Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josefine W*****, vertreten durch Dr.Peter Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Rudolf V*****, 2.) Z***** Versicherungen AG, ***** beide vertreten durch Dr.Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 826.885,70 sA (Revisionsinteresse S 57.330,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 1.März 1996, GZ 16 R 18/96a-71, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 30.Oktober 1995, GZ 3 Cg 286793p-64, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es insgesamt zu lauten hat:
"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Parteien S 332.358,80 samt 4 % Zinsen aus S 256.978,20 vom 17.3.1992 bis zum 28.2.1993, aus S 277.558,20 vom 1.3.1993 bis zum 21.10.1993 und aus S 332.358,80 seit dem 22.10.1992 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Das Mehrbegehren von S 494.526,90 samt Anhang sowie das den Zuspruch übersteigende Zinsenbegehren wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 62.358,18 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 9.640,18 Umsatzsteuer und S 4.517,10 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Parteien die mit S 4.472,61 (darin S 3.533,33 Barauslagen und S 145,54 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die beklagten Parteien sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei mit S 11.978,20 (darin enthalten S 6.620,-- Barauslagen und S 893,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binne 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 20.10.1989 wurde die Klägerin als Fußgängerin beim Versuch, die Fahrbahn zu überqueren, vom Fahrzeug des zum Unfallszeitpunkt alkoholisierten Erstbeklagten niedergestoßen und schwer verletzt. Streitgegenständlich im Revisionsverfahren sind Kosten einer Haushaltshilfe in der Zeit vom 1.7.1990 bis zum 1.10.1993 in der Höhe von S 57.330,-- sowie ein 4 % übersteigendes Zinsenbegehren.
Das Verschulden der Klägerin am Zustandekommen des Unfalles zu einem Viertel ist nicht strittig.
Die Klägerin brachte in der Klage dazu vor, seit dem 1.7.1990 infolge ihrer unfallsbedingten agressiven Zustände keine Bedienerin mehr verwenden zu können. Alle Tätigkeiten, die die Klägerin nicht mehr verrichten könne, müßten daher von Haushaltsmitgliedern durchgeführt werden. Dafür seien 6 Stunden pro Woche notwendig. Daraus errechne sich für die Zeit vom 1.7.1990 bis zum 31.12.1991 eine Forderung von S 35.280,-- - ohne Berücksichtigung des Mitverschuldens. Mit den Schriftsätzen ON 18 und ON 37 dehnte die Klägerin unter anderen ihr Haushaltskostenersatzbegehren auf insgesamt S 76.440,-- aus.
Zum Zinsenbegehren brachte sie vor, sie wäre in der Lage gewesen, ihr Geld zinsbringend anzulegen. Sie begehre den hiebei erzielbaren Zinssatz von 8 % p.a. aus dem Titel des Schadenersatzes.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung dieser Begehren.
Das Erstgericht ging von nachstehenden noch wesentlichen Feststellungen aus:
Die Klägerin ist wegen ihrer beim Unfall erlittenen schweren Schädelverletzungen kaum mehr in der Lage, den üblichen Lebensanforderungen im häuslichen Milieu nachzukommen. Eine Besserung dieses Zustandes ist nicht zu erwarten. Sie ist daher auch nicht mehr in der Lage, ihren Haushalt alleine zu führen. Bereits in der Zeit vom 20.10. bis zum 31.12.1989 wendete ihr Ehegatte für die Pflege des Hauses durch eine Bedienerin S 7.500,-- auf. Auch ab dem 1.7.1990 mußte die Klägerin die Hausarbeit von Angestellten verrichten lassen. Für die Zeit vom 20.10.1989 bis 21.10.1993 ist für diese Tätigkeiten ein Betrag von S 76.440,-- angemessen. Die Klägerin hatte bereits vor dem Unfall zumindest im gleichen Ausmaß hausfremde Hilfe für die Hausarbeit in Anspruch genommen und diese zumindest in gleicher Höhe entlohnt. Durch den Unfall und die dadurch erlittenen Verletzungen war sie jedoch nicht mehr imstande, die Hausarbeiten selbst durchzuführen; sie benötigte eine derartige Haushaltshilfe.
Die Klägerin hätte in den aus dem Spruch des Ersturteils ersichtlichen Zeiträumen die dort ersichtlichen Zinssätze erzielt.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der Klägerin die Kosten der Haushaltshilfe unter Berücksichtigung des Mitverschuldens in der nunmehr streitgegenständlichen Höhe zuzusprechen seien. Dem stehe der Umstand, daß sie bereits vor dem Unfall eine Haushaltshilfe im gleichen zeitlichen Ausmaß beschäftigt habe, nicht entgegen.
Das Berufungsgericht änderte - soweit noch im Revisionsverfahren von Interesse - dieses Urteil über Berufung der beklagten Parteien dahin ab, daß es sowohl das Begehren von S 57.330,-- als Ersatz für die Kosten einer Haushaltshilfe als auch das 4 % übersteigende Zinsenbegehren abwies.
Es sei zwar in der Rechtsprechung wiederholt betont worden, daß sich der Ersatz der Kosten einer durch die Verletzung der Hausfrau notwendig gewordenen Haushaltshilfe primär als Ersatz für verminderte Erwerbsfähigkeit und erst sekundär als Ersatz der Kosten für den Ausgleich dieser Fähigkeitsminderung darstelle, doch ändere dies nichts daran, daß ein derartiger Anspruch einer verletzten Hausfrau immer nur dann bestehen könne, wenn sie ihre tatsächlich ausgeübte Haushaltstätigkeit nicht mehr oder nur im eingeschränkten Umfang ausüben könne. Die Klägerin habe auch vor dem Unfall "im relevanten Umfang" bezahlte Hilfskräfte in Anspruch genommen und insoweit keine Haushaltstätigkeit entfaltet, weshalb von einem konkreten Verdienstentgang nicht die Rede sein könne. Es reiche für die Bejahung des geltend gemachten Ersatzanspruches nicht aus, daß vor dem Unfall die Beziehung einer Hilfskraft im Belieben der Klägerin gestanden, nunmehr aber notwendig sei.
Zum Zinsbegehren verwies das Berufungsgericht darauf, daß der gesetzliche zinsenübersteigende Nutzungsausfall - etwa, wenn der Gläubiger eine marktübliche Verzinsung hätte erzielen können - zwar positiver Schaden sein könne; der Zuspruch dieses Schadens sei jedoch bei bloß leichter Fahrlässigkeit des Schuldners durch § 1333 ABGB auf die gesetzlichen Zinsen begrenzt. Das Vorliegen grober Verschuldens der Beklagten habe die Klägerin gar nicht behauptet, weshalb ihr Begehren auf Zuspruch höherer Verzugszinsen abgewiesen werden müsse.Zum Zinsbegehren verwies das Berufungsgericht darauf, daß der gesetzliche zinsenübersteigende Nutzungsausfall - etwa, wenn der Gläubiger eine marktübliche Verzinsung hätte erzielen können - zwar positiver Schaden sein könne; der Zuspruch dieses Schadens sei jedoch bei bloß leichter Fahrlässigkeit des Schuldners durch Paragraph 1333, ABGB auf die gesetzlichen Zinsen begrenzt. Das Vorliegen grober Verschuldens der Beklagten habe die Klägerin gar nicht behauptet, weshalb ihr Begehren auf Zuspruch höherer Verzugszinsen abgewiesen werden müsse.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage des Ersatzanspruches einer verletzten Hausfrau, die bereits vor dem Unfall im nunmehr notwendigen Ausmaß bezahlte Ersatzkräfte beschäftige, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Revision den Zuspruch eines weiteren Betrages von S 57.330,-- sowie jener Zinsen, die sie bei marktüblicher Verzinsung erzielen hätte können.
Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig und teilweise auch berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung im Fall der Verletzung einer haushaltsführenden Ehefrau dieser einen Ersatzanspruch für die Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit zuerkannt. Gleichzeitig wurde ausdrücklich ausgesprochen, daß es sich dabei nicht um eine abstrakte Rente, sondern um eine Entschädigung für konkreten Verdienstentgang handelt (ZVR 1977/299 = RZ 1977/107). Ausschlaggebend für die Höhe dieses Ersatzanspruchs der Ehefrau sind die Art und das Ausmaß der von ihr im Haushalt erbrachten Leistungen und die Kosten einer hiefür erlangbaren Ersatzkraft (ZVR 1984/322; ZVR 1985/46; ZVR 1987/56). Daß es sich dabei um eine Entschädigung für konkreten Verdienstentgang handelt, erhellt daraus, daß die konkreten Verhältnisse vor dem die allfällige Ersatzpflicht auslösenden Unfall berücksichtigt wurden. So wurde ausdrücklich ausgesprochen, daß der Ersatzanspruch einer verletzten Ehefrau, die bereits vor dem Unfall nicht im vollen Umfang zur Besorgung des Haushaltes fähig war, nur in jener Höhe zu bemessen sei, der der unfallsbedingten Behinderung in der Haushaltsführung entspricht (SZ 56/173; ZVR 1989/16).
Der erkennende Senat vermag sich jedoch der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes nicht anzuschließen, einer verletzten Ehefrau, die schon vor dem Unfall Haushaltsarbeiten im relevanten Ausmaß regelmäßig gegen Bezahlung durchführen ließ, könne allein deshalb, weil sie nunmehr gezwungen sei, diese Haushaltsarbeiten durchführen zu lassen, ein konkreter Schaden nicht erwachsen.
Zu berücksichtigen ist, daß die Klägerin lediglich aufgrund des Unfalles nicht mehr fähig ist, Haushaltsarbeiten zu verrichten. Sie ist daher gezwungen, diese Arbeiten von dritten Personen durchführen zu lassen. Vor dem Unfall wäre es ihr hingegen freigestanden, die Arbeiten selbst durchzuführen, wozu sie nunmehr unfallsbedingt nicht mehr in der Lage ist. Dies zeigt, daß es nicht sachgerecht sein kann, den Schädiger nur deshalb zu entlasten, weil die Verletzte schon vor dem Unfall zur Verrichtung von Hausarbeiten Hilfskräfte eingesetzt hat, liegt doch der - ersatzfähige - Nachteil darin, daß sie nunmehr nicht mehr die Möglichkeit hat, auf die Hilfskräfte zu verzichten.
Der Klägerin waren daher die Kosten einer Haushaltshilfe (unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens) zuzusprechen.
Zum Zinsbehren ist auf die zutreffende Begründung des Berufungsgericht zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO; JBl 1995, 248).Zum Zinsbehren ist auf die zutreffende Begründung des Berufungsgericht zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO; JBl 1995, 248).
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Abänderung hat in den für die Kostenentscheidung maßgebenden Abschnitten des Verfahrens erster Instanz überwiegend nur unwesentliche Veränderungen in der Relation des Obsiegens der Klägerin bewirkt, weshalb sie für die Kostenentscheidung außer Betracht bleiben kann.Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf Paragraph 43, Absatz eins, ZPO. Die Abänderung hat in den für die Kostenentscheidung maßgebenden Abschnitten des Verfahrens erster Instanz überwiegend nur unwesentliche Veränderungen in der Relation des Obsiegens der Klägerin bewirkt, weshalb sie für die Kostenentscheidung außer Betracht bleiben kann.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Berufungsinteresse im Umfang von S 91.287,-- durchgedrungen und hat daher mit einem Drittel ihrer im Berufungsverfahren geltend gemachten Ansprüche obsiegt. Sie hat den Beklagten ein Drittel der Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Nach § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO waren ihr die von ihr getragenen Pauschalgebühren zu einem Drittel zuzusprechen. Die Beklagten haben der Klägerin die Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 43 Absatz eins und 50 ZPO. Die Klägerin ist mit ihrem Berufungsinteresse im Umfang von S 91.287,-- durchgedrungen und hat daher mit einem Drittel ihrer im Berufungsverfahren geltend gemachten Ansprüche obsiegt. Sie hat den Beklagten ein Drittel der Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Nach Paragraph 43, Absatz eins, letzter Satz ZPO waren ihr die von ihr getragenen Pauschalgebühren zu einem Drittel zuzusprechen. Die Beklagten haben der Klägerin die Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Im Revisionsverfahren ist die Klägerin in der Hauptsache zur Gänze durchgedrungen und hat daher gemäß §§ 41, 50 ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer gesamten Kosten.Im Revisionsverfahren ist die Klägerin in der Hauptsache zur Gänze durchgedrungen und hat daher gemäß Paragraphen 41,, 50 ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer gesamten Kosten.
Anmerkung
E47653 02A21236European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0020OB02123.96M.0904.000Dokumentnummer
JJT_19970904_OGH0002_0020OB02123_96M0000_000