Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen Maria Emma S*****, geborene *****, zuletzt wohnhaft gewesen in ***** infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erben 1. Mag.Martin S*****, 2. Ursula S*****, und 3. Peter S*****, sowie 4. der Legatarin Mag.Elfriede S*****, sämtliche vertreten durch Dr.Walter Schuppich, Dr.Werner Sporn, Dr.Michael Winischhofer, Dr.Martin Schuppich, Dr.Haig Asenbauer, Dr.Maria Hoffellner und Dr.Werner Borns, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19.Juni 1997, GZ 43 R 456/97w-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Döbling vom 24.Jänner 1997, GZ 1 A 160/96h-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung, die im übrigen als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, in ihrem Punkt 4 dahin abgeändert, daß dieser Punkt zu lauten hat:
„4. Dem Gerichtskommissär Dr.Manfred S*****, öffentlicher Notar in W*****, wird aufgetragen, die Schätzung und Inventierung des Nachlasses vorzunehmen.“
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluß nahm das Erstgericht die Bevollmächtigung eines Rechtsvertreters der Revisionsrekurswerber ebenso zur Kenntnis (Punkt 1) wie die Erklärung der Söhne der Verstorbenen, die Erbschaft gemäß § 805 ABGB auszuschlagen (Punkt 2), nahm die bedingt abgegebenen Erbserklärungen dreier erblasserischer Enkel zu Gericht an und sah das Erbrecht aufgrund der Aktenlage als ausgewiesen an (Punkt 3), trug dem Gerichtskommissär auf, die Schätzung und Inventierung des Nachlasses, insbesondere auch die Schätzung des Kommanditanteils der Erblasserin an einer „im Firmenbuch eingetragenen Apotheke“ vorzunehmen (Punkt 4) und übermittelte den Akt dem Gerichtskommissär zur weiteren Amtshandlung (Punkt 5). Das Erstgericht begründete seine Entscheidung zu Punkt 4 damit, daß im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft eine "Eintrittsklausel" zugunsten der Legatarin angeordnet sei; dies bedeute, daß die Abfindung, aber nicht der Gesellschaftsanteil in den Nachlaß falle. Entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sei der Abfindungsbetrag durch ein Gutachten festzustellen. Der Wert des Abfindungsbetrags sei mittels Schätzung zu ermitteln.Mit dem angefochtenen Beschluß nahm das Erstgericht die Bevollmächtigung eines Rechtsvertreters der Revisionsrekurswerber ebenso zur Kenntnis (Punkt 1) wie die Erklärung der Söhne der Verstorbenen, die Erbschaft gemäß Paragraph 805, ABGB auszuschlagen (Punkt 2), nahm die bedingt abgegebenen Erbserklärungen dreier erblasserischer Enkel zu Gericht an und sah das Erbrecht aufgrund der Aktenlage als ausgewiesen an (Punkt 3), trug dem Gerichtskommissär auf, die Schätzung und Inventierung des Nachlasses, insbesondere auch die Schätzung des Kommanditanteils der Erblasserin an einer „im Firmenbuch eingetragenen Apotheke“ vorzunehmen (Punkt 4) und übermittelte den Akt dem Gerichtskommissär zur weiteren Amtshandlung (Punkt 5). Das Erstgericht begründete seine Entscheidung zu Punkt 4 damit, daß im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft eine "Eintrittsklausel" zugunsten der Legatarin angeordnet sei; dies bedeute, daß die Abfindung, aber nicht der Gesellschaftsanteil in den Nachlaß falle. Entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sei der Abfindungsbetrag durch ein Gutachten festzustellen. Der Wert des Abfindungsbetrags sei mittels Schätzung zu ermitteln.
Das Rekursgericht gab dem von den Revisionsrekurswerbern erhobenen Rekurs, der sich lediglich gegen die im Punkt 4 des erstinstanzlichen Beschlusses angeordnete Schätzung des Kommanditanteils der Erblasserin an der Apotheke richtet, nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Gesellschaftsvertrag werde ein Anspruch der Verlassenschaft auf ein Auseinandersetzungsguthaben nicht ausgeschlossen, in seinem Punkt XIII sei lediglich verfügt, daß der Gesellschaftsanteil der Verstorbenen einer bestimmten Gesellschafterin, nämlich der Legatarin, zuwachsen solle. Punkt XIV des Gesellschaftsvertrags betreffe die für die Festsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs eines Gesellschafters getroffenen Richtlinien. Durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils an die Legatarin sei bewirkt worden, daß der Anteil der Erblasserin am Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht in den Nachlaß falle. Ein völliger Ausschluß der Abfindung bei todesbedingtem Ausscheiden eines Gesellschafters könne dem Gesellschaftsvertrag aber nicht entnommen werden. Demnach sei zwar im Nachlaßverfahren nicht der Gesellschaftsanteil Gegenstand der Inventarisierung, wohl aber der Abfindungsanspruch. Das Inventar müsse gemäß § 97 AußStrG ein genaues und vollständiges Verzeichnis allen Vermögens, in dessen Besitz sich die Erblasserin zur Zeit ihres Todes befunden habe, enthalten. Nach § 98 AußStrG habe sich das Verlassenschaftsgericht vollständige Aufklärung über den Zustand des Vermögens zu verschaffen. Der Zweck der Inventarisierung sei darin gelegen, ein möglichst übersichtliches Bild über die Vermögenslage der Erblasserin zu gewinnen. Demgemäß erweise sich die Schätzung des Kommanditanteils der Verstorbenen unter Bedachtnahme auf § 106 Abs 2 AußStrG als frei von Rechtsirrtum, wobei die für die Wertermittlung des Abfindungsbetrags im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Richtlinien zu berücksichtigen seien.Das Rekursgericht gab dem von den Revisionsrekurswerbern erhobenen Rekurs, der sich lediglich gegen die im Punkt 4 des erstinstanzlichen Beschlusses angeordnete Schätzung des Kommanditanteils der Erblasserin an der Apotheke richtet, nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Gesellschaftsvertrag werde ein Anspruch der Verlassenschaft auf ein Auseinandersetzungsguthaben nicht ausgeschlossen, in seinem Punkt römisch XIII sei lediglich verfügt, daß der Gesellschaftsanteil der Verstorbenen einer bestimmten Gesellschafterin, nämlich der Legatarin, zuwachsen solle. Punkt römisch XIV des Gesellschaftsvertrags betreffe die für die Festsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs eines Gesellschafters getroffenen Richtlinien. Durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils an die Legatarin sei bewirkt worden, daß der Anteil der Erblasserin am Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht in den Nachlaß falle. Ein völliger Ausschluß der Abfindung bei todesbedingtem Ausscheiden eines Gesellschafters könne dem Gesellschaftsvertrag aber nicht entnommen werden. Demnach sei zwar im Nachlaßverfahren nicht der Gesellschaftsanteil Gegenstand der Inventarisierung, wohl aber der Abfindungsanspruch. Das Inventar müsse gemäß Paragraph 97, AußStrG ein genaues und vollständiges Verzeichnis allen Vermögens, in dessen Besitz sich die Erblasserin zur Zeit ihres Todes befunden habe, enthalten. Nach Paragraph 98, AußStrG habe sich das Verlassenschaftsgericht vollständige Aufklärung über den Zustand des Vermögens zu verschaffen. Der Zweck der Inventarisierung sei darin gelegen, ein möglichst übersichtliches Bild über die Vermögenslage der Erblasserin zu gewinnen. Demgemäß erweise sich die Schätzung des Kommanditanteils der Verstorbenen unter Bedachtnahme auf Paragraph 106, Absatz 2, AußStrG als frei von Rechtsirrtum, wobei die für die Wertermittlung des Abfindungsbetrags im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Richtlinien zu berücksichtigen seien.
Der Revisionsrekurs der erbserklärten Erben und der Legatarin, der darauf abzielt, daß die Anordnung der Schätzung des Kommanditanteils der Erblasserin an der Apotheke entfalle, ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen und die Revisionsrekurswerber gehen zutreffend davon aus, daß der Gesellschaftsanteil der Verstorbenen an der Kommanditgesellschaft mit dem Ableben der Erblasserin aufgrund deren „letztwilligen Verfügung“ vom 29.9.1982 (AS 11) der Legatarin angewachsen ist, ohne daß es noch einer (besonderen) Übertragung bedurft hätte; deshalb ist der Gesellschaftsanteil auch nicht in das Inventar (nach § 92 AußStrG) aufzunehmen (10 Ob 34/97s mwN; ecolex 1990, 756; vgl GesRZ 1993, 38; Koppensteiner in Straube, HGB2, Rz 7 zu Art 7 Nr 15, 16 EVHGB). Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß durch die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ein Auseinandersetzungsanspruch der Verlassenschaft nicht ausgeschlossen wird, weshalb der Abfindungsanspruch im Nachlaßverfahren Gegenstand einer Inventur ist. Nur das zugunsten der Erblasserin bestehende Abfindungsguthaben kann Gegenstand des Abhandlungsverfahrens sein. Es ist nach den darüber im Gesellschaftsvertrag (Punkt XIV) vereinbarten Grundsätzen festzustellen (EvBl 1963/293; HS 97 = 6 Ob 177/60). Eine Schätzung des Gesellschaftsanteils der Erblasserin kommt auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil das Abfindungsguthaben anders nicht ermittelt werden könnte. Wohl meint Demelius (Das kaufmännische Nachlaßverfahren in Österreich [1931], 101), es sei ebenso vorzugehen wie bei der Inventur des Anteils am Gesellschaftsvermögen, weil der Abfindungsanspruch regelmäßig denselben Wert wie dieser Anteil habe, und dementsprechend wurde auch ausgesprochen (HS 1360/28; JBl 1956, 263), die betroffene Gesellschaft müsse sich die Inventur ihres Vermögens zur Verfassung des Rechnungsabschlusses über den Gesellschaftsanteil des Erblassers gefallen lassen und deshalb den Gesellschaftsvertrag, Verträge mit Dritten, Bilanz und Geschäftsbücher vorlegen, doch ist es nun herrschende Rechtsprechung, daß nur der von den überlebenden Gesellschaftern zugestandene Auseinandersetzungsbetrag zu inventarisieren sei; ein bestrittener Mehrbetrag sei im Inventar anzumerken und gegebenenfalls im Rechtsweg geltend zu machen (HS 97/80; Koppensteiner aa). Der Inhalt des Inventars ist nur für das Verlassenschaftsverfahren von Bedeutung, vor allem aber nicht für den Fortgang und das Ergebnis eines vom Noterben geführten Pflichtteilsprozesses (GesRZ 1993, 38). In das Inventar ist somit lediglich der von den übrigen Gesellschaftern zugestandene Auseinandersetzungsbetrag aufzunehmen; der bestrittene Mehrbetrag ist im Inventar anzumerken. Die Entscheidung über die Höhe des Gesellschaftsanteils kann immer nur im Rechtsweg erfolgen, weshalb es nicht sinnvoll und zielführend wäre, im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens bei der Inventarisierung des Nachlasses die Schätzung des Gesellschaftsanteils der Erblasserin durch Sachverständige vorzunehmen, um einen Anhaltspunkt für den Wert des Abfindungsanspruchs zu haben (6 Ob 270/72; HS 97 = 6 Ob 177/60; Koppensteiner aaO).Die Vorinstanzen und die Revisionsrekurswerber gehen zutreffend davon aus, daß der Gesellschaftsanteil der Verstorbenen an der Kommanditgesellschaft mit dem Ableben der Erblasserin aufgrund deren „letztwilligen Verfügung“ vom 29.9.1982 (AS 11) der Legatarin angewachsen ist, ohne daß es noch einer (besonderen) Übertragung bedurft hätte; deshalb ist der Gesellschaftsanteil auch nicht in das Inventar (nach Paragraph 92, AußStrG) aufzunehmen (10 Ob 34/97s mwN; ecolex 1990, 756; vergleiche GesRZ 1993, 38; Koppensteiner in Straube, HGB2, Rz 7 zu Artikel 7, Nr 15, 16 EVHGB). Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß durch die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ein Auseinandersetzungsanspruch der Verlassenschaft nicht ausgeschlossen wird, weshalb der Abfindungsanspruch im Nachlaßverfahren Gegenstand einer Inventur ist. Nur das zugunsten der Erblasserin bestehende Abfindungsguthaben kann Gegenstand des Abhandlungsverfahrens sein. Es ist nach den darüber im Gesellschaftsvertrag (Punkt römisch XIV) vereinbarten Grundsätzen festzustellen (EvBl 1963/293; HS 97 = 6 Ob 177/60). Eine Schätzung des Gesellschaftsanteils der Erblasserin kommt auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil das Abfindungsguthaben anders nicht ermittelt werden könnte. Wohl meint Demelius (Das kaufmännische Nachlaßverfahren in Österreich [1931], 101), es sei ebenso vorzugehen wie bei der Inventur des Anteils am Gesellschaftsvermögen, weil der Abfindungsanspruch regelmäßig denselben Wert wie dieser Anteil habe, und dementsprechend wurde auch ausgesprochen (HS 1360/28; JBl 1956, 263), die betroffene Gesellschaft müsse sich die Inventur ihres Vermögens zur Verfassung des Rechnungsabschlusses über den Gesellschaftsanteil des Erblassers gefallen lassen und deshalb den Gesellschaftsvertrag, Verträge mit Dritten, Bilanz und Geschäftsbücher vorlegen, doch ist es nun herrschende Rechtsprechung, daß nur der von den überlebenden Gesellschaftern zugestandene Auseinandersetzungsbetrag zu inventarisieren sei; ein bestrittener Mehrbetrag sei im Inventar anzumerken und gegebenenfalls im Rechtsweg geltend zu machen (HS 97/80; Koppensteiner aa). Der Inhalt des Inventars ist nur für das Verlassenschaftsverfahren von Bedeutung, vor allem aber nicht für den Fortgang und das Ergebnis eines vom Noterben geführten Pflichtteilsprozesses (GesRZ 1993, 38). In das Inventar ist somit lediglich der von den übrigen Gesellschaftern zugestandene Auseinandersetzungsbetrag aufzunehmen; der bestrittene Mehrbetrag ist im Inventar anzumerken. Die Entscheidung über die Höhe des Gesellschaftsanteils kann immer nur im Rechtsweg erfolgen, weshalb es nicht sinnvoll und zielführend wäre, im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens bei der Inventarisierung des Nachlasses die Schätzung des Gesellschaftsanteils der Erblasserin durch Sachverständige vorzunehmen, um einen Anhaltspunkt für den Wert des Abfindungsanspruchs zu haben (6 Ob 270/72; HS 97 = 6 Ob 177/60; Koppensteiner aaO).
In Stattgebung des Revisionsrekurses ist daher die Anordnung der Schätzung des Gesellschaftsanteils aus dem Auftrag zur Schätzung und Inventur des Nachlasses durch den Gerichtskommissär auszuschalten.
Textnummer
E48337European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0010OB00280.97A.1125.000Im RIS seit
25.12.1997Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012