TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/12 2005/03/0096

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Veröffentlicht am 12.09.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
KflG 1999 §14 Abs3;
KflG 1999 §7 Abs1 Z4 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1. der A GmbH in W, und 2. der B GmbH in W, beide vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stephansplatz 8a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. November 2004, Zl BMVIT-248.940/0002- II/ST7/2004, berichtigt durch Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29. Dezember 2004, Zl BMVIT-248.940/0008-II/ST7/2004, betreffend Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession (mitbeteiligte Partei: E GmbH in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 1, 3 und 7 Abs 1 Z 1 bis 3 Kraftfahrliniengesetz (KflG), BGBl I Nr 203/1999, die Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Salzburg - Plovdiv mit im Bescheid näher beschriebener Streckenführung und Haltestellen in Salzburg (Avanti Tankstelle/Alpenstraße), Linz (Stadionparkplatz) und Wien (Westbahnhof) unter Vorschreibung mehrerer Auflagen - unter anderem der Verpflichtung, die Kraftfahrlinie ganzjährig mit sechs Kurspaaren wöchentlich zu betreiben - erteilt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides werden zunächst die im Ermittlungsverfahren eingeholten Stellungnahmen der beschwerdeführenden Parteien im Wortlaut wiedergegeben. Demnach habe die erstbeschwerdeführende Partei im Wesentlichen vorgebracht, dass das Passagieraufkommen trotz Einführung eines zweiten Kurspaares im Vergleichszeitraum Jänner bis März 2002 zu Jänner bis März 2003 von insgesamt 4536 auf 4179 Personen gesunken sei. 2002 seien im erwähnten Vergleichszeitraum Verkehrseinnahmen von EUR 126.606,-- mit einem Kurs und 2003 Einnahmen in der Höhe von EUR 113.877,-- mit zwei Kursen erzielt worden. Im Fall antragsgemäßer Erteilung der Konzession an die mitbeteiligte Partei mit der angestrebten Abfahrts- und Ankunftsstelle beim Südbahnhof sei davon auszugehen, dass von den 4179 durch die erstbeschwerdeführende Partei beförderten Fahrgästen etwa 2090 auf die neue Linie übergehen würden, wodurch Einnahmenausfälle von ca EUR 56.938,-- entstehen würden und mit Mindereinnahmen von 50 % zu rechnen sei. Die erstbeschwerdeführende Partei ersuchte daher um Festschreibung eines Bedienungsverbotes zwischen Wien und Sofia bzw umgekehrt, die Endpunkte miteingerechnet.

Die zweitbeschwerdeführende Partei habe vorgebracht, dass sie im Besitz der Konzession für die Linie Innsbruck - Salzburg - Sofia sei; im Jahr 2002 habe sie insgesamt 3892 Personen von Innsbruck nach Sofia befördert ("inklusive 934 Personen ab Graz"). Durch die zusätzlich beantragte Linie der mitbeteiligten Partei würde für die zweitbeschwerdeführende Partei ein Einnahmenausfall von 35 % entstehen. Dies ergebe sich durch eine Reduktion der Personenanzahl ab Salzburg von derzeit 1168 auf 584 und ab Linz von 934 auf 467. Insgesamt ergebe sich daraus ein Einnahmenausfall von 35 %. Dies würde die Strecke Innsbruck - Salzburg - Sofia gänzlich unrentabel machen. Die zweitbeschwerdeführende Partei ersuchte daher den Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei nicht zu genehmigen bzw ein Bedienungsverbot in der Relation Salzburg - Sofia und Sofia - Salzburg vorzuschreiben.

Die mitbeteiligte Partei habe dazu vorgebracht, sie sei zum Schluss gekommen, dass vor allem durch den Wegfall der Visa-Pflicht für bulgarische Staatsbürger großes Potenzial an Fahrgästen bestehe und eine wirtschaftliche Betriebsführung einer weiteren Kraftfahrlinie nach Bulgarien möglich scheine. Aus Salzburg, Linz und Wien würden täglich nicht genehmigte Linienverkehre mit Fahrzeugen, die zur Beförderung von bis zu 9 Personen geeignet seien, durchgeführt werden; darüber hinaus würden Unternehmen, die über eine Transitkonzession durch Österreich verfügten, illegal auf den Parkplätzen Belvedere oder Schönbrunn halten, um Personen aus- und einsteigen zu lassen. Weiters sei auch die Verbindung nach Plovdiv sehr schlecht und mit ein Grund für die Antragstellung gewesen. Auch habe man beobachtet, dass die bestehenden Kraftfahrlinien unregelmäßig nach Sofia führen, die Kunden mit der Bedienung unzufrieden seien und Preispolitik und Qualität (der bestehenden Kraftfahrlinien) nicht im Einklang stünden. Dies seien auch die Gründe für "die Reduzierung der Fahrgäste" bei den bestehenden Linien und die daraus folgenden Einnahmenausfälle.

In den rechtlichten Erwägungen hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass die beschwerdeführenden Parteien mit ihrem Vorbringen den Ausschließungsgrund gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b Kraftfahrliniengesetz geltend gemacht hätten. Demnach sei die Konzession zu erteilen, wenn die Erteilung der Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderlaufe; dieser Ausschließungsgrund liege insbesondere dann vor, wenn der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 1 bis 3 KflG) die beantragte Linie ganz oder teilweise falle, zu gefährden geeignet sei. Der Verkehrsbereich erstrecke sich soweit, wie sich eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken könne. Gemäß § 14 Abs 2 KflG liege eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt werde; dies sei dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleide.

Eine Prüfung dieser Gefährdung habe für den Verkehrsbereich der existenten Kraftfahrlinie zu erfolgen. Um diese Prüfung durchführen zu können, habe der betroffene Unternehmer der Behörde jene zum Teil nur ihm bekannte Daten zu liefern, anhand derer sie in die Lage versetzt werde, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken werde. Um dies beurteilen zu können, sei ein Vergleich der existenten Linien der beschwerdeführenden Parteien und ihrer Reziprokpartner mit dem vorgelegten Fahrplan der mitbeteiligten Partei und ihres Reziprokpartners erforderlich. Die erstbeschwerdeführende Partei würde gemeinsam mit ihrem Reziprokpartner die Linie Wien - Sofia mit 2 Kurspaaren täglich betreiben, wobei die Abfahrtszeiten ab Wien Westbahnhof 15 Uhr und 20 Uhr und die Ankunftszeiten in Sofia 9:30 Uhr und 14:30 Uhr seien; für die Rückfahrt seien die Abfahrtszeiten in Sofia 13 Uhr und 22 Uhr, die Ankunftszeiten in Wien Westbahnhof 6:30 Uhr und 15:30 Uhr. Die zweitbeschwerdeführende Partei und ihr Reziprokpartner würden gemeinsam die Linie Innsbruck/Salzburg/Linz/Graz - Sofia mit einem Kurspaar täglich betreiben, wobei die Abfahrtszeiten ab Salzburg 13 Uhr und ab Linz 14:50 Uhr mit Ankunft in Sofia um 10:20 Uhr seien, für die Rückfahrt sei die Abfahrtszeit in Sofia 15 Uhr, die Ankunftszeit in Linz 9:15 Uhr und in Salzburg 10:55 Uhr.

Die mitbeteiligte Partei beabsichtige den Betrieb der Linie Salzburg/Linz/Wien - Sofia/Plovdiv mit der Abfahrt in Salzburg um 19 Uhr, in Linz um 20:45 Uhr und in Wien um 23:15 Uhr und der Ankunft in Sofia um 17:15 Uhr; für die Rückfahrt sei die Abfahrt ab Sofia um 6 Uhr und die Ankunft in Wien um 6:30 Uhr, in Linz um 9:15 Uhr und in Salzburg um 11 Uhr vorgesehen. Die Abfahrt in Salzburg würde täglich außer Mittwoch erfolgen, die Abfahrt in Plovdiv täglich außer Dienstag.

Nach Darlegung des Vorbringens der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der zu erwartenden Einnahmeausfälle führte die belangte Behörde aus, dass einem Verkehrsunternehmer nur soweit Konkurrenzschutz zukommen könne, als er in seiner wirtschaftlichen Betriebsführung sichtlich gefährdet werde. Es bleibe daher zu prüfen, ob die Vorschreibung des von den beschwerdeführenden Parteien geforderten Bedienungsverbotes sachlich gerechtfertigt wäre. Bei der beantragten Linie handle es sich hinsichtlich der Relation Wien - Sofia bzw Salzburg/Linz - Sofia geografisch gesehen um den Verkehrsbereich nach § 14 KflG der bereits bestehenden Linien. Die belangte Behörde sei jedoch der Ansicht, dass der im Gesetz definierte Verkehrsbereich nicht ausschließlich geografisch, sondern auch zeitlich zu sehen sei. Ein Vergleich der bestehenden Linien mit der beantragten Linie zeige, dass die Abfahrtszeit in Wien um 8,15 Stunden zum ersten Kurs und um 3,15 Stunden zum zweiten Kurs differiere. In Sofia differiere die Abfahrtszeit um 7 Stunden zum ersten Kurs und um 16 Stunden zum zweiten Kurs. Die Konzessionsbehörde sei der Ansicht, dass der von den Konzessionswerbern gewählte Zeitabstand ausreichend sei und diese Kursführung, "bis auf den zweiten Kurs der Relation Wien - Sofia", zeitlich gesehen nicht in den Verkehrsbereich nach § 14 KflG falle. Die vorgesehene Fahrzeit von Sofia nach Wien sei um 7,25 Stunden länger als die der bestehenden Linie.

Ein Vergleich der Abfahrtszeiten der bestehenden Linie Innsbruck - Sofia der zweitbeschwerdeführenden Partei mit der beantragten Linie in der Relation Salzburg/Linz - Sofia und retour zeige, dass die Abfahrtszeit in Salzburg um 6 Stunden und in Linz um 5,55 Stunden zur bestehenden Linie differiere. Auch hier sei die Konzessionsbehörde der Ansicht, dass der von den Konzessionswerbern gewählte Zeitabstand ausreichend sei und die Kursführung zeitlich gesehen nicht in den Verkehrsbereich nach § 14 KflG zuzuordnen sei. Die Fahrzeit der Konzessionswerber von Sofia nach Salzburg sei um 10 Stunden länger und von Sofia nach Linz um 9 Stunden länger als die der bestehenden Linien. Andererseits würde die beantragte Linie eine von den bestehenden Linien nicht abgedeckte Abendverbindung von Österreich nach Bulgarien anbieten. Auch von Bulgarien nach Österreich werde eine nicht abgedeckte Tageszeit angeboten. Fahrgäste, die ausschließlich abends von Salzburg, Linz oder Wien nach Sofia oder Plovdiv abfahren wollen oder sehr früh am Morgen retour fahren wollten, würden dieses neue Angebot in Anspruch nehmen.

Der von der Erstbeschwerdeführerin geschätzte Fahrgast- und Einnahmenverlust von 50 % erscheine der Konzessionsbehörde zu hoch. Dies würde bedeuten, dass "entweder von einem der zwei genehmigten Kurse etwa 50 % der Fahrgäste oder von jedem der zwei genehmigten Kurse mindestens 25 %" zu einem neuen Anbieter abwandern würden (richtig: bei angenommener Gleichverteilung 100 % von einem der beiden Kurse oder 50 % von beiden Kursen). Dies scheine unwahrscheinlich, da davon auszugehen sei, dass die erstbeschwerdeführende Partei als langjähriges Linienverkehrsunternehmen ihre Fahrpläne kundenorientiert gestalte und bei Bedarf längst eine Fahrplanänderung beantragt hätte. Die Konzessionsbehörde sehe lediglich den zweiten Kurs der bestehenden Linie durch eine Differenz von 3,15 Stunden zur beantragten Linie als gefährdet. Selbst wenn die Hälfte dieser Fahrgäste abwandern würden, wäre der Fahrgastverlust höchstens 25 %. Die Konzessionsbehörde sei daher zur Ansicht gekommen, dass dieser mögliche Einnahmenverlust betriebswirtschaftlich beeinträchtigend sein könne, aber keineswegs existenziell gefährdend.

Die zweitbeschwerdeführende Partei befürchte in ihrer Stellungnahme eine Halbierung des Fahrgastaufkommens ab Salzburg und ab Linz und schätze "eine wirtschaftliche Beeinträchtigung von 35 %".

Die Konzessionsbehörde könne diesem Schluss nicht folgen, da die Fahrzeiten ab Salzburg um 6 Stunden und ab Linz um 5,55 Stunden zur beantragten Linie differierten und davon auszugehen sei, dass die zweitbeschwerdeführende Partei als erfahrenes Linienverkehrsunternehmen die bestehenden Kurse bedarfsgerecht führe und die tägliche Fahrplangestaltung auf die Anbindung nationaler Regionalverkehre ausgerichtet worden sei.

Sollten dennoch Fahrgäste die neue Linie in Anspruch nehmen, müssten sich die Einnahmenverluste für die zweitbeschwerdeführende Partei nach Ansicht der belangten Behörde in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen halten.

Die belangte Behörde sei daher zur Ansicht gekommen, dass der Ausschließungsgrund gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG nicht vorliege "bzw allfällige Verluste in einem Rahmen bleiben sollten, die ein Bedienungsverbot im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtfertigen würden".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der die Beschwerde als "unrichtig und unbegründet" bezeichnet wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 1 Abs 1 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl Nr 203/1999 idF BGBl Nr 62/2003 (KflG), ist Kraftfahrlinienverkehr die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgesetzten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden.

Gemäß § 1 Abs 3 KflG bedarf der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs 1 einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nur mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder nur mit Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

Gemäß § 7 Abs 1 KflG ist die Erteilung der Konzession (unter anderem) davon abhängig, dass

Z 3 die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und

Z 4 die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

a) die Kraftfahrlinie auf Straßen durchgeführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eigenen, oder

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 1 bis 3 leg cit) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder

c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrs durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 4 leg cit) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe, und eines von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Konzessionsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens 6 Monaten vornimmt.

Gemäß § 14 Abs 1 KflG erstreckt sich der Verkehrsbereich nach § 7 Abs 1 Z 4 lit b leg cit so weit, wie eine beantragte Kraftfahrlinie sich auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann.

Gemäß § 14 Abs 2 KflG liegt eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt wird, dies ist dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.

Gemäß § 14 Abs 3 KflG hat ein Verkehrsunternehmen, das behauptet, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu erleiden, der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird.

2. Die beschwerdeführenden Parteien machen geltend, die belangte Behörde habe über die Frage, wie sich die von der mitbeteiligten Partei beantragte Linie auf das Verkehrsaufkommen hinsichtlich der bestehenden Linien der beschwerdeführenden Parteien auswirken würde, und über den von den beschwerdeführenden Parteien behaupteten Fahrgastausfall keine Ermittlungen vorgenommen und die Ermittlungen durch Spekulationen zu ersetzen versucht.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG von der belangten Behörde vorzunehmenden Beurteilung, ob der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, um eine Prognoseentscheidung handelt, die auf Grund ausreichender Sachverhaltsermittlungen zu treffen ist. Dazu bedarf es nicht nur der Feststellung, welche Einnahmen auf der bestehenden Linie tatsächlich erzielt werden, sondern insbesondere auch konkreter Feststellungen dazu, welche Einnahmen für eine wirtschaftliche Betriebsführung der bestehenden Linie erforderlich sind (vgl zu den jedenfalls notwendigen Feststellungen das hg Erkenntnis vom 8. September 2004, Zl 2002/03/0242). Soweit dazu Daten erforderlich sind, die (jedenfalls zum Teil) nur dem betroffenen Kraftfahrlinienunternehmen bekannt sind, sind diese der Behörde vom Kraftfahrlinienunternehmen im Rahmen der besonderen Mitwirkungspflicht nach § 14 Abs 3 KflG zu liefern.

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall zwar die von den beschwerdeführenden Parteien angegebenen zu erwartenden Einnahmenausfälle angeführt und sodann dargelegt, auf Grund welcher Annahmen sie zur Überzeugung gelangt ist, dass die Einnahmenausfälle nicht in der von den beschwerdeführenden Parteien erwarteten Höhe eintreffen würden. Für den daraus gezogenen Schluss, der mögliche Einnahmenverlust auf Grund der neuen Kraftfahrlinie würde für die Erstbeschwerdeführerin "keineswegs existentiell gefährdend" sein bzw würde sich für die Zweitbeschwerdeführerin "in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen" halten, fehlen im angefochtenen Bescheid jedoch nachvollziehbare Feststellungen, insbesondere zum Kostendeckungsgrad der bestehenden Linien bzw zu den für eine wirtschaftliche Betriebsführung der Linien erforderlichen Einnahmen. In diesem Zusammenhang ist zudem anzumerken, dass der Konzessionsausschlussgrund des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG nicht auf die Existenzgefährdung des bestehenden - möglicherweise zahlreiche andere Kraftfahrlinien betreibenden - Verkehrsunternehmens abstellt, sondern auf die Gefährdung der Erfüllung der konkret mit den im Fall der Erteilung der beantragten Konzession in ihrem Verkehrsbereich betroffenen Linien wahrgenommenen Verkehrsaufgaben.

3. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, es sei nicht Aufgabe der Behörde, zu beweisen, dass eine beantragte Kraftfahrlinie eine bereits existente Kraftfahrlinie in deren wirtschaftlicher Betriebsführung nicht einschneidend beeinträchtige, vielmehr habe der bereits existente Betreiber unter Vorlage der hiefür relevanten Daten darzulegen, weshalb die beantragte Kraftfahrlinie eine wirtschaftliche Betriebsführung der bereits konzessionierten Linie wesentlich beeinträchtigen würde, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Mitwirkungspflicht die Behörde nicht von der Aufgabe entbindet, die erforderlichen Feststellungen - gegebenenfalls unter Würdigung einer unterlassenen Mitwirkung der Parteien im Verwaltungsverfahren - zu treffen. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren allerdings lediglich aufgefordert, "die Höhe des zu erwartenden Fahrgast- und des damit verbundenen Einnahmenausfalls bekannt zu geben und ... diese Daten mit den Gesamteinnahmen und mit der Gesamtzahl der Beförderungsfälle der betroffenen Linie ins Verhältnis zu setzen."

Die beschwerdeführenden Parteien sind dieser ausdrücklich auf bestimmte Daten eingeschränkten Aufforderung nachgekommen; die belangte Behörde hat auch in der Folge keine Ergänzung der Daten, etwa durch Vorlage einer entsprechenden betriebswirtschaftlichen Kalkulation, aus der das Einnahmenerfordernis für eine wirtschaftliche Betriebsführung hervorgeht, verlangt. Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall auch von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht der Verfahrensparteien nicht gesprochen werden.

4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 12. September 2006

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteVerfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005030096.X00

Im RIS seit

04.10.2006

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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