TE Vwgh Beschluss 2006/9/5 2006/18/0189

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Veröffentlicht am 05.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über den Antrag der F N in W, geboren 1962, vertreten durch Mag. Monika Schwaighofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, diese vertreten durch Mag. Andreas Daxberger, Rechtsanwalt ebendort, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. April 2005, Zl. SD 141/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (hg. Zl. 2005/18/0696), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt.

Begründung

1. Mit hg. Beschluss vom 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0696, wurde das Verfahren über die Beschwerde der Antragstellerin gegen den obgenannten Bescheid gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, weil die Antragstellerin dem Mängelbehebungsauftrag vom 20. Dezember 2005 insoweit nicht nachgekommen war, als die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene und an sie zurückgestellte Beschwerde nicht wieder vorgelegt worden war. Der Beschluss vom 18. Mai 2006 wurde der Antragstellerin am 2. Juni 2006 zugestellt.

2. In dem am 14. Juni 2006 zur Post gegebenen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass dem die Verfassungsgerichtshofbeschwerde ergänzenden Schriftsatz irrtümlich nicht das Original dieser Beschwerde, sondern eine Kopie beigelegt worden sei, es bisher in der Kanzlei der der Antragstellerin beigegebenen Verfahrenshelferin kein wie immer geartetes Fehlverhalten gegeben habe und das Versäumnis in der Kanzlei bei der Abfertigung (Kopieren) der Beilagen der Urkunden erfolgt sei, wobei es sich um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis und einmaliges Versehen handle. Ein solches Versehen sei trotz Durchführung einer regelmäßigen Kontrolle nicht zu vermeiden gewesen, zumal die Absendung der Rechtsmittelschrift ohnedies ordnungsgemäß und zeitgerecht erfolgt sei. Infolge der Verkettung von unglücklichen Umständen sei es trotz größter Sorgfalt zu diesem Versehen gekommen.

3.1. Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch gegen die unvollständige Erfüllung eines verwaltungsgerichtlichen Verbesserungsauftrages zulässig ist (vgl. etwa den Beschluss vom 20. Juni 2002, Zl. 2002/18/0111, mwN).

3.2. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.

3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist Letzterem (und damit auch der Partei) nur dann als Verschulden anzulasten, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle über den Angestellten unterlassen hat. Die Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Rechtsanwalt im Regelfall nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen. Dieser kann vielmehr rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen. (Vgl. zum Ganzen nochmals den vorzitierten Beschluss).

4. Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich das Vorbringen der Antragstellerin als zielführend.

Mit der hg. Verfügung vom 20. Dezember 2005 wurde der Antragstellerin unter gleichzeitiger Zurückstellung der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde im Original aufgetragen, binnen sechs Wochen einen ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung, in dem der Beschwerdepunkt, die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren zu ergänzen waren, und zwei weitere Ausfertigungen der ursprünglichen Beschwerde vorzulegen sowie die Verfassungsgerichtshofbeschwerde im Original wieder vorzulegen. Diesem Auftrag wurde insoweit unvollständig entsprochen, als neben dem geforderten ergänzenden Schriftsatz und den zwei weiteren Ausfertigungen der Verfassungsgerichtshofbeschwerde diese Beschwerde nur in Kopie und nicht im Original wieder vorgelegt wurde. Aus dem glaubwürdigen Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich, dass der Anschluss dieser Kopie anstelle des Originals nur durch ein Versehen bei der Abfertigung in der Kanzlei der Verfahrenshelferin erfolgt ist. Die unvollständige Erfüllung des Verbesserungsauftrages ist somit auf einen Fehler eines Kanzleimitarbeiters bei der rein manipulativen Tätigkeit zurückzuführen.

5. Im Hinblick darauf war der Antragstellerin gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Wien, am

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006180189.X00

Im RIS seit

21.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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