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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art3 Abs1 idF 32002R0484;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des FW in S, vertreten durch Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Stadtplatz 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Juli 2006, Zl VwSen-110713/2/Kl/Rd/Pe, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs 1 Z 8 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) iVm Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr 484/2002 iVm § 23 Abs 1 Einleitungssatz und Abs 4 GütbefG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer eines näher bezeichneten Unternehmens und somit als das gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten habe, dass am 2. März 2006 um 16:50 Uhr in der Gemeinde Pram, Autobahn-Freiland, bei Straßenkilometer 44,600, mit einem nach den Kennzeichen bezeichneten Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger durch einen Lenker mit rumänischer Staatsbürgerschaft eine gewerbsmäßige Beförderung von Schweden nach Österreich durchgeführt worden sei, ohne dass er dafür gesorgt habe, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt worden sei.
Da der Beschwerdeführer in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis nur die Strafhöhe bekämpft habe, sei der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG begehe eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-
- zu ahnden sei, wer als Unternehmer nicht dafür sorge, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt würden. Gemäß § 23 Abs 4 letzter Satz GütbefG habe bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3 und Z 8 bis Z 11 die Geldstrafe mindestens EUR 1.453,-- zu betragen.
Nach Darlegung der Rechtsgrundlagen über die Strafbemessung führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass im erstinstanzlichen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer die Mindeststrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- verhängt worden sei. Als Grundlage für die Bemessung der Geldstrafe sei die erstinstanzliche Behörde von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ausgegangen, der im Berufungsschriftsatz nicht entgegengetreten worden sei, sodass die belangte Behörde diese ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt habe. Dem Beschwerdeführer komme - entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde - der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute, vielmehr würden zahlreiche einschlägige Vormerkungen aufscheinen, welche als erschwerend zu werten gewesen wären. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er sogleich nach der Beanstandung des Lenkers dem Kontrollbeamten eine Kopie der Fahrerbescheinigung mittels Telefax zukommen habe lassen, stelle keinen außerordentlichen Milderungsgrund dar, der die Anwendung des § 20 VStG rechtfertigen würde.
Vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG habe Abstand genommen werden müssen, weil die hierfür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen wie Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden könnten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers hinter dem in der Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre. Als wesentliche Verpflichtung bei der Durchführung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung müsse der Umstand gesehen werden, dass vom handelsrechtlichen Geschäftsführer dafür Sorge getragen werde, dass er den Arbeitnehmern die für grenzüberschreitende Güterbeförderungen notwendigen Unterlagen, wie im gegenständlichen Fall die Fahrerbescheinigung, nicht nur zur Verfügung stelle, sondern auch darauf hinwirke, dass diese mitgeführt würden, um einen ordentlichen Ablauf des Gütertransportes zu gewährleisten. Die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Verwaltungsübertretung könne nicht als Bagatelldelikt angesehen werden, zumal ein beträchtliches öffentliches Interesse daran bestehe, dass Güterbeförderungen vorschriftsgemäß ausgeübt würden. Auch sei nicht von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen gewesen, zumal er augenscheinlich für kein geeignetes Kontrollsystem Sorge getragen habe. Die von der erstinstanzlichen Behörde verhängte Geldstrafe sei daher zu bestätigen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, dass die belangte Behörde seine Berufung unrichtig ausgelegt habe, da sich die Berufung nicht nur gegen die Strafhöhe gerichtet habe. Unter Bezugnahme auf das hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl 2002/03/0163, bringt der Beschwerdeführer vor, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen seien, dass eine Partei nicht um ihren Rechtschutz gebracht werde.
Der Beschwerdeführer gibt dazu den vollständigen Text der von ihm erhobenen Berufung in der Beschwerde wie folgt wieder:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich möchte gegen die Höhe der Straferkenntnis Berufung ergreifen. Wir sind stets bemüht, für jeden Fahrer aus den Drittstaaten die Papiere ordnungsgemäß zu besorgen. Wir haben dafür auch Sorge getragen, dass sofort nach der Kontrolle die Fahrerlizenz nachgefaxt wurde, um zu bestätigen, dass diese nach den gewünschten Zwecke vollinhaltlich entsprochen hat und eben vorhanden ist, versehentlich aber vom Fahrer in einem anderen Lkw vergessen wurde. Auch dem Fahrer wurde eine Strafverfügung zuerst angelastet und anschließend wieder zurückgezogen, weil man zuerst davon ausging, dass keine Lizenzen vorhanden seien.
Ich bitte daher um Nachsicht."
Wenn auch der Beschwerdeführer eingangs in seiner Berufung ausgeführt habe, dass er gegen die Höhe des Straferkenntnisses Berufung ergreifen wolle, sei zum Einen auf Grund des sonstigen Inhalts der Berufung, zum Anderen auf Grund der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Zweifelsregel davon auszugehen, dass die Berufung tatsächlich auch als Berufung gegen den Schuldvorwurf zu verstehen sei. Dies lasse sich schon an der weiteren Formulierung in der Berufung ableiten, dass der Beschwerdeführer und sein Unternehmen stets bemüht seien, die Papiere ordnungsgemäß zu besorgen und im gegenständlichen Fall diese nur versehentlich vom Fahrer vergessen worden seien. Auch die Ausführungen, dass dem Fahrer eine Strafverfügung zuerst angelastet und anschließend wieder zurückgezogen worden sei, zeige dass der Beschwerdeführer die Bestrafung bereits dem Grunde nach, also den Schuldvorwurf, nicht akzeptieren habe wollen. Der Beschwerdeführer sei im ordentlichen Verfahren unvertreten gewesen und von den Behörden nicht entsprechend angeleitet worden. Dadurch habe der "möglicherweise nicht eindeutige, aber zumindest zweifelhafte Erklärungswert über den Umfang der Berufung" nicht klargestellt werden können. Es sei auch zu berücksichtigen, dass eine Berufung allein gegen die Strafhöhe "ohnehin aussichtslos gewesen wäre", da die im erstinstanzlichen Bescheid verhängte Strafe bei der angenommenen Verwaltungsübertretung bereits die Mindeststrafe darstelle.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Wie sich aus dem vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde wiedergegebenen Wortlaut dieser Berufung ergibt, wendet er sich damit ausdrücklich - mit dem ersten Satz der Berufungserklärung - nur gegen die Höhe der verhängten Strafe. Auch im weiteren Text der Berufung legt der Beschwerdeführer nicht dar, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hätte oder dass ihn an dieser Übertretung keine Schuld treffe, sondern führt lediglich aus, weshalb seiner Ansicht nach eine mildere Bestrafung angemessen sei. Das Vorbringen, "stets bemüht" zu sein, die notwendigen Dokumente zu besorgen (der Vorwurf richtete sich auf die Unterlassung der Kontrolle des Mitführens der entsprechenden Dokumente) und die Darlegung des Bemühens, die entsprechenden Unterlagen nach der festgestellten Übertretung beizubringen, lassen den objektiven Tatvorwurf unbestritten. Auch der Umstand, dass eine Strafverfügung gegen den Lenker "wieder zurückgezogen" worden sei, bringt nicht zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer damit eine nicht bloß gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung erheben wollte, wobei anzumerken ist, dass nach dem Beschwerdevorbringen ein wegen des Nichtmitführens der Fahrerbescheinigung gegen den Lenker eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt wurde, sondern in diesem Verfahren von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wurde.
Die Prozesserklärung des Beschwerdeführers über die Berufung war daher eindeutig ausschließlich auf die Bekämpfung der Strafhöhe gerichtet, wobei es auch unerheblich ist, dass im vorliegenden Fall die Strafe mit der Mindeststrafe ausgemessen wurde, zumal der Beschwerdeführer mit einer Strafberufung auch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG erreichen könnte.
Der vorliegende Beschwerdefall ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nicht mit jenem Sachverhalt vergleichbar, welcher dem hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl 2002/03/0163, zu Grunde lag. In jenem Fall hatte der Beschwerdeführer gegen ein Straferkenntnis, mit dem er einer Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz für schuldig erkannt wurde, eine nicht auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung erhoben und dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass die in Rede stehende Güterbeförderung von einer anderen Gewerbetreibenden durchgeführt worden sei. Die im Verhandlungsprotokoll wiedergegebene Aussage des damaligen Beschwerdeführers, wonach er auf Grund des Umstandes, dass er keine berufliche Tätigkeit mehr ausübe und auf Grund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes um eine milde Bestrafung ersuche, konnte in jenem Fall daher nicht ohne weiteres als eine die Berufung auf die Strafhöhe einschränkende Prozesserklärung gewertet werden, zumal aus dem Verhandlungsprotokoll nicht hervorging, dass der damalige Beschwerdeführer sein in der Berufung erhobenes Tatsachenvorbringen etwa zurückgezogen habe. Hingegen hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall eine eindeutige Berufungserklärung abgegeben, die sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtete, sodass ein Zweifelsfall im Sinne der hg Rechtsprechung nicht vorliegt.
Die Beschwerde war daher - da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 12. September 2006
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006030126.X00Im RIS seit
05.10.2006