Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald Otto G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.März 1997, GZ 13 Vr 533/96-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald Otto G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach Paragraphen 127,, 129 Ziffer eins und 2, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.März 1997, GZ 13 römisch fünf r 533/96-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.März 1997, GZ 13 Vr 533/96-53, mit welchem die von Harald Otto G***** im Verfahren AZ 10 Vr 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt erlittene Vorhaft auf die über ihn im Verfahren AZ 13 Vr 533/96 des Landesgerichtes Klagenfurt verhängte Freiheitsstrafe "in analoger Anwendung des § 400 Abs 2 StPO" angerechnet wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 38 Abs 1 Z 2 StGB.Der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.März 1997, GZ 13 römisch fünf r 533/96-53, mit welchem die von Harald Otto G***** im Verfahren AZ 10 römisch fünf r 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt erlittene Vorhaft auf die über ihn im Verfahren AZ 13 römisch fünf r 533/96 des Landesgerichtes Klagenfurt verhängte Freiheitsstrafe "in analoger Anwendung des Paragraph 400, Absatz 2, StPO" angerechnet wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 38, Absatz eins, Ziffer 2, StGB.
Text
Gründe:
I. Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2.Dezember 1987, GZ 10 Vr 655/87-71, wurde (ua) Harald Otto G***** von der gegen ihn wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Er wurde in diesem Verfahren in der Zeit vom 15. März 1987, 10.40 Uhr, bis 3.Juni 1987, 8.00 Uhr, und - nach zwischenzeitiger Verbüßung einer ausstehenden Freiheitsstrafe - vom 3. August 1987, 8.00 Uhr, bis 2.Dezember 1987, 14.00 Uhr, in gerichtlicher Verwahrungs- und Untersuchungshaft angehalten, wofür er nicht entschädigt worden ist.römisch eins. Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2.Dezember 1987, GZ 10 römisch fünf r 655/87-71, wurde (ua) Harald Otto G***** von der gegen ihn wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach Paragraphen 127, Absatz eins,, Absatz 2, Ziffer eins,, 128 Absatz eins, Ziffer 4,, 129 Ziffer eins und 2 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach Paragraph 136, Absatz eins und 2 StGB erhobenen Anklage gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen. Er wurde in diesem Verfahren in der Zeit vom 15. März 1987, 10.40 Uhr, bis 3.Juni 1987, 8.00 Uhr, und - nach zwischenzeitiger Verbüßung einer ausstehenden Freiheitsstrafe - vom 3. August 1987, 8.00 Uhr, bis 2.Dezember 1987, 14.00 Uhr, in gerichtlicher Verwahrungs- und Untersuchungshaft angehalten, wofür er nicht entschädigt worden ist.
Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4.Juli 1996, GZ 13 Vr 533/96-31, wurde (u.a.) Harald Otto G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (Tatzeiten am 20. und 25. März 1996) unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11.April 1996, GZ 15 E Vr 519/96-4, zu einer zusätzlichen unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt; im letztzitierten Verfahren war Harald Otto G***** wegen der am 8.März 1995 begangenen Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden.Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4.Juli 1996, GZ 13 römisch fünf r 533/96-31, wurde (u.a.) Harald Otto G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach Paragraphen 127,, 129 Ziffer eins und 2, 15 StGB sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach Paragraph 125, StGB und der dauernden Sachentziehung nach Paragraph 135, Absatz eins, StGB (Tatzeiten am 20. und 25. März 1996) unter Bedachtnahme gemäß Paragraphen 31,, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11.April 1996, GZ 15 E römisch fünf r 519/96-4, zu einer zusätzlichen unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt; im letztzitierten Verfahren war Harald Otto G***** wegen der am 8.März 1995 begangenen Vergehen der Körperverletzung nach Paragraph 83, Absatz eins, StGB, der Nötigung nach Paragraph 105, Absatz eins, StGB und der Sachbeschädigung nach Paragraph 125, StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden.
Mit Beschluß vom 27.März 1997, GZ 13 Vr 533/96-53, ordnete das Landesgericht Klagenfurt an, daß die von Harald Otto G***** im Verfahren AZ 10 Vr 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt erlittene Vorhaft vom 15.März 1987, 10.40 Uhr, bis 3.Juni 1987, 8.00 Uhr, und vom 3.August 1987, 8.00 Uhr, bis 2.Dezember 1987, 14.00 Uhr, auf die über ihn im Verfahren AZ 13 Vr 533/96 des Landesgerichtes Klagenfurt verhängte Freiheitsstrafe "in analoger Anwendung des § 400 Abs 2 StPO" anzurechnen sei.Mit Beschluß vom 27.März 1997, GZ 13 römisch fünf r 533/96-53, ordnete das Landesgericht Klagenfurt an, daß die von Harald Otto G***** im Verfahren AZ 10 römisch fünf r 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt erlittene Vorhaft vom 15.März 1987, 10.40 Uhr, bis 3.Juni 1987, 8.00 Uhr, und vom 3.August 1987, 8.00 Uhr, bis 2.Dezember 1987, 14.00 Uhr, auf die über ihn im Verfahren AZ 13 römisch fünf r 533/96 des Landesgerichtes Klagenfurt verhängte Freiheitsstrafe "in analoger Anwendung des Paragraph 400, Absatz 2, StPO" anzurechnen sei.
II. Dieser Beschluß verletzt - wie der Generalprokurator in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - das Gesetz.römisch II. Dieser Beschluß verletzt - wie der Generalprokurator in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - das Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß der die Anrechnung der Vorhaft regelnden Bestimmung des § 38 StGB sind die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft und die Untersuchungshaft, soweit sie nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt worden ist, auf Freiheitsstrafen und Geldstrafen anzurechnen, wenn der Täter die Haft nicht nur im betreffenden Strafverfahren (Abs 1 Z 1), sondern auch, was für die vorliegende Fallgestaltung von Bedeutung ist, sonst nach Begehung dieser Tat wegen des Verdachts einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung erlitten hat (Abs 1 Z 2).Gemäß der die Anrechnung der Vorhaft regelnden Bestimmung des Paragraph 38, StGB sind die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft und die Untersuchungshaft, soweit sie nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt worden ist, auf Freiheitsstrafen und Geldstrafen anzurechnen, wenn der Täter die Haft nicht nur im betreffenden Strafverfahren (Absatz eins, Ziffer eins,), sondern auch, was für die vorliegende Fallgestaltung von Bedeutung ist, sonst nach Begehung dieser Tat wegen des Verdachts einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung erlitten hat (Absatz eins, Ziffer 2,).
Der zuletzt genannten Gesetzesbestimmung liegt - auch unter Berücksichtigung anderer materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Vorschriften (§§ 31, 40 StGB, § 56 StPO) wie auch der Gesetzesmaterialien (siehe insbesondere 30 BlgNR XIII.GP, 133) - der Grundgedanke inne, daß die Führung getrennter Verfahren wegen Straftaten, die nach dem Zeitpunkt ihrer Begehung auch gemeinsam hätten abgeurteilt werden können, dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen darf. Die Bestimmung des § 38 Abs 1 Z 2 StGB betrifft nach ihrem Sinn und Zweck demzufolge nicht nur jene Vorhaften, die der Täter nach der den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Tat in einem anderen Verfahren erlitten hat, sondern darüber hinaus auch jene Vorhaften, die dem Verurteilten in einem anderen, noch nach der nunmehr bestraften Tat anhängigen Verfahren widerfuhren, mögen sie auch schon vor der jetzt bestraften Tat gelegen sein (SSt 48/90). Daß die Verfahren (zumindest in Ansehung eines Teils der hievon erfaßten Straftaten) zu irgend einem Zeitpunkt gemäß § 56 StPO hätten vereinigt werden können, ist jedenfalls unabdingbare Voraussetzung der Vorhaftanrechnung.Der zuletzt genannten Gesetzesbestimmung liegt - auch unter Berücksichtigung anderer materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Vorschriften (Paragraphen 31,, 40 StGB, Paragraph 56, StPO) wie auch der Gesetzesmaterialien (siehe insbesondere 30 BlgNR römisch XIII.GP, 133) - der Grundgedanke inne, daß die Führung getrennter Verfahren wegen Straftaten, die nach dem Zeitpunkt ihrer Begehung auch gemeinsam hätten abgeurteilt werden können, dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen darf. Die Bestimmung des Paragraph 38, Absatz eins, Ziffer 2, StGB betrifft nach ihrem Sinn und Zweck demzufolge nicht nur jene Vorhaften, die der Täter nach der den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Tat in einem anderen Verfahren erlitten hat, sondern darüber hinaus auch jene Vorhaften, die dem Verurteilten in einem anderen, noch nach der nunmehr bestraften Tat anhängigen Verfahren widerfuhren, mögen sie auch schon vor der jetzt bestraften Tat gelegen sein (SSt 48/90). Daß die Verfahren (zumindest in Ansehung eines Teils der hievon erfaßten Straftaten) zu irgend einem Zeitpunkt gemäß Paragraph 56, StPO hätten vereinigt werden können, ist jedenfalls unabdingbare Voraussetzung der Vorhaftanrechnung.
Diese Prämisse fehlt vorliegend, weil das Verfahren AZ 10 Vr 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt, in welchem Harald Otto G***** die hier aktuellen Vorhaften erlitten hat, zum Zeitpunkt der nachfolgenden Straffälligkeit bereits längst (durch freisprechendes Urteil) beendet war. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 38 Abs 1 Z 2 StGB auch auf diese Vorhaft ist angesichts des Wortlautes wie auch nach Sinn und Zweck der Gesetzesbestimmung nicht möglich; insoweit liegt eine vom Gesetzgeber von der Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB bewußt ausgenommene, daher plangemäße und einer Analogie von vorneherein nicht zugängliche Regelung vor. Die vom Landesgericht Klagenfurt vorgenommene Transferierung der im § 400 Abs 2 StPO enthaltenen Verfahrensbestimmungen auf den materiellrechtlichen Bereich der Vorhaftanrechnung war im übrigen auch unter dem Gesichtspunkt der nicht vergleichbaren Regelungsinhalte verfehlt.Diese Prämisse fehlt vorliegend, weil das Verfahren AZ 10 römisch fünf r 655/87 des Landesgerichtes Klagenfurt, in welchem Harald Otto G***** die hier aktuellen Vorhaften erlitten hat, zum Zeitpunkt der nachfolgenden Straffälligkeit bereits längst (durch freisprechendes Urteil) beendet war. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Paragraph 38, Absatz eins, Ziffer 2, StGB auch auf diese Vorhaft ist angesichts des Wortlautes wie auch nach Sinn und Zweck der Gesetzesbestimmung nicht möglich; insoweit liegt eine vom Gesetzgeber von der Vorhaftanrechnung gemäß Paragraph 38, StGB bewußt ausgenommene, daher plangemäße und einer Analogie von vorneherein nicht zugängliche Regelung vor. Die vom Landesgericht Klagenfurt vorgenommene Transferierung der im Paragraph 400, Absatz 2, StPO enthaltenen Verfahrensbestimmungen auf den materiellrechtlichen Bereich der Vorhaftanrechnung war im übrigen auch unter dem Gesichtspunkt der nicht vergleichbaren Regelungsinhalte verfehlt.
Da sich die Gesetzesverletzung zum Vorteil des Verurteilten auswirkte, hat es mit ihrer Feststellung sein Bewenden.
Dem Vorbringen in der Äußerung des Verteidigers zur Nichtigkeitsbeschwerde, die gemäß § 292 StPO festgesetzte Äußerungsfrist sei unzulänglich, kann angesichts der zutreffenden Darstellung der maßgeblichen Umstände in der Nichtigkeitsbeschwerde und der Beschränkung des Verfahrensgegenstandes auf eine einzige Rechtsfrage nicht gefolgt werden.Dem Vorbringen in der Äußerung des Verteidigers zur Nichtigkeitsbeschwerde, die gemäß Paragraph 292, StPO festgesetzte Äußerungsfrist sei unzulänglich, kann angesichts der zutreffenden Darstellung der maßgeblichen Umstände in der Nichtigkeitsbeschwerde und der Beschränkung des Verfahrensgegenstandes auf eine einzige Rechtsfrage nicht gefolgt werden.
Anmerkung
E47418 15DA1177European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0150OS00117.97.0904.000Dokumentnummer
JJT_19970904_OGH0002_0150OS00117_9700000_000