Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Jörg Hans S*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Edith S*****, vertreten durch Dr.Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 15.April 1997, GZ 2 R 124/97b-7, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Rottenmann vom 24.Februar 1997, GZ 1 C 27/97g-4, ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Seit 30.11.1993 ist beim Bezirksgericht Hernals eine auf § 55 Abs 1 EheG gestützte Scheidungsklage des Mannes anhängig. Die Frau hatte dem Scheidungsbegehren (gestützt offensichtlich auch auf § 55 Abs 2 EheG) widersprochen. Dieses Verfahren ruht.Seit 30.11.1993 ist beim Bezirksgericht Hernals eine auf Paragraph 55, Absatz eins, EheG gestützte Scheidungsklage des Mannes anhängig. Die Frau hatte dem Scheidungsbegehren (gestützt offensichtlich auch auf Paragraph 55, Absatz 2, EheG) widersprochen. Dieses Verfahren ruht.
Mit der am 17.1.1997 beim (nach den Klageangaben) für den letzten gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute zuständigen Bezirksgericht Rottenmann eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Scheidung der Ehe aus dem Grund des § 55 Abs 3 EheG. Die eheliche Gemeinschaft sei seit mehr als 6 Jahren aufgelöst.Mit der am 17.1.1997 beim (nach den Klageangaben) für den letzten gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute zuständigen Bezirksgericht Rottenmann eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Scheidung der Ehe aus dem Grund des Paragraph 55, Absatz 3, EheG. Die eheliche Gemeinschaft sei seit mehr als 6 Jahren aufgelöst.
Die Beklagte beantragte, die Klage gemäß § 233 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Die Beklagte beantragte, die Klage gemäß Paragraph 233, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Das beim Bezirksgericht Hernals anhängige Scheidungsverfahren habe die Streitanhängigkeit im Sinne des § 233 Abs 1 ZPO begründet.Das Erstgericht wies die Klage zurück. Das beim Bezirksgericht Hernals anhängige Scheidungsverfahren habe die Streitanhängigkeit im Sinne des Paragraph 233, Absatz eins, ZPO begründet.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf und trug diesem die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Beim Scheidungsgrund nach § 55 Abs 3 EheG handle es sich um einen von den Voraussetzungen der vorangehenden Absätze dieser Gesetzesstelle unabhängigen, absolut wirkenden Scheidungsgrund, bei dem allein auf die sechsjährige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft abzustellen sei. Es liege keine Identität zwischen den Bestimmungen des § 55 Abs 1 EheG einerseits und § 55 Abs 3 EheG andererseits vor, wenngleich beiden Bestimmungen eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Eheleute zugrundeliege. Der Fall sei vergleichbar mit denjenigen, in welchen jeweils die Scheidung aus Verschulden begehrt werde und eine Identität des Anspruchs dann zu verneinen sei, wenn die Scheidungsklagen verschiedene Verschuldenstatbestände enthielten. Das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit liege nicht vor.Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf und trug diesem die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Beim Scheidungsgrund nach Paragraph 55, Absatz 3, EheG handle es sich um einen von den Voraussetzungen der vorangehenden Absätze dieser Gesetzesstelle unabhängigen, absolut wirkenden Scheidungsgrund, bei dem allein auf die sechsjährige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft abzustellen sei. Es liege keine Identität zwischen den Bestimmungen des Paragraph 55, Absatz eins, EheG einerseits und Paragraph 55, Absatz 3, EheG andererseits vor, wenngleich beiden Bestimmungen eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Eheleute zugrundeliege. Der Fall sei vergleichbar mit denjenigen, in welchen jeweils die Scheidung aus Verschulden begehrt werde und eine Identität des Anspruchs dann zu verneinen sei, wenn die Scheidungsklagen verschiedene Verschuldenstatbestände enthielten. Das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit liege nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Beklagte die Abänderung dahin, daß dem Rekurs des Klägers nicht Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt werde.
In der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung beantragt der Kläger, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise wird der Antrag gestellt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig. Zur Rechtsfrage, ob die Anhängigkeit eines Verfahrens über eine auf § 55 Abs 1 EheG gestützte Scheidungsklage ein Prozeßhindernis für eine in der Folge eingebrachte, auf § 55 Abs 3 EheG gestützte Scheidungsklage bildet, liegt keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vor. Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung des Rekursgerichtes wegen Nichtigkeit auch berechtigt.Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig. Zur Rechtsfrage, ob die Anhängigkeit eines Verfahrens über eine auf Paragraph 55, Absatz eins, EheG gestützte Scheidungsklage ein Prozeßhindernis für eine in der Folge eingebrachte, auf Paragraph 55, Absatz 3, EheG gestützte Scheidungsklage bildet, liegt keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vor. Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung des Rekursgerichtes wegen Nichtigkeit auch berechtigt.
Das Erstgericht hat die auf § 55 Abs 3 EheG gestützte Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit, also nach Beteiligung der Beklagten am Verfahren, zurückgewiesen. Das im Verfahren erster Instanz kontradiktorische Verfahren über die Prozeßeinrede der Streitanhängigkeit (§§ 232f ZPO) ist auch im Rekursverfahren zweiseitig (§ 521a Abs 1 Z 3 ZPO). Der Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wurde der Beklagten nicht zugestellt. Das Rekursgericht hat über diesen Rekurs ohne Beteiligung der Beklagten entschieden und damit das Recht auf Gehör verletzt. Dies hat die Nichtigkeit der Entscheidung zur Folge, was unter der vorliegenden Voraussetzung, daß der Revisionsrekurs zulässig ist, von Amtswegen wahrzunehmen ist. Das Rekursgericht wird im zweiten Rechtsgang der Beklagten den Rekurs des Klägers zuzustellen und nach dem allfälligen Einlangen einer Rekursbeantwortung oder nach dem Ablauf der gesetzlichen Notfrist über den Rekurs neuerlich zu entscheiden haben. Auf die zu lösenden Rechtsfragen zum Thema des Prozeßhindernisses der Streitanhängigkeit bei Scheidungsklagen, die einerseits auf § 55 Abs 1 EheG und andererseits auf Abs 3 leg cit gestützt werden, ist im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht einzugehen.Das Erstgericht hat die auf Paragraph 55, Absatz 3, EheG gestützte Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit, also nach Beteiligung der Beklagten am Verfahren, zurückgewiesen. Das im Verfahren erster Instanz kontradiktorische Verfahren über die Prozeßeinrede der Streitanhängigkeit (Paragraphen 232 f, ZPO) ist auch im Rekursverfahren zweiseitig (Paragraph 521 a, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO). Der Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wurde der Beklagten nicht zugestellt. Das Rekursgericht hat über diesen Rekurs ohne Beteiligung der Beklagten entschieden und damit das Recht auf Gehör verletzt. Dies hat die Nichtigkeit der Entscheidung zur Folge, was unter der vorliegenden Voraussetzung, daß der Revisionsrekurs zulässig ist, von Amtswegen wahrzunehmen ist. Das Rekursgericht wird im zweiten Rechtsgang der Beklagten den Rekurs des Klägers zuzustellen und nach dem allfälligen Einlangen einer Rekursbeantwortung oder nach dem Ablauf der gesetzlichen Notfrist über den Rekurs neuerlich zu entscheiden haben. Auf die zu lösenden Rechtsfragen zum Thema des Prozeßhindernisses der Streitanhängigkeit bei Scheidungsklagen, die einerseits auf Paragraph 55, Absatz eins, EheG und andererseits auf Absatz 3, leg cit gestützt werden, ist im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht einzugehen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf Paragraph 52, ZPO.
Anmerkung
E47214 06A01737European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00173.97B.0911.000Dokumentnummer
JJT_19970911_OGH0002_0060OB00173_97B0000_000