Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des M in W, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen das beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Dienstzuteilung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Säumnisbeschwerde und den mit ihr vorgelegten bzw. nachgereichten Unterlagen ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer steht als Inspektor in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist der Österreichischen Post Aktiengesellschaft (AG) zur Verwendung zugewiesen.
In einer "an das Personalamt Wien der Österreichischen
Post AG" gerichteten Eingabe vom 24. Juni 2003 brachte er vor, ihm
sei "mit 1.11.1994 ... durch die Erledigung der Post- und
Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland in
Wien vom 18.10.1994 ... der Arbeitsplatz 'Kontrollbeamter in der
Zustellabteilung' zugewiesen" worden. Durch Bescheid derselben Behörde vom 14. Dezember 1994 sei er in Verbindung damit auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 2 ernannt worden. Er sei auch mehrere Jahre lang auf diesem Arbeitsplatz verwendet worden. Dieser bestehe mit der neuen Bezeichnung "Distributionsleiter Arbeitsgruppe Vorsortierung" inhaltlich unverändert fort. Seit 1998 sei seine tatsächliche Verwendung jedoch auf dem Arbeitsplatz "ständiger Außendienst" erfolgt. Dabei habe es sich um eine - mit seinem Einverständnis erfolgte - "vorübergehende Verwendung" gehandelt; er sei allerdings nie auf diesen Arbeitsplatz versetzt worden. "Nunmehr" sei er dem "Job-Center der Österreichischen Post AG dienstzugeteilt" worden. Dabei handle es sich um eine nicht adäquate Verwendung, weshalb er mit dieser Dienstzuteilung nicht einverstanden sei. Er stelle somit den Antrag, ihn ab sofort wieder auf seinem Stammarbeitsplatz "Distributionsleiter Arbeitsgruppe Vorsortierung (früher 'Kontrollbeamter in der Zustellabteilung')" zu verwenden und einen Bescheid über seine weitere Verwendung und den von ihm innegehabten Arbeitsplatz zu erlassen.
Nach seinem Vorbringen wurde dem Beschwerdeführer - ohne dass über diesen Antrag entschieden worden wäre - mit Schreiben vom 17. November 2003 die Absicht angekündigt, ihn zum "Jobcenter zu versetzen". Nachdem er dagegen mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2003 Einwendungen erhoben hatte, wurde ihm (unter Bezugnahme auf seine Einwendungen) mit (der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten) "Zuschrift" vom 13. Februar 2004 mitgeteilt, dass sein (früherer) Arbeitsplatz (Kontrolldienst) im Zuge der Neuorganisation der Zustellbasis 1010 Wien aufgelassen worden sei und man statt dessen sechs Arbeitsplätze "Distributionsleiter" eingerichtet habe. Diese Funktionen seien nach Ausschreibung, an der sich der Beschwerdeführer jedoch nicht beteiligt habe, vergeben worden. Dieses Schreiben trägt im Kopf die Bezeichnung "Personalmanagement Personalamt Dresdnerstraße 108, 1200 Wien" sowie "post.at". In seinem Schreiben vom 1. März 2004 erwiderte der Beschwerdeführer (nach seinen Angaben), dass "eine konkrete Erhebung das Fortbestehen des Arbeitsplatzes" ergeben werde. Ein Versetzungs(Verwendungsänderungs)bescheid der Dienstbehörde erging in der Folge nicht.
Mit an die belangte Behörde gerichtetem Devolutionsantrag vom 11. April 2005 beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungszuständigkeit betreffend seinen (unerledigten) Antrag vom 24. Juni 2003. Die Eingabe vom 11. April 2005 war an die Anschrift der Dienstbehörde erster Instanz gerichtet.
Mit der vorliegenden, am 22. Februar 2006 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung seines Antrages vom 24. Juni 2003, seines Devolutionsantrages vom 11. April 2005 und der Säumnisbeschwerde über seine Verwendung und den von ihm innegehabten Arbeitsplatz (feststellend) absprechen.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2006 äußerte sich die belangte Behörde - nach zahlreichen Urgenzen durch den Verwaltungsgerichtshof - dahin, dass ihr der Devolutionsantrag vom 11. April 2005 nicht zugegangen sei. Über Aufforderung sei ihr vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 16. März 2006 mitgeteilt worden, dass "der gegenständliche Devolutionsantrag bei der nachgeordneten Dienstbehörde, dem Personalamt Wien" (1200 Wien, Dresdnerstraße 108), eingebracht worden sei. Recherchen bezüglich der Weiterleitung des Devolutionsantrages an die belangte Behörde seien "ergebnislos" verlaufen.
Der Beschwerdeführer hat dieses Vorbringen in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2006 nicht bestritten. Er hat jedoch ausgeführt, er habe die genannte Anschrift in der Dresdnerstraße im Hinblick darauf angegeben, dass damals das (obgenannte) Schreiben vom 13. Februar 2004 vorgelegen sei. Darin scheine "als Briefkopf auf 'Personalmanagement' sowie 'Post.at'", was "als umfassende Bezeichnung für die mit dem Personalwesen betrauten Organisationseinheiten verstanden wurde und auch verstanden werden konnte". Er sei daher davon ausgegangen, dass "die dazu angegebene Adresse nicht nur für das Personalamt Wien, sondern auch für das Personalamt beim Vorstand der österreichischen Post AG Gültigkeit hat". Im Devolutionsantrag sei der Adressat richtig bezeichnet. Es stelle ausschließlich eine Angelegenheit der inneren Organisation der AG dar, "ob auch innerhalb ihres Gesamtapparates die entsprechende Weiterleitung an zuständige Organe erfolgte".
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann nach § 27 Abs. 1 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt, bei der er einzubringen war.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8 AVG) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen.
Maßgeblich für den Übergang der Zuständigkeit ist demnach das Einlangen des Devolutionsantrages bei der Oberbehörde, im Beschwerdefall also bei dem beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamt (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 234f zu § 73 AVG; Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003), Rz 642, jeweils mwN der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Um ein Einlangen bei der belangten Behörde zu bewirken, hätte sich der Beschwerdeführer einer dieser Behörde, nicht aber der Dienstbehörde erster Instanz zugewiesenen Einlaufstelle bedienen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2002/09/0074).
Im Beschwerdefall wurde der Devolutionsantrag zwar an die belangte Behörde gerichtet. Er war aber - wie aus der dem Parteiengehör unterzogenen Stellungnahme der belangten Behörde vom 6. Juni 2006 unbestritten hervorgeht - mit einer falschen Adresse (nämlich der Anschrift der nachgeordneten Dienstbehörde) versehen. Bei dieser nachgeordneten Dienstbehörde handelt es sich um eine selbständige Behörde (§ 17 Abs. 3 des Poststrukturgesetzes - PTSG). Die belangte Behörde ist dagegen beim Vorstand (= Sitz der Unternehmenszentrale) der AG eingerichtet.
Dass die belangte Behörde und die nachgeordnete Dienstbehörde eine gemeinsame Einlaufstelle unter der Adresse der nachgeordneten Dienstbehörde hätten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Derartiges hat sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Ermittlungsverfahren ergeben.
Soweit der Beschwerdeführer im Ergebnis die "Unschädlichkeit" der Fehladressierung des Devolutionsantrages unter Berufung auf den Briefkopf des ihm zuvor zugegangenen Schreibens vom 13. Februar 2004 geltend macht, besteht ein derartiger Vertrauensschutz nicht, zumal die Angaben im Kopf ("Personalmanagement" und "Post.at") keinen klaren Hinweis darauf enthalten, dass es von der belangten Behörde ausgegangen ist. Dazu kommt, dass diese Zuschrift zweifellos in dem auf Grund der Mitteilung vom 17. November 2003 eingeleiteten "Versetzungs"(Verwendungsänderungs)verfahren ergangen ist, nimmt es doch Bezug auf die vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Einwendungen (vom 3. Dezember 2003). Für ein solches Verfahren war jedoch das Personalamt Wien zuständig, was auch der Auffassung des Beschwerdeführers in seiner im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergangenen Stellungnahme vom 23. Juni 2006 entsprechen dürfte, ist er doch davon ausgegangen, dass die (in diesem Schriftstück) angegebene Adresse "nicht nur für das Personalamt Wien, sondern auch für das Personalamt beim Vorstand der Österreichischen Post AG Gültigkeit hat". Auch vor diesem Hintergrund spricht nichts für die Auffassung des Beschwerdeführers.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers unter der von ihm gewählten Adresse bei der nachgeordneten Dienstbehörde tatsächlich eingelangt ist. Sofern das der Fall gewesen sein sollte, war die Dienstbehörde erster Instanz nämlich gemäß § 6 AVG zur Weiterleitung an die belangte Behörde verpflichtet (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. April 2005, Zl. 2005/12/0063). Nach der unbestritten gebliebenen Angabe in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 6. Juni 2006 ist jedoch der Devolutionsantrag nicht bei ihr eingelangt. Die Frist für die Entscheidung beginnt erst mit dem Einlangen bei der zuständigen Behörde (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003), Rz 643; sowie das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2001/07/0040, betreffend den mit der vorliegenden Konstellation vergleichbaren Fall des Einbringens bei einer unzuständigen Behörde). Das Unterbleiben einer Weiterleitung des Devolutionsantrages durch die Dienstbehörde erster Instanz ändert am Eintritt dieser Rechtsfolge nichts (vgl. den hg. Beschluss vom 25. September 2002, Zl. 2002/12/0235).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 13. September 2006
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006120031.X00Im RIS seit
22.12.2006