TE OGH 1998/1/15 6Ob293/97z

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Veröffentlicht am 15.01.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****gesellschaft mbH, nunmehr: R***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Taussig und Dr.Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr.Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wegen 3,600.000,-- S, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 946.800,-- S) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22. April 1997, GZ 4 R 294/96z-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.September 1996, GZ 4 Cg 82/96p-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 22.581,36 S (darin 3.763,56 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin lieferte einer Bestellerin, deren Hausbank die Beklagte war, eine Laseranlage samt Zubehör. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 14,652.000 S. Die Vertragsbestimmung des Kaufvertrages vom 20.3.1995 (Beil 5) über die Zahlungsmodalitäten lautete:

"Zahlung: Zahlungsbankgarantie öS 3,600.000,-; 70 % bei Anlieferung im Werk Linz; 20 % nach Leistungsbearbeitung, positiver Abnahme im Werk Linz und gegengezeichnetem Übernahmeprotokoll.

Haftrücklaß: 10 % ablösbar durch eine Bankgarantie auf die Dauer der Garantiezeit, Stichtag ist das Datum des Übernahmeprotokolls, von welchem die 12-monatige Bankgarantiezeit zu laufen beginnt."

Über Auftrag der Bestellerin garantierte die beklagte Bank der Klägerin die Bezahlung eines Teilbetrags von 3,6 Mio S. Der mit 24.5.1995 datierte, der Klägerin übersandte Haftbrief hatte folgenden Wortlaut:

"Haftbrief

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Firma "N*****gesellschaft mbH, ***** kauft von Ihnen laut Kaufvertrag vom 20.3.1995 eine vollautomatische Laserschneidmaschine mit Be- und Entladevorgang, Stopa-Lager mit Wiegeeinrichtung und eine Abkantmaschine mit 320 Tonnen Preßkraft um einen Kaufpreis in Höhe von S 14,652.000,-. Zur Sicherstellung für die Bezahlung des Kaufpreises ist eine Bankgarantie per S 3,600.000,-- beizubringen.

Unter dieser Voraussetzung übernehmen wir zur Sicherstellung der Rechte, die Sie aus dem vorerwähnten Geschäftsfall gegen die Firma "N*****" *****gesellschaft mbH oder dessen/deren Rechtsnachfolger erworben haben, die Haftung bis zum Betrag von

S 3,600.000,--

(in Worten: dreimillionensechshunderttausend Schilling)

bis 22.Mai 1996.

Wir verpflichten uns, Zahlung im Rahmen dieser Haftung binnen drei Bankarbeitstagen nach Erhalt Ihrer Zahlungsaufforderung ohne Prüfung des Rechtsgrundes an Sie zu leisten.

Eine Inanspruchnahme dieser Haftung ist ausschließlich mittels spätestens am letzten Gültigkeitstag bei uns einlangenden eingeschriebenen Briefes möglich, zur Wahrung der oben angeführten Frist allerdings auch fernschriftlich oder mittels Telefax, wobei die schriftliche Zahlungsaufforderung gleichzeitig an uns abzusenden ist.

Diese Haftung erlischt, falls sie nicht fristgerecht in Anspruch genommen wird. Eine Rückzahlung bereits in Anspruch genommener Beträge durch Sie ist ausschließlich an uns möglich."

Am 29.2.1996 rief die Klägerin unter Hinweis auf die Nichteinhaltung der Zahlungsverpflichtung der Bestellerin den Garantiebetrag ab. Die Bestellerin hatte gegenüber der Garantin Mängel des Werkes behauptet und sie angewiesen, den Garantiebetrag nicht auszuzahlen. Die Beklagte verweigerte die Zahlung wegen offensichtlich rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Bankgarantie.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 25.3.1996 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung des Garantiebetrages. Die Garantie sei zur Sicherstellung der Zahlung des Kaufpreises gegeben worden. Auf den Kaufpreis hafteten noch 4,500.000 S aus. Die Beklagte verweigere die Zahlung nicht aufgrund liquider Beweismittel, sondern aufgrund rechtswidriger Anweisung ihres Kunden.

Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Nach einem von der Klägerin selbst stammenden Textvorschlag hätte die Garantie nur der Sicherstellung einer Kaufpreisanzahlung dienen und nur bis zum 30.9.1995 gelten sollen. Infolge eines Versehens von Mitarbeitern der Bestellerin habe der Auftrag zur Ausstellung einer Bankgarantie mit einer Frist bis 22.5.1996 gelautet. Infolge des irrtümlich unrichtig ausgefüllten Auftrages sei die Bankgarantie mit einer Laufzeit bis 22.5.1996 ausgestellt worden. Die Beklagte habe sich hinsichtlich der Frist in einem wesentlichen Irrtum befunden, der der Klägerin offenbar hätte auffallen müssen. Die Inanspruchnahme der Bankgarantie sei rechtsmißbräuchlich erfolgt. Die Bestellerin habe nach Anlieferung der Anlage die vereinbarte Teilzahlung von 70 % der Rechnungssumme geleistet, die restlichen 30 % seien noch nicht fällig, weil wesentliche Mängel vorlägen. Der Bestellerin stünden gegenüber der Klägerin Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche von zumindest 30 % der Auftragssumme zu. Die Bestellerin habe auch eine Pönaleforderung von 1,285.500 S zuzüglich Umsatzsteuer. Der Bestellerin seien 15,442.320 S in Rechnung gestellt worden. Davon seien 11,244.888 S bezahlt worden. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Haftrücklasses von 10 % ergebe sich eine Rechnungssumme von 13,898.088 S. Nach Abzug der geleisteten Zahlungen sei nur mehr ein Betrag von 2,653.200 S offen.

Die Klägerin replizierte, daß ein Haftrücklaß von 10 % vereinbart worden sei. Die für die Gewährleistungsfrist maßgebende Betriebsgrenze von 3000 Stunden sei überschritten worden, dementsprechend sei auch der Haftrücklaß freigeworden. Die Bestellerin verweigere ohne Grund die Zahlung. Die Klägerin habe daher an der Einbringlichkeit ihrer Forderung Zweifel gehabt und deshalb die zur Sicherstellung des Gesamtkaufpreises dienende Bankgarantie abgerufen.

Das Erstgericht gab der Klage in der Hauptsache statt und wies ein Zinsenmehrbegehren ab. Es stellte den auf den S 6 bis 14 in ON 6 ersichtlichen Sachverhalt fest, von dem folgende Feststellungen hervorzuheben sind:

Die von der Beklagten ausgestellte Bankgarantie sei auch der Bestellerin zugegangen. Erst Mitte Dezember 1995 habe die Bestellerin die Klägerin aufgefordert, die offensichtlich irrtümlich von der Bestellerin in Auftrag gegebene Bankgarantie herauszugeben. Nachdem die Klägerin dies verweigert habe, habe der Rechtsvertreter der Bestellerin an die Beklagte ein Schreiben gerichtet, in dem die Beklagte angewiesen worden sei, im Falle einer Inanspruchnahme der Bankgarantie keine Leistung zu erbringen. Aus den Urkunden sei es für die Beklagte ersichtlich gewesen, daß der ursprünglich von der Klägerin stammende Textentwurf für eine Bankgarantie nicht mit dem Auftrag der Bestellerin an die Beklagte übereingestimmt habe. Aus den Urkunden sei aber nicht ersichtlich gewesen, ob die Bankgarantie lediglich der Sicherstellung der Anzahlung oder der Sicherstellung des Gesamtkaufpreises dienen hätte sollen. Die Beklagte habe lediglich die von der Bestellerin getätigten Zahlungen und Überweisungen geprüft. Der Beklagten sei auch eine Besprechungsnotiz über die Fertigstellung der Anlage bekannt gewesen. Dort hätte es geheißen, daß die Anlage in einen vorläufigen Betrieb gehen könne. Zwischen der Inanspruchnahme der Bankgarantie am 29.2.1996 und dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 4.3.1996 habe sich der Vertreter der Beklagten bei der Bestellerin erkundigt, wie es mit den Mängeln der Anlage stehe. Es sei ihm mitgeteilt worden, daß noch immer Mängel bestünden. Schriftliche Unterlagen über die Mängel seien der Beklagten nicht vorgelegen. Aus dem Kaufvertrag habe der Vertreter der Beklagten gewußt, daß für den Haftrücklaß von 10 % eine Bankgarantie von der Klägerin beizubringen gewesen wäre. Daß diese Bankgarantie nicht übergeben worden sei, habe die Bestellerin der Beklagten nicht mitgeteilt. Am 29.2.1996 seien 4,197.432 S unberichtigt gewesen. Selbst nach Abzug des Haftrücklasses wären noch 2,653.200 S offen gewesen. Mit Schreiben vom 5.8.1996 habe die Bestellerin der Klägerin mitgeteilt, daß die für die Gewährleistung maßgebliche 3000-Stundengrenze bereits überschritten sei. Der Kaufvertrag habe hinsichtlich der Garantie folgendes vorgesehen:

"Gewährleistung der Laserschneidmaschine beträgt 12 Monate im Dreischichtbetrieb ab Endabnahme, längstens jedoch 24 Monate nach Lieferung (maximal 3000 Stunden)". Der Haftrücklaß sei für die Dauer der Garantiezeit vereinbart worden.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Beklagte einen Irrtum aus dem Rechtsverhältnis zwischen ihr und der begünstigten Klägerin nicht nachgewiesen habe. Die Beklagte habe in ihrem Haftbrief genau das erklärt, worum sie von der Bestellerin ersucht worden sei. Ein von der Klägerin listig herbeigeführter Irrtum liege nicht vor. Einwendungen aus dem Valutaverhältnis stünden dem Garanten nur innerhalb der engen Grenzen der rechtsmißbräuchlichen Abrufung der Bankgarantie zu. Die Beklagte hätte beweisen müssen, daß sie von ihrer Auftraggeberin zur Zeit der Inanspruchnahme der Garantie eindeutige und durchschlagende Beweise darüber erhalten habe, daß der Anspruch im Valutaverhältnis nicht bestehe. Derartige liquide Beweise seien der Beklagten nicht vorgelegen. Die Durchführung von Beweisen hinsichtlich des Vorliegens von Mängeln der Anlage widerspreche dem Sinn und Zweck der Bankgarantie. Daß die Voraussetzungen für die Freilassung des Haftrücklasses zum Zeitpunkt der Abrufung der Bankgarantie noch nicht vorgelegen seien, sei der Beklagten durch keinerlei durchschlagende Beweismittel bekannt gewesen. Wegen der Abstraktheit der Bankgarantie sei die Beklagte zur Zahlung verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß das Mehrbegehren von 946.800 S abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und beurteilte die Sache rechtlich im wesentlichen dahin, daß das Nichtvorliegen eines Irrtums (über die Laufzeit der Bankgarantie) sich schon aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten ableiten ließe. Der Einwand der rechtsmißbräuchlichen Abrufung der Bankgarantie stehe nur bei liquider Beweisbarkeit zu. Der Abruf einer Garantie bloß vor Fälligkeit des Anspruchs aus dem Grundverhältnis sei nicht sittenwidrig. Das Vorliegen wesentlicher Mängel der gelieferten Anlage sei nicht liquid erweisbar. Beweise über die behaupteten Mängel seien nicht aufzunehmen gewesen, weil sonst der mit der abstrakten Garantie verfolgte Zweck nicht erreichbar sei. Aus den Bestimmungen über die Zahlung, den Haftrücklaß und die Garantie im Kaufvertrag ergebe sich, daß der Haftrücklaß erst zu einem Zeitpunkt nach Ablauf der Bankgarantie freiwerden sollte. Der Haftrücklaß von 10 % hätte der Sicherung von Gewährleistungsansprüchen der Bestellerin dienen sollen. Daraus folge, daß die Bankgarantie über 3,6 Mio S nur der Sicherung von Zahlungsansprüchen der Klägerin im Umfang von bis zu 90 % des Kaufpreises beizubringen gewesen sei. Nach Abzug des Haftrücklasses bestehe nur eine offene Forderung von 2,653.200 S. Die Voraussetzungen für die Freilassung des Haftrücklasses seien zum Zeitpunkt der Abrufung der Garantie noch nicht vorgelegen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes müsse in diesem Umfang der Vorwurf des Rechtsmißbrauches gemacht werden. Das Beharren auf die Erbringung der Garantieleistung sei auch dann rechtsmißbräuchlich, wenn dem Begünstigten völlig eindeutig nachgewiesen werde, daß ihm aus dem Valutaverhältnis kein Anspruch zustehe. Hier sei der Beklagten der eindeutige Nachweis gelungen, daß sowohl zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Garantie als auch noch zum Zeitpunkt des Ablaufs der Haftungszeit am 22.5.1996 die Klägerin keinen Anspruch auf Auszahlung des dem Haftrücklaß entsprechenden Betrages gehabt habe. Die Klägerin versuche die Garantie für Zwecke zu nutzen, für die sie nicht begünstigt werden sollte. Der diesbezügliche Einwand der Beklagten gehe über den Einwand der mangelnden Fälligkeit hinaus.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision mangels Rechtsfragen mit einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung nicht zulässig sei.

Die außerordentliche Revision der Beklagten wurde mit Beschluß des erkennenden Senates vom 16.10.1997 mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der Beklagten wurde mit Beschluß des erkennenden Senates vom 16.10.1997 mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß der Klage zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

In der freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage der Voraussetzungen, unter welchen Umständen ein vor Fälligkeit der gesicherten Forderung erfolgter Abruf einer Bankgarantie als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren ist, eine gefestigte und einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht vorliegt. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Zum Wesen der Bankgarantie gehört der Ausschluß von Einwendungen aus dem Grundgeschäft. Sie ist ein nicht akzessorisches Sicherungsgeschäft. Erlangt der Garant (hier eine Bank) Kenntnis von Einwendungen und Einreden des Auftraggebers gegenüber dem Begünstigten aus dem Kausalverhältnis, ist er gegenüber dem Auftraggeber nicht verpflichtet und gegenüber dem Begünstigten nicht berechtigt, die Auszahlung der Garantiesumme zu verweigern. Die Bankgarantie soll dem Begünstigten eine sichere, durch Einwendungen nicht verzögerte Zahlung gewährleisten. Streitigkeiten sollen erst nach der Zahlung abgewickelt werden. Die Frage der materiellen Berechtigung der gesicherten Forderung ist erst in einem Nachverfahren zu prüfen (SZ 67/111 mwN). Dem Garanten steht nach hM lediglich der Einwand des Rechtsmißbrauchs zu. Diesen Rechtsmißbrauch des Begünstigten hat der Auftraggeber der Bank "liquid" nachzuweisen. Der Garant soll in die Lage versetzt werden, dem Begünstigten den Rechtsmißbrauch ohne Prozeßrisiko entgegensetzen zu können. Für ihre Meinung, daß die Inanspruchnahme der Garantie vor Fälligkeit des vom vereinbarten Haftrücklaß betroffenen Teils des Kaufpreises rechtsmißbräuchlich gewesen sei, führt die Revisionswerberin die Entscheidung 8 Ob 645/91 (= ÖBA 1992, 573 mit Anm Koziols, weiters veröffentlicht in ÖZW 1992, 92 mit Anm Lindingers) ins Treffen. Wohl wurde dort ausgeführt, daß das Verlangen der Zahlung aus einer Garantie vor Fälligkeit für sich allein noch keinen Rechtsmißbrauch darstelle, der zu beurteilende Sachverhalt bestand aber darin, daß der abrufende Begünstigte bei einer Garantiefrist bis 30.6.1989 in der Abrufung vom 27.2.1989 Zahlung bis 15.3.1989 (bzw 20.3.1989) verlangt hatte und selbst in der Abrufung offenlegte, daß die Fälligkeit erst zu diesen Zeitpunkten eintreten werde. Der Oberste Gerichtshof vertrat die Auffassung, daß im Zahlungsbegehren vor Fälligkeit wegen vertretbarer Rechtsansicht kein evidenter Rechtsmißbrauch liege. Nach § 1434 letzter Fall ABGB bestehe kein Rückforderungsrecht (des Schuldners). In der Vorverlegung der Zahlung allein, wenn später ohnehin zu zahlen wäre, liege kein berücksichtigungswürdiger Schaden. Koziol verweist in seiner Entscheidungsbesprechung auf die wesentliche Frage, daß die Rechtsmißbräuchlichkeit davon abhänge, wann die Fälligkeit der zum Zeitpunkt des Abrufs der Garantie noch nicht fälligen Forderung eintreten werde. Erfolge die Inanspruchnahme der Garantie ganz erheblich vor der Fälligkeit des Anspruchs aus dem Grundverhältnis und drohe dem Schuldner dadurch ein berücksichtigungswürdiger Schaden, so könne sie - bei Schädigungsabsicht des Begünstigten - rechtsmißbräuchlich sein (Koziol aaO 578). Auch Lindinger stimmt im Ergebnis der von ihm besprochenen Entscheidung zu und unterscheidet zwei Fälle: 1. den Einwand der garantierenden Bank, daß der Garantiefall schon nach den Behauptungen des abrufenden Begünstigten nicht eingetreten sei, der Sicherungszweck also nicht erreicht werden könne und 2. den Einwand des Rechtsmißbrauchs. Letzteren habe der in der besprochenen Entscheidung auf Rückzahlung klagende Auftraggeber nicht eindeutig nachweisen können (Lindinger aaO 95 f).Zum Wesen der Bankgarantie gehört der Ausschluß von Einwendungen aus dem Grundgeschäft. Sie ist ein nicht akzessorisches Sicherungsgeschäft. Erlangt der Garant (hier eine Bank) Kenntnis von Einwendungen und Einreden des Auftraggebers gegenüber dem Begünstigten aus dem Kausalverhältnis, ist er gegenüber dem Auftraggeber nicht verpflichtet und gegenüber dem Begünstigten nicht berechtigt, die Auszahlung der Garantiesumme zu verweigern. Die Bankgarantie soll dem Begünstigten eine sichere, durch Einwendungen nicht verzögerte Zahlung gewährleisten. Streitigkeiten sollen erst nach der Zahlung abgewickelt werden. Die Frage der materiellen Berechtigung der gesicherten Forderung ist erst in einem Nachverfahren zu prüfen (SZ 67/111 mwN). Dem Garanten steht nach hM lediglich der Einwand des Rechtsmißbrauchs zu. Diesen Rechtsmißbrauch des Begünstigten hat der Auftraggeber der Bank "liquid" nachzuweisen. Der Garant soll in die Lage versetzt werden, dem Begünstigten den Rechtsmißbrauch ohne Prozeßrisiko entgegensetzen zu können. Für ihre Meinung, daß die Inanspruchnahme der Garantie vor Fälligkeit des vom vereinbarten Haftrücklaß betroffenen Teils des Kaufpreises rechtsmißbräuchlich gewesen sei, führt die Revisionswerberin die Entscheidung 8 Ob 645/91 (= ÖBA 1992, 573 mit Anmerkung Koziols, weiters veröffentlicht in ÖZW 1992, 92 mit Anmerkung Lindingers) ins Treffen. Wohl wurde dort ausgeführt, daß das Verlangen der Zahlung aus einer Garantie vor Fälligkeit für sich allein noch keinen Rechtsmißbrauch darstelle, der zu beurteilende Sachverhalt bestand aber darin, daß der abrufende Begünstigte bei einer Garantiefrist bis 30.6.1989 in der Abrufung vom 27.2.1989 Zahlung bis 15.3.1989 (bzw 20.3.1989) verlangt hatte und selbst in der Abrufung offenlegte, daß die Fälligkeit erst zu diesen Zeitpunkten eintreten werde. Der Oberste Gerichtshof vertrat die Auffassung, daß im Zahlungsbegehren vor Fälligkeit wegen vertretbarer Rechtsansicht kein evidenter Rechtsmißbrauch liege. Nach Paragraph 1434, letzter Fall ABGB bestehe kein Rückforderungsrecht (des Schuldners). In der Vorverlegung der Zahlung allein, wenn später ohnehin zu zahlen wäre, liege kein berücksichtigungswürdiger Schaden. Koziol verweist in seiner Entscheidungsbesprechung auf die wesentliche Frage, daß die Rechtsmißbräuchlichkeit davon abhänge, wann die Fälligkeit der zum Zeitpunkt des Abrufs der Garantie noch nicht fälligen Forderung eintreten werde. Erfolge die Inanspruchnahme der Garantie ganz erheblich vor der Fälligkeit des Anspruchs aus dem Grundverhältnis und drohe dem Schuldner dadurch ein berücksichtigungswürdiger Schaden, so könne sie - bei Schädigungsabsicht des Begünstigten - rechtsmißbräuchlich sein (Koziol aaO 578). Auch Lindinger stimmt im Ergebnis der von ihm besprochenen Entscheidung zu und unterscheidet zwei Fälle: 1. den Einwand der garantierenden Bank, daß der Garantiefall schon nach den Behauptungen des abrufenden Begünstigten nicht eingetreten sei, der Sicherungszweck also nicht erreicht werden könne und 2. den Einwand des Rechtsmißbrauchs. Letzteren habe der in der besprochenen Entscheidung auf Rückzahlung klagende Auftraggeber nicht eindeutig nachweisen können (Lindinger aaO 95 f).

Die in der Entscheidung 8 Ob 645/91 vertretene Auffassung hat der Oberste Gerichtshof in SZ 66/140 ausdrücklich bekräftigt. Die Klage des Begünstigten sei abzuweisen, wenn er zum Zeitpunkt der Abrufung der Garantie gewußt habe, daß der gesicherte Anspruch nicht bestanden habe und mit seiner Entstehung auch nicht mehr zu rechnen sei, oder wenn er aus purer Schädigungsabsicht gehandelt habe, nicht aber, wenn er von der Berechtigung zur Inanspruchnahme der Garantie ausgegangen sei.

Gestützt auf die zitierte Vorjudikatur macht die Klägerin hier geltend, daß ein Wissen der Klägerin über die fehlende Berechtigung der gesicherten Forderung nicht festgestellt worden sei, und bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Garantie wegen des vereinbarten Haftrücklasses nur 90 % des Kaufpreises umfasse. Erstmalig im Revisionsverfahren beruft sich die Klägerin darauf, daß die vereinbarte Garantiezeit (d.i. die vereinbarte Gewährleistungsfrist von "12 Monaten im Dreischichtbetrieb ab Endabnahme, längstens jedoch 24 Monate nach Lieferung [maximal 3000 Stunden]") durchaus auch vor Ablauf der Bankgarantie am 26.5.1996 enden hätte können, sodaß im Hinblick auf den Wortlaut der Garantie von einer Sicherung des Gesamtkaufpreises auszugehen sei. Tatsächlich sei die Gewährleistungsfrist am 5.8.1996 wegen Ablaufs der vereinbarten Betriebsdauer der Anlage von 3000 Stunden abgelaufen. Diesem Revisionsvorbringen kann zugestanden werden, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Vertragsauslegung, daß der vom Haftrücklaß betroffene Kaufpreisteil keinesfalls von der Bankgarantie erfaßt gewesen sein konnte, nicht derart zwingend ist, daß wegen unvertretbarer Rechtsansicht der Klägerin ein Rechtsmißbrauch angenommen werden könnte. Damit ist aber für den Standpunkt der Klägerin noch nichts gewonnen. Sie übersieht nämlich den von ihr selbst zugestandenen (§§ 266 f ZPO) Umstand, daß sie den vom Haftrücklaß betroffenen Kaufpreisteil mit der Inanspruchnahme der Garantie ganz bewußt vor Fälligkeit geltend gemacht hat, weil sie wegen der Zahlungsverweigerung der Bestellerin um die Einbringlichkeit der Forderung fürchtete (S 6 zu ON 5). Damit gestand die Klägerin selbst die mangelnde Berechtigung wegen fehlender Fälligkeit der gesicherten Forderung ein und legte die mißbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie selbst offen. Die Bankgarantie wurde nicht zur Sicherung noch nicht fälliger Forderungen gegeben. Daß der Kaufpreisteil noch innerhalb der Garantiefrist fällig werden werde und daß die Klägerin auch damit gerechnet hätte, wurde von ihr nicht einmal behauptet. Tatsächlich ist die Fälligkeit auch erst nach Ablauf der Garantiefrist eingetreten. Es liegt daher nicht der von der zitierten Vorjudikatur behandelte Fall eines Abrufs der Garantie vor Fälligkeit bei Vorliegen einer vertretbaren Rechtsansicht über die Berechtigung, sondern ein Mißbrauchsfall vor, bei dem der Begünstigten anzulasten ist, daß sie im Bewußtsein der mangelnden Fälligkeit die Garantie vor Eintritt des Garantiefalls zu vertragsfremden Zwecken nützen wollte. Nur ergänzend sei dazu noch bemerkt, daß die Klägerin einerseits von der Bestellerin die Auszahlung des gesamten Kaufpreises verlangt und die Bankgarantie auch hinsichtlich des Haftrücklasses abrief, andererseits aber ihrer eigenen vertraglichen Verpflichtung zur Absicherung des Haftrücklasses, der möglichen Gewährleistungsansprüchen der Bestellerin dienen soll, durch Beibringung einer Bankgarantie nicht nachgekommen ist. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Rechtsmißbräuchlichkeit des Abrufs der Bankgarantie bejaht. Die Revision ist daher nicht berechtigt.Gestützt auf die zitierte Vorjudikatur macht die Klägerin hier geltend, daß ein Wissen der Klägerin über die fehlende Berechtigung der gesicherten Forderung nicht festgestellt worden sei, und bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Garantie wegen des vereinbarten Haftrücklasses nur 90 % des Kaufpreises umfasse. Erstmalig im Revisionsverfahren beruft sich die Klägerin darauf, daß die vereinbarte Garantiezeit (d.i. die vereinbarte Gewährleistungsfrist von "12 Monaten im Dreischichtbetrieb ab Endabnahme, längstens jedoch 24 Monate nach Lieferung [maximal 3000 Stunden]") durchaus auch vor Ablauf der Bankgarantie am 26.5.1996 enden hätte können, sodaß im Hinblick auf den Wortlaut der Garantie von einer Sicherung des Gesamtkaufpreises auszugehen sei. Tatsächlich sei die Gewährleistungsfrist am 5.8.1996 wegen Ablaufs der vereinbarten Betriebsdauer der Anlage von 3000 Stunden abgelaufen. Diesem Revisionsvorbringen kann zugestanden werden, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Vertragsauslegung, daß der vom Haftrücklaß betroffene Kaufpreisteil keinesfalls von der Bankgarantie erfaßt gewesen sein konnte, nicht derart zwingend ist, daß wegen unvertretbarer Rechtsansicht der Klägerin ein Rechtsmißbrauch angenommen werden könnte. Damit ist aber für den Standpunkt der Klägerin noch nichts gewonnen. Sie übersieht nämlich den von ihr selbst zugestandenen (Paragraphen 266, f ZPO) Umstand, daß sie den vom Haftrücklaß betroffenen Kaufpreisteil mit der Inanspruchnahme der Garantie ganz bewußt vor Fälligkeit geltend gemacht hat, weil sie wegen der Zahlungsverweigerung der Bestellerin um die Einbringlichkeit der Forderung fürchtete (S 6 zu ON 5). Damit gestand die Klägerin selbst die mangelnde Berechtigung wegen fehlender Fälligkeit der gesicherten Forderung ein und legte die mißbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie selbst offen. Die Bankgarantie wurde nicht zur Sicherung noch nicht fälliger Forderungen gegeben. Daß der Kaufpreisteil noch innerhalb der Garantiefrist fällig werden werde und daß die Klägerin auch damit gerechnet hätte, wurde von ihr nicht einmal behauptet. Tatsächlich ist die Fälligkeit auch erst nach Ablauf der Garantiefrist eingetreten. Es liegt daher nicht der von der zitierten Vorjudikatur behandelte Fall eines Abrufs der Garantie vor Fälligkeit bei Vorliegen einer vertretbaren Rechtsansicht über die Berechtigung, sondern ein Mißbrauchsfall vor, bei dem der Begünstigten anzulasten ist, daß sie im Bewußtsein der mangelnden Fälligkeit die Garantie vor Eintritt des Garantiefalls zu vertragsfremden Zwecken nützen wollte. Nur ergänzend sei dazu noch bemerkt, daß die Klägerin einerseits von der Bestellerin die Auszahlung des gesamten Kaufpreises verlangt und die Bankgarantie auch hinsichtlich des Haftrücklasses abrief, andererseits aber ihrer eigenen vertraglichen Verpflichtung zur Absicherung des Haftrücklasses, der möglichen Gewährleistungsansprüchen der Bestellerin dienen soll, durch Beibringung einer Bankgarantie nicht nachgekommen ist. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Rechtsmißbräuchlichkeit des Abrufs der Bankgarantie bejaht. Die Revision ist daher nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E49286 06AA2937

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00293.97Z.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19980115_OGH0002_0060OB00293_97Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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