TE OGH 1998/1/15 6Ob374/97m

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Veröffentlicht am 15.01.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 19.Juni 1995 verstorbenen Friederike B*****, infolge des ordentlichen Revisionsrekurses des erblasserischen Sohnes Dr.Ing.Friedrich P*****, vertreten durch Kehrer, Jazosch & Kuri, Rechtsanwälte in Traun, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 25.September 1997, GZ 11 R 62/97g-34, womit infolge Rekurses des Verlassenschaftsgläubigers S*****, vertreten durch Dr.Erwin Höller und Dr.Reinhold Lingner, Rechtsanwälte in Linz, der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 24.Juli 1997, GZ A 358/95z-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Verlassenschaftsgläubigers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erblasserin hatte ihren Sohn testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt. Bei der Todfallsaufnahme gab der Erbberechtigte an, daß von den drei im Altenheim der Erblasserin verwahrten Sparbüchern, lautend auf den Namen bzw Vornamen der Verstorbenen, zwei Sparbücher der Erblasserin und eines ihm gehörten. Später behauptete der Sohn, alle drei Sparbücher seien sein Eigentum. Die Erblasserin habe die Sparbücher nur verwahrt. Der Sohn beantragte am 6.10.1995 eine Beschlußfassung nach § 72 Abs 2 AußStrG und die Ausfolgung der Sparbücher an ihn (ON 7). Der Sozialhilfeverband L***** meldete als Verlassenschaftsgläubiger beim Verlassenschaftsgericht einen offenen Sozialhilfeaufwand für die Verstorbene (Verpflegskosten im Altenheim) von 246.416,30 S an. Die Sparbücher hatten am Todestag der Erblasserin einen Einlagestand von 248.640 S, 173.588 S und 19,88 S. Das Erstgericht faßte am 10.10.1995 gemäß § 72 Abs 2 AußStrG den Beschluß ON 9, daß eine Verlassenschaftsabhandlung nicht stattfinde und räumte dem erblasserischen Sohn die freie Verfügung über Bargeld, Pensionskonto und die drei Sparbücher ein. Der Gerichtskommissär wurde ermächtigt, die Sparbücher auszufolgen, was vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses auch geschah. Der Sohn der Erblasserin löste die Sparbücher noch während der laufenden Rechtsmittelfrist gegen den erstinstanzlichen Beschluß auf. Das Realisat betrug 407.488,88 S. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verlassenschaftsgläubigers statt, wies den Antrag des Sohnes vom 6.10.1995 ab und trug dem Erstgericht die Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung auf (ON 13). Das Erstgericht trug dem Gerichtskommissär die Wiederbeschaffung der Sparbücher auf. Der Sohn der Erblasserin verweigerte die Herausgabe der Sparbücher und den Erlag des Realisats. Er gab am 15.10.1996 eine Erbsentschlagungserklärung ab.Die Erblasserin hatte ihren Sohn testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt. Bei der Todfallsaufnahme gab der Erbberechtigte an, daß von den drei im Altenheim der Erblasserin verwahrten Sparbüchern, lautend auf den Namen bzw Vornamen der Verstorbenen, zwei Sparbücher der Erblasserin und eines ihm gehörten. Später behauptete der Sohn, alle drei Sparbücher seien sein Eigentum. Die Erblasserin habe die Sparbücher nur verwahrt. Der Sohn beantragte am 6.10.1995 eine Beschlußfassung nach Paragraph 72, Absatz 2, AußStrG und die Ausfolgung der Sparbücher an ihn (ON 7). Der Sozialhilfeverband L***** meldete als Verlassenschaftsgläubiger beim Verlassenschaftsgericht einen offenen Sozialhilfeaufwand für die Verstorbene (Verpflegskosten im Altenheim) von 246.416,30 S an. Die Sparbücher hatten am Todestag der Erblasserin einen Einlagestand von 248.640 S, 173.588 S und 19,88 S. Das Erstgericht faßte am 10.10.1995 gemäß Paragraph 72, Absatz 2, AußStrG den Beschluß ON 9, daß eine Verlassenschaftsabhandlung nicht stattfinde und räumte dem erblasserischen Sohn die freie Verfügung über Bargeld, Pensionskonto und die drei Sparbücher ein. Der Gerichtskommissär wurde ermächtigt, die Sparbücher auszufolgen, was vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses auch geschah. Der Sohn der Erblasserin löste die Sparbücher noch während der laufenden Rechtsmittelfrist gegen den erstinstanzlichen Beschluß auf. Das Realisat betrug 407.488,88 S. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verlassenschaftsgläubigers statt, wies den Antrag des Sohnes vom 6.10.1995 ab und trug dem Erstgericht die Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung auf (ON 13). Das Erstgericht trug dem Gerichtskommissär die Wiederbeschaffung der Sparbücher auf. Der Sohn der Erblasserin verweigerte die Herausgabe der Sparbücher und den Erlag des Realisats. Er gab am 15.10.1996 eine Erbsentschlagungserklärung ab.

Am 5.2.1997 stellte der genannte Verlassenschaftsgläubiger den Antrag, dem erblasserischen Sohn aufzutragen, "das Surrogat der Sparbücher, nämlich das jeweilige Guthaben am Todestag der Erblasserin" beim Gerichtskommissär zu hinterlegen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Die Sparbücher seien bereits realisiert und stellten keinen "Realwert" dar. Die Verlassenschaft habe nur mehr einen obligatorischen Anspruch und müßte den Rechtsweg beschreiten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verlassenschaftsgläubigers statt und änderte den Beschluß dahin ab, daß dem erblasserischen Sohn zur Sicherung des Nachlaßvermögens aufgetragen wurde, 407.488,88 S an den Gerichtskommissär bei sonstiger Exekution zu zahlen. Der weitergehende Antrag des Gläubigers auf Zahlung von 14.759 S an den Gerichtskommissär wurde abgewiesen. Das Rekursgericht bejahte die Parteistellung des rekurrierenden Verlassenschaftsgläubigers, weil es um die Sicherung des Verlassenschaftsvermögens nach § 43 AußStrG gehe. Voraussetzung jeder Sicherungsmaßnahme sei es, daß die zu sichernde Verlassenschaftsmasse am Todestag im Besitz des Erblassers gestanden sei. Dies sei hier der Fall. Herausgabeaufträge im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens könnten gegen Dritte erteilt werden, wenn diese eigenmächtig Nachlaßgegenstände in Besitz genommen hätten. Ansonsten müßte der Erbe Herausgabeansprüche gegen Dritte im Rechtsweg geltend machen. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (NZ 1967, 29) könne auch gegen einen Erben ein Herausgabeauftrag erteilt werden. Hier habe der erbberechtigte Sohn die drei Sparbücher nicht eigenmächtig übernommen, weil der erstinstanzliche Beschluß vom 10.10.1995 sofort rechtswirksam geworden sei. Ungeachtet der fehlenden Eigenmacht der Besitzverschaffung bestehe gegen den Erben ein Herausgabeanspruch bezüglich des Realisats der Sparbücher. Der Erbe sei im Gegensatz zu Dritten Partei des Verlassenschaftsverfahrens. Bei entsprechendem Sicherungsinteresse nach § 43 AußStrG könne dem Erben aufgetragen werden, Gegenstände herauszugeben. Das Abhandlungsgericht sei berechtigt, einem Erben, der ohne Eigenmacht Sparbücher übernommen habe, die Vorlage der Sparbücher an den Gerichtskommissär zur Sicherung aufzutragen. Ein solcher Auftrag könne auch hinsichtlich des Surrogats der Sparbücher in Form des realisierten Geldbetrages erteilt werden. Durch die Realisierung der Sparbücher habe sich die Geldforderung (gegenüber der Bank) lediglich in Bargeld verwandelt.Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verlassenschaftsgläubigers statt und änderte den Beschluß dahin ab, daß dem erblasserischen Sohn zur Sicherung des Nachlaßvermögens aufgetragen wurde, 407.488,88 S an den Gerichtskommissär bei sonstiger Exekution zu zahlen. Der weitergehende Antrag des Gläubigers auf Zahlung von 14.759 S an den Gerichtskommissär wurde abgewiesen. Das Rekursgericht bejahte die Parteistellung des rekurrierenden Verlassenschaftsgläubigers, weil es um die Sicherung des Verlassenschaftsvermögens nach Paragraph 43, AußStrG gehe. Voraussetzung jeder Sicherungsmaßnahme sei es, daß die zu sichernde Verlassenschaftsmasse am Todestag im Besitz des Erblassers gestanden sei. Dies sei hier der Fall. Herausgabeaufträge im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens könnten gegen Dritte erteilt werden, wenn diese eigenmächtig Nachlaßgegenstände in Besitz genommen hätten. Ansonsten müßte der Erbe Herausgabeansprüche gegen Dritte im Rechtsweg geltend machen. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (NZ 1967, 29) könne auch gegen einen Erben ein Herausgabeauftrag erteilt werden. Hier habe der erbberechtigte Sohn die drei Sparbücher nicht eigenmächtig übernommen, weil der erstinstanzliche Beschluß vom 10.10.1995 sofort rechtswirksam geworden sei. Ungeachtet der fehlenden Eigenmacht der Besitzverschaffung bestehe gegen den Erben ein Herausgabeanspruch bezüglich des Realisats der Sparbücher. Der Erbe sei im Gegensatz zu Dritten Partei des Verlassenschaftsverfahrens. Bei entsprechendem Sicherungsinteresse nach Paragraph 43, AußStrG könne dem Erben aufgetragen werden, Gegenstände herauszugeben. Das Abhandlungsgericht sei berechtigt, einem Erben, der ohne Eigenmacht Sparbücher übernommen habe, die Vorlage der Sparbücher an den Gerichtskommissär zur Sicherung aufzutragen. Ein solcher Auftrag könne auch hinsichtlich des Surrogats der Sparbücher in Form des realisierten Geldbetrages erteilt werden. Durch die Realisierung der Sparbücher habe sich die Geldforderung (gegenüber der Bank) lediglich in Bargeld verwandelt.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Rechtsfrage, ob das Verlassenschaftsgericht dem Erben auch einen Auftrag erteilen könne, das Realisat von Sparbüchern des Erblassers herauszugeben, fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung.

Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der erblasserische Sohn die Abänderung dahin, daß der Antrag des Verlassenschaftsgläubigers abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht erkannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Die Rekurslegitimation des Sohnes der Verstorbenen ist trotz des Umstandes, daß er keine Erbserklärung abgegeben, sondern sich vielmehr ausdrücklich der Erbschaft entschlagen hat, zu bejahen, weil mit der Verfügung des Rekursgerichtes unmittelbar in seine Rechtsstellung eingegriffen wurde (RZ 1968, 110; 1 Ob 613, 634/94 uva).

Der Revisionsrekurswerber steht auf dem Standpunkt, daß er die drei Sparbücher, deren behobene Einlagen er nun bar beim Verlassenschaftsgericht zu hinterlegen hätte, nicht als Erbberechtigter übernommen habe. Die Sparbücher seien ihm als originärem Eigentümer ausgehändigt worden. Wenn ein Gläubiger sein Eigentumsrecht bezweifle, müsse dies im Rechtsweg geklärt werden.

Dazu ist folgendes auszuführen:

Ua aus § 104 AußStrG ist abzuleiten, daß Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens die Sachen sind, in deren Besitz sich der Erblasser zum Todeszeitpunkt befunden hat. Nur der Besitz und nicht das Eigentum ist wesentlich dafür, ob eine Sache in das Inventar aufzunehmen ist (SZ 59/9 uva). In das Inventar sind auch angeblich fremde Sachen einzubeziehen. Bei Sparbüchern kommt es nur darauf an, daß der Erblasser Gläubiger der Sparbuchforderung war. Solange nicht ersichtlich ist, daß ein dem Erblasser als Eigentümer abhanden gekommenes Inhabersparbuch noch vor dem Ableben von einem Dritten gutgläubig erworben worden ist, ist das Sparbuch in die Abhandlung einzubeziehen (1 Ob 2309/96g). Das Verlassenschaftsgericht hat die Verpflichtung, von Amts wegen für eine "Versiegelung", d.i. die Sicherstellung der Verlassenschaftsmasse, zu sorgen, wenn eine das Vermögen übersteigende Schuldenlast zu besorgen ist, oder andere Umstände besondere Vorsicht fordern (§ 43 AußStrG). Bargeld, Wertpapiere und Einlagebücher sind bei Gericht zu erlegen (§ 45 AußStrG). Einlagebücher können auch vom Gericht gesperrt werden (4 Ob 502/85, 1 Ob 530/95 ua). Um eine derartige Sicherstellung geht es jedoch entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes hier nicht mehr. Wohl entspricht es der ständigen Rechtsprechung, daß dem Verlassenschaftsgericht die Kompetenz zukommt, einem Dritten den Auftrag zur Herausgabe von Nachlaßgegenständen zu erteilen, wenn der Dritte diese eigenmächtig in Besitz genommen hat. Ansonsten sind aber Herausgabeansprüche der Erben bzw der Verlassenschaft gegen Dritte grundsätzlich im Rechtsweg geltend zu machen (RZ 1988/20; 8 Ob 549/92 mwN). Herausgabeaufträge des Verlassenschaftsgerichtes wurden für den Fall der eigenmächtigen Inbesitznahme auch gegenüber dem Legatar (RZ 1988/20) oder dem Erben (NZ 1967, 29) für zulässig erachtet. Im vorliegenden Fall kann der Sohn der Verstorbenen aber ohnehin als Dritter im Sinne der angeführten Rechtsprechung angesehen werden, weil er eine Erbsentschlagungserklärung abgegeben hat. Es liegt aber die für ein Tätigwerden des Verlassenschaftsgerichtes erforderliche eigenmächtige Besitzentziehung nicht vor, weil der Rekurswerber aufgrund des sofort wirksam gewordenen Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes (§ 12 Abs 1 AußStrG) in den Besitz der Einlagebücher gelangt war. Es kann dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall das Verlassenschaftsgericht aufgrund der abändernden Rekursentscheidung einen Herausgabeauftrag erteilen hätte können, um solcherart die Verlassenschaftsmasse zu sichern. Ein derartiger Auftrag ist hier nicht mehr möglich, weil der Besitz an den Sparbüchern und das Bankguthaben, d.i. die Forderung gegenüber der Bank, infolge Realisierung der Sparbücher untergegangen sind, die Wiederherstellung des vor der Entziehung bestehenden Besitzstandes also unmöglich geworden ist. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß in einem solchen Fall das "Surrogat" in Form des Bargeldbetrages, der dem Realisat der Sparbücher entspricht, beim Gericht zu hinterlegen und daß dies vom Verlassenschaftsgericht anzuordnen wäre, kann nicht geteilt werden. Mit den Sicherungsmaßnahmen des Verlassenschaftsgerichtes nach den §§ 43 und 45 AußStrG wird nicht über die materielle Berechtigung über die Nachlaßgegenstände abgesprochen. Es soll nur die Verlassenschaftsmasse vorläufig sichergestellt werden. Die Sicherstellung des Sparbuchs und der darin verbrieften Guthaben ist - wie ausgeführt - nicht mehr möglich. In die Verlassenschaft fällt zwar allenfalls ein im materiellen Recht begründetes Vermögen in Form eines Bereicherungsanspruches (allenfalls auch Schadenersatzanspruches) gegen den Rekurswerber, sofern dieser entgegen seinen Angaben nicht berechtigter Eigentümer der Sparbücher gewesen sein sollte. Dieser Anspruch steht aber nur der Verlassenschaft zu und ist als obligatorische Forderung keine nach den zitierten Gesetzesbestimmungen zu sichernde Vermögensmasse. Der Bestand der Forderung gegenüber dem Schuldner ist nicht gefährdet, weil der Schuldner ja nicht einseitig das Erlöschen der Forderung bewirken kann. Ein Sicherungsbedürfnis besteht daher nicht. Die Einbringlichkeit der Forderung wiederum könnte zwar gesichert werden, etwa durch ein Verfügungsverbot. Dies ist jedoch etwas gänzlich anderes als die hier von einem Gläubiger der Verlassenschaft angestrebte Hinterlegung eines Geldbetrages, der der Forderung der Verlassenschaft entspricht. Der Verlassenschaftsgläubiger strebt in Wahrheit eine Sicherung seiner Forderung gegenüber der Verlassenschaft wie in einem Sicherungsverfahren nach den Bestimmungen der EO an. Hiefür ist das Verlassenschaftsgericht jedoch nicht zuständig (SZ 38/134). In der Verfolgung von Ansprüchen der Verlassenschaft gegen Dritte kommt es dem Abhandlungsgericht nicht zu, sich Aufgaben anzumaßen, die vor dem Erbfall bei einer Anspruchsverfolgung durch den Erblasser und nach Beendigung der Abhandlung bei einer Anspruchsverfolgung durch den Erben oder den Vermächtnisnehmer nach der Art des Anspruches dem Streitrichter zugefallen wären (RZ 1992, 261). Dieser Fall liegt hier vor. Wäre der Erblasserin schon vor ihrem Tod der Besitz an den Sparbüchern entzogen und wären diese realisiert worden, hätte sie den Rechtsweg beschreiten müssen. Nichts anderes kann gelten, wenn die Besitzentziehung durch den Dritten (worunter hier auch der nicht erbserklärte erbberechtigte Sohn zu verstehen ist) nach dem Tod, aber ohne Eigenmacht des Entziehenden erfolgte. Wem das Eigentum an den Sparbüchern und die Forderung gegenüber der Bank zusteht, kann nur im Rechtsweg geklärt werden. Ein Sicherungsfall nach den zitierten Bestimmungen des Außerstreitgesetzes besteht aus den dargelegten Gründen nicht. Das Verlassenschaftsgericht war zu der vom Gläubiger der Verlassenschaft beantragten Verfügung nicht kompetent. Dem Revisionsrekurs ist daher stattzugeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.Ua aus Paragraph 104, AußStrG ist abzuleiten, daß Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens die Sachen sind, in deren Besitz sich der Erblasser zum Todeszeitpunkt befunden hat. Nur der Besitz und nicht das Eigentum ist wesentlich dafür, ob eine Sache in das Inventar aufzunehmen ist (SZ 59/9 uva). In das Inventar sind auch angeblich fremde Sachen einzubeziehen. Bei Sparbüchern kommt es nur darauf an, daß der Erblasser Gläubiger der Sparbuchforderung war. Solange nicht ersichtlich ist, daß ein dem Erblasser als Eigentümer abhanden gekommenes Inhabersparbuch noch vor dem Ableben von einem Dritten gutgläubig erworben worden ist, ist das Sparbuch in die Abhandlung einzubeziehen (1 Ob 2309/96g). Das Verlassenschaftsgericht hat die Verpflichtung, von Amts wegen für eine "Versiegelung", d.i. die Sicherstellung der Verlassenschaftsmasse, zu sorgen, wenn eine das Vermögen übersteigende Schuldenlast zu besorgen ist, oder andere Umstände besondere Vorsicht fordern (Paragraph 43, AußStrG). Bargeld, Wertpapiere und Einlagebücher sind bei Gericht zu erlegen (Paragraph 45, AußStrG). Einlagebücher können auch vom Gericht gesperrt werden (4 Ob 502/85, 1 Ob 530/95 ua). Um eine derartige Sicherstellung geht es jedoch entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes hier nicht mehr. Wohl entspricht es der ständigen Rechtsprechung, daß dem Verlassenschaftsgericht die Kompetenz zukommt, einem Dritten den Auftrag zur Herausgabe von Nachlaßgegenständen zu erteilen, wenn der Dritte diese eigenmächtig in Besitz genommen hat. Ansonsten sind aber Herausgabeansprüche der Erben bzw der Verlassenschaft gegen Dritte grundsätzlich im Rechtsweg geltend zu machen (RZ 1988/20; 8 Ob 549/92 mwN). Herausgabeaufträge des Verlassenschaftsgerichtes wurden für den Fall der eigenmächtigen Inbesitznahme auch gegenüber dem Legatar (RZ 1988/20) oder dem Erben (NZ 1967, 29) für zulässig erachtet. Im vorliegenden Fall kann der Sohn der Verstorbenen aber ohnehin als Dritter im Sinne der angeführten Rechtsprechung angesehen werden, weil er eine Erbsentschlagungserklärung abgegeben hat. Es liegt aber die für ein Tätigwerden des Verlassenschaftsgerichtes erforderliche eigenmächtige Besitzentziehung nicht vor, weil der Rekurswerber aufgrund des sofort wirksam gewordenen Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes (Paragraph 12, Absatz eins, AußStrG) in den Besitz der Einlagebücher gelangt war. Es kann dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall das Verlassenschaftsgericht aufgrund der abändernden Rekursentscheidung einen Herausgabeauftrag erteilen hätte können, um solcherart die Verlassenschaftsmasse zu sichern. Ein derartiger Auftrag ist hier nicht mehr möglich, weil der Besitz an den Sparbüchern und das Bankguthaben, d.i. die Forderung gegenüber der Bank, infolge Realisierung der Sparbücher untergegangen sind, die Wiederherstellung des vor der Entziehung bestehenden Besitzstandes also unmöglich geworden ist. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß in einem solchen Fall das "Surrogat" in Form des Bargeldbetrages, der dem Realisat der Sparbücher entspricht, beim Gericht zu hinterlegen und daß dies vom Verlassenschaftsgericht anzuordnen wäre, kann nicht geteilt werden. Mit den Sicherungsmaßnahmen des Verlassenschaftsgerichtes nach den Paragraphen 43 und 45 AußStrG wird nicht über die materielle Berechtigung über die Nachlaßgegenstände abgesprochen. Es soll nur die Verlassenschaftsmasse vorläufig sichergestellt werden. Die Sicherstellung des Sparbuchs und der darin verbrieften Guthaben ist - wie ausgeführt - nicht mehr möglich. In die Verlassenschaft fällt zwar allenfalls ein im materiellen Recht begründetes Vermögen in Form eines Bereicherungsanspruches (allenfalls auch Schadenersatzanspruches) gegen den Rekurswerber, sofern dieser entgegen seinen Angaben nicht berechtigter Eigentümer der Sparbücher gewesen sein sollte. Dieser Anspruch steht aber nur der Verlassenschaft zu und ist als obligatorische Forderung keine nach den zitierten Gesetzesbestimmungen zu sichernde Vermögensmasse. Der Bestand der Forderung gegenüber dem Schuldner ist nicht gefährdet, weil der Schuldner ja nicht einseitig das Erlöschen der Forderung bewirken kann. Ein Sicherungsbedürfnis besteht daher nicht. Die Einbringlichkeit der Forderung wiederum könnte zwar gesichert werden, etwa durch ein Verfügungsverbot. Dies ist jedoch etwas gänzlich anderes als die hier von einem Gläubiger der Verlassenschaft angestrebte Hinterlegung eines Geldbetrages, der der Forderung der Verlassenschaft entspricht. Der Verlassenschaftsgläubiger strebt in Wahrheit eine Sicherung seiner Forderung gegenüber der Verlassenschaft wie in einem Sicherungsverfahren nach den Bestimmungen der EO an. Hiefür ist das Verlassenschaftsgericht jedoch nicht zuständig (SZ 38/134). In der Verfolgung von Ansprüchen der Verlassenschaft gegen Dritte kommt es dem Abhandlungsgericht nicht zu, sich Aufgaben anzumaßen, die vor dem Erbfall bei einer Anspruchsverfolgung durch den Erblasser und nach Beendigung der Abhandlung bei einer Anspruchsverfolgung durch den Erben oder den Vermächtnisnehmer nach der Art des Anspruches dem Streitrichter zugefallen wären (RZ 1992, 261). Dieser Fall liegt hier vor. Wäre der Erblasserin schon vor ihrem Tod der Besitz an den Sparbüchern entzogen und wären diese realisiert worden, hätte sie den Rechtsweg beschreiten müssen. Nichts anderes kann gelten, wenn die Besitzentziehung durch den Dritten (worunter hier auch der nicht erbserklärte erbberechtigte Sohn zu verstehen ist) nach dem Tod, aber ohne Eigenmacht des Entziehenden erfolgte. Wem das Eigentum an den Sparbüchern und die Forderung gegenüber der Bank zusteht, kann nur im Rechtsweg geklärt werden. Ein Sicherungsfall nach den zitierten Bestimmungen des Außerstreitgesetzes besteht aus den dargelegten Gründen nicht. Das Verlassenschaftsgericht war zu der vom Gläubiger der Verlassenschaft beantragten Verfügung nicht kompetent. Dem Revisionsrekurs ist daher stattzugeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Mangels Zweiseitigkeit des Revisionsrekursverfahrens ist die Rechtsmittelbeantwortung des Verlassensschaftsgläubigers zurückzuweisen.

Anmerkung

E49289 06A03747

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00374.97M.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19980115_OGH0002_0060OB00374_97M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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