TE OGH 1997/10/16 6Ob255/97m

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Veröffentlicht am 16.10.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der Erlegerin Edith E*****, wider die Erlagsgegnerinnen 1. B***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Josef Neier, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2. Brigitte P*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Ersterlagsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 22.Juli 1997, GZ 51 R 71/97h-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 4.Juni 1997, GZ 5 Nc 65/95y-28, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben. Das vorangegangene Verfahren wird ab der Zustellung des Ausfolgebeschlusses vom 14.11.1996, 5 Nc 65/95y-7 an Hans-Jürgen N***** für nichtig erklärt und der von Hans-Jürgen N***** erhobene Rekurs zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 25.10.1995, 5 Nc 65/95 nahm das Erstgericht den Erlag von 1 Mio S als Kaufpreis für eine Eigentumswohnung zu Gericht an. Die Erlegerin hatte als Erstantragsgegnerin die B*****gesellschaft mbH und als Zweiterlagsgegnerin Brigitte P***** bezeichnet und ihr Gesuch damit begründet, daß die gesamte Wohnanlage, in deren Bereich ihre Eigentumswohnung liege, von der Zweiterlagsgegnerin, vertreten durch Hans-Jürgen N***** an die Ersterlagsgegnerin verkauft worden sei. Infolge diverser Streitigkeiten zwischen den beiden Erlagsgegnerinnen sei sie nun im unklaren darüber, an welche der Erlagsgegnerinnen sie Zahlung zu leisten habe.

In seinem Annahmebeschluß führte das Erstgericht Hans Jürgen N***** als Vertreter der Zweiterlagsgegnerin an.

Nach einvernehmlicher Antragstellung beider Erlagsgegnerinnen - Hans-Jürgen N***** hatte dem Erlagsgesuch nicht zugestimmt - ordnete das Erstgericht die Ausfolgung an die Ersterlagsgegnerin an. Das Rekursgericht gab dem von Hans Jürgen N***** erhobenen Rekurs Folge, hob die Auszahlungsanordnung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Auffassung, es sei aufzuklären, ob das Vertretungsverhältnis der Zweiterlagsgegnerin zu Hans-Jürgen N***** nach wie vor bestehe, um klären zu können, wer eine Zustimmungserklärung zur Ausfolgung fertigen dürfe.

Hans-Jürgen N***** begehrte schließlich mit Schriftsatz vom 15.2.1997 (ON 18) die Ausfolgung des erlegten Betrages an ihn persönlich. Die Zweiterlagsgegnerin brachte in ihrer Einvernahme vor Gericht vor, N***** sei zwar zum Abschluß ihres Kaufvertrages mit der Erlegerin bevollmächtigt gewesen, sie habe diese Vollmacht jedoch längst, und zwar im Dezember 1995, widerrufen. N***** sei weder im Erlagsverfahren noch sonst von ihr bevollmächtigt.

Am 28.5.1997 deponierte die Zweiterlagsgegnerin telefonisch bei Gericht, sie sei mit der Auszahlung des erlegten Betrages an die Ersterlagsgegnerin nun nicht mehr einverstanden (ON 27).

Mit dem nunmehr bekämpften Beschluß ordnete das Erstgericht neuerlich die Ausfolgung an die Ersterlagsgegnerin an. Es stellte fest, die Zweiterlagsgegnerin habe am 10.8.1995 Hans Jürgen N***** auf die Dauer von zwei Jahren unwiderruflich bevollmächtigt, sie persönlich und als Geschäftsführerin der V***** GmbH zu vertreten. Das Erstgericht führte aus, die Zweiterlagsgegnerin sei nicht mehr durch N***** vertreten, sie habe die ihm erteilte Vollmacht widerrufen. Von einer Zustimmung zur Ausfolgung des Betrages an die Erstantragsgegnerin sei auszugehen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Hans-Jürgen N***** Folge und wies den Ausfolgeantrag ab. Es verwies die Zweiterlagsgegnerin mit ihrem Rekurs, in dem diese ausgeführt hatte, mit einer Ausfolgung nur insoweit einverstanden zu sein, als der 265.400,-- S zuzüglich 12 % Zinsen seit 31.12.1996 bis 1.7.1997 übersteigende Betrag an die Ersterlagsgegnerin ausbezahlt werde, auf diese Entscheidung. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Entscheidend sei, ob das Vollmachtsverhältnis zwischen der Zweiterlagsgegnerin und N***** aufrecht sei. Die Zweiterlagsgegnerin habe ihm eine auf die Dauer von zwei Jahren unwiderrufliche Vollmacht erteilt. Ob sie diese aus wichtigen Gründen wirksam aufgekündigt habe, könne im Verfahren außer Streitsachen nicht geklärt werden. Die Verweigerung der Auszahlung sei durch den Umfang der Vollmacht vom 10.8.1995 gedeckt, sodaß derzeit von einer mangelnden Zustimmung des Vertreters der Zweiterlagsgegnerin zur Ausfolgung der erlegten Beträge an die Ersterlagsgegnerin auszugehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin ist zulässig, weil das Rekursgericht Parteistellung und Vertretungsbefugnis des Hans-Jürgen N***** im Erlagsverfahren unrichtig beurteilt hat. Er ist auch berechtigt.

Im Verfahren über die Ausfolgung von Gerichtserlägen genießen nur die vom Erleger dem Gericht namentlich genannten Erlagsgegner Parteistellung (SZ 52/49; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 16 zu § 1425; Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 39 zu § 1425). Es sind dies im vorliegenden Fall Erst- und Zweiterlagsgegnerin, nicht aber Hans-Jürgen N*****, der nach den Angaben der Erlegerin lediglich als bevollmächtigter Vertreter der Zweiterlagsgegnerin am zugrundeliegenden Kaufvertrag beteiligt war. Er ist ad personam nicht Verfahrensbeteiligter des Ausfolgeverfahrens.Im Verfahren über die Ausfolgung von Gerichtserlägen genießen nur die vom Erleger dem Gericht namentlich genannten Erlagsgegner Parteistellung (SZ 52/49; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 16 zu Paragraph 1425 ;, Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 39 zu Paragraph 1425,). Es sind dies im vorliegenden Fall Erst- und Zweiterlagsgegnerin, nicht aber Hans-Jürgen N*****, der nach den Angaben der Erlegerin lediglich als bevollmächtigter Vertreter der Zweiterlagsgegnerin am zugrundeliegenden Kaufvertrag beteiligt war. Er ist ad personam nicht Verfahrensbeteiligter des Ausfolgeverfahrens.

Der auf Antrag der Ersterlagsgegnerin unter gleichzeitiger Vorlage einer Zustimmungserklärung der Zweiterlagsgegnerin ergangene Ausfolgebeschluß des Erstgerichtes vom 14.11.1996, 5 Nc 65/95y-7, hätte daher Hans-Jürgen N***** gar nicht zugestellt werden dürfen. Hans-Jürgen N***** schritt bei Rekurserhebung gegen diesen Beschluß auch nicht als Vertreter der Zweiterlagsgegnerin, sondern offensichtlich im eigenen Namen ein. Die im Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes vertretene gegenteilige Rechtsansicht ist unrichtig, zumal von einer ausgewiesenen Vollmacht der Zweiterlagsgegnerin für das Ausfolgeverfahren noch keine Rede war.

Eine zum Einschreiten vor Gericht berechtigende (Verfahrens-)Vollmacht kann vom Vollmachtgeber jederzeit formfrei widerrufen werden (Fasching, LB2 Rz 430). Selbst wenn daher eine Hans-Jürgen N***** zum Einschreiten im Ausfolgeverfahren berechtigende Vollmacht bestanden hätte, wäre sie von der Zweiterlagsgegnerin dem Gericht gegenüber jedenfalls am 19.2.1997 widerrufen worden. Die von Hans-Jürgen N***** erhobenen Prozeßhandlungen sind somit der Zweiterlagsgegnerin keinesfalls zuzurechnen.

Das Fehlen einer Verfahrensvollmacht stellt aber einen Nichtigkeitsgrund dar und führt zur Nichtigerklärung und Zurückweisung der gesetzten Prozeßhandlungen (Fasching aaO Rz 435).

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin erweist sich daher als berechtigt. Das Verfahren ist ab Zustellung des Ausfolgebeschlusses an Hans-Jürgen N***** für nichtig zu erklären und der von ihm gegen den Ausfolgebeschluß erhobene Rekurs zurückzuweisen. Damit wird aber der Ausfolgebeschluß des Erstgerichts vom 14.11.1996 auch gegenüber der Zweiterlagsgegnerin, die diesen Beschluß nicht bekämpft hatte, rechtskräftig. Ihre nachträgliche Einschränkung, sie sei nur mehr mit einer Ausfolgung des S 265.400,-- übersteigenden Betrages einverstanden, war somit nicht mehr zulässig.

Das Erstgericht wird daher seinem rechtskräftig gewordenen Beschluß entsprechend den gesamten Betrag an die Ersterlagsgegnerin auszufolgen haben.

Ein Kostenzuspruch an die Revisionsrekurswerberin kann nicht erfolgen, da die Entscheidung über die Ausfolgung erlegter Beträge genauso wie jene über die Zulässigkeit der Hinterlegung im Verfahren Außerstreitsachen zu fällen sind (vgl Reischauer aaO Rz 15; Harrer/Heidinger aaO Rz 22) und ein Kostenersatz im außerstreitigen Verfahren nicht stattfindet.Ein Kostenzuspruch an die Revisionsrekurswerberin kann nicht erfolgen, da die Entscheidung über die Ausfolgung erlegter Beträge genauso wie jene über die Zulässigkeit der Hinterlegung im Verfahren Außerstreitsachen zu fällen sind vergleiche Reischauer aaO Rz 15; Harrer/Heidinger aaO Rz 22) und ein Kostenersatz im außerstreitigen Verfahren nicht stattfindet.

Anmerkung

E47836 06A02557

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00255.97M.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19971016_OGH0002_0060OB00255_97M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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