TE OGH 1997/10/16 6Ob289/97m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.1997
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei I***** Dipl.-Ing.Kurt M*****, vertreten durch Dr.Berthold Martin Breitwieser, Rechtsanwalt in Bad Schallerbach, wider die beklagte und widerklagende Partei B***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Josef Hofer, Rechtsanwalt in Wels, wegen 405.694,-- S und 192.500,-- S, infolge der außerordentlichen Revisionen der klagenden und widerbeklagten Partei sowie der beklagten und widerklagenden Partei jeweils gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Februar 1997, GZ 6 R 260/96i-56, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen der klagenden und widerbeklagten Partei sowie der beklagten und widerklagenden Partei werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentlichen Revisionen der klagenden und widerbeklagten Partei sowie der beklagten und widerklagenden Partei werden gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Das beklagte Bäckereiunternehmen wollte im Ausland tätig werden und beauftragte den Kläger mit der Erstellung einer Wirtschaftlichkeitsstudie. Es wurde ein Honorar von 1.500 DM täglich mit einer Obergrenze von 45.000 DM vereinbart. Es wurde in Aussicht genommen, daß der Kläger an den in Deutschland zu gründenden Tochterunternehmen der Beklagten als Gesellschafter beteiligt werde. In diesem Fall hätte der Kläger auf zwei Drittel seines Honorars verzichtet. Dieses hätte also 500 DM täglich ausgemacht. Der Kläger präsentierte am 4.6.1991 seine Studie (was die Vorinstanzen als Projektabschluß und Ablieferung des Werks qualifizierten). Es folgte eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger, der für ein Unternehmen der Unternehmensgruppe der Beklagten als Manager tätig war. Er erbrachte auch für die Beklagte Beratungsleistungen im operativen Geschäft. Ein Teil seines Klagebegehrens betrifft das Honorar für diese Arbeitsleistungen. Wegen Widerstands von einzelnen Familienmitgliedern des beklagten Familienunternehmens wurde die Zusammenarbeit mit dem Kläger im Jänner 1992 beendet. Die Beklagte hatte zunächst Mängel der Projektstudie des Klägers nicht gerügt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes im zweiten Rechtsgang spricht dem Kläger ein Honorar auf der Basis der vereinbarten Höchstgrenze abzüglich der geleisteten Teilzahlungen zu. Das auf die Rückzahlung der geleisteten Teilzahlungen gerichtete Widerklagebegehren der Beklagten, gestützt auf Mängel des Werkes, wurde abgewiesen. Die Mängel hätten in der Sechsmonatsfrist des § 933 ABGB gerügt werden müssen. Die vereinbarte Honorarhöchstgrenze gelte auch für die Beratungsleistungen des Klägers im operativen Geschäft der Beklagten. Die Präsentation der Studie am 4.6.1991 sei als angenommene Ablieferung des Werkes zu verstehen, was sich aus der nachfolgenden Nutzung ergebe.Die Entscheidung des Berufungsgerichtes im zweiten Rechtsgang spricht dem Kläger ein Honorar auf der Basis der vereinbarten Höchstgrenze abzüglich der geleisteten Teilzahlungen zu. Das auf die Rückzahlung der geleisteten Teilzahlungen gerichtete Widerklagebegehren der Beklagten, gestützt auf Mängel des Werkes, wurde abgewiesen. Die Mängel hätten in der Sechsmonatsfrist des Paragraph 933, ABGB gerügt werden müssen. Die vereinbarte Honorarhöchstgrenze gelte auch für die Beratungsleistungen des Klägers im operativen Geschäft der Beklagten. Die Präsentation der Studie am 4.6.1991 sei als angenommene Ablieferung des Werkes zu verstehen, was sich aus der nachfolgenden Nutzung ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision des Klägers:

Der Kläger strebt ein zusätzliches Honorar für die nicht die Studie betreffenden Arbeitsleistungen an. Das Berufungsgericht habe diesen (zusätzlichen) Anspruch im ersten Rechtsgang bejaht und hätte nicht von seiner im Aufhebungsbeschluß (ON 34) geäußerten, dem Erstgericht überbundenen Rechtsansicht abweichen dürfen. Die gerügte Verletzung der Bindungsvorschrift des § 499 Abs 2 ZPO ist schon deshalb nicht entscheidungswesentlich, weil das Abgehen von einer unrichtigen Rechtsansicht nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung keinen Verfahrensmangel begründet (4 Ob 1514/96 uva). Überdies hat das Berufungsgericht im Aufhebungsbeschluß zwar ausgeführt, daß die Beratungsleistungen des Klägers im operativen Geschäft nach dem Wortlaut des Werkvertrages über die Studie von diesem nicht umfaßt seien, im zweiten Rechtsgang wurden aber gegenteilige Feststellungen aufgrund weiterer Beweismittel (Parteienvernehmung) getroffen (S 11 in ON 34). Das Berufungsgericht konnte nur seine Rechtsansicht über die reine Urkundenauslegung überbinden, nicht aber eine bestimmte Würdigung anderer Beweismittel zum Thema der maßgeblichen Parteienabsicht. Das Berufungsgericht hat dem Erstgericht auch lediglich die Ergänzung der Feststellungen zur Parteienvereinbarung über die Honorierung der Beratungsleistungen im operativen Geschäft aufgetragen (S 20 in ON 34). Im Ergebnis ficht der Kläger unzulässigerweise (dies auch aus dem Grund der Aktenwidrigkeit) die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an.Der Kläger strebt ein zusätzliches Honorar für die nicht die Studie betreffenden Arbeitsleistungen an. Das Berufungsgericht habe diesen (zusätzlichen) Anspruch im ersten Rechtsgang bejaht und hätte nicht von seiner im Aufhebungsbeschluß (ON 34) geäußerten, dem Erstgericht überbundenen Rechtsansicht abweichen dürfen. Die gerügte Verletzung der Bindungsvorschrift des Paragraph 499, Absatz 2, ZPO ist schon deshalb nicht entscheidungswesentlich, weil das Abgehen von einer unrichtigen Rechtsansicht nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung keinen Verfahrensmangel begründet (4 Ob 1514/96 uva). Überdies hat das Berufungsgericht im Aufhebungsbeschluß zwar ausgeführt, daß die Beratungsleistungen des Klägers im operativen Geschäft nach dem Wortlaut des Werkvertrages über die Studie von diesem nicht umfaßt seien, im zweiten Rechtsgang wurden aber gegenteilige Feststellungen aufgrund weiterer Beweismittel (Parteienvernehmung) getroffen (S 11 in ON 34). Das Berufungsgericht konnte nur seine Rechtsansicht über die reine Urkundenauslegung überbinden, nicht aber eine bestimmte Würdigung anderer Beweismittel zum Thema der maßgeblichen Parteienabsicht. Das Berufungsgericht hat dem Erstgericht auch lediglich die Ergänzung der Feststellungen zur Parteienvereinbarung über die Honorierung der Beratungsleistungen im operativen Geschäft aufgetragen (S 20 in ON 34). Im Ergebnis ficht der Kläger unzulässigerweise (dies auch aus dem Grund der Aktenwidrigkeit) die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an.

Zur Revision der Beklagten:

Die Anwendung österreichischen Rechts aus dem Grund des § 35 IPRG ist unstrittig, ebenso die Qualifikation des Vertrages über die Herstellung einer Projektstudie als Werkvertrag. Die Vorinstanzen haben die Mängelrüge der Beklagten als verspätet erachtet (§ 933 ABGB) und sind für den Beginn der Gewährleistungsfrist von der mündlichen Präsentation der Studie durch den Kläger am 4.6.1991 ausgegangen. Die Rechtsauffassung, daß das Werk an diesem Tag übergeben und von der Beklagten auch schlüssig übernommen worden sei, steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur. Nach § 1168a ABGB ist die Übernahme des Werkes entscheidend. Als schlüssige Kenntnisnahme der Erfüllung kommt die Bezahlung des Werklohns oder die bestimmungsgemäße Benützung des Werkes in Frage (JBl 1996, 393; 1 Ob 2005/96a; 8 Ob 2350/96p). Selbst wenn die Schriftlichkeit der Studie vereinbart worden oder im Geschäftsleben üblich wäre (was nicht festgestellt wurde), hätten die Parteien davon auch in bloß schlüssiger Form wieder abgehen können. Nach den Feststellungen hat der Kläger die Studie mündlich vorgetragen. Die Beklagte hatte zuvor Gelegenheit, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen. Eine Rechnung wurde vom Kläger im Sinne der Honorarvereinbarung gelegt, wodurch der Kläger zum Ausdruck brachte, daß er das Werk als vollendet ansah. Die Beklagte hat Zahlung geleistet, ist von der Richtigkeit der Studie ausgegangen und hat die Expansion des Unternehmens im Ausland betrieben. Die Zusammenarbeit mit dem Kläger wurde fortgesetzt. Aufgrund all dieser Umstände durfte das Berufungsgericht im Einklang mit der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung von einer Beendigung des Werkes und einer schlüssigen Übernahme des in die Verfügungsmacht der Beklagten gelangten Werkes ausgehen. Die zur Stützung der gegenteiligen Auffassung von der Beklagten zitierte Entscheidung SZ 58/174 betraf einen nicht vergleichbaren Fall der Beendigung eines Reiseveranstaltungsvertrages. Die weiters zitierte Entscheidung SZ 43/152 hatte den Beginn der Gewährleistungsfrist bei einem Kaufvertrag hinsichtlich einer Liegenschaft zu beurteilen. Auf die dort wesentliche Übergabe der körperlichen Sache kommt es jedoch im vorliegenden Fall der Erstellung einer Studie, also eines geistigen Produkts und somit einer unkörperlichen Sache, nicht an.Die Anwendung österreichischen Rechts aus dem Grund des Paragraph 35, IPRG ist unstrittig, ebenso die Qualifikation des Vertrages über die Herstellung einer Projektstudie als Werkvertrag. Die Vorinstanzen haben die Mängelrüge der Beklagten als verspätet erachtet (Paragraph 933, ABGB) und sind für den Beginn der Gewährleistungsfrist von der mündlichen Präsentation der Studie durch den Kläger am 4.6.1991 ausgegangen. Die Rechtsauffassung, daß das Werk an diesem Tag übergeben und von der Beklagten auch schlüssig übernommen worden sei, steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur. Nach Paragraph 1168 a, ABGB ist die Übernahme des Werkes entscheidend. Als schlüssige Kenntnisnahme der Erfüllung kommt die Bezahlung des Werklohns oder die bestimmungsgemäße Benützung des Werkes in Frage (JBl 1996, 393; 1 Ob 2005/96a; 8 Ob 2350/96p). Selbst wenn die Schriftlichkeit der Studie vereinbart worden oder im Geschäftsleben üblich wäre (was nicht festgestellt wurde), hätten die Parteien davon auch in bloß schlüssiger Form wieder abgehen können. Nach den Feststellungen hat der Kläger die Studie mündlich vorgetragen. Die Beklagte hatte zuvor Gelegenheit, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen. Eine Rechnung wurde vom Kläger im Sinne der Honorarvereinbarung gelegt, wodurch der Kläger zum Ausdruck brachte, daß er das Werk als vollendet ansah. Die Beklagte hat Zahlung geleistet, ist von der Richtigkeit der Studie ausgegangen und hat die Expansion des Unternehmens im Ausland betrieben. Die Zusammenarbeit mit dem Kläger wurde fortgesetzt. Aufgrund all dieser Umstände durfte das Berufungsgericht im Einklang mit der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung von einer Beendigung des Werkes und einer schlüssigen Übernahme des in die Verfügungsmacht der Beklagten gelangten Werkes ausgehen. Die zur Stützung der gegenteiligen Auffassung von der Beklagten zitierte Entscheidung SZ 58/174 betraf einen nicht vergleichbaren Fall der Beendigung eines Reiseveranstaltungsvertrages. Die weiters zitierte Entscheidung SZ 43/152 hatte den Beginn der Gewährleistungsfrist bei einem Kaufvertrag hinsichtlich einer Liegenschaft zu beurteilen. Auf die dort wesentliche Übergabe der körperlichen Sache kommt es jedoch im vorliegenden Fall der Erstellung einer Studie, also eines geistigen Produkts und somit einer unkörperlichen Sache, nicht an.

Anmerkung

E47839 06A02897

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00289.97M.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19971016_OGH0002_0060OB00289_97M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten