TE OGH 1997/9/9 4Ob173/97p

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Veröffentlicht am 09.09.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. A*****gesellschaft mbH & Co KG, 2. A*****gesellschaft mbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Helmut Destaller und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 10. April 1997, GZ 6 R 23/97t-11, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. November 1996, GZ 17 Cg 153/96d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. beschlossen:

Die Revisionsbeantwortung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Die Beklagten sind schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für Waren der Marke K***** mit dem Slogan "K*****-Tiefstpreise" zu werben, wenn Konkurrenten diese Waren zu günstigeren Preisen anbieten.

Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin die mit S 54.362,-- bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 7.912,-- USt und S 6.890,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches ohne Kostenentscheidung binnen 4 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten in einer Wochenendausgabe der steirischen Ausgabe der Tageszeitung 'Kleine Zeitung', einmal im Textteil, in Normallettern mit Fettumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt ge- schriebenen Namen der Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen."

Die Beklagten sind schuldig, der Klägerin die mit S 80.839,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 9.498,30 USt und S 23.850,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt den Einzelhandel mit Elektrogeräten aller Art; sie vertreibt (ua) Autoradios. Die Erstbeklagte ist Detailhändlerin für Autozubehör und Autoradios; die Zweitbeklagte ist ihre persönlich haftende Gesellschafterin.

In der Ausgabe der Tageszeitung "Kleine Zeitung" vom 2.6.1996 schalteten die Beklagten ein Inserat ein, in dem sie das Angebot von Geräten der Marke K***** mit "K*****-Tiefstpreise" überschrieben. Angeboten wurde, neben vier anderen Geräten der Marke K*****, ein "Radio, KRC 856R, RDS, EON, Sichtschutzblende statt 7290,-- 5990,--", wobei der Preis von S 7.290,-- durchgestrichen war. Zur selben Zeit bot die Klägerin das gleiche Gerät um S 4.990,-- an.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für Waren der Marke K***** mit dem Slogan "K*****-Tiefstpreise" zu werben, wenn tatsächlich die so beworbenen Waren von Konkurrenten zu günstigeren Preisen angeboten werden. Die Klägerin stellt auch ein Veröffentlichungsbegehren.

Nicht nur die Klägerin, sondern auch die Firma Kö***** biete das Autoradio der Marke K***** KRC 856R RDS um S 4.990,-- und damit um S 1.000,-- billiger als die Beklagten an. Die Werbebehauptung "K*****-Tiefstpreise" sei nicht marktschreierisch, sondern sie werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ernst genommen.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen.

"Tiefstpreis" sei marktschreierisch. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden darunter einen besonders günstigen Preis.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

"Tiefstpreis" sei ein typischer Werbeslogan, der keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit erhebe. Es handle sich um eine reklamehafte Übertreibung, die zulässig sei. Das Publikum gewinne nicht den Eindruck, daß es sich beim jeweils angegebenen Preis um den absoluten Tiefstpreis dieser Produkte handle.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Beklagten hätten mit der Ankündigung "K*****-Tiefstpreise" in marktschreierischer Weise auf ihr besonders günstiges Preisniveau hingewiesen. Das angesprochene Publikum nehme eine solche Ankündigung nicht wörtlich, sondern fasse sie als Übertreibung auf. Niemand nehme an, daß ein Autozubehörgeschäft bei jeder einzelnen von zahlreichen angebotenen Waren die (objektiv) niedrigsten Preise habe. Tatsachenkern der Ankündigung sei die Behauptung einer im Vergleich zu den Mitbewerbern besonders günstigen Einkaufsgelegenheit. Dies werde durch den Beweis, daß die Klägerin einen einzigen Artikel billiger verkaufe, nicht entkräftet.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Klägerin ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zu § 2 UWG widerspricht; sie ist berechtigt. Die Beklagten haben die Revisionsbeantwortung entgegen § 508a Abs 2 ZPO beim Erstgericht eingebracht. Die Rechtsmittelgegenschrift ist erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist des § 507 Abs 2 ZPO beim Obersten Gerichtshof eingelangt; sie war daher als verspätet zurückzuweisen.Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Klägerin ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zu Paragraph 2, UWG widerspricht; sie ist berechtigt. Die Beklagten haben die Revisionsbeantwortung entgegen Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO beim Erstgericht eingebracht. Die Rechtsmittelgegenschrift ist erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist des Paragraph 507, Absatz 2, ZPO beim Obersten Gerichtshof eingelangt; sie war daher als verspätet zurückzuweisen.

Die Klägerin bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Ankündigung "K*****-Tiefstpreise" marktschreierisch sei. Die Ankündigung beziehe sich auf die im Inserat beschriebenen fünf Geräte.

Eine "marktschreierische Anpreisung" liegt dann vor, wenn sie sogleich als Übertreibung aufgefaßt und damit von jedermann unschwer auf ihren tatsächlichen Gehalt zurückgeführt wird, welcher deutlich erkennbar nicht in einer ernst zu nehmenden Tatsachenbehauptung, sondern in einer ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit auftretenden reklame- haften Übertreibung liegt (stRsp ua ecolex 1993, 760 - ÖBl

1993, 161 = WBl 1993, 408 - Verhundertfachen Sie Ihr Geld; ecolex

1995, 568 = WBl 1995, 250 = GRURInt 1996, 750 - Persil Megaperls).

Auch bei der Prüfung, ob eine marktschreierische Anpreisung vorliegt, gilt die Unklar- heitenregel, wonach im Zweifel stets eine ernst gemeinte Tatsachenbehauptung anzunehmen und vom Werbenden zu vertreten ist (ecolex 1994, 238 = ÖBl 1993, 239 = WBl 1994, 211 - Rad-Welt).

Die Werbeankündigung "K*****-Tiefstpreise" ist keine marktschreierische Übertreibung, sondern ihr ist - jedenfalls im Zweifel - zu entnehmen, daß die im Inserat der Beklagten für K*****-Geräte genannten Preise außerordentlich günstig sind. Diese Annahme trifft nicht zu, auch wenn nur einer der fünf angebotenen Artikel von Mitbewerbern um S 1.000,-- (das sind rund 16 bis 17 %) billiger verkauft wird.

Das Berufungsgericht verkennt, daß die Beklagten nicht für ihr gesamtes Warenangebot die Behauptung aufgestellt haben, "Tiefstpreise" zu verlangen, sondern daß sie diese Ankündigung den fünf in ihrem Inserat angebotenen Produkten der Marke K***** vorangestellt haben. In einem solchen Fall muß der Preis jedes der angebotenen Artikel der Erwartung entsprechen, den die Ankündigung "Tiefstpreise" weckt. Liegt der verlangte Preis um rund 16 bis 17 % über dem Preis von Mitbewerbern, so kann nicht mehr von einem besonders günstigen Preis gesprochen werden. Daß (jedenfalls) diese Erwartung geweckt wird, gestehen selbst die Beklagten zu.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist nach § 2 UWG begründet; der Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gründet sich auf § 25 UWG. Im Spruch war klarzustellen, daß die Kostenentscheidung nicht mitzuveröffentlichen ist (ecolex 1993, 760 = ÖBl 1993, 212 - Ringe).Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist nach Paragraph 2, UWG begründet; der Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gründet sich auf Paragraph 25, UWG. Im Spruch war klarzustellen, daß die Kostenentscheidung nicht mitzuveröffentlichen ist (ecolex 1993, 760 = ÖBl 1993, 212 - Ringe).

Der Revision war Folge zu geben. Im Spruch über das Unterlassungsgebot hatte die Verpflichtung "zur ungeteilten Hand" zu entfallen, weil mehrere Unterlassungs- verpflichtete nicht zur ungeteilten Hand haften (RIS-Justiz RS0079591).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung stützt sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E47424 04A01737

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0040OB00173.97P.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19970909_OGH0002_0040OB00173_97P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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