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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
Aufschließungsbeitrag Neusiedl am See 1998 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der MB in B, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Neusiedl am See, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner, Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Aufschließungsbeitrages nach durchgeführter mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Götz, und der Vertreterin der belangten Behörde, RiAA Mag. Birgit Krammer, Hajek & Boss & Wagner, Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, zu Recht erkannt:
Spruch
In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG wird auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 27. Dezember 2000, Zl. 150- 95/2000-8060, betreffend Vorschreibung eines Kostenbeitrages für Aufschließungsmaßnahmen, und zwar für die Herstellung bzw. Wiederherstellung des Unterbaues einschließlich der Oberflächenentwässerung und für die Herstellung bzw. Wiederherstellung der Straßendecke in Höhe von EUR 241,43 (S 3.322,20), gemäß § 213 Abs. 1 und 2 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, BGBl. Nr. 2/1963 in der geltenden Fassung, aufgehoben.
Die Stadtgemeinde Neusiedl am See hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.471,16 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 27. Dezember 2000 wurde der Beschwerdeführerin ein Kostenbeitrag für Aufschließungsmaßnahmen für das Grundstück Nr. 1350/2, EZ 1559, Orientierungsnummer: E-Straße 6, KG Neusiedl am See, in der Höhe von S 3.322,20 (EUR 241,43) vorgeschrieben. Unter den Bemessungsgrundlagen wurde eine Länge der der Verkehrsfläche nächstgelegenen Grundstücksgrenze von 11,30 m und ein Einheitssatz nach der Verordnung des Gemeinderats der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom "27. Februar 1998" für den Unterbau einer 3 m breiten mittelschwer befestigten Fahrbahn einschließlich Oberflächenentwässerung von S 171,-- und für eine 3 m breite Straßendecke von S 123,--, zusammen somit S 294,--, angegeben.
In der Begründung des Bescheides wird auf "§ 9 Abs. 6" Burgenländisches Baugesetz hingewiesen, wonach die Gemeinden ermächtigt seien, durch Verordnung des Gemeinderats von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke Beiträge zu den Kosten der Herstellung bzw. Wiederherstellung "der im Spruch genannten Aufschließungsmaßnahmen" einzuheben. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Neusiedl am See habe von dieser Ermächtigung mit Verordnung vom 27. Februar 1998 Gebrauch gemacht.
Das gegenständliche Grundstück liege gemäß dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde im Bauland.
Gemäß § 10 Abs. 1 Burgenländisches Baugesetz 1997 (in der Folge: Bgld BauG 1997) entstehe der Abgabenanspruch, wenn die vom Gemeinderat beschlossenen Aufschließungsmaßnahmen abgeschlossen seien.
Gemäß § 9 Abs. 3 Bgld BauG 1997 ergebe sich die Höhe des Beitrages aus dem Produkt der Berechnungslänge des Grundstückes und dem jeweiligen Einheitssatz. Gemäß § 9 Abs. 4 Bgld BauG 1997 sei die Berechnungslänge die Länge der der Verkehrsfläche nächstgelegenen Grundstücksgrenze. Ergebe die Seitenlänge eines dem Baugrundstück flächengleichen Quadrates jedoch eine geringere Länge, sei diese der Berechnung zu Grunde zu legen. Die Multiplikation der Berechnungslänge mit dem jeweils festgelegten Einheitssatz ergebe den im Spruch genannten Abgabenbetrag.
1.2. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen diesen Bescheid. Darin wurde insbesondere die Berechtigung zur Erhebung eines Aufschließungsbeitrages im Zusammenhang mit einer "Ortsverschönerung" bzw. eines Umbaus der Ortsstraße bestritten. Die Gemeinde Neusiedl am See sei nicht berechtigt, bei jeder baulichen Maßnahme erneut einen Kostenbeitrag für Erschließungsmaßnahmen zu erheben. Nach der Rechtsprechung löse nicht jede Veränderung der Ortsstraße, selbst wenn Gehwege verändert oder Parkbuchten und andere bauliche Maßnahmen durchgeführt würden, die Abgabenpflicht bezüglich der Erschließungsbeiträge aus.
1.3. Da über diese Berufung nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden wurde, erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Säumnisbeschwerde.
1.4. Mit Verfügung vom 26. September 2001, Zl. 2001/17/0172- 2, leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein und forderte die belangte Behörde auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Da die belangte Behörde weder eine Abschrift des ausstehenden Bescheides noch die Verwaltungsakten vorlegte, forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde mit Schreiben vom 6. März 2002, Zl. 2001/17/0172-4, neuerlich auf, den Bescheid, falls ein solcher erlassen worden sei, in Abschrift vorzulegen, oder die Akten des Verwaltungsverfahrens zu übersenden.
Die belangte Behörde reagierte auch auf dieses Schreiben nicht.
Über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes legte das Amt der Burgenländischen Landesregierung die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 26. Februar 1998 über die Festsetzung von Einheitssätzen für Aufschließungsbeiträge vor. Die vorgelegte Kundmachungsfassung der Verordnung enthält rechts oben auch das Datum 27. Februar 1998. Die Verordnung stammt aber ihrer Promulgationsklausel zufolge vom 26. Februar. Sie wurde vom 27. Februar 1998 bis 16. März 1998 an der Amtstafel angeschlagen.
1.5. Mit Ladung vom 7. Juni 2006 wurde zur Klärung des Sachverhalts eine mündliche Verhandlung für 6. Juli 2006 anberaumt. In der Ladung wurde den Parteien detailliert bekannt gegeben, welcher Sachverhalt entsprechend den anzuwendenden Rechtsgrundlagen maßgeblich sei. Beide Parteien erstatteten daraufhin vorbereitende Schriftsätze. Die belangte Behörde wies darin insbesondere darauf hin, dass die ursprüngliche Herstellung der Straße 1975 abgeschlossen gewesen sei und legte zum Beweis Urkunden über die Vorschreibung einer "Akontozahlung für die gegenständlichen Arbeiten" und die "Vorschreibung eines Akontos für die bereits durchgeführten Gehsteig-, Straßenbeleuchtungs- und Straßenausbauarbeiten" vor. Die Beschwerdeführerin stellte außer Streit, dass es sich bei der E-Straße um eine Landesstraße handle.
In der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2006 wurde der von der belangten Behörde namhaft gemachte Zeuge zu Art und Zeitpunkt der verschiedenen Baumaßnahmen in der E-Straße vernommen. Der Zeuge gab u.a. an, dass die E-Straße eine Landesstraße sei und das Land nur ein fünf Meter breites Asphaltband bezahlt habe. Da der Zeuge keine klaren Aussagen über den Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahmen, über die Deckung durch einen Gemeinderatsbeschluss und die konkret von der Stadtgemeinde zu tragenden Kosten machen konnte, wurde der belangten Behörde die Vorlage ergänzender Unterlagen, insbesondere des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses, aufgetragen.
Vorgelegt wurde von der belangten Behörde in der Verhandlung lediglich eine Schlussrechnung vom 21. Jänner 2000 über das "Projekt B 51 OD Neusiedl am See", im Zuge dessen nach Aussage des Zeugen auch die Maßnahmen in der E-Straße gesetzt worden sein sollen.
Da die belangte Behörde dem Auftrag zur Vorlage von Unterlagen bis Mitte August nicht nachgekommen war, wurde mit Schreiben vom 21. August 2006 (OZ 12) eine Frist bis 25. August 2006 gesetzt.
Die belangte Behörde übermittelte daraufhin Kopien der Einladungskurrende zur ordentlichen Gemeinderatssitzung vom 21. November 1991 und der Verhandlungsschrift über diese Gemeinderatssitzung. Daraus ist die Beschlussfassung über die Vergabe des Auftrags zur Gehsteigasphaltierung u.a. in der E-Straße ersichtlich.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist zulässig, da zwischen der Einbringung der Berufung und der Erhebung der Säumnisbeschwerde mehr als sechs Monate verstrichen waren (§ 27 VwGG) und der Gemeinderat gemäß § 48 Bgld LAO als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung zuständig war. Der Gemeinderat ist auch die oberste in der Sache anrufbare Behörde (vgl. Art. 118 Abs. 5 B-VG und bezüglich des Devolutionsantrags im Abgabenverfahren § 232 Abs. 2 Bgld LAO).
Die belangte Behörde hat den ausstehenden Bescheid auch nach Einbringung der Säumnisbeschwerde nicht erlassen.
Der Verwaltungsgerichtshof ist daher gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zuständig, über die Berufung der Beschwerdeführerin zu entscheiden.
2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 in der Fassung LGBl. Nr. 42/2001 (Druckfehlerberichtigung), lauteten:
"Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen
§ 9. (1) Die Gemeinde hat die notwendigen Aufschließungsmaßnahmen (Herstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung der Verkehrsflächen und Straßenbeleuchtung) insbesondere unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrs und der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse zu treffen.
(2) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke (Abgabenpflichtige) Beiträge zur Deckung der Kosten für nachstehende Aufschließungsmaßnahmen zu erheben:
1. zur erstmaligen Herstellung der Verkehrsfläche und der Straßenbeleuchtung,
2. zu einer Wiederherstellung der Verkehrsfläche, Teilen der Verkehrsfläche und der Straßenbeleuchtung, soweit diese 25 Jahre nach der letzten Herstellung oder Wiederherstellung erfolgt ist, und
3. zu einer notwendigen Verbreiterung der Verkehrsfläche.
(3) Die Höhe des Beitrages ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungslänge des Grundstückes (Abs. 4) und dem jeweiligen Einheitssatz (Abs. 5).
(4) Die Berechnungslänge ist die Länge der der Verkehrsfläche nächstgelegenen Grundstücksgrenze. Ergibt die Seitenlänge eines dem Baugrundstück flächengleichen Quadrats jedoch eine geringere Länge, ist diese der Berechnung zu Grunde zu legen.
(5) Die Einheitssätze sind vom Gemeinderat durch Verordnung für die unter Z 1 bis 4 genannten Maßnahmen getrennt festzusetzen. Diese dürfen jeweils die halben Durchschnittskosten für die erstmalige Herstellung eines Laufmeters
1. des Unterbaues einer 3 m breiten mittelschweren befestigten Fahrbahn einschließlich Oberflächenentwässerung
2.
einer 3 m breiten Straßendecke
3.
eines 1,5 m breiten Gehsteiges sowie
4.
einer Straßenbeleuchtung
nicht übersteigen.
(6) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche nicht von der Gemeinde errichtet und hat die Gemeinde die Kosten für die Aufschließungsmaßnahmen ganz oder teilweise getragen, so kann die Gemeinde Beiträge zu den ihr erwachsenen Kosten nach Maßgabe der vorstehenden Absätze vorschreiben.
Rechtsnatur der Kostenbeiträge
Verfahren
§ 10. (1) Die Kostenbeiträge gemäß § 9 sind ausschließliche Gemeindeabgaben gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996, die mit Bescheid vorzuschreiben sind. Ihre Erträge fließen der Gemeinde zu.
(2) Der Abgabenanspruch entsteht, wenn die von der Gemeinde beschlossenen Aufschließungsmaßnahmen fertig gestellt sind. Das Recht, die Kostenbeiträge gemäß § 9 vorzuschreiben, verjährt binnen fünf Jahren.
(3) Bei einer Änderung der Berechnungslänge des Grundstückes besteht Anspruch auf eine entsprechende Neubemessung des Kostenbeitrages. Wenn der Kostenbeitrag bereits geleistet wurde, ist im Falle einer Überzahlung diese ohne Zinsen rückzuerstatten."
Durch Landesgesetz LGBl. Nr. 13/2006 wurde in § 9 Abs. 2 der Zeitraum, der seit der letzten Herstellung oder Wiederherstellung verstrichen sein muss, auf 20 Jahre reduziert und die Absätze 6 und 7 in § 9 Bgld BauG 1997 eingefügt; der bisherige Absatz 6 wurde als Absatz 8 bezeichnet. Gemäß Art. II Abs. 3 der Novelle ist § 9 in der Fassung LGBl Nr. 13/2006 auch auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängige Verfahren anzuwenden.
Mit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 26. Februar 1998 über die Festsetzung von Einheitssätzen für Aufschließungsbeiträge wurden die Einheitssätze zur Bemessung der Beiträge für das Jahr 1998 für den Unterbau einer 3 m breiten, mittelschweren befestigten Fahrbahn einschließlich Oberflächenentwässerung mit S 513,--/lfm und für eine 3 m breite Straßendecke mit S 371,--/lfm festgelegt (§ 2 Z 1 und 2 der genannten Verordnung).
§ 1 dieser Verordnung lautet:
"§ 1
Zu den Kosten, die der Gemeinde für die Errichtung (erstmalige Herstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung) von öffentlichen Verkehrsflächen (Fahrbahn und Gehsteig) einschließlich der Straßenbeleuchtung erwachsen, sind von den anrainenden Grundstückeigentümern Beiträge zu leisten."
§ 2 der Verordnung legt lediglich die Einheitssätze fest. § 3 der Verordnung enthält die Regelung des Inkrafttretens.
2.3. Gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 Bgld BauG 1997 waren die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke Beiträge zur Deckung der Kosten zu einer Wiederherstellung der Verkehrsfläche zu erheben, soweit diese 25 Jahre nach der letzten Herstellung oder Wiederherstellung erfolgt ist. In der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 26. Februar 1998 über die Festsetzung von Einheitssätzen für Aufschließungsbeiträge werden keine näheren Regelungen für die Erhebung eines Beitrages zu den Kosten der Wiederherstellung getroffen. Es ist daher in verfassungskonformer Auslegung davon auszugehen, dass der in § 1 der Verordnung genannte Tatbestand der "Wiederherstellung" im Sinne der Ermächtigung des § 9 Abs. 2 Z 2 Bgld BauG 1997 auszulegen ist, zumal keinerlei Anhaltspunkte bestehen, dass der Gemeinderat über die landesgesetzliche Ermächtigung hinausgehen wollte (vgl. auch § 8 Abs. 5 zweiter Satz F-VG 1948, BGBl. Nr. 45, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003, dem zu Folge Landesgesetze gemäß § 8 Abs. 5 F-VG "die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstmausmaß bestimmen" müssen und dazu Ruppe, in: Korinek/Holoubek, B-VG, Kommentar, Rz 35 zu § 8 F-VG; vgl. weiters Ruppe, in:
Korinek/Holoubek, B-VG, Kommentar, Rz 42 zu § 7 F-VG; die Überlegung zur eingeschränkten Notwendigkeit von verfahrensrechtlichen Vorschriften in den Erhebungsverordnungen der Gemeinden lässt sich auch auf die Vorschriften des materiellen Steuerrechts übertragen, soweit sich diese durch die Festlegungen in den landesgesetzlichen Ermächtigungen erübrigen).
Demnach war Voraussetzung für die Vorschreibung des Beitrages - lässt man vorerst die durch die Änderung des Gesetzes entstandene Übergangsproblematik außer Betracht -, soweit es nicht um die erstmalige Herstellung der Verkehrsfläche geht, dass seit der letzten Herstellung oder Wiederherstellung 25 Jahre verstrichen sind. Wie sich aus dem Gesetz weiters ergibt (§ 10 Abs. 2 Bgld BauG 1997), ist ein Beschluss des Gemeinderates über die Aufschließungsmaßnahmen erforderlich.
2.4. Wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, wurde der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2006 aufgetragen, weitere Unterlagen wie insbesondere den Gemeinderatsbeschluss über die durchgeführten Baumaßnahmen vorzulegen.
Da auch nach der Fristsetzung mit dem Schreiben OZ 12 bis zum 25. August 2006 von der belangten Behörde lediglich ein Gemeinderatsbeschluss vom 21. November 1991 über Asphaltierungsarbeiten am Gehsteig der E-Straße vorgelegt wurde, ist davon auszugehen, dass für die der Abgabenvorschreibung von der Behörde erster Instanz zu Grunde gelegten Baumaßnahmen kein Gemeinderatsbeschluss vorliegt. Auch der Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahmen ist nicht belegt (die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schlussrechnung an die Stadtgemeinde Neusiedl weist als Leistungszeitraum "05/1998-07/1999" aus; sofern sie sich somit überhaupt auf Maßnahmen in der E-Straße bezieht, belegt sie entgegen dem sonstigen Vorbringen der belangten Behörde bzw. der Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung einen Abschluss der Arbeiten "7/1999"; der zuletzt vorgelegte Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahre 1991 würde zudem nahe legen, dass bereits lange vor 1999 eine Erneuerung der Straße stattgefunden habe). Nicht erwiesen ist schließlich auch, ob und welche Kosten der Stadtgemeinde Neusiedl für die Maßnahmen an der E-Straße entstanden sind.
Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Verwirklichung des Abgabentatbestandes ist somit nicht erwiesen.
Es erübrigt sich bei diesem Sachverhalt im Hinblick darauf, dass kein Gemeinderatsbeschluss über die Maßnahmen vorliegt, eine Klärung der Frage, wie die Verordnung der Stadtgemeinde Neusiedl vom 26. Februar 1998 nunmehr im Zusammenhalt mit der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 3 LGBl. Nr. 13/2006 und der Neuregelung des § 9 Bgld BauG 1997 zu verstehen ist und wie § 9 Abs. 8 Bgld BauG 1997 in der Fassung LGBl Nr. 13/2006 (der § 9 Abs. 6 des Gesetzes in der Stammfassung entspricht) auszulegen ist.
2.5. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 Bgld BauG 1997 in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neusiedl am See vom 26. Februar 1998 liegen jedenfalls nicht vor.
2.6. Gemäß § 213 Abs. 1 Bgld LAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 208 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 213 Abs. 2 Bgld LAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Da das Vorliegen des Abgabentatbestandes, auf welchen sich die Abgabenbehörde erster Instanz gestützt hat, nicht nachgewiesen ist, war der Bescheid erster Instanz ersatzlos aufzuheben.
2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die von der Beschwerdeführerin entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von S 2.500,-- war dabei gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 in Ansatz zu bringen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Schriftsatzaufwand für den Schriftsatz vom 20. Juni 2006, weil ein solcher neben dem Ersatz des Aufwandes für die Einbringung der Beschwerde gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 VwGG nicht vorgesehen ist.
Wien, am 31. August 2006
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2001170172.X00Im RIS seit
19.09.2006