TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/13 2002/13/0123

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Veröffentlicht am 13.09.2006
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §7;
UStG 1994 §12 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel, LL.M., über die Beschwerde des Dr. J L in O, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat X) vom 10. April 2002, GZ. RV/80-17/13/2000, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Augenarzt. Er bezieht u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus dem Betrieb einer Ordination in O. Im Jahr 1995 begann er mit der Errichtung eines Einfamilienhauses im nahegelegenen D. Im Mai 1996 nahm er eine im Keller des Einfamilienhauses gelegene Notordination in Betrieb.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildet die Frage, wie das unstrittig gemischt genutzte Einfamilienhaus einkommen- und umsatzsteuerlich zu behandeln ist.

Den am 30. September 1996 beim Finanzamt eingelangten Abgabenerklärungen für das Jahr 1995 waren eine "Überschussrechnung" gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 sowie "Erläuterungen" zum Anlagevermögen angeschlossen, denen zu entnehmen war, dass in diesem Jahr "Teilherstellungskosten Notordination" in Höhe von 219.306 S angefallen waren.

Am 9. September 1997 langte beim Finanzamt die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 ein, worin ein mit 10% zu versteuernder Eigenverbrauch von 88.667,69 S (79,85% privat genutztes Gebäude) erklärt wurde. In den Erläuterungen zur Einnahmen/Ausgabenrechnung dieses Jahres wurde dazu ausgeführt, dass "unter Berufung auf die 6. EG-RL ... die Zuordnung des privat genutzten Gebäudeteiles in (D.) zum Unternehmensvermögen" begehrt werde.

Nach erklärungsgemäßen Veranlagungen für die Jahre 1995 und 1996, welche jeweils zu Umsatzsteuergutschriften führten, fand im Jahr 1999 beim Beschwerdeführer eine abgabenbehördliche Prüfung statt.

Dabei stellt der Prüfer fest, dass die "20-Quadratmeter-Notordination" - abweichend vom Bauplan - nicht im Erdgeschoss, sondern im Keller eingerichtet worden sei. Der Beschwerdeführer habe laut Erläuterungen zur Einnahmen/Ausgabenrechnung für das Jahr 1995 20,15% der Herstellungskosten des Gebäudes der Notordination zugeordnet. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung habe der Beschwerdeführer Unterlagen vorgelegt, welche eine betriebliche Nutzung in Höhe von 28,8% belegen sollten. Neben dem Ordinationsraum sei eine Waschküche mit integriertem WC, ein Waschraum mit Dusche, das Archiv, der Heizraum und die Garage vom Beschwerdeführer als betrieblich behandelt worden. Diese Zuordnung der Flächen zum betrieblichen Bereich sei nach Ansicht des Prüfers unzutreffend und wie folgt zu korrigieren:

Zuordnung der Nutzflächen

privat

betrieblich

gesamt

Schuppen

66,50

 

66,50

Notordination

 

54,89

54,89

Waschraum

11,12

 

11,12

Waschküche

 

14,75

14,75

Archiv

 

13,53

13,53

Heizraum

30,17

 

30,17

Keller, Gang

27,50

 

27,50

Erdkeller

7,50

 

7,50

Garage

36,85

 

36,85

Erdgeschoss

143,45

 

143,45

Obergeschoss

153,94

 

153,94

Gesamtnutzfläche

477,03

83,17

560,19

in Prozent

Abschlag Wertkomponente

85%

15%

-3%

100%

betrieblicher Anteil

 

12%

 

Garage, Waschraum und Heizraum würden nicht überwiegend betrieblich genutzt und seien deshalb dem Privatvermögen zuzuordnen. Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass die Garage nur für das überwiegend betrieblich genutzte Fahrzeug verwendet werde und der private Pkw ausschließlich auf dem Abstellplatz vor dem Haus geparkt werde, sei nicht zu folgen. Überdies liege bei einer Garage im Wohnungsverband ein nicht aufteilbarer privater Mischaufwand vor. Der Waschraum erfülle keine anderen Funktionen als die (betriebliche) Waschküche, in der ein WC vorhanden sei, eine Waschmöglichkeit zur Verfügung stehe und eine Waschmaschine installiert sei. Der Heizraum sei entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als Teil des betrieblichen Archivs anzusehen, weil er durch eine Mauer vom Archiv getrennt sei und keine Verwendung erkennbar sei, die auf eine überwiegend betriebliche Nutzung schließen ließe.

Eine Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Betriebsvermögen und die damit verbundene Lukrierung der Vorsteuer von den gesamten Errichtungskosten sei erst durch das AbgÄG 1997 mit Wirkung ab 1. Jänner 1998 ermöglicht worden, sodass nur anteilige Vorsteuern von den Errichtungskosten anerkannt werden könnten. Die Vorsteuer sei nur für den unternehmerisch genutzten Grundstücksteil zu gewähren. Ein Eigenverbrauch falle nicht an. Nach einkommensteuerlichen Grundsätzen seien gemischt genutzte Gebäude nach der tatsächlichen Nutzung in Betriebsvermögen und Privatvermögen aufzuteilen. Da der betrieblich genutzte Teil des Gebäudes im gegenständlichen Fall jedoch von untergeordneter Bedeutung sei, sei eine derartige Aufteilung nicht vorzunehmen. Ein Investitionsfreibetrag stehe somit nicht zu. Die Betriebskosten seien entsprechend zu kürzen.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 und 1996.

Seine gegen die Sachbescheide erhobene Berufung begründete der Beschwerdeführer in umsatzsteuerlicher Hinsicht mit der Rechtsprechung des EuGH. "In Anlehnung an die Rechtssache 'Lennartz/Armbrecht'" seien die gesamten Vorsteuern aus der Errichtung des Einfamilienhauses abzugsfähig. Der Beschwerdeführer habe sowohl in der Steuererklärung als auch im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung unter Berufung auf die 6. EG-RL die Zuordnung des privat genutzten Gebäudeteiles zum Betriebsvermögen beantragt. Auch wenn das innerstaatliche Recht erst zum 1. Jänner 1998 geändert worden sei, stehe es dem Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung des EuGH frei, "wegen direkter Wirksamkeit einer für ihn günstigen Richtlinienbestimmung, den Umfang der Zuordnung für Zwecke des Unternehmens selbst zu bestimmen".

In einkommensteuerlicher Hinsicht brachte der Beschwerdeführer vor, dass die ausschließlich für den betrieblichen Volvo-Kombi und nicht für sonstige Lagerzwecke genutzte Garage entgegen der Ansicht des Prüfers zum Betriebsvermögen zähle. Es liege kein Mischaufwand vor. Für den privaten Nissan stehe vor dem Haus ein überdachter Abstellplatz zur Verfügung. Das Archiv bestehe aus zwei aneinander grenzenden Räumen, wobei der hintere (vom Prüfer als Heizraum bezeichnete) Raum durch eine Tür vom vorderen (vom Prüfer als betrieblich anerkannten) Raum zugänglich sei. Das Archiv diene als Aufbewahrungsort für Operations-, Ordinations- und Fortbildungsunterlagen sowie Fachliteratur. Da diese Unterlagen mit der Zeit einen enormen Umfang annehmen würden, habe der Beschwerdeführer dafür zwei Räume eingeplant. Die betriebliche Nutzung des zweiten Raumes sei für den Prüfer nicht erkennbar gewesen, weil mit dessen tatsächlichen Nutzung erst jetzt begonnen werde. Folglich habe es auch für eine private Nutzung im Zeitpunkt der Prüfung keine Hinweise gegeben. Schon die Größe des Raumes im Vergleich zum geringen Platzbedarf für die Heizung beweise die "Planung als Archiv". Von der Heizung gehe keine (gegen eine Archivnutzung sprechende) Brandgefahr aus, weil es sich um eine Wärmepumpenanlage handle. Der in den Ordinationsraum integrierte Waschraum sei für einen Arzt unerlässlich. Für diesen Waschraum seien andere Hygienemaßnahmen erforderlich als für eine Waschküche. Um dem Hygienestandard gerecht zu werden, müsse eine private Nutzung ausgeschlossen werden. Weiters sei ein im Erdgeschoss gelegener Raum als Arbeitszimmer genutzt und im Jahr 1995 nach einkommensteuerlichen Grundsätzen daher (noch) dem Betriebsvermögen zuzurechnen.

Nachdem die belangte Behörde mit Vorhalt vom 18. Oktober 2001 eine Reihe von Fragen aufgeworfen hatte, welche darauf gerichtet waren, "das in den Streitjahren 1995 und 1996 gewählte Ausmaß der Zuordnung des Wohnhauses in D. zum Unternehmensvermögen nachvollziehen zu können", erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 sowie Einkommensteuer 1995 als unbegründet abgewiesen und der Berufung hinsichtlich Einkommensteuer 1996 teilweise stattgegeben wurde. Weiters wurden sämtliche mit Berufung bekämpften Bescheide abgeändert.

In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, im Beschwerdefall sei zwischen der ertragsteuerlichen Zuordnung des Einfamilienhauses zum Betriebs- bzw. Privatvermögen und der für Zwecke der Umsatzsteuer relevanten Frage der Zuordnung zum Unternehmen oder zum nichtunternehmerischen Vermögen zu unterscheiden. Privatvermögen im ertragsteuerlichen Sinne und nichtunternehmerisches Vermögen seien nicht zwingend deckungsgleich.

In ertragsteuerlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass das Einfamilienhaus erst im Jahr 1996 fertiggestellt und allfällige betriebliche Räumlichkeiten erst 1996 in Betrieb genommen worden seien. Der Beschwerdeführer habe laut Bauplan (somit bereits vor dem 1. Jänner 1996) im Erdgeschoss ein Arbeitszimmer mit 19,89 m2 vorgesehen. Das in Errichtung befindliche Arbeitszimmer sei daher bis 31. Dezember 1995 als "für eine betriebliche Nutzung vorgesehen" zu betrachten. Ab 1. Jänner 1996 sei das häusliche Arbeitszimmer, das unstrittig nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers bilde, nicht mehr absetzbar.

Der vom Prüfer als Heizraum und vom Beschwerdeführer als (zweites) Archiv bezeichnete Raum diene jedenfalls als Aufstellungsort der Heizanlage, sodass die behauptete beabsichtigte Nutzung als Archiv naturgemäß nur mehr eine gemischt private (Heizung) und betriebliche (Archiv) Nutzung begründen könne.

Die Garage sei mit 10,7 m ausreichend lang, um zwei Autos aufzunehmen. Die übliche Stellplatzbreite in Parkhäusern betrage 2,4 m. Laut näher bezeichneter Quelle werde nunmehr eine Stellplatzbreite von 2,5 m angestrebt. Die Garage des Beschwerdeführers weise eine Breite von 2,8 m auf und biete somit über die gesamte Länge ausreichend Platz zum Aus- und Einsteigen. Durch den besonderen Grundriss der Garage werde das Öffnen der Türen noch dadurch erleichtert, dass die Garage in ihrem mittleren Teil (auf Türhöhe) breiter als 2,8 m sei.

Da zwei Kfz vorhanden seien und die Garage zur Aufnahme beider Fahrzeuge geeignet sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eines der beiden Fahrzeuge niemals in der Garage geparkt werde. Es liege daher eine gemischte Nutzung der Garage vor. Überdies sei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2001, 99/13/0221, die Garagierung des betrieblichen Fahrzeuges am Wohnort generell als privat veranlasst zu betrachten.

Die im Waschraum installierte Dusche deute darauf hin, dass der Raum nicht nur für das Händewaschen im Zusammenhang mit der Notordination verwendet werde. Auch sei davon auszugehen, dass in der betrieblichen Waschküche, die ihre betriebliche Eigenschaft durch das darin vorgenommene Waschen der Ordinationswäsche erhalte, ausreichend hygienische Zustände herrschten.

Die gemischt privat/betrieblich gewidmeten Räume seien wegen des Aufteilungsverbotes einkommensteuerlich als Privaträume zu behandeln; dies gelte umso mehr für die im Sinne des zitierten Erkenntnisses gänzlich privat genutzte Garage. Hinsichtlich 1996 ergebe sich somit keine Änderung des betrieblich genutzten Anteils des Einfamilienhauses gegenüber den Feststellungen im Prüfungsbericht. Der betrieblich genutzte Anteil für das Jahr 1995 sei hingegen um das betrieblich gewidmete Arbeitszimmer im Erdgeschoss zu erhöhen, woraus ein betrieblicher Anteil von 15% resultiere. Auch damit liege noch eine untergeordnete betriebliche Nutzung und insgesamt Privatvermögen vor. Mangels Inbetriebnahme im Jahr 1995 könne das Arbeitszimmer auch zu keiner zusätzlichen AfA führen.

Da für die Herstellungskosten nach Ansicht der belangten Behörde keine Vorsteuer zustehe, sei die AfA-Basis für die betrieblich genutzten Teile des Gebäudes um 20% (also um die nichtabzugsfähige Vorsteuer) zu erhöhen. Der vom Beschwerdeführer mit 88.667,69 S auch als Betriebseinnahme erfasste Eigenverbrauch an den privat genutzten Teilen des Einfamilienhauses sei bei der Gewinnermittlung des Jahres 1996 zu stornieren, weil (abgesehen von der später zu behandelnden umsatzsteuerlichen Problematik) ertragsteuerlich eine Zuordnung der privat genutzten Teile eines hauptsächlich privat genutzten Einfamilienhauses zum Betriebsvermögen jedenfalls nicht der Rechtslage entspreche.

Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 sei daher insoweit teilweise stattzugeben.

In umsatzsteuerlicher Hinsicht könne die Rechtsprechung des EuGH zur Zuordenbarkeit gemischt genutzter Gegenstände zum Unternehmen - wie der Beschwerdeführer zu Recht verlange - nicht ignoriert werden. Durch die Auslegung des EuGH sei der Inhalt der

6. EG-RL hinsichtlich der Zuordenbarkeit gemischt genutzter Gegenstände zum Unternehmen hinreichend klar und genau. Ob die unmittelbare Anwendung einer Richtlinienbestimmung für den Rechtsunterworfenen günstig oder ungünstig sei, könne nur dieser bei seiner Willensbildung berücksichtigen.

Das gegenständliche Einfamilienhaus sei im ersten Halbjahr 1996 fertiggestellt und "in Betrieb genommen" worden. Dies sei aus der erstmaligen Geltendmachung der AfA für das Gebäude für das Jahr 1996 im Ausmaß einer Ganzjahres-AfA zu erschließen und werde auch durch den Umstand erhärtet, dass die Schlussüberprüfung des Gebäudes am 12. Juli 1996 vorgenommen und die Benützungsbewilligung mit Bescheid vom 17. Juli 1996 erteilt worden sei.

Entscheidend für den Vorsteuerabzug sei, ob das Gebäude während der Herstellung unternehmerisch gewidmet gewesen sei, weil eine nach der Fertigstellung erfolgte Einlage des Gebäudes in das Unternehmen keinen Vorsteuerabzug ermögliche. Unbeachtlich wäre demnach insbesondere eine Einlage zwischen dem 12. Juli 1996 (als dem spätest vorstellbaren Termin der Fertigstellung) und dem 29. September 1996, dem Zeitpunkt der Unterfertigung der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1995, in der auch Vorsteuern aus der Gebäudeerrichtung geltend gemacht worden seien.

Die im Vorhalt der belangten Behörde angekündigte Schlussfolgerung von der Nichtgeltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteuervoranmeldungen auf die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers entspreche im Ergebnis dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 2001, 2000/14/0204. Der Beschwerdeführer bringe dagegen vor, dass eine Dokumentation über die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen in den Büchern oder den steuerlichen Aufzeichnungen ausreiche, ohne diese Dokumentierung zu konkretisieren. Das Unterbleiben eines Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit der Gebäudeerrichtung in den Umsatzsteuervoranmeldungen/vorauszahlungen deute darauf hin, dass in den bis zu ihrer Erstellung geführten steuerlichen Aufzeichnungen "eine Nichtzuordnung des Gebäudes zum Unternehmen" dokumentiert worden sei.

Der Beschwerdeführer habe unstrittig in den Umsatzsteuervoranmeldungen der Jahre 1995 und 1996 keine Vorsteuern aus den Errichtungskosten geltend gemacht. Aus diesem Umstand sei zu schließen, dass der Beschwerdeführer das gegenständliche Gebäude bis zu seiner Fertigstellung zur Gänze "nicht seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen" gewidmet habe. Erst in der am 29. September 1996 unterfertigten Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1995 seien Vorsteuern aus den Errichtungskosten geltend gemacht worden. Damit könne nur eine - unwirksame - rückwirkende Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen dokumentiert werden.

Die Erklärung des Beschwerdeführers in der Vorhaltsbeantwortung, sein steuerlicher Vertreter habe ihm zur Vermeidung finanzstrafrechtlicher Konsequenzen geraten, die diesbezüglichen Vorsteuern erst in der Jahreserklärung geltend zu machen, sei unglaubwürdig. In den Jahressteuererklärungen für 1995 sei keine Offenlegung der Geltendmachung der gesamten Vorsteuer aus den Errichtungskosten erfolgt, sondern nur die Offenlegung der ertragsteuerlichen Aktivierung von Teilherstellungskosten für die Notordination. Wenn tatsächlich eine Vermeidung der allfälligen Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung beabsichtigt gewesen wäre, wäre wohl auch eine klare Offenlegung der Geltendmachung der gesamten Vorsteuer aus den Errichtungskosten in den Jahressteuererklärungen für 1995 erfolgt.

Da das gegenständliche Gebäude zum Zeitpunkt der Herstellung zur Gänze nicht dem umsatzsteuerlichen Unternehmen gewidmet gewesen sei, sei auf Grund der vom Beschwerdeführer begehrten direkten Anwendung der 6. EG-RL auch die vom Prüfer anerkannte Vorsteuer aus dem betrieblichen Teil der Errichtungskosten des Gebäudes nicht anzuerkennen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe schon in der am 30. September 1996 beim Finanzamt eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1995 hinsichtlich der Notordination einen Vorsteuerabzug geltend gemacht. Trotz der zu diesem Zeitpunkt bereits getroffenen Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensbereich im Ausmaß von 100% sei ein nur anteiliger Vorsteuerabzug vorgenommen worden, um nicht gegen ein von der steuerlichen Vertretung gesehenes Rückwirkungsverbot zu verstoßen. Die (künftige) betriebliche Nutzung sei mit 25% geschätzt worden. In der Umsatzsteuererklärung für 1996 sei sodann "die im März 1996 - vor Lieferung - getätigte Zuordnung voll berücksichtigt" worden. Umsatzsteuervoranmeldungen seien - entsprechend der Rechtslage im Streitzeitraum - überhaupt nur für die Monate November und Dezember 1995 sowie Februar und Juni 1996 abgegeben worden. Eine Widmung könne nicht nur - wie von der belangten Behörde rechtsirrig vertreten - im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgen. Vielmehr sei es zulässig, den Vorsteuerabzug erst in den Umsatzsteuerjahreserklärung nachzuholen. Der Beschwerdeführer habe bereits in der Planungs- und Bauphase eine "(Grund-)Zuordnung mit 25%" vorgenommen, die von der Abgabenbehörde zu akzeptieren sei, weil sie sich innerhalb des zulässigen Rahmens (bis 100%) bewegt habe. Auch hinsichtlich des Restes liege aus näher dargestellten Gründen keine Einlage, sondern lediglich eine "(End-)Zuordnung" vor.

§ 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung vor dem BGBl. I Nr. 9/1998 lautete:

"(2) Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen, sonstige Leistungen und Einfuhren, die nicht zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen. Hievon bestehen folgende Ausnahmen, die sinngemäß auch für die Einfuhr von Gegenständen gelten:

1. Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden gelten insoweit als für das Unternehmen ausgeführt, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind."

Anders als der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt hat die belangte Behörde den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses auch insoweit versagt, als sie vom Vorliegen von Betriebsausgaben wegen beabsichtigter betrieblicher Nutzung des Gebäudes für Zwecke der selbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Sie hat dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer von seiner ihm durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, ein Investitionsgut, das er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke erworben habe und auch tatsächlich gemischt nutzt, in vollem Umfang in seinem Privatvermögen zu belassen und es dadurch vollständig dem Mehrwertsteuersystem zu entziehen.

Die belangte Behörde stützt sich bei ihrer Feststellung, der Beschwerdeführer habe das gemischt genutzte Gebäude ursprünglich zur Gänze seinem Privatvermögen zugeordnet, ausschließlich auf den Umstand, dass ein Vorsteuerabzug nicht bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern erst in den Umsatzsteuerjahreserklärungen der Errichtungsjahre 1995 (anteilig) und 1996 (voll) vorgenommen worden sei.

Dabei blieb allerdings unberücksichtigt, dass nach der angeführten Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der Fassung vor dem AbgÄG 1997 grundsätzlich die ertragsteuerliche Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten auch für die Frage des Vorsteuerabzuges maßgeblich war. Ein Zuordnungswahlrecht war der innerstaatlichen Rechtslage fremd. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage teilt der Gerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, durch das Unterbleiben eines Vorsteuerabzuges im Rahmen der Berechnung der Umsatzsteuervorauszahlungen bringe der Unternehmer zum Ausdruck, dass er ein gemischt genutztes Gebäude entgegen der innerstaatlichen Rechtslage unter Berufung auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zur Gänze seinem Privatvermögen zuordnen wolle, daher nicht.

Zu Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass eine dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 2001, 2000/14/0204, vergleichbare Zuordnungsentscheidung erstmalig der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1995 zu entnehmen war. Durch ein bloßes Untätigsein ist die Entscheidung des Unternehmers, eine von der innerstaatlichen Rechtslage abweichende Zuordnung des Gebäudes zum Privatbereich vornehmen zu wollen, hingegen nicht in einer Weise dokumentiert, die es erlaubte davon auszugehen, dass der Unternehmer damit sein gemeinschaftsrechtliches Wahlrecht in Anspruch genommen habe.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in seinem die Umsatzsteuer betreffenden Abspruch als inhaltlich rechtswidrig.

2. Betriebsausgaben Notordination

Werden einzelne, bestimmt abgegrenzte Teile eines Gebäudes betrieblich genutzt, andere hingegen privat benützt, dann ist das Gebäude nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Zwecke der Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen in einen betrieblichen und in einen privaten Teil aufzuteilen, wovon nur dann Abstand zu nehmen ist, wenn der betrieblich genutzte oder der privat benützte Teil von bloß untergeordneter Bedeutung ist (siehe für viele die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2001, 98/15/0019, und vom 19. November 1998, 96/15/0051). Gebäudeteile, die gemeinschaftlichen Zwecken dienen, beeinflussen dabei nicht das Aufteilungsverhältnis, sondern sind entsprechend dem Verhältnis der anderen Räumlichkeiten aufzuteilen (siehe etwa die hg. Erkenntnisse vom 2. August 2000, 97/13/0019, und vom 5. Juli 1994, 91/14/0110). Maßgeblich für die vorzunehmende Aufteilung ist dabei jeweils die konkrete Nutzung oder Benützung der Räumlichkeiten in jenem Streitjahr, dessen Abgabenbemessungsgrundlagen es zu ermitteln gilt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 29. Mai 2001, 96/14/0069, und vom 29. Juni 1995, 93/15/0110).

Bei einem Gebäude, das nur zu etwa 20 %, somit im untergeordneten Ausmaß zu betrieblichen Zwecken genutzt wird und damit zur Gänze zum Privatvermögen gehört, sind dennoch anteilige Absetzungen für Abnutzung als Betriebsausgaben anzuerkennen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, 85/13/0041, Slg. N.F. Nr. 6458/F).

Die belangte Behörde ist im Ergebnis ihrer Beweiswürdigung zur Feststellung gelangt, dass einzelne im Berufungsverfahren strittige Räume gemischt privat/betrieblich gewidmet waren und daher auf Grund des Aufteilungsverbotes einkommensteuerlich als Privaträume zu behandeln seien.

Damit hat sie auch einkommensteuerlich die Rechtslage verkannt. Mit dem aus § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 abgeleiteten Aufteilungsverbot lässt sich - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - die gänzliche Ausscheidung der etwa auf den so genannten Heizraum entfallenden Aufwendungen aus dem betrieblichen Bereich nicht tragfähig begründen, weil die dem Aufteilungsverbot zu Grunde liegenden Überlegungen bei der Beurteilung der Aufwendungen für ein Gebäude hinter den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes in den betrieblichen und in den privaten Bereich zurückzutreten haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. April 2004, 99/13/0197).

Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002130123.X00

Im RIS seit

09.10.2006

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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