TE OGH 1997/8/28 8ObA213/97z

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Veröffentlicht am 28.08.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr.Othmar Roniger und Erich Huhndorf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mehmet P*****, vertreten durch Dr.Helmut Destaller ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 61.194,80 brutto sA (Revisionsinteresse S 58.294,80 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.März 1997, GZ 8 Ra 1/97x-26, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 29.Oktober 1996, GZ 37 Cga 7/96a-18, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (Paragraph 48, ASGG).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen zu erwidern:

Zutreffend ist das Berufungsgericht zum Schluß gekommen, daß der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtverletzung iSd zweiten Tatbestands des § 82 lit f GewO 1859, der wie der inhaltsgleiche Tatbestand des § 27 Z 4 zweiter Fall AngG auszulegen ist (Kuderna, Entlassungsrecht2 138), nicht gegeben ist. Die Unterlassung der (rechtzeitigen) Krankmeldung rechtfertigt eine Entlassung nicht, weil dadurch ein an sich nicht pflichtwidriges Dienstversäumnis nicht in ein pflichtwidriges verwandelt werden kann. Ihre Unterlassung zieht nur den Verlust des Anspruchs auf das dem Arbeitnehmer zustehende Entgelt für die Zeit des Unterbleibens der Verständigung nach sich (§ 4 Abs 4 EFZG). Weitere Folgen sind nicht vorgesehen, sodaß die Unterlassung nur unter besonderen Umständen, etwa wenn dem Arbeitnehmer die Krankmeldung leicht möglich gewesen wäre und er wußte, daß infolge der Unterlassung der Krankmeldung dem Arbeitgeber ein beträchtlicher Schaden erwachsen könne, dem Unterlassungstatbestand der beharrlichen Pflichtvernachlässigung gegebenenfalls unterstellt werden kann. In einem solchen Fall besitzt aber nicht die Verletzung der Verständigungspflicht, sondern die dadurch schuldhaft herbeigeführte Gefahr eines Schadens die zentrale Bedeutung für die Entlassung (Kuderna aaO 106 f mwN).Zutreffend ist das Berufungsgericht zum Schluß gekommen, daß der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtverletzung iSd zweiten Tatbestands des Paragraph 82, Litera f, GewO 1859, der wie der inhaltsgleiche Tatbestand des Paragraph 27, Ziffer 4, zweiter Fall AngG auszulegen ist (Kuderna, Entlassungsrecht2 138), nicht gegeben ist. Die Unterlassung der (rechtzeitigen) Krankmeldung rechtfertigt eine Entlassung nicht, weil dadurch ein an sich nicht pflichtwidriges Dienstversäumnis nicht in ein pflichtwidriges verwandelt werden kann. Ihre Unterlassung zieht nur den Verlust des Anspruchs auf das dem Arbeitnehmer zustehende Entgelt für die Zeit des Unterbleibens der Verständigung nach sich (Paragraph 4, Absatz 4, EFZG). Weitere Folgen sind nicht vorgesehen, sodaß die Unterlassung nur unter besonderen Umständen, etwa wenn dem Arbeitnehmer die Krankmeldung leicht möglich gewesen wäre und er wußte, daß infolge der Unterlassung der Krankmeldung dem Arbeitgeber ein beträchtlicher Schaden erwachsen könne, dem Unterlassungstatbestand der beharrlichen Pflichtvernachlässigung gegebenenfalls unterstellt werden kann. In einem solchen Fall besitzt aber nicht die Verletzung der Verständigungspflicht, sondern die dadurch schuldhaft herbeigeführte Gefahr eines Schadens die zentrale Bedeutung für die Entlassung (Kuderna aaO 106 f mwN).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht - wie mit seinem Dienstgeber aus triftigen Gründen vereinbart - seine Dienstverhinderung "wenn möglich vor Dienstbeginn", sondern eine Stunde nach Dienstbeginn durch seine Freundin telefonisch melden lassen. Wenn auch nicht ausdrücklich vorgebracht und festgestellt wurde, daß dem Kläger die rechtzeitige Verständigung seines Arbeitgebers nicht möglich war (vgl aber seine Parteienaussage AS 49), so ist der vorliegende Verstoß gegen die vereinbarte Verständigungs- pflicht nicht so gravierend, daß er die Entlassung rechtfertigt, weil die beklagte Partei bei nicht ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Erledigung der Reinigungsarbeiten zwar den Entzug des Reinigungsauftrages befürchten mußte, in concreto die verspätete Krankmeldung des Klägers, von dem der Erfolg der Reinigungsarbeiten keineswegs allein abhing - es war am Auftragsort eine ganze Arbeitsgruppe eingesetzt; der Kläger hatte wegen seiner Deutschkenntnisse lediglich die Funktion eines "Dolmetschers" -, eine solche Folge nicht befürchten ließ. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz wesentlich von der E vom 16.3.1995, 8 ObA 325/94, RdW 1995, 397 - Tofuhersteller; dessen Zuspätkommen verursachte eine Verschiebung der folgenden Produktionsabläufe.Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht - wie mit seinem Dienstgeber aus triftigen Gründen vereinbart - seine Dienstverhinderung "wenn möglich vor Dienstbeginn", sondern eine Stunde nach Dienstbeginn durch seine Freundin telefonisch melden lassen. Wenn auch nicht ausdrücklich vorgebracht und festgestellt wurde, daß dem Kläger die rechtzeitige Verständigung seines Arbeitgebers nicht möglich war vergleiche aber seine Parteienaussage AS 49), so ist der vorliegende Verstoß gegen die vereinbarte Verständigungs- pflicht nicht so gravierend, daß er die Entlassung rechtfertigt, weil die beklagte Partei bei nicht ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Erledigung der Reinigungsarbeiten zwar den Entzug des Reinigungsauftrages befürchten mußte, in concreto die verspätete Krankmeldung des Klägers, von dem der Erfolg der Reinigungsarbeiten keineswegs allein abhing - es war am Auftragsort eine ganze Arbeitsgruppe eingesetzt; der Kläger hatte wegen seiner Deutschkenntnisse lediglich die Funktion eines "Dolmetschers" -, eine solche Folge nicht befürchten ließ. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz wesentlich von der E vom 16.3.1995, 8 ObA 325/94, RdW 1995, 397 - Tofuhersteller; dessen Zuspätkommen verursachte eine Verschiebung der folgenden Produktionsabläufe.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E47251 08B02137

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:008OBA00213.97Z.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19970828_OGH0002_008OBA00213_97Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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