TE OGH 1997/9/25 6Ob272/97m

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Veröffentlicht am 25.09.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Dr.Siegfried S*****, vertreten durch Dr.Heinrich Nesvadba, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Maria-Christina E*****, vertreten durch Dr.Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 53.251,89 S, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 14.Mai 1997, GZ 36 R 695/96i-49, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508, a Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Die Beklagte beauftragte den Kläger zur Verwaltung ihres Wertpapierdepots. Dieser sollte für sie unter Ausnutzung des bestehenden Kreditrahmens Wertpapierspekulationsgeschäfte durchführen, um den bei Beginn der Verwaltungstätigkeit bestehenden Debetsaldo von 139.679 S "ins Plus" zu führen. Dem Kläger wurde freies Ermessen bei der Vermögensverwaltung eingeräumt (§ 1 des Vermögensverwaltungsvertrags Beil A). Die Beklagte erklärte ihre Kenntnis über nicht vorhersehbare Risken betreffend die Wertentwicklung von Wertpapieren und entband "den Vermögensverwalter von jeglicher Haftung" (§ 4 Beil A; Feststellungen des Erstgerichtes S 6 in ON 43). Vor Vertragsabschluß hatte die Beklagte Kenntnis von der Arbeitsweise des Klägers an Hand von im Börsenkurier veröffentlichten "fiktiven Musterdepots" des Klägers, aus denen hervorging, daß er bei seinen Anlagegeschäften auch risikoreiche Papiere ankauft (S 5 in ON 43). Die Tätigkeit des Klägers war in kurzer Zeit mit Verlusten für die Beklagte verbunden.Die Beklagte beauftragte den Kläger zur Verwaltung ihres Wertpapierdepots. Dieser sollte für sie unter Ausnutzung des bestehenden Kreditrahmens Wertpapierspekulationsgeschäfte durchführen, um den bei Beginn der Verwaltungstätigkeit bestehenden Debetsaldo von 139.679 S "ins Plus" zu führen. Dem Kläger wurde freies Ermessen bei der Vermögensverwaltung eingeräumt (Paragraph eins, des Vermögensverwaltungsvertrags Beil A). Die Beklagte erklärte ihre Kenntnis über nicht vorhersehbare Risken betreffend die Wertentwicklung von Wertpapieren und entband "den Vermögensverwalter von jeglicher Haftung" (Paragraph 4, Beil A; Feststellungen des Erstgerichtes S 6 in ON 43). Vor Vertragsabschluß hatte die Beklagte Kenntnis von der Arbeitsweise des Klägers an Hand von im Börsenkurier veröffentlichten "fiktiven Musterdepots" des Klägers, aus denen hervorging, daß er bei seinen Anlagegeschäften auch risikoreiche Papiere ankauft (S 5 in ON 43). Die Tätigkeit des Klägers war in kurzer Zeit mit Verlusten für die Beklagte verbunden.

Die Vorinstanzen gaben der Honorarklage des Vermögensverwalters statt.

Rechtliche Beurteilung

Die Einräumung eines freien Ermessens des Anlageverwalters ist a priori nicht sittenwidrig. Die dagegen ins Treffen geführte Entscheidung SZ 42/77 ist nicht einschlägig (sie betrifft einen Werklieferungsvertrag; im Gegensatz dazu ist hier eine Vermögensverwaltung und ein Auftrag zu Spekulationsgeschäften zu beurteilen). Der Vermögensverwalter ist zwar ein Fachmann für Spekulationsgeschäfte, das Spekulationsrisiko bleibt letztlich aber doch beim Auftraggeber, sofern dem Verwalter keine Sorgfaltsverletzung anzulasten ist. Auch die Haftungsfreizeichnung kann aus den von den Vorinstanzen zutreffend erkannten Gründen als nicht sittenwidrig qualifiziert werden.

Zur Verletzung der Aufklärungspflicht des Vermögensverwalters über das Risiko geplanter Spekulationsgeschäfte:

Die Judikatur zur Haftung des Beraters bei der Vermögensanlage läßt eine allgemeine Aufklärung über die Risken ausreichen: ÖBA 1995, 317 und 990. Die Aufklärungspflicht darf nicht überspannt werden. Hier hatte die Beklagte Kenntnis, daß der Kläger auch risikoträchtige Papiere ankaufen werde. Dies war im Hinblick auf den geplanten kurzfristigen Effekt (Sanierung eines Debetsaldos) auch nötig. Sichere Wertpapiere hätten nur zu einem hohen Kurs und mit wenig Aussicht auf Kurssteigerungen erworben werden können. Damit hätte aber eine Sanierung des Kontos der Beklagten nicht erreicht werden können. Zur Beratung über einzelne Anlagegeschäfte war der Kläger nicht verpflichtet. Ob der Ankauf von "eigenen" Beteiligungen des Klägers (10 % des Depots der Beklagten) eine Pflichtverletzung darstellte, kann dahingestellt bleiben, weil die beweispflichtige Beklagte den gerade aus diesen Beteiligungen entstandenen Schaden nicht nachweisen konnte. Dies ist ihr generell nicht gelungen (Negativfeststellungen des Erstgerichtes über die Schadenshöhe = Debetsaldo: S 12 und 21 in ON 43). Es steht somit weder der Schadenseintritt, noch ein Anlagefehler oder eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers fest. Damit bleibt aber auch kein Raum für eine Anwendung des § 273 ZPO.Die Judikatur zur Haftung des Beraters bei der Vermögensanlage läßt eine allgemeine Aufklärung über die Risken ausreichen: ÖBA 1995, 317 und 990. Die Aufklärungspflicht darf nicht überspannt werden. Hier hatte die Beklagte Kenntnis, daß der Kläger auch risikoträchtige Papiere ankaufen werde. Dies war im Hinblick auf den geplanten kurzfristigen Effekt (Sanierung eines Debetsaldos) auch nötig. Sichere Wertpapiere hätten nur zu einem hohen Kurs und mit wenig Aussicht auf Kurssteigerungen erworben werden können. Damit hätte aber eine Sanierung des Kontos der Beklagten nicht erreicht werden können. Zur Beratung über einzelne Anlagegeschäfte war der Kläger nicht verpflichtet. Ob der Ankauf von "eigenen" Beteiligungen des Klägers (10 % des Depots der Beklagten) eine Pflichtverletzung darstellte, kann dahingestellt bleiben, weil die beweispflichtige Beklagte den gerade aus diesen Beteiligungen entstandenen Schaden nicht nachweisen konnte. Dies ist ihr generell nicht gelungen (Negativfeststellungen des Erstgerichtes über die Schadenshöhe = Debetsaldo: S 12 und 21 in ON 43). Es steht somit weder der Schadenseintritt, noch ein Anlagefehler oder eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers fest. Damit bleibt aber auch kein Raum für eine Anwendung des Paragraph 273, ZPO.

Nach 2 Ob 2107/96 haftet der Vermögensberater, wenn er ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform darstellt (ebenso: 1 Ob 182/97i). Ein solcher Sachverhalt wurde hier aber nicht festgestellt. Die vom Kläger geäußerte Zuversicht, den Debetsaldo bis Ende 1991 abdecken zu können, wertete die Beklagte selbst als "reine Werbeaussage" (S 8 in ON 43).

Daß "Wünsche" der Beklagten über die Anschaffung sicherer Papiere nicht befolgt wurden, ist wegen des eingeräumten freien Ermessens bei den Anlagegeschäften zumindest keine grob fahrlässige Sorgfaltsverletzung (arg.: das angestrebte Ziel der Gewinnerzielung wäre nicht erreichbar gewesen).

Insgesamt liegt ein von den besonderen Umständen abhängiger Einzelfall ohne aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung der Vorinstanzen vor.

Anmerkung

E47619 06A02727

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00272.97M.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19970925_OGH0002_0060OB00272_97M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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