TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/12 2003/03/0043

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Veröffentlicht am 12.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

KflG 1952 §4 Abs1 Z5 litb;
KflG 1999 §17 Abs2;
KflG 1999 §17 Abs3;
KflG 1999 §37;
KflGDV 01te 1954 §1 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der N GesmbH in N, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stephansplatz 8a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 9. Jänner 2003, Zl 242.199/1-II/ST7/03, betreffend Erteilung der Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie (mitbeteiligte Partei:

O GesmbH in B, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla und Dr. Christian Falkner, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Biondekgasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das hg Erkenntnis vom 14. November 2001, Zl 98/03/0321, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war der Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 1997, mit dem - im Instanzenzug - der Antrag der (nunmehr) mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf einer näher bezeichneten Strecke abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Maßgebend für die Aufhebung war nach den Ausführungen im zitierten Erkenntnis, dass die belangte Behörde sich bei Beurteilung des Ausschließungsgrundes nach § 4 Abs 1 Z 5 lit b des Kraftfahrliniengesetzes 1952 (Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt) "mit den nicht näher begründeten Angaben der betroffenen Verkehrsunternehmen, bei einer Konzessionserteilung an die beschwerdeführende Partei sei eine Halbierung der Einnahmen und eine Absenkung des Kostendeckungsgrades auf 59,89 % zu erwarten, begnügt" habe. "Konkrete Zahlen, wie viele Fahrgäste durch den Betrieb der beantragten Linie den betroffenen Verkehrsunternehmen jeweils verloren gingen und wie sich dies auf deren Einnahmen auswirken würde", seien aber nicht erhoben worden.

Im fortgesetzten Verfahren ersuchte die belangte Behörde die betroffenen Verkehrsunternehmen unter Hinweis auf die Ausführungen im zitierten Erkenntnis mit Schreiben vom 18. Juni 2002, die "behauptete Senkung des Kostendeckungsgrades in nachvollziehbarer Weise zu ergänzen". Es sei "unter Zugrundelegung des entscheidungsrelevanten Zeitraumes für jede betroffene Linie die Höhe des zu erwartenden Fahrgastausfalls (aufgeschlüsselt nach den Kategorien Zeitkartenfahrer, Schüler etc.) und damit verbundenen Einnahmenausfalls bekannt zu geben, und diese Daten mit den Gesamteinnahmen und mit der Gesamtzahl der Beförderungsfälle der jeweils betroffenen Linie ins Verhältnis zu setzen."

Diesen Auftrag beantwortete (ua) die Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 30. August 2002 und brachte vor, die betroffenen Verkehrsunternehmen seien "einen Gemeinschaftsverkehrsvertrag eingegangen", hätten einen Gemeinschaftsfahrplan erarbeitet und sie - die Beschwerdeführerin -

mit der Durchführung des Gemeinschaftsverkehrs beauftragt. Es sei von ihnen "seinerzeit" festgestellt worden, dass es durch das Hinzutreten der mitbeteiligten Partei mit dem selben Fahrplanangebot zu einer Halbierung der Einnahmen des Gemeinschaftsverkehres kommen werde, wodurch der Kostendeckungsgrad auf 59,98 % sinken werde. Die Beschwerdeführerin legte dar, ihrer Ansicht nach sei als "entscheidungsrelevanter Zeitraum" das Schuljahr 2001/2002 bzw die diesem Zeitraum zuordenbare Jahresabrechnung des Verkehrsbundes NBV zu beurteilen, weil nach Aufhebung eines Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde eine inzwischen eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen habe. Die Beschwerdeführerin legte eine Aufstellung bei, in der sie für die Teilstrecken der betroffenen Verkehrsunternehmen, die mit der beantragten Kraftfahrlinie der mitbeteiligten Partei streckenident seien, unter Auflistung der Anzahl der "Beförderungsfälle" Einnahmenausfälle von 3,12 %, 4,37 %, 30,20 % bzw 0,80 % geltend machte. Sie brachte vor, dass sämtliche betroffenen Kraftfahrlinien "gerade noch eigenwirtschaftlich betrieben werden" könnten, weshalb auch ein relativ gesehen geringer Einnahmenausfall dazu führe, dass die Kosten des betroffenen Verkehrsdienstes nicht mehr aus den Tariferlösen gedeckt werden könnten. Die Tariferlöse würden infolge Deckelung der verbundbedingten Fahrpreisersätze und wegen der allgemein rückläufigen Schülerzahlen tendenziell sinken. Die von ihr bekannt gegebenen Daten seien "rein unternehmensbezogen" und dürften nicht veröffentlicht werden.

Mit Ergänzungsauftrag vom 2. September 2002 gab die belangte Behörde bekannt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 30. August 2002 "weder hinsichtlich des Zeitraumes noch hinsichtlich der Daten" dem Ersuchen entsprochen habe. Sie ersuchte deshalb die beteiligten Verkehrsunternehmen "um eine vom Betriebsleiter gefertigte Bestätigung, dass es sich mit dem vorliegenden Schreiben vollinhaltlich einverstanden erklärt". Diese Erklärungen wurden in der Folge abgegeben.

Das Ersuchen der Beschwerdeführerin vom 18. September 2002, bekannt zu geben "was aus Ihrer Sicht der entscheidungsrelevante Zeitraum ist und welche Daten aus Ihrer Sicht nicht entsprechen", blieb - der Aktenlage nach - von der belangten Behörde unbeantwortet.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2002 stimmte die Beschwerdeführerin "einer bescheidmäßigen Veröffentlichung der kraftfahrlinienbezogenen Daten" zu.

Die mitbeteiligte Partei trat in ihrer Stellungnahme vom 21. Oktober 2002 der vorgebrachten Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsaufgaben - zusammengefasst -damit entgegen, dass sich aus den vorgelegten Zahlen lediglich ein geringfügiger Einnahmenausfall ableiten lasse.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2002 legte die Beschwerdeführerin ihre Rechtsansicht dar, dass auf den - im Berufungsstadium - anhängigen Konzessionsantrag bereits das Kraftfahrliniengesetz (1999) anzuwenden sei, und nicht mehr das Kraftfahrliniengesetz 1952. Da die Berufungsbehörde auch eine Änderung der Sachlage zu berücksichtigen habe, sei entscheidend, dass mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2002 der Beschwerdeführerin die Genehmigung zum Koppeln von Kraftfahrlinien bzw von Teilen von Kraftfahrlinien von verschiedenen Konzessionsinhabern auf der Strecke von Kirchberg am Wechsel nach Katzelsdorf bewilligt worden sei, jener Strecke, deren Verlauf ident mit der von der mitbeteiligten Partei beantragten Kraftfahrlinie sei. Auf dieser "aus der Kopplungsgenehmigung entstandenen Kraftfahrlinie" würden 79 Schüler befördert, wodurch im Schuljahr 2001/02 insgesamt EUR 46.463,74 erlöst worden seien. Im Falle der Erteilung der beantragten Konzession sei zu befürchten, dass zumindest 42 Schüler (53,16 %) und Einnahmenanteile im Ausmaß von EUR 22.850,47 (49,18 %) verloren gehen würden. Unter der Annahme einer im Dezember 1995 geltend gemachten Kostendeckung dieses Verkehrs von 119,77 % würde sich diese auf etwa 70,59 % reduzieren. Inzwischen sei aber die Kostendeckung dieses Verkehres infolge der allgemein rückläufigen Schülerzahlen und der zwischenzeitlich eingetretenen Kostensteigerungen auf etwa 105 % abgesunken, sodass "die fiktive Kostendeckung dann bei etwa 56 % gelegen wäre". Damit sei eine einschneidende Gefährdung der Kraftfahrlinie der Beschwerdeführerin von Kirchberg/Wechsel nach Katzelsdorf erwiesen worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei "gemäß §§ 1, 3 und 4 Abs 1 bis 4 Kraftfahrliniengesetz 1952, idF BGBl. Nr. 128/1993, in Verbindung mit § 52 Abs 2 Kraftfahrliniengesetz, BGBl. I Nr. 203/99 idF BGBl. I Nr. 77/02", die Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf der Strecke Kirchberg am Wechsel -

Feistritz - Wanghof - Grimmenstein - Petersbaumgarten - Warth - Scheiblingkirchen - Gleißenfeld - Seebenstein - Schiltern - Sautern - Pitten - Erlach - Walpersbach - Ofenbach - Frohsdorf - Katzelsdorf.

Gemäß § 6 Abs 2 KflG 1952 wurde ausgesprochen, dass die Kraftfahrlinie nur an Schultagen der Hauswirtschaftsschule Frohsdorf und des Redemptoristen Kollegs in Katzelsdorf zu betreiben sei.

Gemäß § 6 Abs 3 KflG 1952 wurden folgende Auflagen vorgeschrieben:

"1) Der Betrieb der Kraftfahrlinie ist auf folgende Kursführungen beschränkt:

in der Verbindung Kirchberg - Frohsdorf - Katzelsdorf - ein Kurs in den Morgenstunden

in der Verbindung Katzelsdorf - Frohsdorf - Kirchberg

-

ein Kurs in den Nachmittagsstunden

-

ein Kurs zu Mittag an Samstagen

              2)              Bei allen Haltestellen in Richtung Katzelsdorf darf nur zum Einsteigen und bei den beiden Haltestellen in Frohsdorf und Katzelsdorf nur zum Aussteigen gehalten werden.

In Richtung Kirchberg darf bei den beiden Haltestellen in Katzelsdorf und Frohsdorf nur zum Einsteigen und bei allen weiteren Haltestellen nur zum Aussteigen gehalten werden.

              3)              Es dürfen nur Omnibusse mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 18,1 t zum Einsatz kommen."

Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Darstellung des Verfahrensganges - im Wesentlichen Folgendes aus:

Gemäß § 52 Abs 2 KflG (1999) seien die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eingereichten Anträge noch nach den Bestimmungen des KflG 1952 zu erledigen. Die mit "Anhängige Verfahren" überschriebene Regelung des § 53 zweiter Satz KflG, wonach "im übrigen" noch nicht abgeschlossene Verfahren "nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und nach den gemäß diesem Bundesgesetz anzuwendenden Rechtsvorschriften zu beurteilen" seien, beziehe sich nur auf Strafverfahren, weil sich der zweite Satz des § 53 KflG nur auf "etwas unmittelbar Vorangegangenes", also den ersten Satz, beziehen könne. Daraus folge, dass der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Konzessionserteilung "nach dem KflG 1952 zu erledigen" sei.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2002 erteilte Kopplungsgenehmigung sei nicht zielführend, weil dieser Bescheid "abzuändern ist, widrigenfalls er im Wege des Aufsichtsrechtes behoben bzw. abgeändert wird, da ihm jegliche inhaltliche Determination fehlt, und der Antragstellerin darauf auch nicht das von ihr beantragte Recht erwachsen ist". Unabhängig davon ergebe sich aus der Kopplung auch kein neue Kraftfahrlinie; es bestünden vielmehr immer noch die Teilstrecken von Kraftfahrlinien, die anderen Unternehmen konzessioniert worden seien, die ihre Einwände geltend machen müssten.

Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten "Verluste" (gemeint offenbar Minderung der Einnahmen) in einer Höhe von 3,12 %, 4,37 % und 0,8 % der Gesamteinnahmen seien nicht derart einschneidend, dass dadurch eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben zu befürchten sei. Was den von der Beschwerdeführerin für die Kraftfahrlinie Zuberbach - Kirchschlag -

Wien geltend gemachten "Verlust" in Höhe von 30,20 % in den relevanten Teilstrecken anlange, seien die dazu genannten Zahlen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig (was näher dargestellt wurde), weshalb auch diesbezüglich eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben nicht dargelegt worden sei. Die beantragte Konzession sei deshalb zu erteilen gewesen.

Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei, auf die von der Beschwerdeführerin repliziert wurde, erwogen:

Die Beschwerde tritt der Beurteilung der belangten Behörde, wonach die (zunächst) geltend gemachten Einnahmenminderungen von 0,8 % bis 4,37 % keine einschneidende Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben bewirken könnten, ebensowenig entgegen wie den Ausführungen, wonach die geltend gemachte Reduktion von 30,20 % an Einnahmen auf der Strecke Zuberbach - Kirchschlag - Wien unglaubwürdig sei. Sie macht aber geltend, dass die belangte Behörde, ausgehend von der irrigen Rechtsansicht, wonach der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2002 über die der Beschwerdeführerin für die gegenständliche Strecke von Kirchberg nach Katzelsdorf erteilte Kopplungsgenehmigung unbeachtlich sei, es unterlassen habe, zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, durch Erteilung der beantragten Konzession würde die Beschwerdeführerin auf der durch die Kopplungsgenehmigung neu entstandenen Linie (Kirchberg - Katzelsdorf) den Betrieb nicht mehr kostendeckend führen können, weil nur mehr ein Kostendeckungsgrad von etwa 56 % erreicht würde, entsprechende Feststellungen zu treffen. Dieses Vorbringen hätte das Bestehen des geltend gemachten Ausschließungsgrundes belegt.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Im Beschwerdeverfahren wird die von der belangten Behörde zutreffend vorgenommene Anwendung des KflG 1952 auf den vor dem 1. Jänner 2000 eingereichten Antrag (§ 52 Abs 2 KflG) der mitbeteiligten Partei nicht mehr in Frage gestellt.

Die belangte Behörde hatte also im - nach Aufhebung des Berufungsbescheides vom 6. Mai 1997 durch das hg Erkenntnis vom 14. November 2001, Zl 98/03/0321, wieder anhängigen - Berufungsverfahren über den Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei vom 30. Mai 1994 die inhaltlichen Bestimmungen des KflG 1952 anzuwenden und dabei von jenem Sachverhalt auszugehen, wie er im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bestanden hat (schon im hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl 99/03/0439, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass auch im Konzessionserteilungsverfahren allfällige Änderungen im Sachverhalt zwischen Antragstellung und Entscheidung der (Berufungs-)behörde zu berücksichtigen sind).

§ 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952, BGBl Nr 84/1952 idF BGBl Nr 819/1994 (KflG 1952), lautete (auszugsweise):

"Die Konzession kann erteilt werden, wenn

...

4. die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und

5. das Unternehmen auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

...

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder

c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehres durch die Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe und einer von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Konzessionsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten vornimmt."

§ 15 Abs 1 KflG 1952 lautete auszugsweise:

"Durch Verordnung werden erlassen insbesondere:

1. Die näheren Vorschriften über die Einbringung, Form und Ausstattung der Konzessionsansuchen und über die Einzelheiten des Konzessionsbescheides.

...

4. Die näheren Vorschriften über die Wahrung der Ordnung und Regelmäßigkeit des Betriebes von Kraftfahrlinien und über die zu verwendenden Fahrzeuge."

§ 1 der ersten Durchführungsverordnung zum KflG 1952, BGBl Nr 206/1954 idF BGBl Nr 904/1994, lautete:

"§ 1. (1) Eine Kraftfahrlinie ist grundsätzlich vom Anfangsbis zum Endpunkt der konzessionierten Strecke zu betreiben. Ohne ausdrückliche Genehmigung der Konzessionsbehörde ist daher unzulässig:

1. Der Betrieb überwiegend auf Teilstücken (Teilen einer Kraftfahrlinie);

2. Die durchlaufende Befahrung mehrerer Kraftfahrlinien beziehungsweise von Teilen verschiedener Linien (Koppeln von Kraftfahrlinien).

(2) Eine solche Genehmigung darf nicht erteilt werden, wenn dadurch wirtschaftliche Interessen anderer Verkehrsträger verletzt werden."

Mit Schreiben vom 20. August 2002 hatte die Beschwerdeführerin ein Ansuchen um Bewilligung der Kopplung von Kraftfahrlinien bzw von Teilen von Kraftfahrlinien von verschiedenen Konzessionsinhabern gestellt, nämlich für die Teilstrecke von Kirchberg am Wechsel - Wanghof - Seebenstein - Schwarzau - Erlach - Föhrenau - Katzelsdorf. Die betroffenen Verkehrsunternehmen hatten ihre Zustimmung dazu - für die Dauer des Gemeinschaftsverkehrs im Rahmen des Verkehrsbundes MBV - erteilt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2002 war der Beschwerdeführerin "die Genehmigung zum Koppeln von Kraftfahrlinien bzw. von Teilen von Kraftfahrlinien von verschiedenen Konzessionsinhabern erteilt" worden. Nach dem Spruch dieses Bescheides bekomme die neu entstandene Kraftfahrlinie die Kurzbezeichnung "Kirchberg am Wechsel - Wanghof - Seebenstein - Katzelsdorf". Im Spruch wird weiters die von dieser Kraftfahrlinie befahrene Strecke angeführt.

Im Spruchpunkt 2. wurden Bedingungen und Auflagen festgelegt, darunter unter anderem die Kopplungsgenehmigung auf die Dauer der Gültigkeit der schriftlichen Zustimmung der beteiligten Konzessionsinhaber eingeschränkt.

Dieser Bescheid ist - der Aktenlage nach - in Rechtskraft erwachsen und nicht aufgehoben worden.

Gemäß § 17 Abs 1 KflG (1999), überschrieben mit "Teilen und Koppeln von Kraftfahrlinien, Betrieb von Schnellkursen" ist eine Kraftfahrlinie grundsätzlich vom Anfangs- bis zum Endpunkt der konzessionierten Strecke zu betreiben und hat alle Haltestellen zu bedienen; der bedarfsbedingt verdichtete Betrieb auf Teilstrecken (Teilen einer Kraftfahrlinie) sowie die teilweise Führung von Schnellkursen, das sind Kurse, die nicht alle auf der Strecke einer konzessionierten Kraftfahrlinie gelegenen Haltestellen bedienen, ist jedoch erlaubt.

Gemäß § 17 Abs 2 bedarf die durchlaufende Befahrung mehrerer Kraftfahrlinien oder von Teilstücken verschiedener Linien (Koppeln von Kraftfahrlinien) der ausdrücklichen Genehmigung der Konzessionsbehörde. Eine solche Genehmigung darf nicht erteilt werden, wenn dadurch wirtschaftliche Interessen anderer Verkehrsträger einschneidend verletzt werden.

Gemäß § 17 Abs 3 kann auf die Dauer der Teilnahme eines Konzessionsinhabers an einem Gemeinschaftsverkehr oder an einem Verkehrsverbund über Antrag das Koppeln eigener Kraftfahrlinien oder Kraftfahrlinienteile mit Kraftfahrlinien oder mit Teilen von Kraftfahrlinien anderer Konzessionsinhaber, die Vertragspartner sind, genehmigt werden.

Gemäß § 37 KflG ("Ausgleich der Verkehrsinteressen, Förderung der Zusammenarbeit und von Zusammenschlüssen der Unternehmen") haben die Aufsichtsbehörden zur Optimierung des öffentlichen Personenverkehrs fördernd darauf einzuwirken, dass die Interessen der verschiedenen Verkehrsträger des öffentlichen Personenverkehrs ausgeglichen und ihre Leistungen und ihre Entgelte aufeinander abgestimmt werden. Sie haben zu diesem Zweck die freiwillige Zusammenarbeit und die Zusammenschlüsse der Unternehmen, wie beispielsweise Gemeinschaftsverkehre und Verkehrsverbände zu fördern. Nach § 37 Abs 2 KflG gilt im Sinne des Abs 1 als

1. Gemeinschaftsverkehr die Kooperation einzelner Berechtigungsinhaber mit dem Zweck, zwei oder mehrere ihrer Kraftfahrlinien mit durchgehenden Kursen und durchgehenden Beförderungspreisen gemeinsam zu betreiben;

2. Verkehrsverbund die Kooperation möglichst aller in einem bestimmten Gebiet (Verbundraum) tätigen Verkehrsunternehmen des öffentlichen Personenverkehrs (Eisenbahn- und Kraftfahrlinienunternehmen) in einer Organisation mit Rechtspersönlichkeit zum Zwecke der Angebotsoptimierung und der unternehmungsübergreifenden Anwendung eines einheitlichen Fahrpreissystems in einem zusammenhängenden und koordinierten Verkehrsnetz;

3. Angebotsoptimierung die Einrichtung und befriedigende Bedienung und erforderlichenfalls die Erweiterung und Abänderung von Verkehrsverbindungen sowie die Abstimmung der Fahrpläne in wirtschaftlich zumutbarem Rahmen.

Wenn auch gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG unter bestimmten Voraussetzungen rechtskräftige Bescheide von der Behörde bzw der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben bzw als nichtig erklärt werden können, gehört selbst ein derart "anfechtbarer" Bescheid dem Rechtsbestand an, solange eine derartige Maßnahme nicht getroffen worden ist. Im Übrigen hat die belangte Behörde gar nicht näher dargelegt, warum sie die Auffassung vertritt, der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Oktober 2002 sei im Sinne des § 68 Abs 2 bis 4 AVG aufzuheben. Die belangte Behörde hätte daher die durch den genannten Bescheid geänderte Sachlage berücksichtigen müssen.

Auch wenn durch das Koppeln von Kraftfahrlinien nicht eine "neue" Kraftfahrlinie entsteht, wäre die belangte Behörde doch verpflichtet gewesen, auf die Einwendung der Beschwerdeführerin, wonach die durch die Kopplungsgenehmigung entstandene, von ihr betriebene Linie durch eine Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei in ihrem Bestand gefährdet wäre, Bedacht zu nehmen:

Die durchlaufende Befahrung von Teilstücken verschiedener Kraftfahrlinien (im Rahmen eines Gemeinschaftsverkehrs oder Verkehrsverbundes auch unterschiedlicher Konzessionsinhaber, vgl § 17 Abs 3 KflG) bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Konzessionsbehörde, die nicht erteilt werden darf, wenn dadurch wirtschaftliche Interessen anderer Verkehrsträger einschneidend beeinträchtigt würden (§ 17 Abs 3 KflG). In einem Verfahren über einen Antrag auf Kopplung sind daher die wirtschaftlichen Interessen anderer Verkehrsunternehmen zu berücksichtigen.

Zu der dem § 17 KflG inhaltlich im Wesentlichen entsprechenden Bestimmung des § 1 der 1. Durchführungsverordnung zum KflG 1952 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. April 1958, Slg 4.654/A, Folgendes ausgeführt:

"Wenn .... ausgesprochen wird, dass Ausnahmen .... einer ausdrücklichen Genehmigung der Konzessionsbehörde bedürfen und diese nicht erteilt werden darf, wenn dadurch wirtschaftliche Interessen anderer Verkehrsträger verletzt werden, so ist damit hinlänglich deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass derartige Genehmigungen Formen einer Änderung der bestehenden Konzession im Sinne einer inhaltlichen Erweiterung darstellen, die ebenso wie jede andere Änderung der Konzession den selben Grundsätzen unterliegt, die das Gesetz für die Erteilung der Konzession selbst aufgestellt hat. .... Die Qualifikation einer Kopplungsgenehmigung als Abänderung der bestehenden Konzession kommt insbesondere auch im § 1 Abs 2 der 1. Durchführungsverordnung zum Ausdruck. Darf eine solche Änderung nicht genehmigt werden, wenn dadurch wirtschaftliche Interessen anderer Verkehrsträger verletzt werden, so erweisen sich diese Interessen als unter rechtlichen Schutz gestellt ..."

Wenn im Verfahren zur Erteilung einer Kopplungsgenehmigung die wirtschaftlichen Interessen anderer Verkehrsträger zu berücksichtigen sind (§ 17 Abs 2 KflG), gemäß § 17 Abs 3 KflG auch das Koppeln von Teilen von Kraftfahrlinien unterschiedlicher Konzessionsinhaber (auf die Dauer der Teilnahme an einem Gemeinschaftsverkehr oder an einem Verkehrsverbund) zulässig ist und § 37 KflG die Aufsichtsbehörden zur Förderung der freiwilligen Zusammenarbeit und von Zusammenschlüssen von Verkehrsunternehmen verpflichtet, wäre es ein Widerspruch, der durch Kopplungsgenehmigung inhaltlich abgeänderten Konzession der Beschwerdeführerin den Schutz des § 4 Abs 1 Z 5 lit b KflG 1952 zu versagen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wäre von ihr also (auch) zu prüfen gewesen, ob - im Sinne der Einwendungen der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Oktober 2002 - durch die Erteilung der Konzession an die mitbeteiligte Partei ein kostendeckender Betrieb der "Koppelungslinie" der Beschwerdeführerin von Kirchberg/Wechsel nach Katzelsdorf nicht mehr möglich wäre.

Indem die belangte Behörde - ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht - dies unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Er war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 12. September 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003030043.X00

Im RIS seit

04.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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