TE OGH 1997/9/16 10ObS285/97b

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Veröffentlicht am 16.09.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Michael Manhard (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Liedlbauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Arnold K*****, vertreten durch Dr.Christian Függer, Rechtsanwalt in St.Pölten, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr.Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.April 1997, GZ 7 Rs 350/96h-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 11.April 1996, GZ 5 Cgs 232/95g-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Sozialrechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 13.6.1945 geborene Kläger kann aufgrund zweier Schlaganfälle - zuletzt im Oktober 1994 - seinen linken Arm nur andeutungsweise über die Schulter anheben und die Finger der linken Hand überhaupt nicht bewegen; sein linker Ellbogen ist in Beugestellung fixiert, sodaß er seinen linken Arm (er ist Rechtshänder) nicht einmal für unterstützende Tätigkeiten einsetzen kann. Sein linkes Bein vermag er in Ruhestellung eine Spur anzuheben, es liegt jedoch eine deutliche Muskelatrophie an diesem Bein vor und die Zehen des linken Fußes sind nicht beweglich. Aufgrund dieser Halbseitensymptomatik links kann der Kläger nur kurzzeitig, und zwar zur Verrichtung der Notdurft und der Körperreinigung bzw -pflege gehen, wobei er aufgrund seiner Unsicherheit und seiner Gleichgewichtsstörung nur mit Hilfe aufstehen und mit Hilfe einer Begleitperson und eines Stockes kleine Schritte machen kann. Die übrige Zeit sitzt er im Rollstuhl, welcher aufgrund zu enger Türstöcke jedoch nicht ins Bad und WC geführt werden kann.

Aufgrund dieses Zustandes bezieht der Kläger seit 1.4.1994 das Pflegegeld der Stufe 3.

Mit Bescheid vom 17.8.1995 lehnte die beklagte Partei seinen Antrag vom 4.1.1995 auf Erhöhung des Pflegegeldes ab.

Seine dagegen gerichtete Klage enthielt das Begehren auf Zuerkennung des Pflegegeldes der Stufe 5.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung eines solchen Pflegegeldes der Stufe 5 ab 1.7.1995 und wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines Pflegegeldes der Stufe 5 für die Zeit vor dem 1.7.1995 (rechtskräftig) zurück. Es beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahingehend, daß der Kläger die Voraussetzungen der diagnosebezogenen Einstufung nach § 8 Z 3 EinstV erfülle.Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung eines solchen Pflegegeldes der Stufe 5 ab 1.7.1995 und wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines Pflegegeldes der Stufe 5 für die Zeit vor dem 1.7.1995 (rechtskräftig) zurück. Es beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahingehend, daß der Kläger die Voraussetzungen der diagnosebezogenen Einstufung nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV erfülle.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Die gegen dieses Urteil insoweit, als mehr als Pflegegeld der Stufe 3 zuerkannt wird, von der beklagten Partei erhobene und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt. Der Kläger hat hiezu auch eine Revisionsbeantwortung erstattet.Die gegen dieses Urteil insoweit, als mehr als Pflegegeld der Stufe 3 zuerkannt wird, von der beklagten Partei erhobene und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist gemäß Paragraph 46, Absatz 3, ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Absatz eins, leg cit zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt. Der Kläger hat hiezu auch eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren ausführlich begründeten Entscheidungen dazu Stellung genommen, daß ein deutlicher Ausfall der oberen Extremitäten im Sinne des § 8 Z 3 EinstV bereits dann anzunehmen ist und demgemäß das Pflegegeld der Stufe 5 bei einen Rollstuhlfahrer gebührt, wenn auch nur ein Arm - wie es beim Kläger zufolge seiner Halbseitenlähmung der Fall ist - praktisch gebrauchsunfähig ist und der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, sich von selbst (also ohne Fremdhilfe) vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt (10 ObS 87/97k, 10 ObS 128/97i, 10 ObS 173/97g, 10 ObS 241/97g, 10 ObS 266/97h, 10 ObS 292/97g). Zu dieser letztgenannten Voraussetzung fehlen allerdings im vorliegenden Fall zur abschließenden Beurteilung unerläßliche Feststellungen. Aus der Tatsache allein, daß der Kläger halbseitig (Arm wie Bein betreffend) starke, schlaganfallbedingte Behinderungen aufweist und auch nur mit Fremdhilfe aufstehen kann, ist noch nicht mit Sicherheit der weitere Schluß zulässig, daß der Kläger allenfalls (durch besondere Trainiertheit, besondere Beschaffenheit seines Rollstuhles bzw Bettes oder dergleichen), doch in der Lage ist, sich von selbst (also ohne Fremdhilfe) vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt. Nur wenn auch diese Voraussetzung beim Kläger erfüllt ist, wäre der Kläger nach § 8 Z 3 EinstV, also diagnosebezogen einzustufen und ihm nach § 4 Abs 2 BPGG ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 5 zuzusprechen; lediglich bei Bejahung dieser Voraussetzung könnte eine funktionsbezogene Beurteilung zu Recht unterbleiben (10 ObS 266/97h). Die Argumentation der Revisionswerberin, daß eine solche diagnosebezogene Einstufung bereits deshalb beim Kläger versagen müsse und "absurd" sei, weil bei ihm ja bloß ein Arm lähmungsbedingt ausgefallen sei, ist hingegen im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Senates, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, nicht zielführend.Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren ausführlich begründeten Entscheidungen dazu Stellung genommen, daß ein deutlicher Ausfall der oberen Extremitäten im Sinne des Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV bereits dann anzunehmen ist und demgemäß das Pflegegeld der Stufe 5 bei einen Rollstuhlfahrer gebührt, wenn auch nur ein Arm - wie es beim Kläger zufolge seiner Halbseitenlähmung der Fall ist - praktisch gebrauchsunfähig ist und der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, sich von selbst (also ohne Fremdhilfe) vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt (10 ObS 87/97k, 10 ObS 128/97i, 10 ObS 173/97g, 10 ObS 241/97g, 10 ObS 266/97h, 10 ObS 292/97g). Zu dieser letztgenannten Voraussetzung fehlen allerdings im vorliegenden Fall zur abschließenden Beurteilung unerläßliche Feststellungen. Aus der Tatsache allein, daß der Kläger halbseitig (Arm wie Bein betreffend) starke, schlaganfallbedingte Behinderungen aufweist und auch nur mit Fremdhilfe aufstehen kann, ist noch nicht mit Sicherheit der weitere Schluß zulässig, daß der Kläger allenfalls (durch besondere Trainiertheit, besondere Beschaffenheit seines Rollstuhles bzw Bettes oder dergleichen), doch in der Lage ist, sich von selbst (also ohne Fremdhilfe) vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt. Nur wenn auch diese Voraussetzung beim Kläger erfüllt ist, wäre der Kläger nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV, also diagnosebezogen einzustufen und ihm nach Paragraph 4, Absatz 2, BPGG ein Pflegegeld in der Höhe der Stufe 5 zuzusprechen; lediglich bei Bejahung dieser Voraussetzung könnte eine funktionsbezogene Beurteilung zu Recht unterbleiben (10 ObS 266/97h). Die Argumentation der Revisionswerberin, daß eine solche diagnosebezogene Einstufung bereits deshalb beim Kläger versagen müsse und "absurd" sei, weil bei ihm ja bloß ein Arm lähmungsbedingt ausgefallen sei, ist hingegen im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Senates, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, nicht zielführend.

Ausgehend von diesen Überlegungen ist damit eine Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage im aufgezeigten Umfang unvermeidlich; da es hiezu einer weiteren Verhandlung erster Instanz bedarf, waren die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt in Ansehung der Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens stützt sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt in Ansehung der Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens stützt sich auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E47482 10C02857

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:010OBS00285.97B.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19970916_OGH0002_010OBS00285_97B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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