TE OGH 1998/2/17 6Bs50/98

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Veröffentlicht am 17.02.1998
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Norm

RATG §15
StPO §41 Abs6
  1. StPO § 41 heute
  2. StPO § 41 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2014
  3. StPO § 41 gültig von 01.06.2009 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009
  4. StPO § 41 gültig von 01.01.2008 bis 31.05.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2004
  5. StPO § 41 gültig von 01.01.2000 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 55/1999
  6. StPO § 41 gültig von 01.03.1997 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 762/1996
  7. StPO § 41 gültig von 01.01.1994 bis 28.02.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 526/1993
  8. StPO § 41 gültig von 01.03.1988 bis 31.12.1993 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 605/1987

Kopf

Beschluß

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat am 17.2.1998 durch seinen 6. Senat in der Strafsache gegen Rudolf F*****, Dr. Lothar S***** und Dr. Clement A***** wegen §§ 111 Abs 1 und 2, 12 StGB und § 152 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Haftungsbeteiligten P***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 8.1.1997 (richtig: 8.1.1998), GZl 24 EVr 1659/96-44, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:Das Oberlandesgericht Innsbruck hat am 17.2.1998 durch seinen 6. Senat in der Strafsache gegen Rudolf F*****, Dr. Lothar S***** und Dr. Clement A***** wegen Paragraphen 111, Absatz eins und 2, 12 StGB und Paragraph 152, Absatz eins, StGB über die Beschwerde der Haftungsbeteiligten P***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 8.1.1997 (richtig: 8.1.1998), GZl 24 EVr 1659/96-44, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Privatankläger Dr. Hans Peter Z********** der Haftungsbeteiligten P***** einen Betrag von S 27.038,88 (hierin Umsatzsteuer S 4.506,48) an Vertretungskosten zu ersetzen hat.

Im übrigen wird der Beschwerde k e i n e Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 14.11.1997 wurde das Strafverfahren des Privatanklägers Notar Dr. Hans Peter Z***** gegen Rudolf F*****, Dr. Lothar S***** und Dr. Clement A*****, das als Haftungsbeteiligte die K*****, die S***** und die P***** betroffen hat, gemäß § 46 Abs 3 StPO eingestellt (ON 36).Mit Beschluß vom 14.11.1997 wurde das Strafverfahren des Privatanklägers Notar Dr. Hans Peter Z***** gegen Rudolf F*****, Dr. Lothar S***** und Dr. Clement A*****, das als Haftungsbeteiligte die K*****, die S***** und die P***** betroffen hat, gemäß Paragraph 46, Absatz 3, StPO eingestellt (ON 36).

Mit dem angefochtenen Beschluß bestimmte das Landesgericht Innsbruck die vom Privatankläger der Haftungsbeteiligten P***** zu ersetzenden Vertretungskosten mit einem Gesamtbetrag von S 24.580,80 und wies das Mehrbegehren ab, darunter den begehrten 30 %igen Streitgenossenzuschlag nach § 15 RATG, weil der Vertreter der Haftungsbeteiligten P***** weder mehrere Personen vertrat noch mehreren Personen gegenüberstand.Mit dem angefochtenen Beschluß bestimmte das Landesgericht Innsbruck die vom Privatankläger der Haftungsbeteiligten P***** zu ersetzenden Vertretungskosten mit einem Gesamtbetrag von S 24.580,80 und wies das Mehrbegehren ab, darunter den begehrten 30 %igen Streitgenossenzuschlag nach Paragraph 15, RATG, weil der Vertreter der Haftungsbeteiligten P***** weder mehrere Personen vertrat noch mehreren Personen gegenüberstand.

In der von der Haftungsbeteiligten P***** dagegen erhobenen Beschwerde (ON 47) wird lediglich noch der versagte 30 %ige Streitgenossenzuschlag geltend gemacht, der im übrigen reduziert zugesprochene Betrag von S 20.484,-- zuzüglich Mehrwertsteuer aber nicht mehr bekämpft. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, daß sie, weil sie verschuldensunabhängig für die Beschuldigten hafte, deren Interesse auf Freispruch zu stützen habe und daß ihr daher ein Streitgenossenzuschlag von 30 % zustehe. Im übrigen aber ergebe sich, daß die verschuldensunabhängige Haftung nach § 35 MedienG im klaren Widerspruch zu dem in Art 10 EMRK normierten Recht auf freie Meinungsäußerung stünde und damit Anlaß für die Beschwerdeinstanz gegeben sei, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des § 35 MedienG in die Wege zu leiten.In der von der Haftungsbeteiligten P***** dagegen erhobenen Beschwerde (ON 47) wird lediglich noch der versagte 30 %ige Streitgenossenzuschlag geltend gemacht, der im übrigen reduziert zugesprochene Betrag von S 20.484,-- zuzüglich Mehrwertsteuer aber nicht mehr bekämpft. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, daß sie, weil sie verschuldensunabhängig für die Beschuldigten hafte, deren Interesse auf Freispruch zu stützen habe und daß ihr daher ein Streitgenossenzuschlag von 30 % zustehe. Im übrigen aber ergebe sich, daß die verschuldensunabhängige Haftung nach Paragraph 35, MedienG im klaren Widerspruch zu dem in Artikel 10, EMRK normierten Recht auf freie Meinungsäußerung stünde und damit Anlaß für die Beschwerdeinstanz gegeben sei, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des Paragraph 35, MedienG in die Wege zu leiten.

Der Privatankläger als Antragsgegner hatte sich zum Kostenbestimmungsantrag dahingehend geäußert, daß der Vertreter der Haftungsbeteiligten weder mehrere Personen vertreten habe noch mehreren Personen gegenübergestanden sei, sodaß kein Fall des § 15 RATG gegeben sei; allenfalls könnte analog die Ansicht vertreten werden, daß ein 10 %iger Streitgenossenzuschlag wegen des allfälligen Einstehenmüssens für den Beschuldigten Dr. S***** zustünde.Der Privatankläger als Antragsgegner hatte sich zum Kostenbestimmungsantrag dahingehend geäußert, daß der Vertreter der Haftungsbeteiligten weder mehrere Personen vertreten habe noch mehreren Personen gegenübergestanden sei, sodaß kein Fall des Paragraph 15, RATG gegeben sei; allenfalls könnte analog die Ansicht vertreten werden, daß ein 10 %iger Streitgenossenzuschlag wegen des allfälligen Einstehenmüssens für den Beschuldigten Dr. S***** zustünde.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin und der heftigen Kritik von Swoboda (Medien und Recht, 3/96, S 86 f) hegt das Rechtsmittelgericht bezüglich der Bestimmung des § 35 MedienG keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Gerade der zitierte Art 10 EMRK, der im Abs 1 die freie Meinungsäußerung garantiert, bestimmt in Abs 2 in Wahrnehmung der damit verbundenen Pflichten und Verantwortung, daß vom Gesetz bestimmte Einschränkungen gemacht werden können, wenn sie unter anderem zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind. Eine solche Einschränkung hat der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 35 MedienG getroffen, wonach der Medieninhaber (Verleger) zur ungeteilten Hand mit dem wegen eines Medieninhaltsdeliktes Verurteilten für die Geldstrafe und die Kosten einschließlich der Kosten der Urteilsveröffentlichung haftet. Es ist dies eine verschuldensunabhängige Haftung für fremdes Verhalten unter der Voraussetzung der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Medieninhaltsdeliktes. Der Grund für diese medienrechtliche Haftung liegt darin, daß Medieninhaltsdelikte in die Risikosphäre des Medieninhabers fallen und lediglich dieser etwa durch organisatorische Vorkehrungen Einfluß zur Verhinderung von Medieninhaltsdelikten nehmen kann. Es stellt sich dies als eine abgeschwächte Sach- oder Gefährdungshaftung für den Betrieb des Medienunternehmens dar (siehe dazu den umfassenden Beitrag von Weiß, Medien und Recht 1990/10).Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin und der heftigen Kritik von Swoboda (Medien und Recht, 3/96, S 86 f) hegt das Rechtsmittelgericht bezüglich der Bestimmung des Paragraph 35, MedienG keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Gerade der zitierte Artikel 10, EMRK, der im Absatz eins, die freie Meinungsäußerung garantiert, bestimmt in Absatz 2, in Wahrnehmung der damit verbundenen Pflichten und Verantwortung, daß vom Gesetz bestimmte Einschränkungen gemacht werden können, wenn sie unter anderem zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind. Eine solche Einschränkung hat der Gesetzgeber durch die Bestimmung des Paragraph 35, MedienG getroffen, wonach der Medieninhaber (Verleger) zur ungeteilten Hand mit dem wegen eines Medieninhaltsdeliktes Verurteilten für die Geldstrafe und die Kosten einschließlich der Kosten der Urteilsveröffentlichung haftet. Es ist dies eine verschuldensunabhängige Haftung für fremdes Verhalten unter der Voraussetzung der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Medieninhaltsdeliktes. Der Grund für diese medienrechtliche Haftung liegt darin, daß Medieninhaltsdelikte in die Risikosphäre des Medieninhabers fallen und lediglich dieser etwa durch organisatorische Vorkehrungen Einfluß zur Verhinderung von Medieninhaltsdelikten nehmen kann. Es stellt sich dies als eine abgeschwächte Sach- oder Gefährdungshaftung für den Betrieb des Medienunternehmens dar (siehe dazu den umfassenden Beitrag von Weiß, Medien und Recht 1990/10).

Dagegen stehen dem Medieninhaber entsprechende Rechte zu, so ist er, unabhängig von irgendwelchem Antrag oder "Anschlußerklären" zur Hauptverhandlung zu laden und hat alle dem Beschuldigten zustehenden Rechte; "insbesonders steht ihm das Recht zu, alle Verteidigungsmittel wie der Beschuldigte vorzubringen und das Urteil in der Hauptsache anzufechten" (§ 41 Abs 6 MedienG). Insoweit unterscheidet sich die Stellung des medienrechtlichen Haftungsbeteiligten von der des Privatbeteiligten nach § 47 StPO, der (von dem nicht in Betracht kommenden Vergleichsfall der Berechtigung zur Subsidiaranklage nach § 48 StPO abgesehenen Fall) lediglich als Gehilfe des öffentlichen Anklägers tätig wird und nicht dessen Rechte unbeschränkt beim Richter geltend machen kann.Dagegen stehen dem Medieninhaber entsprechende Rechte zu, so ist er, unabhängig von irgendwelchem Antrag oder "Anschlußerklären" zur Hauptverhandlung zu laden und hat alle dem Beschuldigten zustehenden Rechte; "insbesonders steht ihm das Recht zu, alle Verteidigungsmittel wie der Beschuldigte vorzubringen und das Urteil in der Hauptsache anzufechten" (Paragraph 41, Absatz 6, MedienG). Insoweit unterscheidet sich die Stellung des medienrechtlichen Haftungsbeteiligten von der des Privatbeteiligten nach Paragraph 47, StPO, der (von dem nicht in Betracht kommenden Vergleichsfall der Berechtigung zur Subsidiaranklage nach Paragraph 48, StPO abgesehenen Fall) lediglich als Gehilfe des öffentlichen Anklägers tätig wird und nicht dessen Rechte unbeschränkt beim Richter geltend machen kann.

In wörtlicher Auslegung des § 15 RATG trifft die Feststellung des Erstrichters zu, daß der Vertreter der Haftungsbeteiligten weder mehreren Personen gegenübertritt, weil er nur einem Privatankläger gegenübersteht, noch mehrere Personen in dieser Strafsache vertritt. Abgestellt aber auf seine verschuldensunabhängige Haftung im Falle des Schuldspruches gegen den Beschuldigten ergibt sich aus der Sonderregelung des § 41 Abs 6 StPO, daß er kraft Gesetzes nicht nur die Interessen der Haftungsbeteiligten wahrnimmt, sondern alle Rechte des Beschuldigten vertritt und insoweit doch für eine weitere Person tätig wird. Aus dieser Haftungsregelung heraus vertritt der Haftungsbeteiligte daher außer den Medieninhaber zugleich den Beschuldigten, unbeschadet des Umstandes, daß der Beschuldigte von einem eigenen Verteidiger zugleich vertreten wird.In wörtlicher Auslegung des Paragraph 15, RATG trifft die Feststellung des Erstrichters zu, daß der Vertreter der Haftungsbeteiligten weder mehreren Personen gegenübertritt, weil er nur einem Privatankläger gegenübersteht, noch mehrere Personen in dieser Strafsache vertritt. Abgestellt aber auf seine verschuldensunabhängige Haftung im Falle des Schuldspruches gegen den Beschuldigten ergibt sich aus der Sonderregelung des Paragraph 41, Absatz 6, StPO, daß er kraft Gesetzes nicht nur die Interessen der Haftungsbeteiligten wahrnimmt, sondern alle Rechte des Beschuldigten vertritt und insoweit doch für eine weitere Person tätig wird. Aus dieser Haftungsregelung heraus vertritt der Haftungsbeteiligte daher außer den Medieninhaber zugleich den Beschuldigten, unbeschadet des Umstandes, daß der Beschuldigte von einem eigenen Verteidiger zugleich vertreten wird.

Im vorliegenden Fall betrifft aber die P***** als Medieninhaberin lediglich die nach § 56 StPO einbezogene Privatanklage gegen Dr. Lothar S***** (ON 9), nicht auch die weiteren Privatanklagen gegen die weiteren Beschuldigten, die in anderen Medien verbreitet wurden und sohin ist es undenkbar, daß die Haftungsbeteiligte P***** bei einem Schuldspruch lediglich gegen Rudolf F***** oder Dr. A***** zu einer Haftung herangezogen worden wäre. Sohin stand der Vertreter der Haftungsbeteiligten P***** dem Privatankläger Notar Dr. Z***** gegenüber und nahm er zugleich die Rechte des Beschuldigten Dr. S***** in Anspruch, wofür nach § 15 lit a RATG ein Streitgenossenzuschlag von 10 % zusteht. Die weiteren Beschuldigten standen ihm weder gegenüber noch vertrat er deren Rechte, umso weniger trifft dies hinsichtlich der weiteren Haftungsbeteiligten zu.Im vorliegenden Fall betrifft aber die P***** als Medieninhaberin lediglich die nach Paragraph 56, StPO einbezogene Privatanklage gegen Dr. Lothar S***** (ON 9), nicht auch die weiteren Privatanklagen gegen die weiteren Beschuldigten, die in anderen Medien verbreitet wurden und sohin ist es undenkbar, daß die Haftungsbeteiligte P***** bei einem Schuldspruch lediglich gegen Rudolf F***** oder Dr. A***** zu einer Haftung herangezogen worden wäre. Sohin stand der Vertreter der Haftungsbeteiligten P***** dem Privatankläger Notar Dr. Z***** gegenüber und nahm er zugleich die Rechte des Beschuldigten Dr. S***** in Anspruch, wofür nach Paragraph 15, Litera a, RATG ein Streitgenossenzuschlag von 10 % zusteht. Die weiteren Beschuldigten standen ihm weder gegenüber noch vertrat er deren Rechte, umso weniger trifft dies hinsichtlich der weiteren Haftungsbeteiligten zu.

Die Beschwerde erweist sich hinsichtlich des Streitgenossenzuschlags für eine Person sohin als berechtigt. Ausgehend von dem in Rechtskraft erwachsenen Nettobetrag von S 20.484,-- erhöht sich sohin dieser um 10 % auf S 22.532,40 und somit zuzüglich 20 % Umsatzsteuer insgesamt auf S 27.038,88.

Anmerkung

EI00056 06B00508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0819:1998:0060BS00050.98.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19980217_OLG0819_0060BS00050_9800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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