Index
L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, in der Beschwerdesache der M in M, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in 1220 Wien, St. Wendelin-Platz 6, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Getränkesteuer, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. April 1998 wies der Bürgermeister der Stadtgemeinde Mödling den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung von Getränke- und Speiseeissteuer für den Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1997 ab.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2001 entschied der Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling über die dagegen erhobene Berufung.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2004 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mödling vom 7. Mai 2001 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Mödling verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2006 brachte die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Als belangte Behörde wird der Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling bezeichnet.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde.
Sinn dieser Bestimmung ist es, in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird.
Mit der Novelle LGBl. 3400-7, beschlossen am 18. November 1999 und ausgegeben am 31. Jänner 2000 (Stück Nr. 9), wurde § 48 NÖ AO 1977 dahin gehend geändert, dass es an Stelle "Gemeinderat" zu lauten hat "Gemeindevorstand".
Gemäß Art. II Abs. 1 der Novelle LGBl. 3400-7 ist § 48 NÖ AO 1977 in der Fassung dieser Novelle am Tag der Beschlussfassung über dieses Gesetz in Kraft getreten und findet auch auf davor entstandene Abgabeschuldverhältnisse Anwendung.
Gemäß Art. II Abs. 2 dieser Novelle sind die Bestimmungen des Art. I Z 1 (Gemeinderat wird ersetzt durch Gemeindevorstand), 3 und 4 erstmals mit dem Beginn der Funktionsperiode des Gemeinderates nach der nächsten allgemeinen Gemeinderatswahl oder der dieser gleichzuhaltenden Gemeinderatswahl anzuwenden. In Gemeinden, in denen die einer allgemeinen Gemeinderatswahl gleichzuhaltende Gemeinderatswahl nach § 4 Abs. 2 NÖ Gemeinderatswahlordnung 1994, LGBl. 0350, bereits durchgeführt wurde, treten diese Bestimmungen mit der Kundmachung dieses Gesetzes in Kraft.
Sind die Voraussetzungen des Art. II Abs. 2 der genannten Novelle zur NÖ AO gegeben, was in der Stadtgemeinde Mödling der Fall war (vgl. den hg. Beschluss vom 21. September 2005, Zl. 2005/16/0176), dann ist der Gemeindevorstand bzw. der Stadtsenat zur Entscheidung über die Berufungen zuständig, wenn in diesen Verfahren die NÖ AO anzuwenden ist (vgl. dazu ausführlich den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2005, Zl. 2005/16/0149).
Gemäß § 48 NÖ AO in der geltenden Fassung iVm § 36 NÖ GemO ist somit in den Angelegenheiten der Gemeindeabgaben in zweiter Instanz der Stadtsenat (Gemeindevorstand) sachlich zuständig.
Der Stadtsenat der Stadtgemeinde Mödling hat daher über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Mödling vom 30. April 1998 zu entscheiden.
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling eine Säumnis bei der Entscheidung über die von ihr erhobene Berufung gegen den Bescheid erster Instanz in einer Getränke- und Speiseeissteuersache zum Vorwurf gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin mit der so bezeichneten belangten Behörde in Wahrheit den gemäß § 48 NÖ AO iVm § 36 NÖ GemO zuständigen Stadtsenat der Stadtgemeinde Mödling gemeint hat, sind weder der Beschwerde noch der dieser angeschlossenen Beilagen zu entnehmen. Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann. Eine Umdeutung der in der Beschwerde ausdrücklich bezeichneten belangten Behörde in den Stadtsenat der Stadtgemeinde Mödling kommt daher nicht in Betracht (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss vom 21. September 2005, Zl. 2005/16/0176, mwN).
Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG ist es, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag zu entscheiden.
Da der im Beschwerdefall belangte Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling zur Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung nicht zuständig ist, fehlte der Beschwerdeführerin ihm gegenüber die Beschwerdelegitimation, weil diese Behörde, entgegen der Behauptung in der Säumnisbeschwerde, nicht zur Entscheidung über die Berufung berufen und daher auch nicht diejenige Behörde gewesen ist, durch deren Säumnis die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt werden konnte.
Die Säumnisbeschwerde war daher wegen des Fehlens der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 7. September 2006
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006160117.X00Im RIS seit
18.01.2007