Index
L72004 Beschaffung Vergabe Oberösterreich;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der B GmbH in M, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. November 2005, VwSen-550239/18/Wim/Sta; VwSen-550240/3/Wim/Sta, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Partei:
Bietergemeinschaft bestehend aus 1. E GmbH in W, 2. P GmbH in W, und 3. M Handelsgesellschaft mbH in W),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, wird sie als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt;
2. zu Recht erkannt:
Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Bescheid vom 4. November 2005 hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dem Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei stattgegeben und die Zuschlagsentscheidung der Marktgemeinde Vorchdorf vom 20. September 2005 im Vergabeverfahren betreffend die "Sanierung der Altlast O64 'Kitzmantel' in Vorchdorf" für nichtig erklärt (Spruchpunkt I.), dem Teilnahmeantrag der Beschwerdeführerin und dem Antrag auf Ersatz der für den Teilnahmeantrag entrichteten Pauschalgebühren keine Folge gegeben (Spruchpunkt II.) und die Auftraggeberin zum Ersatz der von der Mitbeteiligten entrichteten Pauschalgebühr verpflichtet (Spruchpunkt III.).
2. Mit der der Sache nach gegen die Spruchpunkte I. und II. dieses Bescheides gerichteten Beschwerde begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
3.1. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift darauf hingewiesen, dass mittlerweile eine weitere Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführerin ergangen und der dagegen gerichtete Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 17. Februar 2006 abgewiesen worden sei.
Daraufhin hat der Verwaltungsgerichtshof am 3. April 2006 an die Beschwerdeführerin die Anfrage gerichtet, ob ihr mittlerweile der Zuschlag tatsächlich erteilt worden sei und in wie weit sie sich gegebenenfalls durch den angefochtenen Bescheid noch für beschwert erachtet.
In ihrer Stellungnahme vom 26. April 2006 hat die Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass ihr inzwischen der Zuschlag erteilt worden sei. Sie fühle sich durch den angefochtenen Bescheid insofern weiterhin beschwert, als mit dessen Spruchpunkt II. ihr Teilnahmeantrag und der Antrag auf Ersatz der für den Teilnahmeantrag entrichteten Pauschalgebühr abgewiesen worden sei. Dass sie auch durch den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides noch beschwert sei, hat die Beschwerdeführerin hingegen nicht behauptet.
3.2. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 7. August 2001, Zl. 98/18/0311).
3.3. Da die Beschwerdeführerin den Zuschlag zwischenzeitig ohnehin erhalten hat, könnte sie auch durch eine Aufhebung des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides, mit dem eine zu ihren Gunsten lautende Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt worden ist, nicht besser gestellt werden. Durch diesen Spruchpunkt wird die Beschwerdeführerin somit nicht mehr in Rechten verletzt.
Infolge des dadurch bewirkten Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses war die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. auch dazu den zitierten hg. Beschluss, Zl. 98/18/0311).
4.1. Die Beschwerdeführerin hat als durch die angefochtene Zuschlagsentscheidung in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren einen Teilnahmeantrag gestellt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im zum Wiener Vergaberechtsschutzgesetz ergangenen, wegen der insoweit inhaltsgleichen Regelungen des Oberösterreichischen Vergabenachprüfungsgesetzes auch hier maßgeblichen Erkenntnis vom 24. Februar 2006, Zl. 2004/04/0140, ausgesprochen hat, hängt die Parteistellung des in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängers im über einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung eingeleiteten Nachprüfungsverfahren nicht von der Stellung eines Teilnahmeantrages ab. Demjenigen, zu dessen Gunsten eine Zuschlagsentscheidung getroffen wurde, mangelt nämlich ein Interesse an der Nichtigerklärung dieser Entscheidung; er kann durch die Zuschlagsentscheidung in keinem Recht verletzt sein, wie das § 7 Abs. 1 Z. 4 des Oberösterreichischen Vergabenachprüfungsgesetzes für die Stellung eines Teilnahmeantrages voraussetzt; sein Interesse ist im Gegenteil darauf gerichtet, dass eine Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung unterbleibt. Der durch die Zuschlagsentscheidung Begünstigte kann daher nicht zu jenen Bietern gezählt werden, die im Sinn des § 5 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. ihre Parteistellung verlieren, weil sie keinen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt haben. Vielmehr unterliegt seine Parteistellung im Nachprüfungsverfahren keinem Verlusttatbestand.
Aus diesen Gründen ist es dem in Aussicht genommenen Zuschlagsempfänger in einer derartigen Konstellation gar nicht möglich, einen zulässigen Teilnahmeantrag zu stellen.
Die belangte Behörde hätte den Teilnahmeantrag und den Antrag auf Ersatz der dafür entrichteten Pauschalgebühr daher zurückzuweisen gehabt. Dadurch, dass sie ihn statt dessen abgewiesen hat, wurde die Beschwerdeführerin nicht in Rechten verletzt.
4.2. Da sich die Beschwerde daher, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet erweist, war sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Da eine Entscheidung über die Kosten betreffend die Anfechtung des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, wurde insoweit gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung keiner Partei ein Kostenersatz zugesprochen. Die Beschwerde kann daher nicht als teilweise erfolgreich im Sinn von § 50 VwGG angesehen werden.
Wien, am 15. September 2006
Schlagworte
Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungBesondere Rechtsgebiete DiversesMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005040299.X00Im RIS seit
01.11.2006Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010