TE OGH 1997/10/22 9Ob247/97g

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Veröffentlicht am 22.10.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Steinbauer, Dr.Spenling und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred Franz S*****, ÖBB-Bediensteter, ***** vertreten durch Dr.Walter Hasibeder und Dr.Josef Strasser, Rechtsanwälte in Ried, wider die beklagte Partei Berta S*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 13.Mai 1997, GZ 6 R 126/97i-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 14.Februar 1997, GZ 1 C 101/96h-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Ausspruch über die Ehescheidung mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Ausspruch über das Verschulden aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Prozeßgericht erster Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Urteilsfällung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Parteien, die vorher bereits zweimal miteinander verheiratet waren, schlossen am 10.3.1995 vor dem Standesamt Bad Ischl ihre dritte gemeinsame Ehe. Beide vorangegangenen Ehen wurden in beiderseitigem Einvernehmen gemäß § 55a EheG geschieden. Aus der ersten Ehe entstammt der am 20.4.1971 geborene Alfred S***** jun. Anläßlich der Scheidung der zweiten Ehe am 4.10.1994 verpflichtete sich der nunmehrige Kläger, seiner Gattin ab 1.11.1994 einen monatlichen Unterhalt von S 9.000,-- zu zahlen. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger.Die Parteien, die vorher bereits zweimal miteinander verheiratet waren, schlossen am 10.3.1995 vor dem Standesamt Bad Ischl ihre dritte gemeinsame Ehe. Beide vorangegangenen Ehen wurden in beiderseitigem Einvernehmen gemäß Paragraph 55 a, EheG geschieden. Aus der ersten Ehe entstammt der am 20.4.1971 geborene Alfred S***** jun. Anläßlich der Scheidung der zweiten Ehe am 4.10.1994 verpflichtete sich der nunmehrige Kläger, seiner Gattin ab 1.11.1994 einen monatlichen Unterhalt von S 9.000,-- zu zahlen. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Scheidung der nunmehrigen Ehe aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten. Die Ehe sei unheilbar zerrüttet, weil die Beklagte schuldhaft schwerwiegende Eheverfehlungen gesetzt habe. Insbesondere habe sie entgegen ihrem Versprechen nicht mit ihrem übermäßigen Tablettenkonsum aufgehört. Zudem mache sie dem Kläger ständig Vorwürfe. Einerseits halte sie ihm vor, daß er im Haushalt und im Garten nichts arbeite, andererseits stelle sie ihn - wenn er etwas zu tun gedenke - zur Rede, warum er etwa ihren Rasenmäher angreife oder ihren Garten betrete. Auch mache sie den Kläger ständig darauf aufmerksam, daß der Fernseher, das Auto und andere Sachen ihr gehörten. Sie habe ihn auch schon mehrfach aus der Ehewohnung ausgesperrt und lehne jeden ehelichen Verkehr ab. Sie sei auch nicht bereit, eine Familienberatung aufzusuchen.

Die Beklagte sprach sich gegen die Ehescheidung aus. Für den Fall der Scheidung beantragte sie, das überwiegende Verschulden des Klägers festzustellen. Ursache für die Scheidung der zweiten Ehe sei der übermäßige Alkoholkonsum des Klägers gewesen. Der Kläger sei im Zuge des Scheidungsverfahrens zu Unterhaltsleistungen verpflichtet worden. Nach einer Alkoholentwöhnungsbehandlung habe er beteuert, nunmehr ein harmonisches Eheleben führen und das Familienleben völlig neu gestalten zu wollen. Aus diesem Grund sei die dritte Ehe geschlossen worden. Unmittelbar danach habe die Beklagte feststellen müssen, daß der Kläger seine Beteuerungen nur zum Schein abgegeben habe, um sich seiner Unterhaltspflicht zu entledigen. Er habe seine Unterhaltspflicht vernachlässigt und der Beklagten nur "Wirtschaftsgeld" in Höhe von S 7.500,-- bis S 9.000,-- gegeben. Er sei ausschließlich seinen eigenen Neigungen nachgegangen und habe sich in einem unerträglichen Maße provozierend gegenüber der Beklagten verhalten. Die Mitarbeit im Haus und Garten habe er abgelehnt. Zu den von ihm versprochenen gemeinsamen Unternehmungen sei es nicht gekommen, vielmehr habe er seine Freizeit ausschließlich vor dem Fernsehapparat verbracht. Das ehewidrige Verhalten des Klägers und die dadurch hervorgerufene Konfliktsituation sei für den Tablettenkonsum der Beklagten ursächlich gewesen.

Das Erstgericht hat die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers geschieden. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Streitteile heirateten zum dritten Mal, nachdem sich der Kläger kurz zuvor erfolgreich einer Entwöhnungskur unterzogen hatte und danach wieder zur Beklagten zurückgekehrt war. Für kurze Zeit bestand ein gutes Verhältnis, auch gemeinsame Urlaube und eine Haussanierung wurden besprochen. Einige Wochen nach der Eheschließung begannen neuerlich die Schwierigkeiten. Nach einem "kleinen" Verkehrsunfall ließ die Beklagte das Auto nicht reparieren, sondern kaufte unter Verwendung ihrer Ersparnisse ein neues. Dem Kläger bot sie an, die Hälfte zu zahlen, um auch fahren zu dürfen. Der Kläger zahlte jedoch nichts. Zuerst verwendete er das Auto nicht, später fuhr er gelegentlich damit. Spätestens seit dem Autokauf nahmen die Streitigkeiten wieder ein Ausmaß an, daß von einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr gesprochen werden konnte. Die Beklagte begann wieder mit der Einnahme von Tabletten, obwohl sie anläßlich der dritten Eheschließung versprochen hatte, keine Medikamente mehr zu nehmen. Der Grund für den Rückfall war der Psychoterror, den der Kläger gegen die Beklagte ausübte. So saß er, wenn er nicht in der Arbeit war, stundenlang beim Frühstück, lehnte jede Mitarbeit im Haus wie im Garten ab und erklärte, ihn gehe das nichts an, weil das Haus und der Garten nicht ihm gehöre. Beim Mittagstisch redete der Kläger mit der Beklagten nichts, es kam nur ständig zu Streitereien. Der für Mai 1995 geplante Urlaub kam nicht zustande, weil der Kläger das Gehaltskonto ausgeräumt hatte und kein Geld zur Bezahlung der Tickets vorhanden war. Die Beklagte nahm daraufhin viele Medikamente ein, weshalb sie ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Bei einem Besuch des Klägers wurde auch im Krankenhaus gestritten. Auch bei einem anschließenden Urlaub in Norwegen kam es zu Auseinandersetzungen. Die Beklagte nahm deshalb auch während dieses Urlaubs Tabletten ein. Der Kläger beschimpfte und provozierte die Beklagte auch im Zusammenhang mit ihrem Aufenthalt im Krankenhaus. Er äußerte beispielsweise, daß man kein Spielkasino besuchen dürfe, wenn man schon einmal im Wagner-Jauregg-Krankenhaus gewesen sei. Auch warf er der Beklagte des öfteren vor, sie sei "zu allem zu blöd" oder "deppert". Wenn die Beklagte zum Baden den Ofen einheizte, drehte ihn der Kläger ab und öffnete die Badezimmertüre, damit es kalt blieb. Die Beklagte reagierte darauf "entsprechend". Wegen übermäßiger Tabletteneinnahme wurde sie im Februar 1996 mit dem Notarztwagen in das AKH Ried eingeliefert. Zu diesem Zeitpunkt kümmerte sich der Kläger nicht mehr um sie; er besuchte sie während des 4-tägigen Krankenhausaufenthaltes nicht. Danach bekam die Beklagte aufgrund einer Psychotherapie ihre Medikamentensucht nach mehreren Wochen in den Griff. Es kam vor, daß die Beklagte nach Streitereien den Kläger aus dem Haus aussperrte - einmal warf sie seine Kleidung zum Fenster hinunter - sodaß dieser in der Holzhütte nächtigen mußte. Seit Mitte 1996 kocht und wäscht die Beklagte, die den Haushalt geführt hatte, nicht mehr für den Kläger, weil er "seiner Unterhaltspflicht nicht entsprechend nachgekommen ist". Im August 1996 sperrte der Kläger sein Konto, bis dahin konnte die Beklagte davon abheben. Die Streitteile hatten immer getrennte Zimmer. Seit Dezember 1996 kehrt der Kläger nicht mehr in das Haus in Eberschwang zurück.

Im Rahmen der Beweiswürdigung stellte das Erstgericht überdies fest, daß sich der Kläger wohl kurze Zeit zu Beginn der Ehe bemüht hat, ein harmonisches Eheleben zu führen, daß er sich jedoch bald wieder so verhielt, daß die Beklagte erneut - so wie in der Vorehe - ihrer Tablettensucht verfiel. Auch in der Vorehe hatte der Kläger die Tablettenabhängigkeit der Beklagten durch seinen Alkoholkonsum ausgelöst. Mit dem Hinweis, ihn gehe das nichts an, weil das Haus nicht ihm gehöre, verweigerte der Kläger konstant jede Mitarbeit, wie etwa Reparaturen im Haus, Schneeschaufeln und Gartenarbeit. Schon kurze Zeit nach der letzten Eheschließung zeigte der Kläger kein echtes Interesse mehr an einem harmonischen Zusammenleben. Die Beklagte neigte zu Streitereien, "aber eher als Reaktion auf das lieblose Verhalten des Klägers".

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß beide Seiten durch ihre Eheverfehlung die Ehe unheilbar zerrüttet hätten. Auslösender Faktor sei aber das Verhalten des Klägers gewesen, der die Beklagte ein offensichtliches Desinteresse an ihr habe spüren lassen und gegen sie einen Psychoterror ausgeübt habe. Als Folge davon habe die Beklagte gereizt reagiert bzw sei sie in ihre Tablettensucht zurückgefallen, sodaß es immer wieder zu Konflikten gekommen sei. Unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Klägers, der mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe den Anfang gemacht habe, sei die Ehe daher aus seinem überwiegenden Verschulden zu scheiden.

Über Berufung des Klägers, der nur den Verschuldensausspruch des Erstgerichtes bekämpfte, änderte das Berufungsgericht die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne des Ausspruches des gleichteiligen Verschuldens beider Teile ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach ergänzender Einvernahme der Parteien traf es folgende, den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ergänzende bzw "teilweise modifizierende" (Seite 8 des Berufungsurteils) Feststellungen:

Im Verlauf der dritten gemeinsamen Ehe stellte der Kläger der Beklagten monatlich ein Wirtschaftsgeld von zumindest S 8.000,-- zur Verfügung. Die Beklagte betonte gegenüber dem Kläger des öfteren, daß das Haus, der PKW und diverse andere Gebrauchsgegenstände ihr gehören würden. Sie äußerte auch, der Kläger solle sie nicht mehr grüßen, nicht mehr anschauen, nicht mehr anreden und auch nicht mehr anrühren. Ähnliche Äußerungen machte aber auch der Kläger gegenüber der Beklagten. Aus diesem Grund kam es zumindest seit Februar 1996 zu keinem Geschlechtsverkehr mehr zwischen den Streitteilen, die seither zueinander auch keine Fühlung suchten und statt dessen ein liebloses und feindseliges Verhalten an den Tag legten. Die Beschimpfungen erfolgten wechselseitig, wobei nicht festgestellt werden kann, von wem sie jeweils bei den einzelnen Vorfällen ausgingen. Im übrigen wies das Berufungsgericht daraufhin, daß neben diesen zusätzlichen Feststellungen "der vom Erstgericht angenommene Sachverhalt für die rechtliche Beurteilung maßgeblich" bleibe.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß beide Teile massiv gegen die Pflicht zur "anständigen Begegnung" verstoßen hätten. Beiden Teilen sei vorzuwerfen, nicht nach einem harmonischen Eheleben getrachtet zu haben. Eine Verletzung seiner Unterhaltspflicht könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, da er der Beklagten im Monat ein Wirtschaftsgeld von zumindest S 8.000,-- zur Verfügung gestellt habe, auch, als sie gar nicht mehr für ihn gewaschen und gekocht habe, wobei er ihr zunächst auch noch die Verfügung über sein Bankkonto ermöglicht habe. Der Beklagten könne ihr Medikamentenmißbrauch nicht als schuldhafte Eheverfehlung angelastet werden, weil feststehe, daß hiefür das lieblose Verhalten des Klägers ausschlaggebend gewesen sei. Bei Beurteilung des Gesamtverhaltens der Ehegatten könne nicht gesagt werden, daß das Verschulden der Beklagten an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe fast völlig in den Hintergrund trete, weshalb das Verschulden des Klägers nicht als überwiegend beurteilt werden könne. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei.Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß beide Teile massiv gegen die Pflicht zur "anständigen Begegnung" verstoßen hätten. Beiden Teilen sei vorzuwerfen, nicht nach einem harmonischen Eheleben getrachtet zu haben. Eine Verletzung seiner Unterhaltspflicht könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, da er der Beklagten im Monat ein Wirtschaftsgeld von zumindest S 8.000,-- zur Verfügung gestellt habe, auch, als sie gar nicht mehr für ihn gewaschen und gekocht habe, wobei er ihr zunächst auch noch die Verfügung über sein Bankkonto ermöglicht habe. Der Beklagten könne ihr Medikamentenmißbrauch nicht als schuldhafte Eheverfehlung angelastet werden, weil feststehe, daß hiefür das lieblose Verhalten des Klägers ausschlaggebend gewesen sei. Bei Beurteilung des Gesamtverhaltens der Ehegatten könne nicht gesagt werden, daß das Verschulden der Beklagten an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe fast völlig in den Hintergrund trete, weshalb das Verschulden des Klägers nicht als überwiegend beurteilt werden könne. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zu lösen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe seine Unterhaltspflicht verletzt, verneint hat, obwohl es für die Beurteilung dieses Vorwurfes an hinreichenden Feststellungen fehlt.

Die Revision ist im Sinne des darin enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der Ausspruch über das Verschulden; der Ausspruch über die Scheidung der Ehe blieb schon in erster Instanz unangefochten und ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Nicht zu folgen ist der Revisionswerberin, soweit sie fordert, daß für den Verschuldensausspruch auch das Verhalten des Klägers in den beiden vorangegangenen Ehen berücksichtigt werden müsse. Zu beurteilen ist vielmehr ausschließlich die Frage der schuldhaften Zerrüttung der nunmehrigen Ehe, für die nur während dieser Ehe begangene Eheverfehlungen bedeutsam sein können (EFSlg 20.323; Pichler in Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu § 49 EheG). Auch die unterschiedliche soziale Absicherung der Streitteile ist kein für die Verschuldensteilung maßgebliches Kriterium.Nicht zu folgen ist der Revisionswerberin, soweit sie fordert, daß für den Verschuldensausspruch auch das Verhalten des Klägers in den beiden vorangegangenen Ehen berücksichtigt werden müsse. Zu beurteilen ist vielmehr ausschließlich die Frage der schuldhaften Zerrüttung der nunmehrigen Ehe, für die nur während dieser Ehe begangene Eheverfehlungen bedeutsam sein können (EFSlg 20.323; Pichler in Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu Paragraph 49, EheG). Auch die unterschiedliche soziale Absicherung der Streitteile ist kein für die Verschuldensteilung maßgebliches Kriterium.

Richtig ist aber, daß die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, der Kläger habe seine Unterhaltspflicht nicht verletzt, einer rechtfertigenden Tatsachengrundlage entbehrt.

Dazu ist vorweg klar zu stellen, daß die zu diesem Vorwurf erhobenen Behauptungen der Beklagten nicht wünschenswert vollständig, aber (gerade noch) ausreichend sind: Sie hat dazu vorgebracht, daß der Kläger nach der Eheschließung "sein wahres Gesicht" gezeigt und sich "darauf verlegt" habe, "Unterhalt" von S 7.500,-- bis S 9.000,-- "auf den Tisch zu legen", wobei er dies als "Wirtschaftsgeld" betrachtet habe, mit dem die Beklagte die Familie habe versorgen sollen; er habe seine Unterhaltspflicht "vernachlässigt" und weigere sich, "ordnungsgemäß Unterhalt zu bezahlen". Wenngleich also konkrete Behauptungen über die Leistungsfähigkeit des Klägers (aber auch dazu, daß keine Naturalunterhaltsleistungen erbracht werden) fehlen, wird damit mit noch hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß der Kläger weniger Unterhalt geleistet hat, als er - seiner Leistungsfähigkeit entsprechend - hätte leisten müssen.

Der Kläger hat seine Verpflichtung, der Beklagten Unterhalt zu gewähren, gar nicht bestritten, er macht aber geltend, seine Unterhaltspflicht voll erfüllt zu haben. Ob und inwieweit die beiderseitigen Behauptungen zutreffen, kann aber derzeit noch nicht beurteilt werden.

Dazu steht lediglich fest, daß der Kläger der Beklagten monatlich ein "Wirtschaftsgeld von zumindest S 8.000,--" zu Verfügung gestellt habe. Hingegen fehlen jegliche Feststellungen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, aber auch dazu, inwieweit der als "Wirtschaftsgeld" bezeichnete Betrag überhaupt als Unterhaltsleistung gewertet werden kann. "Wirtschaftsgeld" und "Unterhalt" sind nämlich verschiedene Begriffe. Wirtschaftsgeld kann mehr sein als die Unterhaltsleistung, wenn damit auch andere Bedürfnisse als jene des Unterhaltsberechtigten zu decken sind. Es kann aber auch weniger als die Unterhaltsleistung sein, wenn Teile des Unterhalts in natura geleistet werden (Pichler in Rummel, ABGB**2 Rz 4 zu § 94). Damit kann aber derzeit weder beurteilt werden, in welcher Höhe der Kläger der Beklagten Unterhalt hätte gewähren müssen, noch steht fest, inwieweit er dieser Verpflichtung tatsächlich nachgekommen ist. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, wonach die Beklagte bis August 1996 vom Konto des Klägers habe abheben können, ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz, weil daraus nicht abgeleitet werden kann, ob auf diese Weise der Beklagten (bis August 1996) ein höherer als der vom Berufungsgericht festgestellte Betrag zur Verfügung stand.Dazu steht lediglich fest, daß der Kläger der Beklagten monatlich ein "Wirtschaftsgeld von zumindest S 8.000,--" zu Verfügung gestellt habe. Hingegen fehlen jegliche Feststellungen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, aber auch dazu, inwieweit der als "Wirtschaftsgeld" bezeichnete Betrag überhaupt als Unterhaltsleistung gewertet werden kann. "Wirtschaftsgeld" und "Unterhalt" sind nämlich verschiedene Begriffe. Wirtschaftsgeld kann mehr sein als die Unterhaltsleistung, wenn damit auch andere Bedürfnisse als jene des Unterhaltsberechtigten zu decken sind. Es kann aber auch weniger als die Unterhaltsleistung sein, wenn Teile des Unterhalts in natura geleistet werden (Pichler in Rummel, ABGB**2 Rz 4 zu Paragraph 94,). Damit kann aber derzeit weder beurteilt werden, in welcher Höhe der Kläger der Beklagten Unterhalt hätte gewähren müssen, noch steht fest, inwieweit er dieser Verpflichtung tatsächlich nachgekommen ist. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, wonach die Beklagte bis August 1996 vom Konto des Klägers habe abheben können, ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz, weil daraus nicht abgeleitet werden kann, ob auf diese Weise der Beklagten (bis August 1996) ein höherer als der vom Berufungsgericht festgestellte Betrag zur Verfügung stand.

Da somit nicht feststeht, ob die Beklagte dem Kläger zu Recht die Verletzung seiner Unterhaltspflicht vorwirft, ist eine abschließende Gewichtung der beiderseitigen Eheverfehlungen noch nicht möglich. Verfahren und Feststellungen werden daher im aufgezeigten Umfang zu ergänzen sein. Dabei wird es notwendig sein, die Parteien aufzufordern, ihr Vorbringen zu ergänzen und geeignete Beweismittel anzubieten. Auf dieser Grundlage wird sodann der maßgebende Sachverhalt festzustellen sein.

Da es somit zur Schaffung der erforderlichen Tatsachengrundlage offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird überdies zu berücksichtigen sein, daß - wie die Revisionswerberin geltend macht - bei der Gewichtung des beiderseitigen Fehlverhaltens vor allem zu berücksichtigen ist, wer mit der schuldhaften Zerstörung der Ehe den Anfang machte (EFSlg 78.680). Zu dieser Frage bedarf es allerdings noch ergänzender Aufklärungen: Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erlauben es nicht, einem der beiden Ehepartner die Einleitung der Zerrüttung der Ehe vorzuwerfen. Die erstgerichtlichen Feststellungen rechtfertigen hingegen die Annahme, daß es der Kläger war, der die Zerrüttung der Ehe eingeleitet hat. Da das Berufungsgericht einerseits ausgeführt hat, mit seinen Feststellungen den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt "zu ergänzen bzw teilweise zu modifizieren" (Seite 8 des Berufungsurteils), andererseits aber darauf hinwies, daß "neben den zusätzlichen im Berufungsverfahren getroffenen Feststellungen der vom Erstgericht angenommene Sachverhalt für die rechtliche Beurteilung maßgeblich" bleibt, ist das Verhältnis der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu jenen des Erstgerichtes nicht klar. Insofern werden daher nähere Feststellungen zu treffen sein, die auch im aufgezeigten Zusammenhang eine abschließende Beurteilung ermöglichen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E47625 09A02477

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0090OB00247.97G.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19971022_OGH0002_0090OB00247_97G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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