TE OGH 1997/9/11 15Os139/97

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Veröffentlicht am 11.09.1997
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Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und Dr.Zehenter, als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramstanwärters Mag. Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Doris P***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 letzter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten Doris P***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 19. August 1997, AZ 20 Bs 267/97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und Dr.Zehenter, als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramstanwärters Mag. Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Doris P***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach Paragraphen 142, Absatz eins,, 143 letzter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten Doris P***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 19. August 1997, AZ 20 Bs 267/97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Doris P***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.

Es werden der bezeichnete Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien sowie der darauf gegründete Beschluß der Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. August 1997, GZ 23 c Vr 13.194/96-125, ersatzlos aufgehoben.Es werden der bezeichnete Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien sowie der darauf gegründete Beschluß der Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. August 1997, GZ 23 c römisch fünf r 13.194/96-125, ersatzlos aufgehoben.

Dem Bund wird der Ersatz der Beschwerdekosten an Doris P***** in Höhe von 9.600 S (darin enthalten 1.600 S Umsatzsteuer) auferlegt.

Text

Gründe:

Doris P*****, über die am 31.März 1997 unter anderem wegen "§§ 15, 75 StGB" die obligatorische Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 7 StPO verhängt worden war (S 9 iVm ON 19/II des später einbezogenen Aktes 28 a Vr 2921/97 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), deren Verlängerung die Untersuchungsrichterin nach Durchführung zweier Haftverhandlungen zuletzt bis längstens 14.Juli 1997 angeordnet hatte (ON 38 und 67/II des zitierten Aktes), ersuchte anläßlich der Kundmachung der Anklageschrift (ON 96 des Aktes 23 c Vr 13.194/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), welche ihr das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 letzter Fall StGB zur Last legt, diese ihrem Verteidiger zuzustellen; gleichzeitig verzichtete sie gemäß § 181 Abs 5 erster Satz StPO auf die Durchführung der dritten Haftverhandlung (ON 98/II des zuletzt bezeichneten Aktes). Eine - fallbezogen zwingend geboten gewesene - Beschlußfassung im Sinne des § 181 Abs 5 zweiter Satz StPO über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft wurde unterlassen, weshalb die laufende Haftfrist am Montag, dem 14.Juli 1997, um 24,00 Uhr endete. Am 16.Juli 1997 entdeckte die Vertreterin "dieses Versäumnis" der (auf Urlaub weilenden zuständigen) Untersuchungsrichterin, als der Verteidiger namens seiner Mandantin P***** mündlich den Verzicht auf Einspruch gegen die Anklageschrift erklärte. Wegen Verstreichens der erwähnten Haftfrist enthaftete sie die Beschuldigte um 13,00 Uhr (S 3 ee ff des Antrags- und Verfügungsbogens/I iVm ON 103 a und 114 des Aktes 23 c Vr 13.194/96).Doris P*****, über die am 31.März 1997 unter anderem wegen "§§ 15, 75 StGB" die obligatorische Untersuchungshaft gemäß Paragraph 180, Absatz 7, StPO verhängt worden war (S 9 in Verbindung mit ON 19/II des später einbezogenen Aktes 28 a römisch fünf r 2921/97 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), deren Verlängerung die Untersuchungsrichterin nach Durchführung zweier Haftverhandlungen zuletzt bis längstens 14.Juli 1997 angeordnet hatte (ON 38 und 67/II des zitierten Aktes), ersuchte anläßlich der Kundmachung der Anklageschrift (ON 96 des Aktes 23 c römisch fünf r 13.194/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), welche ihr das Verbrechen des schweren Raubes nach Paragraphen 142, Absatz eins,, 143 letzter Fall StGB zur Last legt, diese ihrem Verteidiger zuzustellen; gleichzeitig verzichtete sie gemäß Paragraph 181, Absatz 5, erster Satz StPO auf die Durchführung der dritten Haftverhandlung (ON 98/II des zuletzt bezeichneten Aktes). Eine - fallbezogen zwingend geboten gewesene - Beschlußfassung im Sinne des Paragraph 181, Absatz 5, zweiter Satz StPO über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft wurde unterlassen, weshalb die laufende Haftfrist am Montag, dem 14.Juli 1997, um 24,00 Uhr endete. Am 16.Juli 1997 entdeckte die Vertreterin "dieses Versäumnis" der (auf Urlaub weilenden zuständigen) Untersuchungsrichterin, als der Verteidiger namens seiner Mandantin P***** mündlich den Verzicht auf Einspruch gegen die Anklageschrift erklärte. Wegen Verstreichens der erwähnten Haftfrist enthaftete sie die Beschuldigte um 13,00 Uhr (S 3 ee ff des Antrags- und Verfügungsbogens/I in Verbindung mit ON 103 a und 114 des Aktes 23 c römisch fünf r 13.194/96).

Einer dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 115) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 19.August 1997, AZ 20 Bs 267/97 (= ON 122 des Vr-Aktes), Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und ordnete die "Verhängung" (richtig: Fortsetzung) der Untersuchungshaft über Doris P***** aus dem Grunde des § 180 Abs 7 StPO iVm § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a StPO an. In der Begründung vertritt der Gerichtshof zweiter Instanz die Rechtsansicht, daß die Vertretungsrichterin bei den hier gegebenen materiellen Voraussetzungen für die Untersuchungshaft und angesichts eines bloß irrtümlichen Unterbleibens der Beschlußfassung auf Haftfortsetzung eine solche Entscheidung innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 181 Abs 4 StPO - demnach auch noch am 16.Juli 1997 - hätte fassen müssen.Einer dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 115) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 19.August 1997, AZ 20 Bs 267/97 (= ON 122 des Vr-Aktes), Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und ordnete die "Verhängung" (richtig: Fortsetzung) der Untersuchungshaft über Doris P***** aus dem Grunde des Paragraph 180, Absatz 7, StPO in Verbindung mit Paragraph 180, Absatz 2, Ziffer eins und Ziffer 3, Litera a, StPO an. In der Begründung vertritt der Gerichtshof zweiter Instanz die Rechtsansicht, daß die Vertretungsrichterin bei den hier gegebenen materiellen Voraussetzungen für die Untersuchungshaft und angesichts eines bloß irrtümlichen Unterbleibens der Beschlußfassung auf Haftfortsetzung eine solche Entscheidung innerhalb der zeitlichen Grenzen des Paragraph 181, Absatz 4, StPO - demnach auch noch am 16.Juli 1997 - hätte fassen müssen.

In Befolgung dieser Beschwerdeentscheidung erließ die (zuständige) Untersuchungsrichterin am 22.August 1997 einen Haftbefehl (ON 123), auf Grund dessen Doris P***** noch am selben Tag an ihrer aktenkundigen Wohnanschrift verhaftet wurde. Mit Beschluß vom 24. August 1997, GZ 23 c Vr 13.194/96-125, ordnete der Journalrichter die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den vorbezeichneten Haftgründen an. Die Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien ist für den 22. und 23.September 1997 anberaumt (ON 117).In Befolgung dieser Beschwerdeentscheidung erließ die (zuständige) Untersuchungsrichterin am 22.August 1997 einen Haftbefehl (ON 123), auf Grund dessen Doris P***** noch am selben Tag an ihrer aktenkundigen Wohnanschrift verhaftet wurde. Mit Beschluß vom 24. August 1997, GZ 23 c römisch fünf r 13.194/96-125, ordnete der Journalrichter die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den vorbezeichneten Haftgründen an. Die Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien ist für den 22. und 23.September 1997 anberaumt (ON 117).

Gegen den Beschluß des Beschwerdegerichtes vom 19.August 1997, AZ 20 Bs 267/97, richtet sich die (am 27.August 1997 rechtzeitig beim Erstgericht eingelangte und am 8.September 1997 von der Generalprokuratur, welche die Akten zur Prüfung der Haftfrage unter dem Gesichtspunkt des § 33 Abs 2 StPO zwischenzeitig beigeschafft hatte, direkt dem Obersten Gerichtshof übermittelte) Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten P*****, der Berechtigung zukommt.Gegen den Beschluß des Beschwerdegerichtes vom 19.August 1997, AZ 20 Bs 267/97, richtet sich die (am 27.August 1997 rechtzeitig beim Erstgericht eingelangte und am 8.September 1997 von der Generalprokuratur, welche die Akten zur Prüfung der Haftfrage unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 33, Absatz 2, StPO zwischenzeitig beigeschafft hatte, direkt dem Obersten Gerichtshof übermittelte) Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten P*****, der Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 181 Abs 1 StPO sind Beschlüsse auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft sowie Beschlüsse der Gerichtshöfe zweiter Instanz auf Fortsetzung der Untersuchungshaft längstens für einen bestimmten Zeitraum wirksam (Haftfrist), wobei der Ablauftag dieser Frist jeweils im Beschluß anzuführen ist. Abs 2 Z 1 bis Z 3 leg cit hinwieder normiert die Dauer der nach dem Gang des Verfahrens jeweils in Betracht kommenden Haftfristen, die jenen gesetzlich determinierten Zeitraum umfassen, für den ein Beschluß auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft - unbeschadet der Abs 3, 4 und 6 des § 181 StPO - längstens wirksam ist. Diese zentralen Bestimmungen über die Einführung der Haftfristen verdeutlichen das Prinzip der "ultima ratio" der Untersuchungshaft und den Gedanken, daß die Haft von Amts wegen periodisch überprüft und - sofern erforderlich - durch Fassung eines Beschlusses fortgesetzt werden muß (vgl JAB 1157, BlgNR XVIII.GP, 13 insoweit abgedruckt in Pleischl/Soyer StPO S 137).Gemäß Paragraph 181, Absatz eins, StPO sind Beschlüsse auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft sowie Beschlüsse der Gerichtshöfe zweiter Instanz auf Fortsetzung der Untersuchungshaft längstens für einen bestimmten Zeitraum wirksam (Haftfrist), wobei der Ablauftag dieser Frist jeweils im Beschluß anzuführen ist. Absatz 2, Ziffer eins bis Ziffer 3, leg cit hinwieder normiert die Dauer der nach dem Gang des Verfahrens jeweils in Betracht kommenden Haftfristen, die jenen gesetzlich determinierten Zeitraum umfassen, für den ein Beschluß auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft - unbeschadet der Absatz 3,, 4 und 6 des Paragraph 181, StPO - längstens wirksam ist. Diese zentralen Bestimmungen über die Einführung der Haftfristen verdeutlichen das Prinzip der "ultima ratio" der Untersuchungshaft und den Gedanken, daß die Haft von Amts wegen periodisch überprüft und - sofern erforderlich - durch Fassung eines Beschlusses fortgesetzt werden muß vergleiche JAB 1157, BlgNR römisch XVIII.GP, 13 insoweit abgedruckt in Pleischl/Soyer StPO S 137).

Weder der klare Wortlaut des Gesetzes (arg. "die Haftfrist beträgt ..." und "... ist zu enthaften") noch die ratio legis lassen einen Ermessensspielraum zu. Demnach gestattet die im § 181 Abs 2 StPO bestimmte Höchstdauer der Haftfristen (14 Tage, 1 Monat, 2 Monate) - von den ausdrücklich normierten Ausnahmen abgesehen (§§ 6 Abs 2, 181 Abs 3 und Abs 4 StPO) - keine Verlängerung. Aus der Unerstreckbarkeit der prozessualen Fristen des § 181 Abs 2 StPO folgt, daß (ausgenommen im Fall des Abs 4 leg cit) bis zu deren Ablauf - uU bei sonstiger Präklusion - entweder eine Haftverhandlung oder - wie hier - eine schriftliche Beschlußfassung vorgenommen werden muß, andernfalls der Beschuldigte zu enthaften ist (vgl 14 Os 57/94 = JBl 1995, 260 = EvBl 1994/139; Mayrhofer/E.Steininger GRBG 1992 Rz 116 ff zu § 2).Weder der klare Wortlaut des Gesetzes (arg. "die Haftfrist beträgt ..." und "... ist zu enthaften") noch die ratio legis lassen einen Ermessensspielraum zu. Demnach gestattet die im Paragraph 181, Absatz 2, StPO bestimmte Höchstdauer der Haftfristen (14 Tage, 1 Monat, 2 Monate) - von den ausdrücklich normierten Ausnahmen abgesehen (Paragraphen 6, Absatz 2,, 181 Absatz 3 und Absatz 4, StPO) - keine Verlängerung. Aus der Unerstreckbarkeit der prozessualen Fristen des Paragraph 181, Absatz 2, StPO folgt, daß (ausgenommen im Fall des Absatz 4, leg cit) bis zu deren Ablauf - uU bei sonstiger Präklusion - entweder eine Haftverhandlung oder - wie hier - eine schriftliche Beschlußfassung vorgenommen werden muß, andernfalls der Beschuldigte zu enthaften ist vergleiche 14 Os 57/94 = JBl 1995, 260 = EvBl 1994/139; Mayrhofer/E.Steininger GRBG 1992 Rz 116 ff zu Paragraph 2,).

Entgegen dem vom Beschwerdegericht vertretenen Rechtsstandpunkt ist die Bestimmung des § 181 Abs 4 StPO auf den hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar. Gemäß dieser Bestimmung darf bloß eine bereits rechtzeitig anberaumte, aber wegen eines (nachträglich eingetretenen) unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses frustrierte Haftverhandlung auf die den Fristablauf folgenden drei Arbeitstage - mit dem Effekt einer entsprechenden Verlängerung auch der betreffenden Haftfrist - verlegt werden. Wurde hingegen die fristgerechte Anberaumung einer Haftverhandlung von vorneherein unterlassen, ist eine Fristverlängerung ausgeschlossen (Pleischl/Soyer aaO S 138 vorl.Abs.). Diesfalls zwingen der Ablauf der Wirksamkeit des letzten Haftbeschlusses und das damit verbundene Ende der Haftfrist zur Enthaftung des Beschuldigten, und zwar unabhängig vom Gewicht seiner Tat und der Haftgründe (vgl Foregger/Kodek StPO6 Erl IV. zu § 181).Entgegen dem vom Beschwerdegericht vertretenen Rechtsstandpunkt ist die Bestimmung des Paragraph 181, Absatz 4, StPO auf den hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar. Gemäß dieser Bestimmung darf bloß eine bereits rechtzeitig anberaumte, aber wegen eines (nachträglich eingetretenen) unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses frustrierte Haftverhandlung auf die den Fristablauf folgenden drei Arbeitstage - mit dem Effekt einer entsprechenden Verlängerung auch der betreffenden Haftfrist - verlegt werden. Wurde hingegen die fristgerechte Anberaumung einer Haftverhandlung von vorneherein unterlassen, ist eine Fristverlängerung ausgeschlossen (Pleischl/Soyer aaO S 138 vorl.Abs.). Diesfalls zwingen der Ablauf der Wirksamkeit des letzten Haftbeschlusses und das damit verbundene Ende der Haftfrist zur Enthaftung des Beschuldigten, und zwar unabhängig vom Gewicht seiner Tat und der Haftgründe vergleiche Foregger/Kodek StPO6 Erl römisch IV. zu Paragraph 181,).

Gleiches gilt, wenn die infolge Verzichts des Beschuldigten auf eine Haftverhandlung erforderliche schriftliche Beschlußfassung über Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft (§ 181 Abs 5 zweiter Satz StPO) nicht vor Ablauf der Haftfrist ergangen ist. Denn die spezifische, ausdrücklich nur auf die Verlängerung der Haftfrist wegen Frustrierung einer an sich rechtzeitig anberaumten Haftverhandlung abstellende Bestimmung des § 181 Abs 4 StPO ist nach ihrem klaren Wortlaut auf die - wenn auch bloß irrtümlich vor Ablauf der aktuellen Haftfrist unterbliebene - schriftliche Beschlußfassung gemäß § 181 Abs 5 zweiter Satz StPO nicht anwendbar. Dabei darf das darin vorkommende verbum "kann" nicht so ausgelegt werden, daß die Beschlußfassung dem Belieben des Richters anheimgestellt wird, sondern daß der Gesetzgeber bloß die Wahlmöglichkeit eröffnet, den Beschluß über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft entweder nach Durchführung einer Haftverhandlung oder ohne vorangegangene mündliche Verhandlung schriftlich zu fassen.Gleiches gilt, wenn die infolge Verzichts des Beschuldigten auf eine Haftverhandlung erforderliche schriftliche Beschlußfassung über Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft (Paragraph 181, Absatz 5, zweiter Satz StPO) nicht vor Ablauf der Haftfrist ergangen ist. Denn die spezifische, ausdrücklich nur auf die Verlängerung der Haftfrist wegen Frustrierung einer an sich rechtzeitig anberaumten Haftverhandlung abstellende Bestimmung des Paragraph 181, Absatz 4, StPO ist nach ihrem klaren Wortlaut auf die - wenn auch bloß irrtümlich vor Ablauf der aktuellen Haftfrist unterbliebene - schriftliche Beschlußfassung gemäß Paragraph 181, Absatz 5, zweiter Satz StPO nicht anwendbar. Dabei darf das darin vorkommende verbum "kann" nicht so ausgelegt werden, daß die Beschlußfassung dem Belieben des Richters anheimgestellt wird, sondern daß der Gesetzgeber bloß die Wahlmöglichkeit eröffnet, den Beschluß über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft entweder nach Durchführung einer Haftverhandlung oder ohne vorangegangene mündliche Verhandlung schriftlich zu fassen.

An den dargelegten rechtlichen Erwägungen vermögen auch die vom Gerichtshof zweiter Instanz ins Treffen geführten Überlegungen nichts zu ändern, wonach die Konsequenzen einer anderen Auffassung die kriminalpolitisch abzulehnende Folge nach sich zöge, daß Kapitalverbrecher trotz Vorliegens der materiellen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Untersuchungshaft wegen Überschreitung der bloß formellen Fristerfordernisse zu enthaften wären. Nach der eindeutigen Formulierung der Vorschriften hat der Gesetzgeber aber solche Konsequenzen ersichtlich erwogen und einkalkuliert.

Aus all dem folgt für den konkreten Fall, daß eine Beschlußfassung gemäß § 181 Abs 5 zweiter Satz StPO auf Fortsetzung der Untersuchungshaft nur vor Ablauf der zuletzt bestimmten Haftfrist, dh bis 24 Uhr des 14.Juli 1997, zulässig gewesen wäre. Da aber ein rechtzeitiger Beschluß infolge Versehens der zuständigen Untersuchungsrichterin unterblieben ist, wurde die Beschwerdeführerin nach Entdeckung dieses Versäumnisses durch die Vertretungsrichterin (am zweiten Tag nach dem Ablauf der zweimonatigen Haftfrist) zu Recht enthaftet.Aus all dem folgt für den konkreten Fall, daß eine Beschlußfassung gemäß Paragraph 181, Absatz 5, zweiter Satz StPO auf Fortsetzung der Untersuchungshaft nur vor Ablauf der zuletzt bestimmten Haftfrist, dh bis 24 Uhr des 14.Juli 1997, zulässig gewesen wäre. Da aber ein rechtzeitiger Beschluß infolge Versehens der zuständigen Untersuchungsrichterin unterblieben ist, wurde die Beschwerdeführerin nach Entdeckung dieses Versäumnisses durch die Vertretungsrichterin (am zweiten Tag nach dem Ablauf der zweimonatigen Haftfrist) zu Recht enthaftet.

Durch die angefochtene - die neuerliche Verhängung (gemeint: Fortsetzung) der Untersuchungshaft bewirkende - reformatorische Beschwerdeentscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz wurde demnach das Gesetz unrichtig angewendet und Doris P***** in ihrem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.

Sonach war in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E47279 15D01397

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0150OS00139.97.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19970911_OGH0002_0150OS00139_9700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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