Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Julia H*****, geboren am *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch den Unterhaltssachwalter, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. November 1997, GZ 45 R 787/97m-95, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Minderjährigen wird gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der Minderjährigen wird gemäß Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen (Paragraph 16, Absatz 3, AußStrG in Verbindung mit Paragraph 508 a, Absatz 2 und Paragraph 510, ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Frage, ob ein Unterhaltspflichtiger in der Lage und daher verpflichtet wäre, ein höheres als das tatsächliche Einkommen zu erzielen, somit auf ein höheres Einkommen anzuspannen ist, stellt sich regelmäßig als eine solche des Einzelfalles, nicht jedoch als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG dar (RIS-Justiz RS0007096) und unterliegt demnach genausowenig der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof wie die Frage, nach Ablauf welchen Zeitraums ab Schaffung des Unterhaltstitels generell von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist und ab wann also eine Bindung an den Unterhaltstitel nicht mehr besteht (EFSlg 73.546).Die Frage, ob ein Unterhaltspflichtiger in der Lage und daher verpflichtet wäre, ein höheres als das tatsächliche Einkommen zu erzielen, somit auf ein höheres Einkommen anzuspannen ist, stellt sich regelmäßig als eine solche des Einzelfalles, nicht jedoch als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG dar (RIS-Justiz RS0007096) und unterliegt demnach genausowenig der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof wie die Frage, nach Ablauf welchen Zeitraums ab Schaffung des Unterhaltstitels generell von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist und ab wann also eine Bindung an den Unterhaltstitel nicht mehr besteht (EFSlg 73.546).
Seit der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes SZ 61/143 ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden können. Daraus folgt, daß unabhängig davon, ob die seinerzeitige Unterhaltsbemessung durch gerichtlichen Vergleich oder durch gerichtliche Entscheidung erfolgte, eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit nur dann möglich ist, wenn sich die Verhältnisse geändert haben, wobei sich der hiefür maßgebliche Sachverhalt in der Vergangenheit verwirklicht haben muß. (Auch die Einstellung oder Herabsetzung der Unterhaltspflicht für die Vergan- genheit ist möglich, sofern sich der hiefür maßgebliche Sachverhalt in der Vergangenheit verwirklichte.) (10 Ob 536/94 uva). Fallen daher die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltspflichtigen weg, dann haben sich die Verhältnisse geändert und hat die Neubemessung des Unterhalts auf Grund der ab diesem Zeitpunkt tatsächlich gegebenen Umstände zu erfolgen (EFSlg 75.581, 2 Ob 2376/96t = ÖA 1997, 199). Die Anspannung darf nicht zu einer bloßen Fiktion führen, sondern muß immer auf der hypothetischen Feststellung beruhen, welches reale Einkommen der Unterhaltspflichtige in den Zeiträumen, für die die Unterhaltsbemessung erfolgt, unter Berücksichtigung seiner konkreten Fähigkeiten und Möglichkeiten bei der gegebenen Arbeitsmarktsituation zu erzielen in der Lage wäre (ÖA 1994, 101/U 96 = EFSlg 70.898; ÖA 1995, 60/U 110; ÖA 1995, 88/U 117; 2 Ob 2376/96t). Es entspricht ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes, daß eine Änderung der Verhältnisse auch dann vorliegt, wenn schon zur Zeit der Unterhaltsbemessung bzw Unterhaltsvereinbarung eingetre- tene Tatsachen (hier: die durch mangelnde Ausbildung und Alter sehr eingeschränkte Vermittelbarkeit des Unterhaltspflichtigen auf dem Arbeitsmarkt und die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit bei Aufgabe des derzeitigen Arbeitsplatzes) dem Gericht erst später bekannt werden (JBl 1995, 62; ÖA 1995, 155; EFSlg 74.807, 10 Ob 239/97p, ÖA 1997, 199 uva; Schwimann, Unterhaltsrecht 61 mwN).
Soweit sich die Rekurswerberin auf eine angebliche Abweichung des Rekursgerichtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß der zitierten Entscheidung 6 Ob 208/97z ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag: Dort ging es darum, inwieweit eine zunächst arbeitsfähige unterhaltspflichtige Mutter verhalten gewesen wäre, vor Eintritt einer Schwangerschaft einer Beschäftigung nachzugehen, um dadurch für den Zeitraum von Beschäftigungsverboten einen Anspruch auf Fortbezug des Arbeitsentgeltes zu gewährleisten. Im hier vorliegenden Fall geht es hingegen darum, ob eine ebenfalls der Umstandsklausel unterliegende Anspannung aufrecht zu erhalten ist.
Anmerkung
E49103 09A00238European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0090OB00023.98T.0128.000Dokumentnummer
JJT_19980128_OGH0002_0090OB00023_98T0000_000