TE OGH 1997/10/4 5R111/97y

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Veröffentlicht am 04.10.1997
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Fritscher als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Graf und Dr. Sumerauer in der Rechtssache der klagenden Partei M***** 45, vertreten durch Dr. ***** F*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei T*****, vertreten durch Dr. ***** S*****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 419.398,-- s.A., über den Rekurs beider Teile gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9.5.1997, 23 Cg 110/95t-22, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben, dem Rekurs der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er wie folgt zu lauten hat:

Die Gebühren des Sachverständigen Dr. ***** M*****, *****, für die Erstattung von Befund und Gutachten (ON 18 des erstgerichtlichen Aktes) werden anstelle des zugesprochenen Betrages von S 80.089,20 mit S 23.894,-- bestimmt. Von diesem Betrag hat die beklagte Partei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens den Betrag von S 423,-- aus eigenem zu tragen. Das Gebührenmehrbegehren des Sachverständigen wird abgewiesen.

Die Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Am 24.5.1996 erhielt der Sachverständige Dr.***** M***** den Auftrag zur Erstattung von Befund und Gutachten darüber, ob die Überspielung von Namen, Adressen und Zahlungskonditionen vom Rechner auf den Buchhaltungs-PC möglich sei.

Der Sachverständige führte am 24.9.1996 einen Lokalaugenschein unter Beiziehung der Parteien durch. Der Lokalaugenschein wurde dabei auf Wunsch der beklagten Partei auf eineinhalb Stunden unterbrochen, wobei die beklagte Partei sich verpflichtete, den durch die Unterbrechung notwendig werdenden zusätzlichen Gebührenanspruch des Sachverständigen zu tragen.

Das Sachverständigengutachten langte am 22.1.1997 beim Erstgericht ein und wurde als ON 18 zum Akt genommen. Für dieses Gutachten verrechnete der Sachverständige insgesamt S 81.966,--. Die klagende Partei bemängelte die geltendgemachte Sachverständigengebühr. Trotzdem wurde die Gebühr des Sachverständigen mit dem angefochtenen Beschluß ON 22 mit insgesamt S 80.089,20 bestimmt.

Gegen diesen Beschluß richten sich die Rekurse der klagenden und der beklagten Partei. Die klagende Partei strebt eine Abänderung des Gebührenbestimmungsbeschlusses dahin an, daß die Gebühren des Sachverständigen mit nur S 20.571,60 bestimmt werden. Die beklagte Partei beantragt, den Gebührenanspruch des Sachverständigen um S 6.283,80 zu kürzen und ihr unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nur einen Betrag von S 423,-- zur Zahlung aufzutragen. Ferner beantragt sie die Rücküberweisung des von ihr erlegten Kostenvorschusses, ein Antrag, der sich offensichtlich an das Gericht erster Instanz richtet.

Der Sachverständige beantragt in seiner Stellungnahme zu den Rekursen die Bestätigung des Beschlusses erster Instanz.

Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt, der der klagenden Partei ist teilweise berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall geht es bei der Gebührenbemessung um drei Problemkreise:

a) um die Höhe des dem Sachverständigen pro Stunde als Mühewaltung gebührenden Betrages;

b) um die Anzahl der Stunden, die als Mühewaltung verrechnet werden können;

c) um die Frage, ob das Zuwarten des Sachverständigen beim Lokalaugenschein vom 24.9.1996 über Ersuchen der beklagten Partei als Mühewaltung oder als Zeitversäumnis zu qualifizieren ist;

Zu a):

Der Sachverständige hat in seiner Honorarnote (vgl AS 56) zur Begründung des als Mühewaltung geforderten Stundenbetrages von S 3.726,-- folgendes angegeben:Der Sachverständige hat in seiner Honorarnote vergleiche AS 56) zur Begründung des als Mühewaltung geforderten Stundenbetrages von S 3.726,-- folgendes angegeben:

"Der Stundensatz für Mühewaltung ergibt sich aus den autonomen Honorarrichtlinien für Ziviltechniker AHR idF d. 118. Verordnung der Autonomen Honorarrichtlinien Gebührenklasse 3, Wert ÖS 419.398,--. Beiliegend finden Sie eine Honorarnote aus dem außergerichtlichen Bereich zum Nachweis der Anwendung der AHR.""Der Stundensatz für Mühewaltung ergibt sich aus den autonomen Honorarrichtlinien für Ziviltechniker AHR in der Fassung d. 118. Verordnung der Autonomen Honorarrichtlinien Gebührenklasse 3, Wert ÖS 419.398,--. Beiliegend finden Sie eine Honorarnote aus dem außergerichtlichen Bereich zum Nachweis der Anwendung der AHR."

Diesem Gebührenantrag lagen zwei Fotokopien von Gebührennoten des Sachverständigen Dr. M***** einmal an die Sch***** GesmbH und einmal an die Th***** Betriebsgesellschaft mbH gerichteten Kostennoten vom 12.8.1996 vom 11.4.1995 bei.

Die klagende Partei brachte in der Bemängelung der Kostennote vor, daß die AHR, auf die sich der Sachverständige beziehen, für ihn nicht gälten. Dieses Vorbringen wird im Rekurs der klagenden Partei wiederholt. In der von ihm abgegebenen Stellungnahme zum Rekurs gibt der Sachverständige zu, richtig sei, daß er kein Mitglied der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten sei. Eine solche Mitgliedschaft habe er nie behauptet. Er sei aber schon länger als allgemein gerichtlich beeideter Sachverständiger tätig, als überhaupt der Zivilingenieur für Informationsverarbeitung existiere. Seine Gutachtenstätigkeit für Privatgutachten werde ausschließlich unter Heranziehung der AHR der Ziviltechniker der Bundesingenieurkammer vereinbart.

Auch wenn der Sachverständige für einzelne Kunden solche Honorare vereinbart haben mag, so kann nicht gesagt werden, daß er sein Honorar im Sinn des § 34 Abs 4 GebAG nach der von ihm geltend gemachten Honorar- oder Gebührenordnung bezieht. Mit § 34 Abs 4 GebAG sind nur jene Fälle gemeint, in denen ein Sachverständiger tätig wird, der in seinem normalen Berufsleben eine bestimmte Honorar- oder Gebührenordnung anzuwenden hat. Unterliegt aber der Sachverständige, wie er selbst zugibt, nicht den autonomen Honorarrichtlinien für Ziviltechniker, so kann er sich nach § 34 Abs 4 GebAG nicht auf diese Honorarrichtlinien zum Beweis eines außergerichtlichen Erwerbslebens berufen. Durch den Nachweis, daß der Sachverständige in zwei Fällen Honorarnoten gelegt hat, in denen er sich auf die Honorarrichtlinien für Ziviltechniker berufen hat, ist noch keineswegs nachgewiesen, daß der Sachverständige üblicherweise nur für einen Stundensatz zwischen S 2.727,-- und S 3.726,-- arbeitet. Für sein außergerichtliches Erwerbseinkommen macht der Sachverständige - abgesehen von den zwei genannten Honorarnoten - keine Angaben. Es liegt somit ein Fall vor, bei dem das Gericht, um einen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand zu vermeiden, zur Ermittlung des außergerichtlichen Erwerbseinkommens des Sachverständigen die Regel des § 273 ZPO anzuwenden hat. Die klagende Partei ist der Ansicht, daß dem Sachverständigen pro Stunde Mühewaltung ausgehend von der Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten nur ein Betrag von S 1.442,-- pro Stunde gebührt. Unterstellt man, daß der Sachverständige diese Stundengebühr im außergerichtlichen Erwerbseinkommen zumindestens gelegentlich überschreiten mag, so erscheint dem erkennenden Senat ein Betrag für Mühewaltung in der Höhe von S 1.700,-- pro Stunde als angemessen.Auch wenn der Sachverständige für einzelne Kunden solche Honorare vereinbart haben mag, so kann nicht gesagt werden, daß er sein Honorar im Sinn des Paragraph 34, Absatz 4, GebAG nach der von ihm geltend gemachten Honorar- oder Gebührenordnung bezieht. Mit Paragraph 34, Absatz 4, GebAG sind nur jene Fälle gemeint, in denen ein Sachverständiger tätig wird, der in seinem normalen Berufsleben eine bestimmte Honorar- oder Gebührenordnung anzuwenden hat. Unterliegt aber der Sachverständige, wie er selbst zugibt, nicht den autonomen Honorarrichtlinien für Ziviltechniker, so kann er sich nach Paragraph 34, Absatz 4, GebAG nicht auf diese Honorarrichtlinien zum Beweis eines außergerichtlichen Erwerbslebens berufen. Durch den Nachweis, daß der Sachverständige in zwei Fällen Honorarnoten gelegt hat, in denen er sich auf die Honorarrichtlinien für Ziviltechniker berufen hat, ist noch keineswegs nachgewiesen, daß der Sachverständige üblicherweise nur für einen Stundensatz zwischen S 2.727,-- und S 3.726,-- arbeitet. Für sein außergerichtliches Erwerbseinkommen macht der Sachverständige - abgesehen von den zwei genannten Honorarnoten - keine Angaben. Es liegt somit ein Fall vor, bei dem das Gericht, um einen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand zu vermeiden, zur Ermittlung des außergerichtlichen Erwerbseinkommens des Sachverständigen die Regel des Paragraph 273, ZPO anzuwenden hat. Die klagende Partei ist der Ansicht, daß dem Sachverständigen pro Stunde Mühewaltung ausgehend von der Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten nur ein Betrag von S 1.442,-- pro Stunde gebührt. Unterstellt man, daß der Sachverständige diese Stundengebühr im außergerichtlichen Erwerbseinkommen zumindestens gelegentlich überschreiten mag, so erscheint dem erkennenden Senat ein Betrag für Mühewaltung in der Höhe von S 1.700,-- pro Stunde als angemessen.

Zu b):

In seiner Gebührennote behauptet der Sachverständige, daß er tatsächlich 17 Stunden Mühewaltung verzeichnet habe, er aber entgegenkommend auf 12 Stunden pauschaliere. In seiner Stellungnahme zum Rekurs der klagenden Partei gab der Sachverständige die Darstellung, er habe insgesamt eineinhalb Tage gearbeitet. Für eine gewissenhafte Arbeit dieser Art und Komplexität "sei das ein völlig adäquater Rahmen". Aus dem Zusammenhalt dieser beider Formulierungen läßt sich unschwer schließen, daß die Zeit, die der Sachverständige für Mühewaltung verrechnet, auf einer Schätzung oder einer entgegenkommenden Schätzung nicht aber auf tatsächlichen Aufzeichnungen beruht. Berücksichtigt man ferner, daß der Sachverständige auch bezüglich der Anwendbarkeit der AHR nicht voll zutreffende Angaben gemacht hat, so liegt kein Fall vor, daß das Gericht ihm hinsichtlich der Anzahl der verrechneten Stunden dahin folgen müßte, daß der von ihm "entgegenkommenderweise und in einem völlig adäquaten Rahmen verzeichnete Zeitaufwand" als wahr anzusehen sei. Das Rekursgericht fühlt sich daher an die Angaben des Sachverständigen hinsichtlich des von ihm getätigten Zeitaufwandes nicht gebunden. Da der tatsächliche Zeitaufwand des Sachverständigen nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist, muß zur Festlegung des Zeitaufwandes neuerlich die Regel des § 273 ZPO angewendet werden. Berücksichtigt man die verhältnismäßig einfache Aufgabenstellung durch das Erstgericht sowie, daß die zu lösende Aufgabe vom Sachverständigen bereits anläßlich des Lokalaugenscheines am 24.9.1996 gelöst wurde und das schriftlich ausgearbeitete Gutachten im wesentlichen die Befundaufnahme enthält, so tritt das Rekursgericht der Ansicht der klagenden Partei bei, daß für die Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens insgesamt sechs Stunden als angemessen anzusehen sind.In seiner Gebührennote behauptet der Sachverständige, daß er tatsächlich 17 Stunden Mühewaltung verzeichnet habe, er aber entgegenkommend auf 12 Stunden pauschaliere. In seiner Stellungnahme zum Rekurs der klagenden Partei gab der Sachverständige die Darstellung, er habe insgesamt eineinhalb Tage gearbeitet. Für eine gewissenhafte Arbeit dieser Art und Komplexität "sei das ein völlig adäquater Rahmen". Aus dem Zusammenhalt dieser beider Formulierungen läßt sich unschwer schließen, daß die Zeit, die der Sachverständige für Mühewaltung verrechnet, auf einer Schätzung oder einer entgegenkommenden Schätzung nicht aber auf tatsächlichen Aufzeichnungen beruht. Berücksichtigt man ferner, daß der Sachverständige auch bezüglich der Anwendbarkeit der AHR nicht voll zutreffende Angaben gemacht hat, so liegt kein Fall vor, daß das Gericht ihm hinsichtlich der Anzahl der verrechneten Stunden dahin folgen müßte, daß der von ihm "entgegenkommenderweise und in einem völlig adäquaten Rahmen verzeichnete Zeitaufwand" als wahr anzusehen sei. Das Rekursgericht fühlt sich daher an die Angaben des Sachverständigen hinsichtlich des von ihm getätigten Zeitaufwandes nicht gebunden. Da der tatsächliche Zeitaufwand des Sachverständigen nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist, muß zur Festlegung des Zeitaufwandes neuerlich die Regel des Paragraph 273, ZPO angewendet werden. Berücksichtigt man die verhältnismäßig einfache Aufgabenstellung durch das Erstgericht sowie, daß die zu lösende Aufgabe vom Sachverständigen bereits anläßlich des Lokalaugenscheines am 24.9.1996 gelöst wurde und das schriftlich ausgearbeitete Gutachten im wesentlichen die Befundaufnahme enthält, so tritt das Rekursgericht der Ansicht der klagenden Partei bei, daß für die Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens insgesamt sechs Stunden als angemessen anzusehen sind.

Zu c):

Da der Sachverständige während des Zuwartens beim Lokalaugenschein vom 24.9.1996 weder einen Befund aufgenommen noch ein Gutachten erstattet hat, gebührt ihm dafür keine Gebühr für Mühewaltung gemäß § 34 Abs 1 GebAG. Die außerhalb seiner Geschäftsräumlichkeiten verbrachte Zeit kann daher nur nach der Gebühr für Zeitversäumnis im Sinn des § 32 GebAG abgegolten werden. Dem Sachverständigen stehen daher folgende Beträge zu:Da der Sachverständige während des Zuwartens beim Lokalaugenschein vom 24.9.1996 weder einen Befund aufgenommen noch ein Gutachten erstattet hat, gebührt ihm dafür keine Gebühr für Mühewaltung gemäß Paragraph 34, Absatz eins, GebAG. Die außerhalb seiner Geschäftsräumlichkeiten verbrachte Zeit kann daher nur nach der Gebühr für Zeitversäumnis im Sinn des Paragraph 32, GebAG abgegolten werden. Dem Sachverständigen stehen daher folgende Beträge zu:

Im Zeitraum 10.6. bis 23.9.1996

für Aktenstudium, Zeitversäumnis,

Kopien, Telefon, Porti und Fax

unangefochten       S  1.893,--

für den Lokalaugenschein

vom 24.9.1996 Zeitversäumnis

(unangefochten)     S   470,--

Mühewaltung für 3,5 Stunden

a S 1.700,--       S  5.950,--

1,5 Stunden Zeitversäumnis

für das Zuwarten,

(vom Beklagten zu tragen)   S    352,50

Fahrtkosten (unangefochten)          S     69,--

für die Zeit vom 26.9.1996

bis 15.1.1997

Zeitversäumnis  (unangefochten)  S    235,--

Mühewaltung 6 Stunden a S 1.700,--  S 10.200,--

Schreibgebühr (unangefochten)   S       400,--

Durchschrift (unangefochten)       S       306,--

Kopie (unangefochten)     S     10,--

Porto (unangefochten)     S        26,--

Zwischensumme      S 19.911,50

USt        S     3.982,30

S    23.893,80

aufgerundet       S 23.894,--

=============

Von diesem Betrag hat die beklagte Partei unabhängig vom Verfahrensausgang 1,5 Stunden Zeitversäumnis vom 24.9.1996 zu tragen, was einschließlich der USt S 423,-- ergibt.

In gänzlicher bzw. teilweiser Stattgebung der Rekurse war daher der angefochtene Beschluß entsprechend abzuändern.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 5 ZPO.Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 5, ZPO.

Anmerkung

EW00231 05R01117

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1997:00500R00111.97Y.1004.000

Dokumentnummer

JJT_19971004_OLG0009_00500R00111_97Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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