Dritteln des behaupteten Gesamtschadens. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung dagegen ein Mitverschulden des Klägers von 50 % zugrunde und gelangte dadurch zu einer Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1. Die daraus resultierende Abweisung eines Teils des Klagebegehrens blieb unbekämpft. Im Berufungsverfahren überstieg daher keiner der einzelnen Klageansprüche 50.000 S. Der Zulässigkeit der Revisionen der Streitteile stünde daher der Rechtsmittelausschluß des Paragraph 502, Absatz 2, ZPO nur dann nicht entgegen, wenn die einzelnen Klageansprüche im Sinne der einleitenden Rechtsausführungen zusammenzurechnen wären.

ie Überweisungen betrafen überwiegend unterschiedliche Beträge und

erfolgten unter verschiedenen Bezeichnungen von zwei Giro- auf drei

Sparkonten. In jenen Fällen, in denen die einzelnen Beträge und die

sonstigen Angaben der Überweisungsaufträge übereinstimmten, waren -

wie auch sonst - die Überweisungstage verschieden. Alle Überweisungen

auf anonyme Sparkonten beruhen daher auf Tathandlungen der

unredlichen Mitarbeiterin des Klägers, die an jeweils verschiedenen

Tagen begangen wurden. Daher ist - jedenfalls nach dem

Klagevorbringen - auch nicht eine einmalige, sondern die an jedem

einzelnen Überweisungstag erneut unterlaufene Nachlässigkeit von

Mitarbeitern der beklagten Partei für den geltend gemachten

Gesamtschaden ausschlaggebend. Somit läßt sich keiner der

Schadenersatzansprüche aus demselben Klagegrund ableiten. Das

Sachvorbringen unterscheidet sich zumindest in den Überweisungsdaten.

Jeder einzelne der erhobenen und auf verschiedenen

Schadensereignissen beruhenden Ansprüche kann daher, wie auch die

Entscheidungen der Vorinstanzen belegen, ein verschiedenes

rechtliches Schicksal haben (ebenso für verschiedene

Schadensereignisse: 3 Ob 520/95). Das gilt nicht minder für die

Überweisung gleicher Beträge auf einzelne Sparkonten in kurzer

zeitlicher Abfolge bei sonst identischen weiteren Angaben, handelt es

sich doch auch soweit um verschiedene Schadensereignisse. Ein

derartiger Sachverhalt kann im übrigen etwa in der Beurteilung allfälliger Nachforschungspflichten der beklagten Partei und in der Gewichtung eines allfälligen Verschuldens zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, sobald die Annahme eines Irrtums des Auftraggebers aufgrund der Häufung bestimmter Überweisungsangaben nicht mehr nahegelegen sein sollte und daher dessen Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten in den Vordergrund getreten wäre.

Die vom Kläger geltend gemachten, aus verschiedenen

Schadensereignissen abgeleiteten Schadenersatzansprüche stehen somit,

wie aufgrund der einleitenden Rechtsausführungen zusammenfassend

festzuhalten ist, weder in einem tatsächlichen noch in einem

rechtlichen Zusammenhang. Sie sind daher auch nicht

zusammenzurechnen. Damit erweisen sich jedoch die Rechtsmittel beider

Streitteile gemäß § 502 Abs 2 ZPO als jedenfalls unzulässig, weil

keiner der einzelnen Schadenersatzansprüche, über die das

Berufungsgericht entschied, 50.000 S übersteigt.

Beide Revisionen sind daher zurückzuweisen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu

tragen, weil diese keinen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Revision

des jeweiligen Prozeßgegners enthalten und daher einer

zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich waren.

Anmerkung

E47188 01A02027

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0010OB00202.97F.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19970827_OGH0002_0010OB00202_97F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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