Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des R H in W, geboren 1966, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Juni 2006, Zl. SD 120/06, betreffend Versagung der Ausstellung eines Personalausweises und Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. Juni 2006 wurde dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines österreichischen Personalausweises gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f iVm § 19 Abs. 2 Passgesetz 1992, BGBl. Nr. 839 (PassG), versagt sowie der von der Bundespolizeidirektion Wien am 28. Juli 2000 ausgestellte Reisepass mit der Nr. G0934449 gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f leg. cit. entzogen.
Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 2. Mai 1996 wegen § 12 Abs. 1 und Abs. 2 und § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz sowie § 36 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten in den Jahren 1994 und 1995 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich insgesamt etwa 50 Gramm Kokain, an einen bestimmten Abnehmer gewerbsmäßig verkauft sowie wiederholt Heroin, Kokain und Haschisch erworben und besessen habe. Weiters habe er am 2. Februar 1996 und davor unbefugt eine abgesägte Schrotflinte besessen.
Zuletzt sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichtes Solingen (Deutschland) vom 9. Dezember 2003 wegen unerlaubter Einfuhr und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin insgesamt acht Platten Haschisch mit einem Gesamtgewicht von 1.596,2 Gramm, vier Tüten Heroin in pulvriger Form mit einem Gewicht von 490,5 Gramm, 91,2 Gramm Heroinstein, 499,8 Gramm Kokainstein und weitere 0,3 Gramm Heroin von den Niederlanden nach Deutschland geschmuggelt habe, um es anschließend nach Österreich weiter zu transportieren.
Der Schmuggel oder Handel mit Suchtgift in großen Mengen stelle im Hinblick auf die mit solchen Delikten verbundene Wiederholungsgefahr eine Tatsache dar, die die Annahme gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG rechtfertige. Angesichts der Straftaten des Beschwerdeführers diene die vorliegende Maßnahme dem Schutz vor neuerlichen Aktivitäten des Beschwerdeführers im Suchtgiftmilieu. Die Wiederholungsgefahr gehöre zum Wesen des gegenständlichen deliktischen Verhaltens. Die Gefahr neuerlicher Straftaten könne - vor allem, weil die letzte Tathandlung erst etwa zweieinhalb Jahre zurückliege - keinesfalls ausgeschlossen werden. Es werde daher noch einer Zeit des Wohlverhaltens bedürfen, um davon ausgehen zu können, dass sich der Beschwerdeführer von der Suchtgiftszene gelöst habe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG ist u.a. die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
Gemäß § 19 Abs. 2 PassG sind u.a. auf die Ausstellung von Personalausweisen die diesbezüglichen, die gewöhnlichen Reisepässe betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden.
2. Der Beschwerdeführer bestreitet die Verurteilungen wegen der festgestellten Straftaten nicht. Er hat bereits in den Jahren 1994 und 1995 Suchtgift in einer - u.a. unter Bedachtnahme auf die Eignung, Gewöhnung hervorzurufen und in großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, festzusetzenden - großen Menge in der Absicht verkauft, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßig gemäß § 70 StGB). Trotz der deswegen erfolgten rechtskräftigen Verurteilung hat er sein einschlägiges Fehlverhalten beträchtlich gesteigert. Etwa zweieinhalb Jahre vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Heroin, Kokain und Haschisch in der Absicht von den Niederlanden nach Deutschland geschmuggelt, es anschließend nach Österreich zu bringen. Dabei handelte es sich um ein Vielfaches der der ersten Verurteilung zu Grunde liegenden, ohnehin bereits großen Suchtgiftmenge, nämlich um etwa 1,5 kg Haschisch, etwa ein halbes Kilogramm Heroin, etwa ein halbes Kilogramm Kokainstein und mehr als 90 Gramm Heroinstein. Die bei Suchtgiftdelikten bestehende Wiederholungsgefahr (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/18/0021) hat sich beim Beschwerdeführer somit sehr eindrucksvoll manifestiert.
Die Ansicht der belangte Behörde, beim Beschwerdeführer sei die Annahme gerechtfertigt, er wolle den Reisepass bzw. den Personalausweis dazu benützen, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, begegnet daher keinen Bedenken.
3. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde ihre Prognoseentscheidung nicht nur auf die Tatsache der Verurteilung des Beschwerdeführers, sondern auf die aus dem den Verurteilungen zu Grunde liegenden Fehlverhalten ableitbare Gefahr der - weiteren - Verwendung des Reisepasses bzw. des Personalausweises zur Begehung von Suchtgiftdelikten gestützt. Dabei hat sie auch berücksichtigt, dass die letzte Straftat etwa zweieinhalb Jahre zurückliegt. Ihre Ansicht, dass dieser Zeitraum - von dem der Beschwerdeführer jedenfalls einen Teil in Haft verbracht hat - viel zu kurz sei, um eine positive Prognose zu erstellen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Anders als in der Beschwerde behauptet, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht, dass die Entziehung "ad infinitum" gelten solle.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, aus der - behaupteten - vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft ergebe sich, dass die dafür zuständigen Behörden eine positive Prognose erstellt hätten, ist zu entgegen, dass die Behörde die Frage des Gerechtfertigtseins der Annahme gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen der Justizbehörden anlässlich der vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft gebunden zu sein (vgl. aus der - auch hier maßgeblichen -
ständigen Judikatur zur Frage der Bindung an die bedingte Strafnachsicht etwa das Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, Zl. 2002/18/0266).
Entgegen der Beschwerdemeinung führt der Umstand, dass die Entziehung des Reisepasses nicht für einen bestimmten Zeitraum auszusprechen ist (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2002/18/0266), nicht dazu, "dass die Zukunftsprognose auch und insbesondere (!) auf Grundlage anderer Tatsachen als Wohlverhalten über einen nicht bestimmten/nicht bestimmbaren Zeitraum zu erstellen sind - wie insbesondere auch ärztliche Gutachten etc.". Vielmehr hat die Behörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers zu beurteilen, ob im Zeitpunkt ihrer Entscheidung die aktuelle Gefahr besteht, der Beschwerdeführer werde den Pass bzw. den Personalausweis dazu benützen, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
4. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe die von ihm angebotenen Beweise "Einvernahme des Beschwerdeführers, ärztliche Atteste, Suchtmitteltests, etc."
nicht aufgenommen, tut er die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, weil er nicht vorbringt, welche konkreten Feststellungen auf Grund der Aufnahme dieser Beweise zu treffen gewesen wären.
5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 5. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180232.X00Im RIS seit
03.10.2006