TE OGH 1997/9/10 7Ob247/97t

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr.Günter Niebauer und Dr.Karl Schaumüller, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Josef B*****, vertreten durch Dr.Erwin Fidler, Rechtsanwalt in Pöllau, wegen S 229.389,60 s.A., infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24.Juni 1997, GZ 11 R 59/97w-16, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 7.März 1997, GZ 22 Cg 93/96v-12, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten (in der Klage ohne die Beifügung "junior") Zahlung von S 229.389,60 s.A. als Entgelt für ordnungsgemäß erstellte Licht- bzw Lüftungsanlagen.

Die Klage mit dem Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung wurde dem Beklagten am 27.März 1996 an der Anschrift ***** V*****, R***** 140 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt und von ihm am 1.April 1996 beim Postamt behoben.

Das Erstgericht erließ am 24.April 1996 ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil, weil eine Klagebeantwortung nicht erstattet worden war. Das Versäumungsurteil, dessen Zustellschein die Bezeichnung als "J*****, Kfm" enthält, wurde am 9.Mai 1996 dem an derselben Anschrift wohnenden und denselben Namen aufweisenden Vater des Beklagten ausgehändigt. Der Vater unterfertigte den Zustellschein als Empfänger.

Mit Schriftsatz vom 1.August 1996 stellte der Vater einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung, in eventu gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil, erstattete eine Klagebeantwortung und erhob überdies in eventu Widerspruch gegen das Versäumungsurteil. Diese Rechtsbehelfe wurden mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.September 1996 (ON 9) zurückgewiesen, weil der nunmehr einschreitende Vater nicht Partei des Verfahrens sei.

Mit Schriftsatz vom 3.Februar 1997 beantragte der Beklagte die neuerliche Zustellung des Versäumungsurteiles, die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nach § 7 Abs 3 EO, erhob Widerspruch gegen das Versäumungsurteil und stellte an das Exekutionsgericht den Antrag auf Aufschiebung des laufenden Forderungs- und Fahrnisexekutionsverfahrens. Das Versäumungsurteil sei dem an der selben Anschrift, nicht aber im gleichen Haushalt wohnenden Vater des Beklagten als Empfänger zugestellt worden. Da Unklarheit über die Individualisierung der Person bestanden habe, habe der Vater dieses Problem zwar mit seinem Sohn erörtern wollen, es jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen unterlassen. Dem Beklagten sei erst am 16. Juli 1996 die Bewilligung der Fahrnisexekution zugestellt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er Kenntnis von der Existenz eines Versäumungsurteiles gehabt, das aber nicht wirksam zugestellt worden sei.Mit Schriftsatz vom 3.Februar 1997 beantragte der Beklagte die neuerliche Zustellung des Versäumungsurteiles, die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nach Paragraph 7, Absatz 3, EO, erhob Widerspruch gegen das Versäumungsurteil und stellte an das Exekutionsgericht den Antrag auf Aufschiebung des laufenden Forderungs- und Fahrnisexekutionsverfahrens. Das Versäumungsurteil sei dem an der selben Anschrift, nicht aber im gleichen Haushalt wohnenden Vater des Beklagten als Empfänger zugestellt worden. Da Unklarheit über die Individualisierung der Person bestanden habe, habe der Vater dieses Problem zwar mit seinem Sohn erörtern wollen, es jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen unterlassen. Dem Beklagten sei erst am 16. Juli 1996 die Bewilligung der Fahrnisexekution zugestellt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er Kenntnis von der Existenz eines Versäumungsurteiles gehabt, das aber nicht wirksam zugestellt worden sei.

Die klagende Partei begehrt die Abweisung der vom Beklagten gestellten Anträge sowie die Zurückweisung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil.

Das Erstgericht hob die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteiles auf, bewilligte die neuerliche Zustellung desselben an den Beklagten und wies den Antrag der klagenden Partei, den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil als nicht rechtzeitig zurückzuweisen, ab. Es führte in seiner Begründung aus, daß die Individualisierungsmerkmale des Schriftstückes sowohl auf den Beklagten als auch auf dessen Vater zugetroffen hätten. Das Versäumungsurteil sei dem Vater wirksam als Empfänger zugestellt worden. Eine Ersatzzustellung nach § 16 ZustellG sei daher ausgeschlossen.Das Erstgericht hob die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteiles auf, bewilligte die neuerliche Zustellung desselben an den Beklagten und wies den Antrag der klagenden Partei, den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil als nicht rechtzeitig zurückzuweisen, ab. Es führte in seiner Begründung aus, daß die Individualisierungsmerkmale des Schriftstückes sowohl auf den Beklagten als auch auf dessen Vater zugetroffen hätten. Das Versäumungsurteil sei dem Vater wirksam als Empfänger zugestellt worden. Eine Ersatzzustellung nach Paragraph 16, ZustellG sei daher ausgeschlossen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der klagenden Partei Folge und wies die Anträge auf neuerliche Zustellung des Versäumungsurteils und auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit desselben ab und den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil als verspätet zurück. Es verpflichtete den Beklagten zum Ersatz der Kosten der Äußerung der klagenden Partei sowie der Kosten des Rekursverfahrens und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht erachtete die Aushändigung des erlassenen Versäumungsurteiles an den Vater des Beklagten als ordnungsgemäße Ersatzzustellung im Sinne des § 16 Abs 1 ZustellG, weil sowohl der Beklagte als auch sein Vater nach den Feststellungen des Erstgerichtes an der Zustelladresse wohnten. Es gehe zu Lasten des Beklagten, daß dessen Vater das Zustellstück nicht an ihn ausgehändigt habe. Für die Rechtswirksamkeit der Zustellung sei es ohne Bedeutung, daß auf dem Zustellschein, der vom Vater unterfertigt wurde, die Rubrik "Empfänger" angekreuzt worden sei. Es tue der Wirksamkeit der Ersatzzustellung keinen Abbruch, daß der Zusteller versehentlich den Vater für den Empfänger der Sendung gehalten habe. Durch die Anführung der Berufsbezeichnung "Kaufmann" sei die Bezeichnung des von der Zustellbehörde gewünschten Empfängers in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erfolgt. Eine Person, an welche die Zustellung des Schriftstückes nicht verfügt worden sei, könne nicht Empfänger desselben sein.Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der klagenden Partei Folge und wies die Anträge auf neuerliche Zustellung des Versäumungsurteils und auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit desselben ab und den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil als verspätet zurück. Es verpflichtete den Beklagten zum Ersatz der Kosten der Äußerung der klagenden Partei sowie der Kosten des Rekursverfahrens und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht erachtete die Aushändigung des erlassenen Versäumungsurteiles an den Vater des Beklagten als ordnungsgemäße Ersatzzustellung im Sinne des Paragraph 16, Absatz eins, ZustellG, weil sowohl der Beklagte als auch sein Vater nach den Feststellungen des Erstgerichtes an der Zustelladresse wohnten. Es gehe zu Lasten des Beklagten, daß dessen Vater das Zustellstück nicht an ihn ausgehändigt habe. Für die Rechtswirksamkeit der Zustellung sei es ohne Bedeutung, daß auf dem Zustellschein, der vom Vater unterfertigt wurde, die Rubrik "Empfänger" angekreuzt worden sei. Es tue der Wirksamkeit der Ersatzzustellung keinen Abbruch, daß der Zusteller versehentlich den Vater für den Empfänger der Sendung gehalten habe. Durch die Anführung der Berufsbezeichnung "Kaufmann" sei die Bezeichnung des von der Zustellbehörde gewünschten Empfängers in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erfolgt. Eine Person, an welche die Zustellung des Schriftstückes nicht verfügt worden sei, könne nicht Empfänger desselben sein.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionsrekurswerber führt im wesentlichen aus, der Vater des Beklagten habe sich wegen der Namensgleichheit, derselben Zustelladresse und der unzureichenden Individualisierung - die nur verkürzte Berufsbezeichnung "Kfm" genüge für eine ausreichende Unterscheidung der Personen nicht, weil auch der Vater bis vor kurzem Kaufmann gewesen sei - für den Empfänger halten dürfen. Die Zustellung sei daher für den Vater, nicht aber für den Beklagten rechtswirksam erfolgt.

Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zu folgen.

Es trifft zunächst zu, daß durch die Aushändigung der Klage und des Auftrages zur Erstattung der Klagebeantwortung an den Beklagten dieser Partei des Verfahrens wurde. Die Zustellung des Versäumungsurteiles konnte aber im Sinne des § 16 ZustellG auch an einen Ersatzempfänger erfolgen. Voraussetzung dazu ist, daß der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (Abs 1 leg cit) und der Ersatzempfänger an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt und - außer im Falle der gemeinsamen Haushaltsführung - zur Annahme bereit ist (Abs 2 leg cit).Es trifft zunächst zu, daß durch die Aushändigung der Klage und des Auftrages zur Erstattung der Klagebeantwortung an den Beklagten dieser Partei des Verfahrens wurde. Die Zustellung des Versäumungsurteiles konnte aber im Sinne des Paragraph 16, ZustellG auch an einen Ersatzempfänger erfolgen. Voraussetzung dazu ist, daß der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (Absatz eins, leg cit) und der Ersatzempfänger an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt und - außer im Falle der gemeinsamen Haushaltsführung - zur Annahme bereit ist (Absatz 2, leg cit).

Es kann nun dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen, der Vater und der Beklagte hätten zwar an derselben Abgabestelle, nicht aber im gemeinsamen Haushalt gewohnt, nicht ohnehin dahingehend zu verstehen ist, daß beide nicht gemeinsam wohnen, weil an derselben Abgabestelle nur der "wohnt", der in derselben "Wohnung" seine Wohnbedürfnisse befriedigt. In derselben Unterkunft wohnt eben nur, wer in derselben Wohneinheit wie der Empfänger wohnt (vgl Walter/Mayer, Zustellrecht Anm 6a zu § 4; Anm 16 zu § 16 ZustellG).Es kann nun dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen, der Vater und der Beklagte hätten zwar an derselben Abgabestelle, nicht aber im gemeinsamen Haushalt gewohnt, nicht ohnehin dahingehend zu verstehen ist, daß beide nicht gemeinsam wohnen, weil an derselben Abgabestelle nur der "wohnt", der in derselben "Wohnung" seine Wohnbedürfnisse befriedigt. In derselben Unterkunft wohnt eben nur, wer in derselben Wohneinheit wie der Empfänger wohnt vergleiche Walter/Mayer, Zustellrecht Anmerkung 6a zu Paragraph 4 ;, Anmerkung 16 zu Paragraph 16, ZustellG).

Auch wenn dazu Feststellungen fehlen, ist nach Ansicht des erkennenden Senates die Zustellung des Versäumungsurteiles durch Aushändigung an den Vater des Beklagten in der irrigen Annahme des Zustellers, dieser sei der in Anspruch genommene Empfänger, fehlerhaft.

Da sowohl der Beklagte als auch sein Vater denselben Namen und dieselbe Zustelladresse aufweisen, sind an die weiteren Individualisierungsmerkmale wie zum Beispiel der Beisatz jun. oder sen. strengere Anforderungen zu stellen. Die verkürzte Berufsbezeichnung "Kfm" reicht dazu nicht aus, zumal nicht von der Hand zu weisen ist, daß auch der Vater diesen Beruf ausgeübt und unter dieser Berufsbezeichnung Zustellungen entgegengenommen hat.

Dazu ist zu berücksichtigen, daß auf dem Zustellschein die Rubrik "Empfänger" angekreuzt wurde und auch der Zusteller der Meinung war, die Sendung sei an den Vater zuzustellen. Wäre der Zusteller der Ansicht gewesen, die Sendung sei an den Beklagten und nicht an dessen Vater zuzustellen gewesen, wäre zweifellos die Rubrik "Mitbewohner der Abgabestelle" anzukreuzen gewesen.

Da sich daher der Vater des Beklagten als Empfänger des Versäumungsurteiles ansehen konnte, erfolgte die Zustellung an ihn persönlich und nicht als Ersatzempfänger für den Beklagten. Ihm gegenüber war daher die Zustellung rechtsunwirksam.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E47713 07A02477

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0070OB00247.97T.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19970910_OGH0002_0070OB00247_97T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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