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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages; Anhäufung von Organisationsfehlern der beschwerdeführenden Gesellschaft im Zusammenhang mit Erledigung der Post kein minderer Grad des Verschuldens; gleichzeitig Zurückweisung der Beschwerde als verspätetSpruch
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit einer am 5. September 2001 (Postaufgabe am 4. September 2001) beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Beschwerde bekämpft die beschwerdeführende Gesellschaft vertreten durch ihren Rechtsanwalt einen Bescheid der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), mit dem der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft ein Kostenersatz für die bei ihr durchgeführte Prüfung gemäß §24 Abs2 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) vorgeschrieben wird.
Aus der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift und aus den beigebrachten Verwaltungsakten geht hervor, daß der angefochtene Bescheid am 17. Juli 2001 durch Hinterlegung und nicht - wie in der Beschwerde angegeben - am 24. Juli 2001 zugestellt worden ist. Die erst nach sieben Wochen zur Post gegebene Beschwerde erwiese sich daher als verspätet.
Mit Verfügung vom 6. Februar 2002 (der beschwerdeführenden Gesellschaft am 7. Februar 2002 zugestellt) forderte der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gesellschaft auf, die Rechtzeitigkeit ihrer Beschwerde darzulegen.
In einem am 13. Februar 2002 zur Post gegebenen Schreiben begehrte die beschwerdeführende Gesellschaft - wieder vertreten durch ihren Rechtsanwalt - wegen der Fristversäumung, von der die beschwerdeführende Gesellschaft erst durch das Schreiben des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Februar 2002 Kenntnis erlangte, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wiederholte die versäumte Prozeßhandlung, nämlich die Beschwerde.
Der Wiedereinsetzungsantrag wird damit begründet, daß die Chefsekretärin der beschwerdeführenden Gesellschaft trotz gegenteiliger Anweisungen selbständig den angefochtenen Bescheid beim Postamt abholte und sodann - anstatt den Termin der erfolgten Hinterlegung zu notieren, wie sie dies sonst stets in derartigen Fällen aufgrund einer speziellen Instruktion auch immer tat - einen Eingangsstempel mit einem Datum eine Woche später aufbrachte. Dadurch war für den Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft ohne jegliches Verschulden keinesfalls erkenntlich, daß die Beschwerdefrist bereits eine Woche zuvor zu laufen begonnen hatte.
In der eidesstattlichen Erklärung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft wird ausgeführt, daß es zu den Aufgaben der Chefsekretärin u.a. gehöre, "sämtliche Poststücke entgegenzunehmen, von Postämtern abzuholen und dergleichen, wobei sie ... genau dahingehend instruiert wurde, dass es ganz wichtig ist, das jeweils richtige Datum mit Stempel auf den einzelnen Schriftstücken anzubringen". In einer eidesstattlichen Erklärung der Sekretärin führt diese aus, sie sei "vor geraumer Zeit angehalten [worden], insbesondere hinsichtlich der Eingangsstempel nicht nur das Datum des jeweiligen Tages, an welchem die Post vorgelegt wird, zu berücksichtigen, sondern speziell im Fall einer allenfalls erfolgten Hinterlegung oder dergleichen auf das damit verbundene Datum besondere Rücksicht zu nehmen".
2. Der - rechtzeitig gestellte - Antrag ist nicht berechtigt.
Der Verfassungsgerichtshof verweist zunächst auf seine ständige Rechtsprechung (zB VfSlg. 12.370/1990), derzufolge er im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Hinblick auf §§33 und 35 VfGG §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden hat. Nach dieser Vorschrift hindert (auch) ein Verschulden der Partei an der Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich bei dem unterlaufenen Fehler bloß um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Das Vorbringen, das darzutun sucht, daß es sich bei dem
Fehler in der Organisation in der beschwerdeführenden Gesellschaft
bloß um einen minderen Grad des Versehens handelt, ist in sich
widersprüchlich und daher nicht geeignet, dem Gerichtshof ein Bild
darüber zu vermitteln, wie es zu dem Versehen kam, sodaß er auch
nicht in der Lage ist, das Fehlverhalten zu bewerten: In dem vom
Rechtsanwalt verfaßten Antrag auf Wiedereinsetzung wird ausgeführt,
daß die Chefsekretärin "trotz gegenteiliger Anweisungen selbsttätig
den angefochtenen Bescheid beim Postamt ... abholte", der
Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft gibt in seiner
eidesstattlichen Erklärung hingegen an, daß es zu ihren Aufgaben
gehöre, "Poststücke ... von Postämtern abzuholen".
Darüber hinaus wird im Wiedereinsetzungsantrag nicht dargelegt, warum die Zustellung durch Hinterlegung erfolgen mußte sowie ob und warum der angefochtene Bescheid erst eine Woche nach der Hinterlegung abgeholt wurde. Es fehlt auch jegliches Vorbringen darüber, ob der die beschwerdeführende Gesellschaft vertretende Rechtsanwalt der ihm obliegenden Verpflichtung der Überprüfung des Zustelldatums nachgekommen ist.
Das widersprüchliche und unvollständige Vorbringen der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrenden Gesellschaft war somit insgesamt nicht geeignet, glaubhaft zu machen, daß der unterlaufene Fehler bloß als solcher eines minderen Grades des Versehens zu qualifizieren ist, was daher zur Abweisung ihres Antrags führen mußte.
Dies konnte in nichtöffentlicher Sitzung (§33 VfGG) beschlossen werden.
II. Im Hinblick darauf erweist sich die am 4. September 2001 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet und war daher in nichtöffentlicher Sitzung (§19 Abs3 Z2 litb VfGG) zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1252.2001Dokumentnummer
JFT_09979390_01B01252_2_00