TE OGH 1997/12/18 2Ob265/97b

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 21.September 1982 geborenen mj.Barbara H*****, infolge außerordentlichen Rekurses des Vaters Reinhard H*****, vertreten durch Dr.Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 25.Juni 1997, GZ 21 R 219/97y-284, womit sein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 21.Mai 1997, GZ 1 P 1644/95w-278, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den vom Vater gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 21.5.1997 wurde der Vater der mj.Barbara zur Zahlung eines zusätzlichen Unterhaltes für die Vergangenheit in der Höhe von insgesamt S 79.360 verpflichtet. Dieser Beschluß wurde am 22.5.1997 postamtlich hinterlegt; als Beginn der Abholfrist war auf der Hinterlegungsanzeige der 23.5.1997 angegeben.

Am 10.6.1997 langte beim Erstgericht der am 9.6.1997 zur Post gegebene Rekurs des Vaters ein.

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel als verspätet zurück und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Das Rekursgericht ging von der Bestimmung des § 17 Abs 3 ZustG aus, wonach der Lauf der Rechtsmittelfrist im Falle der Hinterlegung mit dem Tag beginne, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten werde; dies sei im vorliegenden Fall der 23.5.1997 gewesen und sei die 14tägige Rechtsmittelfrist daher am 6.6.1997 abgelaufen. Der am 9.6.1997 zur Post gegebene Rekurs sei verspätet.Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel als verspätet zurück und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Das Rekursgericht ging von der Bestimmung des Paragraph 17, Absatz 3, ZustG aus, wonach der Lauf der Rechtsmittelfrist im Falle der Hinterlegung mit dem Tag beginne, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten werde; dies sei im vorliegenden Fall der 23.5.1997 gewesen und sei die 14tägige Rechtsmittelfrist daher am 6.6.1997 abgelaufen. Der am 9.6.1997 zur Post gegebene Rekurs sei verspätet.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Rekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über seinen Rekurs aufzutragen.

Der Rekurs ist gemäß § 14 Abs 1 AußStrG im Interesse der Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt.Der Rekurs ist gemäß Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG im Interesse der Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt.

Der Vater der Pflegebefohlenen machte in seinem Rechtsmittel Nichtigkeit der Zustellung des Beschlusses des Erstgerichtes mit der Begründung geltend, er habe sich am 22. und 23.5.1997 berufsbedingt ganztätig auf Dienstreisen befunden. Die Hinterlegungsanzeige habe er erst am 23.5.1997 am Abend, als das Postamt bereits geschlossen war, vorgefunden. Am Samstag den 24.5.1997 habe das Postamt 1202 Wien keine Amtsstunden gehabt, sodaß er die hinterlegte Sendung erst am 26.5.1997 abholen konnte. Die Hinterlegung sei daher erst am 27.5.1997 wirksam gewesen und der am 9.6.1997 zur Post gegebene Rekurs rechtzeitig.

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu die Vernehmung des Rekurswerbers veranlaßt und der Pflegebefohlenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen dieser Beweisaufnahme gegeben. Die Pflegebefohlene hat in der ihr freigestellten Stellungnahme nur geltend gemacht, die Ausführungen ihres Vaters seien nicht objektiviert, hat aber konkret Einwände gegen die Richtigkeit der Angaben ihres Vaters nicht vorgebracht.

Aufgrund der demnach unbedenklichen Aussage des Vaters der Pflegebefohlenen und der dem Revisionsrekurs angeschlossenen Bestätigung seines Dienstgebers ist folgender Sachverhalt bescheinigt:

Der Rekurswerber wurde beruflich am 22.5.1997 in Horn und am 23.5.1997 in Krems an der Donau eingesetzt. Die Nacht vom 22. auf den 23.5.1997 verbrachte er in Horn. Er kehrte am 23.5.1997 zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr in seine Wohnung zurück, wo er die Hinterlegungsanzeige vorfand.

Rechtliche Beurteilung

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist davon auszugehen, daß ein Großteil der Berufstätigen, tagsüber von der Abgabestelle abwesenden Bevölkerung bei Kenntnis von der postamtlichen Hinterlegung einer gerichtlichen Sendung üblicherweise die Möglichkeit hat, die Sendung jedenfalls an dem der Hinterlegung nächstfolgenden Werktag zu beheben. Im vorliegenden Fall erlangte der Rekurswerber - wie sich aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt ergibt - von der postamtlichen Hinterlegung erst am Freitag, dem 23.5.1997, nach Dienstschluß des zuständigen Postamtes Kenntnis. Er konnte die Sendung frühestens am Montag, dem 26.5.1997, also drei Tage später beheben, als dies einem ortsanwesenden Berufstätigen, der erst nach Beendigung der Amtsstunden der Post am Tag der Hinterlegung in seine Wohnung (die Abgabestelle) zurückkehrt, möglich gewesen wäre. Es kann somit nicht gesagt werden, daß ihm jener Zeitraum zur Ausführung seines Rechtsmittels zur Verfügung stand, der ihm auch Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung durch postamtliche Hinterlegung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Kann die Hinterlegung am 22.5.1997 wegen Ortsabwesenheit nicht als gesetzmäßig erfolgt angesehen werden, so gilt der erstgerichtliche Beschluß nicht mit dem Tag als zugestellt, an dem er erstmals zur Abholung bereit gehalten wurde (§ 17 Abs 3 dritter Satz ZustG), sondern erst mit jenem Tag, an dem der Rekurswerber die hinterlegte Sendung nach seiner Rückkehr zur Abgabestelle beheben konnte (§ 17 Abs 3 letzter Satz ZustG), das ist der 26.5.1997 (vgl RdW 1993, 334).Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist davon auszugehen, daß ein Großteil der Berufstätigen, tagsüber von der Abgabestelle abwesenden Bevölkerung bei Kenntnis von der postamtlichen Hinterlegung einer gerichtlichen Sendung üblicherweise die Möglichkeit hat, die Sendung jedenfalls an dem der Hinterlegung nächstfolgenden Werktag zu beheben. Im vorliegenden Fall erlangte der Rekurswerber - wie sich aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt ergibt - von der postamtlichen Hinterlegung erst am Freitag, dem 23.5.1997, nach Dienstschluß des zuständigen Postamtes Kenntnis. Er konnte die Sendung frühestens am Montag, dem 26.5.1997, also drei Tage später beheben, als dies einem ortsanwesenden Berufstätigen, der erst nach Beendigung der Amtsstunden der Post am Tag der Hinterlegung in seine Wohnung (die Abgabestelle) zurückkehrt, möglich gewesen wäre. Es kann somit nicht gesagt werden, daß ihm jener Zeitraum zur Ausführung seines Rechtsmittels zur Verfügung stand, der ihm auch Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung durch postamtliche Hinterlegung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Kann die Hinterlegung am 22.5.1997 wegen Ortsabwesenheit nicht als gesetzmäßig erfolgt angesehen werden, so gilt der erstgerichtliche Beschluß nicht mit dem Tag als zugestellt, an dem er erstmals zur Abholung bereit gehalten wurde (Paragraph 17, Absatz 3, dritter Satz ZustG), sondern erst mit jenem Tag, an dem der Rekurswerber die hinterlegte Sendung nach seiner Rückkehr zur Abgabestelle beheben konnte (Paragraph 17, Absatz 3, letzter Satz ZustG), das ist der 26.5.1997 vergleiche RdW 1993, 334).

Der am 9.6.1997 zur Post gegebene Rekurs des Vaters der Pflegebefohlenen ist sohin rechtzeitig, weshalb dem Rekurs Folge zu geben war.

Anmerkung

E48643 02A02657

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0020OB00265.97B.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19971218_OGH0002_0020OB00265_97B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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