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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des S B, geboren 1970, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Oktober 2003, Zl. 111.787/7- III/4/03, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 14. Oktober 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Dezember 2002 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Dem am 28. November 1988 in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführer seien zwei Wiedereinreise-Sichtvermerke ausgestellt worden. Mit Bescheid vom 8. Juni 1990 sei gegen ihn ein bis 30. Juni 1995 gültiges Aufenthaltsverbot erlassen und am 13. Juni 1990 sei er aus Österreich abgeschoben worden. Im November 1990 sei er (trotz des Aufenthaltsverbotes) nach Österreich eingereist und habe am 13. April 1992 die österreichische Staatsbürgerin Angelika H. geheiratet, die am 25. Juli 1992 verstorben sei. Das Aufenthaltsverbot sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. November 1993 aufgehoben, nachfolgende Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln abgewiesen worden. Mit Bescheid vom 28. Februar 1996 habe die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer (wiederum) ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Die dagegen eingebrachte Berufung sei von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien abgewiesen worden. Am 12. März 1996 sei der Beschwerdeführer (wiederum) aus Österreich abgeschoben worden.
Am 23. September 2002 sei der Beschwerdeführer (nach Ablauf der Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes) mit einem Visum C nach Österreich eingereist und habe sich in Wien angemeldet. Ihm sei vom Arbeitsmarktservice Wien ein vom 25. September 2002 bis zum 24. September 2007 gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden. Dem Beschwerdeführer sei bisher weder eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch eine Niederlassungsbewilligung nach dem FrG erteilt worden. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung würden vorliegen, wenn der Fremde nach Ablauf einer erteilten Aufenthaltsbewilligung, welche einer Niederlassungsbewilligung gleichzuhalten sei, auf Dauer niedergelassen wäre. Ein Wiedereinreise-Sichtvermerk sei nicht als Aufenthaltsbewilligung anzusehen. Bei der gegenständlichen Antragstellung vom 10. Dezember 2002 handle es sich um einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, der entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 2 FrG im Inland gestellt worden sei. Humanitäre Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG seien nicht behauptet worden. Der Beschwerdeführer hätte seinen Antrag daher vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen. Überdies sei gemäß § 10 Abs. 2 FrG die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels zu versagen, wenn der Aufenthaltstitel - wie vorliegend - zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließe und nach der Einreise erteilt werden solle. Die Kriterien zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung würden sich ausschließlich am FrG orientieren. Auf Grund einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung allein könne keine Niederlassungsbewilligung erteilt werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei, obwohl er keine Niederlassungsbewilligung erhalten habe. Er verfüge damit über eine öffentliche Urkunde, die ihm ein Recht auf Arbeit in Österreich verbriefe. Wenn es ihm erlaubt sei, in Österreich zu arbeiten, so sei ihm auch erlaubt, sich in Österreich aufzuhalten.
1.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass ein Befreiungsschein weder einen rechtmäßigen Aufenthalt (vgl. das einen türkischen Staatsangehörigen betreffende hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2005/18/0589) noch die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG zu begründen vermag, weil das FrG für eine derartige Fallkonstellation keine Grundlage für eine Inlandsantragstellung bietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 2001, Zl. 2001/19/0035). Die Ausstellung eines Befreiungsscheins enthebt den Ausländer nach § 25 AuslBG auch nicht von der Verpflichtung, den jeweils geltenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern nachzukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2006/18/0226).
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe sich von 1989 bis 1996 ununterbrochen in Österreich aufgehalten. Er sei nicht freiwillig ausgereist, sondern auf Grund des bis zum 28. Februar 2001 gültigen Aufenthaltsverbots abgeschoben worden. Nach Ablauf des Aufenthaltsverbots sei er "ordnungsgemäß und rechtmäßig" mit einem Besuchervisum eingereist. Da jenen Fremden, die trotz Aufenthaltsverbots rechtswidrig im Inland verbleiben, das Recht zukomme, einen Verlängerungsantrag im Inland zu stellen, müsse auch ihm, der sich um die österreichischen Vorschriften gekümmert habe, dieses Recht zustehen.
2.2. Nach ständiger hg. Rechtsprechung liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG nur dann vor, wenn der Fremde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm erteilten Niederlassungsbewilligung weiter auf Dauer niedergelassen bleibt, wobei die nach dem Aufenthaltsgesetz erteilte Aufenthaltsbewilligung einer Niederlassungsbewilligung gleichzuhalten ist. Ein Fremder kann jedoch nicht durch bloße Aufrechterhaltung seines Niederlassungswillens eine Niederlassung im Bundesgebiet auf Dauer beibehalten. Maßgebend ist vielmehr, dass er seine tatsächliche Niederlassung, sei es auch mit kurzfristigen Unterbrechungen seiner körperlichen Anwesenheit, aufrecht erhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0229).
Im vorliegenden Fall kann von einer Aufrechterhaltung der Niederlassung keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer am 12. März 1996 (neuerlich) aus Österreich abgeschoben wurde und erst am 23. September 2002 mit einem Visum C erneut eingereist ist. Zum Argument der Schlechterbehandlung gegenüber denjenigen Fremden, die trotz eines Aufenthaltsverbots rechtswidrig in Österreich geblieben sind und einen Verlängerungsantrag im Inland stellen, ist darauf zu verweisen, dass das Aufenthaltsverbot - als Tatsache an sich - bedeutungslos ist. Entscheidend ist, wie gesagt, ob der Fremde den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen oder die Niederlassung an einem Wohnsitz im Inland zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit aufrecht erhalten hat oder nicht. Die Besserstellung (hinsichtlich der Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu stellen) von früher zur dauernden Niederlassung berechtigt gewesenen Fremden, die rechtswidrig im Inland verbleiben, gegenüber solchen, die in Befolgung eines Aufenthaltsverbots ausreisen, findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass es im einen Fall um die Integration eines rechtmäßig eingewanderten Fremden geht, der im Inland bereits - wenn auch unberechtigt - niedergelassen ist, während im anderen Fall über den Neuzuzug eines Fremden, der nach rechtmäßiger Einwanderung - aus welchen Gründen immer - wieder ausgewandert ist, zu entscheiden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0172).
3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Niederlassungsbewilligung ist somit ein Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, der gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre. Diese Gesetzesstelle stellt eine Anordnung an die Behörde dar, die beantragte Rechtsgestaltung durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 2002/18/0226).
4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003180327.X00Im RIS seit
09.10.2006