Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Delle-Karth als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Rückl und Dr. Hörbiger als weitere Mitglieder des Senates in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei Josef B*****, vertreten durch Dr. Reinhard Pitschmann und Dr. Rainer Santner, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, wegen S 433.473,09 s.A. infolge Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 21.8.1997, 8 Cg 34/97 w - 16, nach öffentlicher Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben sondern, sondern das Urteil des Erstgerichtes bestätigt.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten zu Handen seines Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 37.090,20 (darin enthalten S 6.181,70 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Eine ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig.Eine ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat im April 1996 im Gebiet der Gemeinde N***** im Bereich eines durch einen Wald führenden Weges unter Verwendung verschiedener Geräte und Maschinen Bauarbeiten durchgeführt. Am 26.4.1996 hat der Beklagte gemeinsam mit seinem Bruder in diesem Wald oberhalb der Baustelle der Klägerin einen ihm zugelosten Baum gefällt, welcher in die Fallinie des steilen Geländes geraten und bis zur Baustelle der Klägerin gelangt ist, wo er mehrere Geräte der Klägerin beschädigt hat.
Diese begehrt mit der vorliegenden Klage eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 433.473,09 s.A. zum Ersatz eines in dieser Höhe behaupteten Schadens mit dem wesentlichen Vorbringen, der Beklagte habe bei der Fällung des Baumes eine nach dessen Beschaffenheit gebotene und aufgrund des sehr steilen Geländes unerläßliche Sicherung des Baumes gegen ein nach dessen Fällung zu erwartendes Abrutschen unterlassen und seien dem Beklagten überdies bei der Fällung des Baumes mehrere schwerwiegende Fehler unterlaufen, sodaß ihm grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei.
Diesen Schuldvorwurf hat der Beklagte als unberechtigt zurückgewiesen, Klagsabweisung beantragt und - gleichfalls kurz zusammengefaßt - eingewendet, zwischen dem Standort des Baumes und der Baustelle der Klägerin sei eine weitere Forststraße verlaufen, bis zu welcher der Baum nach dem Fällen abrutschen sollte; hiezu habe er den Baum von der Fallinie des Geländes leicht seitlich abweichend gefällt, wie es seiner langjährigen Erfahrung entsprochen habe; durch eine Verkettung unglücklicher Umstände sei der Baum aber nicht auf der seinem Standort nähergelegenen Forststraße zum Stillstand gekommen, sondern über diese hinaus und weiter bis zur Baustelle der Klägerin gerutscht; zur Zeit der Fällung des Baumes sei dem Beklagten die außerhalb des ihm erkennbaren Gefährdungsbereiches gelegene Baustelle der Klägerin nicht bekannt gewesen; der Vorwurf grober Fahrlässigkeit sei sohin unbegründet, sodaß er zu Recht das Haftungsprivileg des § 176 des Forstgesetzes in Anspruch nehme und demgemäß für den Schaden der Klägerin nicht einzustehen habe.Diesen Schuldvorwurf hat der Beklagte als unberechtigt zurückgewiesen, Klagsabweisung beantragt und - gleichfalls kurz zusammengefaßt - eingewendet, zwischen dem Standort des Baumes und der Baustelle der Klägerin sei eine weitere Forststraße verlaufen, bis zu welcher der Baum nach dem Fällen abrutschen sollte; hiezu habe er den Baum von der Fallinie des Geländes leicht seitlich abweichend gefällt, wie es seiner langjährigen Erfahrung entsprochen habe; durch eine Verkettung unglücklicher Umstände sei der Baum aber nicht auf der seinem Standort nähergelegenen Forststraße zum Stillstand gekommen, sondern über diese hinaus und weiter bis zur Baustelle der Klägerin gerutscht; zur Zeit der Fällung des Baumes sei dem Beklagten die außerhalb des ihm erkennbaren Gefährdungsbereiches gelegene Baustelle der Klägerin nicht bekannt gewesen; der Vorwurf grober Fahrlässigkeit sei sohin unbegründet, sodaß er zu Recht das Haftungsprivileg des Paragraph 176, des Forstgesetzes in Anspruch nehme und demgemäß für den Schaden der Klägerin nicht einzustehen habe.
Nach Einschränkung der Verhandlung auf die Prüfung des Grundes des von der Klägerin erhobenen Anspruches (AS 27) hat das Erstgericht die Klage abgewiesen.
Das Erstgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Klägerin war von den V***** beauftragt, im Gemeindegebiet von N***** auf einem Weg zur Mengbachfassung Fels- und Böschungssicherungsarbeiten durchzuführen. Es waren Stützpfeiler, Böschungsmauern sowie Spritzbetonsicherungen anzubringen, wobei entsprechende Baugeräte hiefür notwendig waren. Der gesamte Baustellenbereich erstreckte sich über eine Länge von ca. 150 m. Die Bauarbeiten wurden im Herbst 1995 begonnen, während des Winters unterbrochen und etwa im März 1996 fortgesetzt. Am Beginn des Güterweges - ca. 1 bis 2 km vor der Baustelle - befand sich eine ca. 60 x 80 cm große Firmentafel der Klägerin, welche den Firmenwortlaut derselben trug und am Wegesrand aufgestellt war. Die Tafel hat einen gelben Hintergrund mit schwarzer Aufschrift.
Die Agrargemeinschaft N***** war von der Baustelle in Kenntnis gesetzt worden.
Der Beklagte ist bzw. war "Holzlosberechtigter", wobei von der Agrargemeinschaft mittels Los entschieden wird, welches Holz welchem Berechtigten zugeteilt wird. Die Stelle, wo in der Folge vom Kläger der Baum gefällt wurde, wurde ihm mittels Los zugewiesen. Die vom Beklagten am 26.4.1996 durchgeführte Fällung wurde der Agrargemeinschaft zur Kenntnis gebracht.
Der Beklagte ist bereits als Jugendlicher mit seinem Vater "in das Holz gegangen", hat vorerst beim Baumfällen zugesehen und in der Folge auch mitgeholfen. In den letzten Jahren ist er regelmäßig mit seinem Bruder aufgrund der zugewiesenen Holzlose in den Wald gegangen, um Bäume zu fällen. Ebenso wie der Beklagte hat auch dessen Bruder weder einen Kurs noch eine Schule für derartige Arbeiten besucht, sondern sich seit seiner Jugend die entsprechenden Kenntnisse in der Praxis selbst zugeeignet.
Etwa ein Jahr vor dem gegenständlichen Unfall hielt sich der Beklagte bzw. sein Bruder letztmalig in dem Gelände auf, welches ihm 1996 mittels Los zugewiesen wurde.
Am 26.4.1996 ist, um dorthin zu gelangen, nicht der Güterweg benutzt worden, an welchem sich die Firmentafel der Klägerin befand, sondern sind der Beklagte und sein Bruder von der anderen Seite zu dieser Stelle gefahren.
Der Beklagte und sein Bruder hatten keine Kenntnis davon, daß die Klägerin Arbeiten auf einem Güterweg durchführte, welcher sich unterhalb jenes Bereiches befand, an welchem der gegenständliche Baum zu fällen war und daß dort auch Baugeräte abgestellt waren. Die vom Beklagten und seinem Bruder in der Folge gefällte Fichte und die umgebenden Nachbarbestände stockten auf steilem bis sehr steilem Gelände. Etwa 40 m in Fallinie unterhalb der Fichte befand sich ein LKW-befahrbarer Aufschließungsweg. Dieser wies eine Verbreiterung auf, zu welcher der Beklagte und sein Bruder beabsichtigten, den Baum zu fällen. Beabsichtigte Fällrichtung war sohin schräg hangabwärts etwa 30 Grad von der Fallinie abweichend zu der erwähnten Wegverbreiterung. In diesem Hangabschnitt oberhalb des Aufschließungsweges betrug die durchschnittliche Hangneigung 90 %, d. h. sehr steil. Aufgrund dieser Steilheit ist - in Fallinie gesehen - der Aufschließungsweg nicht als Hindernis zu betrachten. Unterhalb dieses Aufschließungsweges ist das Gelände bereits deutlich flacher und weist eine Durchschnittsneigung von ca. 60 % auf. Das Gelände bildet einen sich verengenden, muldenartigen V-förmigen Einschnitt (mit Gegenhang) und mündet nach etwa 100 Höhenmetern durch eine enge Stelle in einem Steilabfall. In diesem 60 % geneigten Hangbereich finden sich lichte Bestockung, alte Stöcke, Astmaterial und Schadholz, sohin Hindernisse. Am Fuße des Steilabfalles befand sich ein weiterer Aufschließungsweg, auf welchem sich die Baugeräte der Klägerin befanden.
Bei der Bestockung handelt es sich um einen Fichtenwald mit Beimischung von Buche, vor allem in der Mittelschicht aber auch im Unterwuchs. Durch bereits erfolgte kleinstflächige Nutzungen bzw. Einzelstammentnahmen und Schadholzaufbereitung ist der Bestand nicht mehr voll bestockt. Einzelne Windwürfe sind im weiteren Bereich feststellbar, ebenso Anzeichen von vereinzelter Rotfäule.
Die Fichten des Altholzbestandes weisen eine Höhe von 30 bis 40 m auf, dabei sind ihre grünen Kronen bei guter Astreinigung im oberen Drittel des Stammabschnittes und asymmetrisch, also talseitig, kräftiger ausgebildet, was bei derartiger Steilheit üblich ist. Teilweise greifen die Äste der Baumkronen ineinander.
Die vom Beklagten mit seinem Bruder gefällte Fichte wies einen ovalen Stockdurchmesser (45 bis 56 cm, also im Durchschnitt 50 cm) auf. Aufgrund der Hangneigung war - wie in den Fichten im Nachbarbestand - die Krone talseitig kräftiger ausgebildet als bergseitig. Durch unmittelbare Nähe einer Fichte, nämlich wenige Meter schräg oberhalb bergseitig, waren ihre bergseitigen Äste mit den talseitigen Ästen dieser benachbarten Fichte in Kontakt. Die Kronen haben sich sohin berührt bzw. waren ineinander zusammengewachsen. Aufgrund dieser Umstände war die Fichte als "Seitenhänger" zu bezeichnen.
Die Art der Fällung wurde vom Beklagten gemeinsam mit seinem Bruder beschlossen und wie folgt durchgeführt:
Es wurde ein Fallkerb geschnitten, dessen Fallkerbtiefe ca. ein Viertel des Stockdurchmessers betrug. Die Richtung des Fallkerbes wies nicht genau in die beabsichtigte Fällrichtung. Eine Bruchleiste ist vorhanden, wobei diese beim Fallen des Baumes ausgerissen ist. Die Bruchleiste wurde auf der Druckseite im Ausmaß von ca. einem Drittel des Stockdurchmessers durchtrennt, fällt sohin in diesen Bereich (gemeint wohl: fehlt sohin in diesem Bereich; siehe Seite 3 des schriftlichen Gutachtens). Auch auf der Zugseite wurde die Bruchleiste durch Anschneiden geschmälert und geschwächt.
Über Fälltechniken und Gefährdungsbereiche bei der Waldarbeit bestehen keine gesetzlichen Vorschriften. Fachbroschüren enthalten Anleitungen über die anzuwendenden Fälltechniken, wobei eine entsprechende Ausbildung und Praxis für die richtige Anwendung dieser Fälltechniken erforderlich ist. In der Broschüre "Holzernte in der Durchforstung, Verfahren, methodische Arbeit" sind Fälltechniken im Starkholz beschrieben, u.a. auch jene Fälltechnik, die bei einem "Seitenhänger" anzuwenden ist.
Demnach ist als erster Schritt ein Fallkerb, der in die beabsichtigte Fällrichtung (bei Seitenhänger eher noch stärker in diese Richtung) weist, anzulegen, dessen Fallkerbtiefe ein Drittel bis ein Viertel des Stockdurchmessers zu betragen hat. Anschließend ist eine schräg verlaufende Bruchleiste durch Anstechen auf der Druckseite zu schneiden, wobei die Breite der Bruchleiste auf der Zugseite 2/10, auf der Druckseite 1/10 des Stockdurchmessers mindestens zu betragen hat. Eine Bruchstufe ist ebenfalls zu belassen (Höhe ca. 1/10 des Stockdurchmessers). Fallkerb und Bruchleiste sichern die beabsichtigte Fallrichtung des Baumes (Steuerung der Fallrichtung). Es wird nun der Fällschnitt von der Druck- zur Zugseite weiter verlaufend geführt, wobei mittels Keilung des Baumes auf der Druckseite die beabsichtigte Fällrichtung erreicht werden soll. Das Mindestausmaß der Bruchleiste darf hiebei keinesfalls geschmälert werden. Die Fällung des Baumes und seine beabsichtigte Fallrichtung sind durch geeignete Hilfsmittel - in der Praxis Keile - zu erzwingen.
In der Broschüre "Gefahrenquelle Wald" ist der erweiterte Fällbereich (Gefährdungsbereich) in steilen Hanglagen mit Abrutschgefahr so definiert, daß er sich nach unten um 45 Grad der Senkrechten bis zum nächsten wirksamen Hindernis erstreckt.
Nach der obbeschriebenen Fällung des Baumes ist der oberste Kronenbereich durch die Wucht des Aufpralles abgebrochen. Duch das Ableiten des Baumes hangabwärts mit dem Wipfel voraus wurden die Äste faktisch zur Gänze abgebrochen.
Bei der Fällung der Fichte wurden vom Beklagten und seinem Bruder nachstehende Fehler gemacht:
Infolge dieser Fehler bei der Fällung des Baumes und der Tatsache, daß die Krone des Baumes mit der Krone des Nachbarbaumes ineinandergewachsen war, dieser also mit seinen Ästen ein zusätzlich zu überwindendes Hindernis für das Fällen in der beabsichtigten Richtung darstellte, drehte sich nunmehr der Baum ab und rutschte in die Fallinie des Geländes. Zusätzlich durch das Abdrehen gelangte die schwächer beastete bergseitige Krone nach unten und erleichterte das Abrutschen des Baumes mit dem Kronenteil voraus, nachdem die stärker beastete Kronenseite nach oben zu liegen kam.
Dadurch konnte der Baum erst mit dem Kronenteil voraus in die Fallinie des Geländes rutschen und damit bis auf den unteren Aufschließungsweg, wo sich die Geräte der Klägerin befanden, vordringen, nachdem die beabsichtigte Fällrichtung verfehlt wurde. Die für Seitenhänger zu verwendende Fälltechnik ist wesentlich schwieriger anzuwenden, als die für einen "normal stehenden Baum".
Der untere Aufschließungsweg, auf welchem die Geräte der Klägerin durch den bis zu ihm vordringenden Baum beschädigt wurden, ist nicht zum unmittelbaren Gefährdungsbereich bei der Fällung zu zählen. Als Gefährdungsbereich ist, wie bereits ausgeführt, der Fällbereich nach unten und 45 Grad beiderseits der Senkrechten bis zum nächsten Hindernis anzusehen. In diesem Bereich befanden sich lichte Bestockung, alte Stöcke sowie Äste und Schadholz als Hindernisse. Dadurch die muldenartige V-förmige Geländegestaltung mit Gegenhang sowie die mäßige Steilheit von 60 % hätte erwartet werden können, daß ein allenfalls abrutschender Baum vor allem mit Beastung in diesem Bereich zum Stillstand kommt.
Grundsätzlich ist jene Stelle, wo der Baum gefällt wurde, eine steile Hanglage mit Abrutschgefahr.
Wenn man noch oben blickt, sieht man zwangsläufig, wenn die Krone bzw. die Äste einer Krone eines Baumes mit den anderen Ästen eines benachbarten Baumes ineinandergreifend sind.
Die unterhalb des ersten Weges gelegenen Hindernisse waren im gegenständlichen Fall nicht ausreichend, um die Fahrt des Baumes aufzuhalten. Der Boden war feucht, sodaß der Baum auch eine "schnellere Fahrt" erhielt.
Der Beklagte und sein Bruder erkannten, daß es sich um einen Seitenhänger gehandelt hat. Die Idee, wie der Baum zu fällen ist, war grundsätzlich richtig, jedoch wurden bei der Ausführung die oberwähnten Fehler begangen. Aufgrund ihrer Erfahrung mußte dem Beklagten und seinem Bruder auch bekannt sein, daß dann, wenn der Baum nicht in jene Richtung fällt, die beabsichtigt ist, er eben zwangsläufig "in Fallrichtung losgeht".
Für die fällenden Personen war nicht erkennbar, daß der Baum morsch bzw. faul war. Wenn der Baum in die beabsichtigte Fallrichtung gefallen wäre, wäre er mit Sicherheit auf dem ersten Weg liegen geblieben und es wäre sohin zu keinem Schadenseintritt gekommen.
Es kann nicht festgestellt werden, daß dann, wenn der Wipfel nicht gleich abgebrochen wäre, der Baum allenfalls auch in der tatsächlichen Fallrichtung auf dem ersten Weg zum Stillstand gekommen wäre. Auf alle Fälle wäre die Bremswirkung größer gewesen.
Grundsätzlich muß auch der Umstand, daß die Krone des zu fällenden Baumes mit der Krone des Nachbarbaumes ineinandergewachsen war, als Gefahr erkannt werden.
Durch den auf den unteren Weg rutschenden Baum wurden mehrere Geräte der Klägerin beschädigt.
In rechtlicher Hinsicht hat das Erstgericht zur Begründung der Klagsabweisung ausgeführt, dem Beklagten komme unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er mit Arbeiten im Zuge einer Waldbewirtschaftung beschäftigt gewesen sei, das Haftungsprivileg des § 176 Abs 3 des Forstgesetzes zugute, sodaß er lediglich bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz für den Schaden der Klägerin zu haften hätte; das Verhalten des Beklagten und seines Bruders könne aber weder als vorsätzlich noch als grob fahrlässig angesehen werden; der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung mit einer ungewöhnlichen und auffallenden Sorgfaltsvernachlässigung zu definieren, die den Eintritt eines Schadens nicht nur als möglich, sondern als geradezu wahrscheinlich voraussehen lasse; der Begriff der groben Fahrlässigkeit erfordere, daß ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen sei; entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades sei die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes, wobei diese Beurteilung stets nur nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen werden könne; im wesentlichen sei dabei zu prüfen, ob der Belangte ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt habe; im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß der Beklagte und sein Bruder zwar den richtigen Plan, wie der Baum zu fällen sei, gefaßt hätten, daß ihnen jedoch bei der Ausführung vier Fehler unterlaufen seien; andererseits dürfe aber auch nicht übersehen werden, daß es sich um einen schwierig zu fällenden Baum gehandelt habe und darüberhinaus der Beklagte und sein Bruder keine Kenntnis von den Bauarbeiten der Klägerin gehabt haben; auch sei zu berücksichtigen, daß der Weg, auf welchem sich die Geräte der Klägerin befunden haben, nicht zum unmittelbaren Gefährdungsbereich gehört habe; unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit unberechtigt.In rechtlicher Hinsicht hat das Erstgericht zur Begründung der Klagsabweisung ausgeführt, dem Beklagten komme unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er mit Arbeiten im Zuge einer Waldbewirtschaftung beschäftigt gewesen sei, das Haftungsprivileg des Paragraph 176, Absatz 3, des Forstgesetzes zugute, sodaß er lediglich bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz für den Schaden der Klägerin zu haften hätte; das Verhalten des Beklagten und seines Bruders könne aber weder als vorsätzlich noch als grob fahrlässig angesehen werden; der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung mit einer ungewöhnlichen und auffallenden Sorgfaltsvernachlässigung zu definieren, die den Eintritt eines Schadens nicht nur als möglich, sondern als geradezu wahrscheinlich voraussehen lasse; der Begriff der groben Fahrlässigkeit erfordere, daß ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen sei; entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades sei die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes, wobei diese Beurteilung stets nur nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen werden könne; im wesentlichen sei dabei zu prüfen, ob der Belangte ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt habe; im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß der Beklagte und sein Bruder zwar den richtigen Plan, wie der Baum zu fällen sei, gefaßt hätten, daß ihnen jedoch bei der Ausführung vier Fehler unterlaufen seien; andererseits dürfe aber auch nicht übersehen werden, daß es sich um einen schwierig zu fällenden Baum gehandelt habe und darüberhinaus der Beklagte und sein Bruder keine Kenntnis von den Bauarbeiten der Klägerin gehabt haben; auch sei zu berücksichtigen, daß der Weg, auf welchem sich die Geräte der Klägerin befunden haben, nicht zum unmittelbaren Gefährdungsbereich gehört habe; unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit unberechtigt.
Die Klägerin bekämpft das Ersturteil in vollem Umfang mit Berufung, zu deren Begründung sie eine Rechtsrüge ausgeführt hat. Das Rechtsmittel mündet im Antrag auf Abänderung des Ersturteils im Sinne der Klage.
Der Beklagte hat beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Zur Begründung ihres in der Berufung aufrecht gehaltenen Vorwurfes grober Fahrlässigkeit führt die Klägerin zusammengefaßt ins Treffen, der für solche Holzschlägerungsarbeiten forsttechnisch nicht geschulte Beklagte und dessen ebensowenig ausgebildeter Bruder hätten die Fällung dieses in sehr steilem Gelände stockenden Baumes in Angriff genommen, ohne für eine ausreichende Absicherung des Baumes gegen ein nachfolgendes Abrutschen zu sorgen; zur Anwendung besonderer Sorgfalt wären sie nicht nur wegen der Steilheit des Geländes und der ein Abrutschen begünstigenden Feuchtigkeit des Waldbodens, sondern auch wegen der ihnen erkennbaren Beschaffenheit des Baumes als sogenanntem Seitenhänger verpflichtet gewesen; obwohl ihnen bewußt gewesen sei, daß der Baum unkontrollierbar zu Tal gleiten werde, sollte ihnen eine Fällung in die beabsichtigte Richtung nicht gelingen, seien sie grob nachlässig an die Fällung des Baumes gegangen, bei deren Ausführung ihnen vier schwerwiegende Fehler unterlaufen seien; aufgrund dieses mehrfachen schwerwiegenden Fehlverhaltens des Beklagten sei der gegen ihn erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit sohin berechtigt.
Dem ist entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat den in § 176 Abs 3 des Forstgesetzes verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit bei der zuvor wiedergegebenen rechtlichen Beurteilung der Sache zutreffend (§ 500 a ZPO) umschrieben. Nach dem diese Ausführungen des Erstgerichtes, auf welche verwiesen wird, zusammenfassenden Verständnis ist grobe Fahrlässigkeit sohin als extremes Abweichen von der gebotenen Sorgfalt, das subjektiv auch in diesem Maße vorwerfbar ist, zu verstehen (Reischauer in Rummel, ABGB, 2. Auflage, Rz 3 zu § 1324 mwN).Das Erstgericht hat den in Paragraph 176, Absatz 3, des Forstgesetzes verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit bei der zuvor wiedergegebenen rechtlichen Beurteilung der Sache zutreffend (Paragraph 500, a ZPO) umschrieben. Nach dem diese Ausführungen des Erstgerichtes, auf welche verwiesen wird, zusammenfassenden Verständnis ist grobe Fahrlässigkeit sohin als extremes Abweichen von der gebotenen Sorgfalt, das subjektiv auch in diesem Maße vorwerfbar ist, zu verstehen (Reischauer in Rummel, ABGB, 2. Auflage, Rz 3 zu Paragraph 1324, mwN).
Die Anwendung dieses Verständnisses grober Fahrlässigkeit auf den vorliegenden Fall hat das Erstgericht zu Recht zu der auch vom Berufungsgericht geteilten Ansicht geführt, daß der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht berechtigt ist, wobei nicht verkannt wird, daß die Grenzen zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit fließend sind.
Es trifft zwar zu, daß der Beklagte und dessen Bruder keine einschlägige forsttechnische Ausbildung im Sinne einer regelrechten Schulung hatten, der Baum in sehr steilem Gelände stockte, von ihnen als sogenannter Seitenhänger erkannt wurde und sie auch mit einem Abrutschen des Baumes rechnen mußten, sollte ihnen eine Fällung in die beabsichtigte Richtung nicht gelingen, sodaß sie zu erhöhter Sorgfalt verpflichtet gewesen wären, doch ist andererseits auch zu berücksichtigen, daß sich der Beklagte seit seiner Jugend die für ein Baumfällen entsprechenden Kenntnisse in der Praxis selbst zugeeignet hat (Ersturteil Seite 6), sodaß ihm nicht vorweg zum Vorwurf gemacht werden kann, leichtfertig sowie ohne entsprechende Kenntnis und Praxis die Arbeit angegangen zu sein. Auch kommt ihm zugute, daß der von ihm und seinem Bruder gefaßte Plan, wie der Baum zu fällen sei, grundsätzlich richtig war (Ersturteil Seite 11). Auch haben sie den für die Bestimmung der Fallrichtung wesentlich erscheinenden Fallkerb weitgehend richtig ausgeführt und auch auf eine - wenn auch nicht ausreichende - Bruchleiste geachtet. Auch ist zu berücksichtigen, daß der Schadensfall mit Sicherheit nicht eingetreten wäre, wäre der Baum in die beabsichtigte Fallrichtung gefallen (Ersturteil Seite 11). Hinzu kommt, daß dem Beklagten und dessen Bruder die Morschheit des Baumes nicht erkennbar war, welche das Abbrechen des obersten Kronenbereiches infolge der Wucht des Aufpralles (Ersturteil Seite 9) begünstigt haben kann. Ohne diese Verkürzung des beasteten Teiles des Baumstammes wäre die Bremswirkung nach den Feststellungen des Erstgerichtes jedenfalls größer gewesen (Ersturteil Seite 12). Überdies wird der Beklagte durch den Umstand entlastet, daß sich in dem etwa 60 % geneigten Hangbereich unterhalb des oberen Aufschließungsweges eine leichte Bestockung, alte Stöcke, Astmaterial und Schadholz, sohin mehrere Hindernisse befanden und sich dieses Gelände überdies muldenartig mit Gegenhang verengt hat, sodaß der Beklagte und dessen Bruder zu Recht erwarten durften, daß ein allenfalls bis zu diesem Gelände abrutschender Baum infolge der dort vorhandenen Hindernisse sowie aufgrund seiner Beastung in diesem Bereich zum Stillstand kommen werde (Ersturteil Seite 11). Schließlich fällt zugunsten des Beklagten auch ins Gewicht, daß die Baustelle der Klägerin außerhalb des unmittelbaren Gefährdungsbereiches lag und dem Beklagten die Baustelle der Klägerin unbekannt war, sodaß auch nicht unterstellt werden kann, der Beklagte habe eine Gefährdung der Sachen der Klägerin leichtfertig in Kauf genommen.
Bei Abwägung all dieser Umstände und ihres Beitrages zum Eintritt des Schadens erscheint der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit trotz der dem Beklagten unterlaufenen mehrfachen Nachlässigkeiten als nicht berechtigt, sodaß das Erstgericht die Klage unter zutreffendem Hinweis auf das sich zugunsten des Beklagten aus § 176 Abs 3 des Forstgesetzes ergebende Haftungsprivileg zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Der dagegen ankämpfenden Berufung der Klägerin war sohin ein Erfolg zu versagen.Bei Abwägung all dieser Umstände und ihres Beitrages zum Eintritt des Schadens erscheint der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit trotz der dem Beklagten unterlaufenen mehrfachen Nachlässigkeiten als nicht berechtigt, sodaß das Erstgericht die Klage unter zutreffendem Hinweis auf das sich zugunsten des Beklagten aus Paragraph 176, Absatz 3, des Forstgesetzes ergebende Haftungsprivileg zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Der dagegen ankämpfenden Berufung der Klägerin war sohin ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird auf die §§ 50, 41 ZPO gestützt. Der Beklagte hat die ihm im Berufungsverfahren entstandenen Vertretungskosten tarifgemäß verzeichnet. Die überdies zum Ersatz begehrten Barauslagen von S 201,60 sind nicht bescheinigt, sodaß sie schon deswegen nicht ersatzfähig sind.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird auf die Paragraphen 50,, 41 ZPO gestützt. Der Beklagte hat die ihm im Berufungsverfahren entstandenen Vertretungskosten tarifgemäß verzeichnet. Die überdies zum Ersatz begehrten Barauslagen von S 201,60 sind nicht bescheinigt, sodaß sie schon deswegen nicht ersatzfähig sind.
Eine ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO wurde nicht zugelassen, weil eine Rechtsfrage im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliegt.Eine ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO wurde nicht zugelassen, weil eine Rechtsfrage im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliegt.
Anmerkung
EI00068 03R01997European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0819:1998:00300R00199.97G.0114.000Dokumentnummer
JJT_19980114_OLG0819_00300R00199_97G0000_000