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L22007 Landesbedienstete Tirol;Norm
BLKUFG Tir 1998 §24 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der K in I, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer vom 18. August 2003, Zl. KUF-28015/VOKL-8/03, betreffend Feststellung des Vorliegens eines Dienstunfalles und Gebührlichkeit von Leistungen nach dem II. Hauptstück des Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1956 geborene Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Am 9. September 1993 zog sie sich bei einem Dienstunfall (Sturz beim Sport bei einer Fortbildungsveranstaltung des Pädagogischen Instituts aus ca. 70 cm Höhe) einen Riss des linken inneren Knieseitenbandes und des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie zu. Die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer (kurz: VK) holte zu den Unfallfolgen ein Gutachten des Facharztes für Unfallchirurgie Univ. Prof. Dr. P. ein.
Dr. P. führte am 20. April 1994 u.a. Folgendes aus:
"Bisherige Behandlung ... vom 09.09.93 bis ca. drei Monate an
Unfallchirurgie Innsbruck, davon vier Tage stationär - Kreuz- und Seitenbandnaht".
Die Beschwerdeführerin schildere subjektiv bei Belastung, vor allem bei Extrembewegungen, Schmerzen im rechten Kniegelenk.
Als objektiven Befund der Unfallfolgen hielt er u.a. fest:
"Barfußgang ist unauffällig, alle Gangqualitäten sind frei durchführbar.
Rechtes Bein: Fußpulse sind tastbar, die Haut des Fußrückens ist von normaler Farbe, die Kniegelenkskonturen sind erhalten, die Kniescheibe ist gut beweglich. Reizlose Operationsnarbe, keine Fistelung, keine Verkrustung, kein Kniegelenkserguss, kein Ballottement der Kniescheibe. Bei Festigkeitsprüfung das Gelenk im Sinne der Valgisation etwas seitenlocker, angedeutetes vorderes Schubladenphänomen, Muskelschwäche des Oberschenkelstreckmuskels.
Beweglichkeit: Rechtes Kniegelenk: S 0-0-110 links S 0-0-130.
Alle übrigen Beingelenke sind seitengleich frei beweglich. ..."
(Hervorhebungen im Original)
Eine Besserung sei durch Zunahme der Muskelkraft möglich; die Herabsetzung der Erwerbsfähigkeit im ersten Jahr liege bei 20 %.
Auf dieses Gutachten gestützt stellte die VK mit Bescheid vom 13. Juni 1994 fest, dass der Unfall der Beschwerdeführerin am 9. September 1993 ein Dienstunfall im Sinne des § 25 Abs. 1 BLKUFG sei. Durch diesen Dienstunfall sei ihre Erwerbsfähigkeit vom 9. September 1993 bis 8. September 1994 um 20 v.H. vermindert. Ihr gebühre eine (in der Berechnung dargestellte) Versehrtenrente und der Ersatz näher bezeichneter Kosten.
Am 21. Dezember 1994 führte Univ. Prof. Dr. P. eine Nachuntersuchung der Beschwerdeführerin durch. Er hielt als subjektive Beschwerden fest, dass die Beschwerdeführerin "im täglichen Leben keine Beschwerden mehr habe", jedoch keine "Spring- oder Laufbelastungen" mehr durchführen könne.
Der objektive Befund der Unfallfolgen lautet:
"Alle Gangqualitäten sind frei durchführbar, kein
Schonhinken, Einbeinstand ist beiderseits möglich.
Rechtes Bein: Die Kniegelenkskonturen sind erhalten, kein Ballottement der Kniescheibe, bei Prüfung des Bandapparates zeigt sich der Bandapparat fest, keine feststellbare Instabilität im Sinne eines vorderen Schubladenphänomens mehr.
Alle Beingelenke sind frei beweglich.
Keine wesentliche Seitendifferenz der Umfangmaße.
Nach Ruptur des medialen Knieseitenbandes und vorderen Kreuzbandes rechts noch glaubhafte Belastungsbeschwerden."
Bescheinigt werde eine Zunahme der Muskelkraft und Festigung des Bandapparates. Die Verletzungsfolgen setzten die Erwerbsfähigkeit "unter 10 %" herab.
Gestützt auf dieses Gutachten stellte die VK mit Bescheid vom 20. Februar 1995 fest, "dass durch den Dienstunfall vom 9.9.1993 die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin ab 9.9.1994 für dauernd um unter 10 v.H. vermindert ist. ... Eine Versehrtenrente nach § 47 Abs. 1 BLKUFG gebührt nicht".
Die Bescheide der VK vom 13. Juni 1994 und vom 20. Februar 1995 sind unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
Bei einem Freizeitunfall am 9. Jänner 2002 verletzte sich die Beschwerdeführerin neuerlich am rechten Knie. Mit Eingabe an die VK vom 29. Jänner 2002 begehrte sie die Anerkennung dieses Freizeitunfalles als Folge des Dienstunfalles vom 9. September 1993 und die vollständige Kostenübernahme der neuerlichen Operation. Auf Grund des Seitenbandrisses und des Risses des vorderen Kreuzbandes beim Dienstunfall vom 9. März 1993 habe eine Instabilität des rechten Kniegelenkes bestanden, die die Ursache für die weitere schwere Knieverletzung gebildet habe. Dazu legte sie folgendes fachärztliches Attest des sie behandelnden Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. O. vom 23. Jänner 2002 vor:
"Oben angeführte Patientin hat sich bei dem Unfall vom 9. Jänner 2002 eine schwere Knieverletzung zugezogen. Durch die teilweise Instabilität des rechten Kniegelenkes nach einem weitgehenden Riss des vorderen Kreuzbandes vor einigen Jahren kam es zu den restlichen Verletzungen: völliger Ausriss der letzten Fasern des ohnehin insuffizienten vorderen Kreuzbandes, schwere Knorpelläsion am Femuropatellargelenk und ausgedehnte mediale Meniscusläsion. Auch der Innenmeniscus war durch die alte Verletzung bereits etwas vorgeschädigt, es bestehen im medialen Kompartment auf Grund dieser alten Verletzung auch bereits mäßige Knorpelschäden."
Mit Bescheid vom 5. März 2002 stellte die VK fest, dass der Unfall der Beschwerdeführerin vom 9. Jänner 2002, bei dem sie eine schwere Knieverletzung erlitten habe, keine Folge des Dienstunfalles vom 9. September 1993 und sohin kein Dienstunfall im Sinne der §§ 25 und 26 BLKUFG 1998 sei. Den Antrag auf Leistungen nach dem II. Hauptstück des BLKUFG 1998 wies sie ab.
Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und des § 25 BLKUFG 1998 führte sie in ihrer Begründung aus, der Unfall vom 9. Jänner 2002 stehe in keinem örtlichen, zeitlichen oder ursächlichen Zusammenhang mit der Besorgung von Aufgaben, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ergäben. Vielmehr handle es sich dabei um einen Privat- bzw. Freizeitunfall. Eine rechtliche Grundlage für dessen Anerkennung als Dienstunfall sei daher nicht gegeben.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin in einer (als Berufung gewerteten) Eingabe vom 25. März 2002 vor, es stehe außer Zweifel, dass ihr "gerissenes Kreuzband eine Folge des Dienstunfalles vom 9.9.1993 ist". Da durch die neuerliche Verletzung eine Operation notwendig gewesen sei, habe ihr Arzt "auch die Reparatur des bereits kaputten Kreuzbandes" vorgeschlagen, "das nach seiner schriftlichen Bestätigung durch die Instabilität Grund für die weitere Schädigung war". Sie ersuche daher, zumindest die Mehrkosten für die Kreuzbandtransplantation und anschließende Therapie zur Gänze zu übernehmen.
Die belangte Behörde holte daraufhin im Berufungsverfahren ein Gutachten des Facharztes für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Prim. Dr. G. ein. Dieser führte am 5. Dezember 2002 Folgendes aus:
"Eingesehen wird die Anzeige über den Dienstunfall vom 21.09.1993, das erste Rentengutachten vom 20.04.1994, gezeichnet von Univ. Prof. Dr. P., weiters ein Rentengutachten - 1. Nachuntersuchung vom 21.12.1994, gezeichnet von eben diesem, ein fachärztliches Attest von Dr. O. vom 23.01.2002 sowie die Honorarnote und die daraus hervorgehenden Diagnosen und Eingriffe vom 18.01.2002 von Dr. O, Facharzt für Orthopädie in I., und letztendlich der Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 05.03.2002.
Diagnose vom 18.01.2002:
proximaler Riss des vorderen Kreuzbandes
Kontusion des medialen Femurcondyls mit Marködem
Synovitis
mediale Meniskuslaesion und Hämarthros rechtes Knie Chondromalazie Grad III des Femuropatellargelenkes.
Die Beschwerdeführerin erlitt laut erstem Rentengutachten vom 20.04.1994 am 09.09.1993 durch Sturz aus ca. 70 cm Höhe bei der Sportausübung einen Riss des inneren Knieseitenbandes und des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie.
Anlässlich der Erstbegutachtung am 20.04.1994 bestand rechts eine mäßige Kniegelenksinstabilität.
Laut erstem Nachuntersuchungsgutachten vom 21.12.1994 wird über eine Zunahme der Muskelkraft und Festigung des Bandapparates bei noch glaubhaften Belastungsschmerzen gesprochen.
Weitere Nachuntersuchungen finden sich nicht.
Laut fachärztlichem Attest von Dr. O. vom 23.01.2002 hat die Patientin offenbar am 09.01.2002 bei einem neuerlichen Unfall eine schwere Knieverletzung erlitten. Eine vorbestehende teilweise Instabilität des rechten Kniegelenkes wird hierbei attestiert. Bei diesem Unfall ist es laut Diagnose zum proximalen Riss des vorderen Kreuzbandes und zur Prellung des Oberschenkelknorrens mit nachfolgendem Marködem, sowie einer medialen Meniskuslaesion mit einem Hämarthros am rechten Kniegelenk gekommen, Verletzungen also, die durch ein frisches Trauma entstehen.
Eine schwere Chondromalazie (Knorpelerweichung Grad III im Kniescheibengleitlager) wurde ebenfalls diagnostiziert. Dies als vorbestehend zu werten.
Über den Unfallhergang vom 09.01.2002 liegen keine Angaben vor, ebenso wenig, ob seit 1993 rezidivierende Instabilitätsattacken im Sinne einer 'Givingway Symptomatik' vorgelegen haben.
Jedenfalls ist es laut Diagnose vom 18.01.2002 offenbar zu einem proximalen Riss des vorderen Kreuzbandes bei Vorschädigung gekommen.
Die Meinung, dass der Unfall vom 09.01.2002 ohne Vorschädigung 'nicht passiert' wäre, kann gutachterlich nicht nachvollzogen werden.
Es ist eher davon auszugehen, dass der vollständige Kreuzbandriss die vordere Kreuzbandplastik medizinischerseits notwendig werden ließ und 9 Jahre lang ein ausreichend stabiles Kniegelenk bestanden hat.
Jedenfalls spricht auch das Marködem im medialen Femurcondylus und die mediale Meniskuslaesion für einen frischen neuerlichen Verletzungsmechanismus.
Die Chondromalazie im Femuropatellargelenk ist als degenerativer Vorschaden zu sehen.
Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die am 14.01.2002 notwendig gewordene vordere Kreuzbandplastik als Folge des Unfalles vom 09.01.2002 zu sehen ist, offenbar 9 Jahre lang ein suffizient stabiles rechtes Kniegelenk bestanden hat und die Feststellung, dass dieser 'neuerliche Unfall' ohne Vorschädigung nicht passiert wäre, gutachterlich nicht nachvollziehbar ist.
9 Jahre nach Erstunfall kann auch ein Teil der am 14.01.2002 durchgeführten Operation nicht als Folge des Dienstunfalles vom 09.09.1993 gewertet werden."
(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Hervorhebungen im Original)
Nach Einräumung des rechtlichen Gehörs führte die Beschwerdeführerin in einer Eingabe vom 14. Jänner 2003 aus, sie halte ihren "Antrag um Zuerkennung der Mehrkosten für die Kreuzbandtransplantation aufrecht", weil entgegen den Ausführungen des Gutachters "sehr wohl eine Kausalität mit dem bezughabenden Unfallereignis vom 09.09.1993 gegeben" sei. Im Fall einer Ablehnung der Kostenübernahme ersuche sie um bescheidmäßige Absprache.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. August 2003 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 72 Abs. 1 BLKUFG 1998 als unbegründet ab.
Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, der Sachverständige Prim. Dr. G. habe in seinem Gutachten vom 5. Dezember 2002 den Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall vom 9. September 1993 und den Folgen des Unfalles vom 9. Jänner 2002, bei dem es sich unstrittig um einen Freizeitunfall handle, schlüssig verneint. Dr. G. habe die schwere Chondromalazie als degenerativen Vorschaden bezeichnet und betont, dass das rechte Kniegelenk offenbar neun Jahre lang suffizient stabil gewesen sei und dass eine neun Jahre nach dem Erstunfall durchgeführte Operation nicht als Folge des Dienstunfalles vom 9. September 1993 gewertet werden könne. Auch habe er aufgezeigt, warum der Einschätzung von Dr. O. nicht gefolgt werden könne. Die durch keinerlei neuen Argumente gestützte Behauptung der Beschwerdeführerin (vom 14. Jänner 2003), dass entgegen den Ausführungen des Dr. G. sehr wohl eine Kausalität mit dem bezughabenden Unfallereignis vom 9. September 1993 gegeben sei, vermöge das ausführliche fachärztliche Gutachten des Prim. Dr. G. nicht zu entkräften oder zu widerlegen. Eine Behandlung der Verletzungsfolgen aus dem Freizeitunfall vom 9. Jänner 2002 als solche des Dienstunfalles vom 9. September 1993 sei demnach ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage:
Das II. Hauptstück, 1. und 2. Abschnitt des (wiederverlautbarten) Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998), LGBl. Nr. 97, lautet auszugsweise:
"II. HAUPTSTÜCK
Unfallfürsorge
1. Abschnitt
Unfallfürsorge der Landesbeamten
1. Unterabschnitt
Anspruchsberechtigung
§ 24
Anspruchsberechtigte
(1) Die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Bediensteten des Dienst- und des Ruhestandes (Beamte) - mit Ausnahme der Landeslehrer (§ 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984) und der land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer (§ 1 des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985) - haben im Falle einer durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung gegenüber dem Land Anspruch auf Leistungen nach den Bestimmungen dieses Abschnittes (Unfallfürsorge).
(2) ...
2. Unterabschnitt
Dienstunfälle und Berufskrankheiten
§ 25
Dienstunfälle
(1) Dienstunfälle sind Unfälle, die sich in örtlichem, zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang mit der Besorgung von Aufgaben, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ergeben, ereignen.
(2) ...
3. Unterabschnitt
Leistungen
A. Allgemeine Bestimmungen
§ 28
Entstehen des Anspruches
Der Anspruch auf Leistungen entsteht
a) bei einem Dienstunfall mit dem Unfallereignis, ...
...
2. Abschnitt
Unfallfürsorge der Landeslehrer
§ 60
Sinngemäße Anwendung
der Bestimmungen des 1. Abschnittes
(1) Die §§ 24 bis 59 gelten sinngemäß für die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Landeslehrer (§ 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984) und land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer (§ 1 des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985). ..."
§ 9 Abs. 3 leg. cit. lautet:
"Leistungen
§ 9
Arten und Höhe
...
(3) Sofern das Ausmaß der Leistungen nicht bereits in diesem Gesetz (§§ 16 Abs. 2 und 17 Abs. 2) bestimmt ist, ist das Verhältnis der Höhe des zu gewährenden Kostenersatzes zur Höhe der dem Anspruchsberechtigten tatsächlich erwachsenen Kosten durch Verordnung der Verwaltungskommission festzulegen und für die einzelnen Arten der Leistungen eine Höchstgrenze zu bestimmen. In dieser Verordnung ist auch für Fälle besonderer Härte die Gewährung außerordentlicher Unterstützungen vorzusehen und zu bestimmen, dass bei der Beurteilung, ob ein solcher Fall vorliegt und in welchem Ausmaß die Unterstützung gewährt werden kann, die Dringlichkeit des Aufwandes und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterstützungswerbers angemessen zu berücksichtigen sind."
§ 3 Abs. 3 der Verordnung der Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landeslehrer vom 14. Dezember 2000 über den Kostenersatz und die Höchstgrenzen für Leistungen nach dem Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (Landeslehrer-Krankenfürsorgeverordnung) lautet:
"§ 3
Höhe des Kostenersatzes, Kostennachweis
(1) ...
(3) Die Höhe des Kostenersatzes für Leistungen im Zusammenhang mit Dienstunfällen oder Berufskrankheiten beträgt 100 v.H. der nachgewiesenen Kosten, höchstens jedoch 100 v.H. des Tarifbetrages, soweit die Verwaltungskommission nach § 71 Abs. 3 lit. b BLKUFG 1998 nichts anderes feststellt. Ist für einzelne Leistungen keine Höchstgrenze festgelegt, so gilt Abs. 1 letzter Satz."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung von Leistungen nach dem II. Hauptstück des BLKUFG 1998, nämlich der Kosten einer zur Behebung der Folgen eines Dienstunfalles erforderlichen Operation, durch unrichtige Anwendung der Normen dieses Gesetzes sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung verletzt.
Sie macht (zusammengefasst) geltend, der Gutachter Prim. Dr. G. habe sie weder untersucht, noch sich mit dem Attest ihres behandelnden Arztes Dr. O. auseinander gesetzt. Er habe selbst zugestanden, weder über Informationen zum Unfallshergang vom 9. Jänner 2002 zu verfügen, noch relevante Details aus ihrer Krankengeschichte seit 1993 zu kennen. Dessen ungeachtet habe die belangte Behörde die von Dr. G. erfolgte Verneinung der Kausalität des Dienstunfalles vom 9. September 1993 für am 9. Jänner 2002 eingetretene Verletzungsfolgen als schlüssig erachtet und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Eine kritische Würdigung der vorliegenden Gutachten unter Berücksichtigung, dass Dr. O. die Operation durchgeführt, Dr. G. die Beschwerdeführerin hingegen nicht einmal untersucht habe, hätte zum Ergebnis geführt, die bei ihr letztlich operativ eingesetzte Kreuzbandplastik wäre allein durch die Verletzungsfolgen auf Grund des ersten Unfalles vom 9. September 1993 medizinisch indiziert gewesen. Hieran ändere auch der von ihr hingenommene Zustand eines lediglich "suffizient stabilen" rechten Kniegelenkes zwischen September 1993 und Jänner 2002 nichts, bei dem stets die Knieoperation als indiziert anzusehen gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht:
Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass die Kausalität eines Dienstunfalles auch für später eingetretene oder durch einen (hier unstrittig in der Freizeit erlittenen) Folgeunfall schlagend gewordene Beeinträchtigungen bejaht werden kann (vgl. dazu die Sachverhaltskonstellationen in den hg. Erkenntnissen vom 26. Mai 2003, Zl. 2001/12/0115, und vom 21. September 2005, Zl. 2002/12/0164). An der Zurechnung zum (sowohl als solchem als auch in der Einstufung als Dienstunfall unstrittigen) Unfallereignis vom 9. September 1993 können auch längere Latenzzeiten, in denen sich - vorliegendenfalls - das Kniegelenk als weitgehend beschwerdefrei dargestellt hat, nichts ändern, solange der Dienstunfall noch (zumindest) eine wesentliche Mitursache für die Notwendigkeit der bei der Beschwerdeführerin operativ eingesetzten Kreuzbandplastik gebildet hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 2004, Zl. 99/12/0091, und Zl. 99/12/0321), was für die hier strittige Frage des Kostenersatzes (nach dem BLKUFG) relevant ist.
Diese Kausalität hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, allerdings lediglich gestützt auf ein mangelhaftes Gutachten des Sachverständigen Dr. G., verneint:
Dr. G. misst selbst in seinem (oben wiedergegebenen) Gutachten vom 5. Dezember 2002 dem Hergang des Unfalles vom 9. Jänner 2002 sowie allfälligen seit dem Jahr 1993 aufgetretenen Instabilitäten im Kniegelenk potentielle Bedeutung für die Beurteilung der Kausalität zu (vgl. zu einem hierauf gestützten Anscheinsbeweis etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2004, Zl. 99/12/0321), lässt beide Umstände aber ungeprüft. Dazu kommt, dass er die Beschwerdeführerin nicht einmal untersucht, sondern sein Gutachten nur nach der Aktenlage erstellt hat. Jedenfalls bei dieser Konstellation hätte demnach eine Widerlegung der gegenteiligen gutachterlichen Meinung des die Operation an der Beschwerdeführerin selbst durchführenden Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. O. (vom 23. Jänner 2002), der die Kausalität mit der Beschreibung des Unfallgeschehens vom 9. Jänner 2002 als "Ausriss der letzten Fasern des ohnehin insuffizienten vorderen Kreuzbandes" bejaht hat, ausführlicher Darlegungen bedurft, auf Grund welcher wissenschaftlichen Lehrmeinungen oder sonstigen Erwägungen sich die eigene Ansicht als die richtige darstellt. Die bloße - ohne nähere Begründung abgegebene - gegenteilige Behauptung, die Ansicht, dass der "neuerliche Unfall" ohne Vorschädigung nicht passiert wäre, sei "gutachterlich nicht nachvollziehbar", reicht dafür nicht aus.
Ausgehend davon hätte die belangte Behörde zur Lösung der entscheidungswesentlichen Kausalitätsfrage eine entsprechende Ergänzung des Gutachtens veranlassen oder ein weiteres Gutachten einholen müssen. Unvollständigkeiten oder Mangelhaftigkeiten eines Gutachtens aufzuzeigen, wie dies die Beschwerdeführerin zuletzt in ihrer Eingabe vom 14. Jänner 2003 getan hat, ist einer Partei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch ohne Vorlage eines (weiteren) Gegengutachtens wirksam möglich. Relevante Einwendungen gegen ein Gutachten können nämlich auch durch sonstiges fundiertes Vorbringen erfolgreich vorgetragen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 94/07/0166 = VwSlg. 14.731/A). Das Postulat, einem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, gilt einem mangelhaften Gutachten gegenüber nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. November 1996, Zl. 94/07/0041, und vom 1. Juli 2004, Zl. 99/12/0091). Es wäre daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde zur Klärung der offenen Kausalitätsfrage von Amts wegen eine Gutachtensergänzung zu veranlassen gewesen.
Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 13. September 2006
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003120169.X00Im RIS seit
06.11.2006Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010