TE OGH 1998/2/24 7Ob48/98d

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Schinko und Dr.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 23.11.1987 geborenen mj. Jasmin Z*****, hier vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, Amt für Jugend und Familie, 2. Bezirk, als Unterhaltssachwalter, infolge dessen außerordentlichen Revisionsrekurses gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. November 1997, GZ 43 R 983/97w-156, womit infolge Rekurses des Unterhaltssachwalters der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4.September 1997, GZ 29 P 429/96w-148, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß diese ersatzlos aufgehoben werden.

Text

Begründung:

Der Vater Haydar S***** hat sich zuletzt in dem mit dem Unterhaltssachwalter geschlossenen Vergleich vom 28.3.1995 zu monatlichen Unterhaltsleistungen für seine Tochter Jasmin Z***** von S 3.000,-- verpflichtet. Er erzielte damals nach eigenen Angaben als Lagerarbeiter S 14.943,15 monatlich netto. Die Unterhaltsbeiträge werden seit Jahren bevorschußt. Zuletzt wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.11.1994 ein Unterhaltsvorschuß in Höhe von S 2.000,-- monatlich bis 31.10.1997 gewährt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.4.1995 wurden diese Vorschußbeträge ab 1.1.1995 auf S 3.000,-- monatlich angehoben, mit Beschluß vom 16.1.1997 ab 30.11.1996 aber auf S 2.800,-- monatlich mit der Begründung herabgesetzt, daß der Vater sei 5.11.1996 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 15.819,-- inklusive der anteiligen Sonderzahlungen beziehe.

Mit am 30.6.1997 beim Erstgericht eingelangtem Schreiben berichtete der Unterhaltssachwalter, Haydar S***** habe heute anläßlich seiner Vorsprache mitgeteilt, daß er "fristlos gekündigt" worden sei und am 19.6.1997 das Arbeitslosengeld beantragt habe.

Mit Beschluß vom 4.9.1997 setzte das Erstgericht die Vorschüsse ab 1.7.1997 auf S 642,-- monatlich herab, weil der Vater seit 30.6.1997 ein Arbeitslosengeld von S 194,50 täglich beziehe.

In seinem dagegen erhobenen Rekurs brachte der Unterhaltssachwalter vor, daß Haydar S***** die fristlose Kündigung seines Dienstverhältnisses damit begründet habe, daß er aufgrund von Schlafschwierigkeiten Probleme mit der Pünktlichkeit gehabt habe. Das Dienstverhältnis sei daher aus seinem eigenen Verschulden beendet worden, sodaß das verringerte Einkommen den Unterhaltsanspruch der Minderjährigen nicht schmälern könne.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Aufgrund der Mitteilung über die fristlose Kündigung und den Arbeitslosengeldbezug des Vaters bestünden begründete Bedenken im Sinn des § 7 Abs 1 Z 1 UVG gegen die Höhe der im Exekutionstitel festgesetzten Unterhaltspflicht, zumal bei der Prüfung der Voraussetzungen dieser Bestimmung ein strenger Maßstab anzulegen sei und nur aus dem Akt ersichtliche oder entsprechend bescheinigte Umstände, die keine weitwendigen Erhebungen erforderten, als Grundlage im Sinn des § 7 Abs 1 Z 1 UVG herangezogen werden könnten. Soweit der Rekurs auf den selbstverschuldeten Arbeitsplatzverlust des Vaters verweise, sei auszuführen, daß die Unterhaltsvorschüsse trotz Fortbestehens des Titels eingestellt oder herabgesetzt werden könnten, wenn die Voraussetzungen für eine Anspannung nicht gegeben seien. § 7 Abs 1 Z 1 UVG bezwecke ja gerade, den Vorschußanspruch von einem Exekutionstitel, gegen welchen Bedenken bestünden, unabhängig zu machen.Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Aufgrund der Mitteilung über die fristlose Kündigung und den Arbeitslosengeldbezug des Vaters bestünden begründete Bedenken im Sinn des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG gegen die Höhe der im Exekutionstitel festgesetzten Unterhaltspflicht, zumal bei der Prüfung der Voraussetzungen dieser Bestimmung ein strenger Maßstab anzulegen sei und nur aus dem Akt ersichtliche oder entsprechend bescheinigte Umstände, die keine weitwendigen Erhebungen erforderten, als Grundlage im Sinn des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG herangezogen werden könnten. Soweit der Rekurs auf den selbstverschuldeten Arbeitsplatzverlust des Vaters verweise, sei auszuführen, daß die Unterhaltsvorschüsse trotz Fortbestehens des Titels eingestellt oder herabgesetzt werden könnten, wenn die Voraussetzungen für eine Anspannung nicht gegeben seien. Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG bezwecke ja gerade, den Vorschußanspruch von einem Exekutionstitel, gegen welchen Bedenken bestünden, unabhängig zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters ist zulässig und berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 555/94 ausgeführt hat, sind zwar im Bewilligungsverfahren nach dem UVG amtswegige Erhebungen aus dem aus § 11 Abs 2 UVG hervorleuchtenden Regelungszweck nur insoweit angemessen, als der Verdacht des Versagungsgrundes augenfällig ist und die Erhebungen ohne größere Verzögerungen durchführbar sind. Diese für das Bewilligungsverfahren geltenden Beschränkungen gelten aber für ein Verfahren zur Herabsetzung der Einstellung bewilligter Vorschüsse nicht. In einem Stadium, in welchem der Unterhalt des Minderjährigen durch Vorschußgewährung in gewissen Grenzen gesichert ist, kommt der Stoffsammlungsgrundsatz des § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG voll zum Tragen.Wie der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 555/94 ausgeführt hat, sind zwar im Bewilligungsverfahren nach dem UVG amtswegige Erhebungen aus dem aus Paragraph 11, Absatz 2, UVG hervorleuchtenden Regelungszweck nur insoweit angemessen, als der Verdacht des Versagungsgrundes augenfällig ist und die Erhebungen ohne größere Verzögerungen durchführbar sind. Diese für das Bewilligungsverfahren geltenden Beschränkungen gelten aber für ein Verfahren zur Herabsetzung der Einstellung bewilligter Vorschüsse nicht. In einem Stadium, in welchem der Unterhalt des Minderjährigen durch Vorschußgewährung in gewissen Grenzen gesichert ist, kommt der Stoffsammlungsgrundsatz des Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 5, AußStrG voll zum Tragen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 4 lit b UVG sind die Vorschüsse einzustellen, wenn sie nach § 7 Abs 1 UVG zur Gänze zu versagen sind. Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 UVG hat das Gericht Unterhaltsvorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit in den Fällen der §§ 3, 4 Z 1 und 4 UVG begründete Bedenken bestehen, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt ist. Der Versagungsgrund nach § 7 Abs 1 Z 1 UVG hat nicht eine erwiesene oder bescheinigte materielle Unrichtigkeit der titelmäßigen Unterhaltsansprüche zur Voraussetzung, sondern knüpft die Rechtsfolge der Versagung (Herabsetzung oder Einstellung) an das Bestehen begründeter Bedenken gegen den aufrechten materiellen Bestand des zu bevorschussenden gesetzlichen Unterhaltsanspruches im titelmäßigen Ausmaß. Bloß objektiv gerechtfertigte Zweifel reichen zur Versagung (Herabsetzung oder Einstellung) nicht hin, vielmehr müßte schon eine zur Zeit der Schaffung des Exekutionstitels bestandene oder durch Änderung der Unterhaltsbemessungsgrundlagen inzwischen eingetretene Unangemessenheit der titelmäßigen Unterhaltsfestsetzung mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein. Sind die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltsschuldners gegeben, liegen keine begründeten Bedenken im Sinn des § 7 Abs 1 Z 1 UVG vor (ebenfalls 2 Ob 555/94 mwN).Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, Ziffer 4, Litera b, UVG sind die Vorschüsse einzustellen, wenn sie nach Paragraph 7, Absatz eins, UVG zur Gänze zu versagen sind. Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG hat das Gericht Unterhaltsvorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit in den Fällen der Paragraphen 3,, 4 Ziffer eins und 4 UVG begründete Bedenken bestehen, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt ist. Der Versagungsgrund nach Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG hat nicht eine erwiesene oder bescheinigte materielle Unrichtigkeit der titelmäßigen Unterhaltsansprüche zur Voraussetzung, sondern knüpft die Rechtsfolge der Versagung (Herabsetzung oder Einstellung) an das Bestehen begründeter Bedenken gegen den aufrechten materiellen Bestand des zu bevorschussenden gesetzlichen Unterhaltsanspruches im titelmäßigen Ausmaß. Bloß objektiv gerechtfertigte Zweifel reichen zur Versagung (Herabsetzung oder Einstellung) nicht hin, vielmehr müßte schon eine zur Zeit der Schaffung des Exekutionstitels bestandene oder durch Änderung der Unterhaltsbemessungsgrundlagen inzwischen eingetretene Unangemessenheit der titelmäßigen Unterhaltsfestsetzung mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein. Sind die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltsschuldners gegeben, liegen keine begründeten Bedenken im Sinn des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG vor (ebenfalls 2 Ob 555/94 mwN).

Die fristlose Entlassung oder ein sonstiger, vom Unterhaltsschuldner verschuldeter Verlust des Arbeitsplatzes rechtfertigt zwar für sich allein noch nicht eine Anspannung in Höhe der zuletzt erzielten Einkünfte. Sie kann jedoch ein Indiz dafür bilden, in welcher Weise der Unterhaltsschuldner bemüht ist, seine Kräfte anzuspannen, etwa wenn die Entlassung in der Absicht herbeigeführt worden wäre, um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen. Es muß auch das Verhalten des Unterhaltsschuldners nach der Entlassung in die Beurteilung miteinbezogen werden. Es kommt darauf an, ob er sich sodann über die bloße Anmeldung als Arbeitssuchender hinaus in jeder ihm zumutbaren Weise um die Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes bemüht, wobei auch eine entsprechende Eigeninitiative zu fordern ist (Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, S 107, 108 mit Zitaten aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes).

Es ist daher durchaus möglich, daß trotz des Arbeitsplatzverlustes und des Bezuges lediglich von Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für eine Anspannung des Haydar S***** gegeben sind, die einer Herabsetzung der Vorschußbeträge entgegenstehen könnte. Solange ungeklärt ist, ob und inwieweit sich Haydar S***** um die Erlangung einer Arbeit bemüht, scheint es zwar möglich, daß die titelmäßige Unterhaltsfestsetzung durch den Arbeitsplatzverlust unangemessen wurde. Eine entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit spricht jedoch nicht dafür. Der vorliegende Pflegschaftsakt ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, daß immer wieder Vorschüsse gerade wegen der ständig wechselnden Arbeitsplätze und der immer wieder kehrenden Zeiten der Arbeitslosigkeit nach kurzfristigen (offiziellen) Arbeitszeiten gewährt wurden. Auffällig ist auch, daß Haydar S***** trotz immer wieder eintretender Arbeitslosigkeit bereits mehrfach wegen Verletzung seiner Unterhaltspflicht strafgerichtlich verurteilt wurde. Diese Umstände sprechen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte eher für eine Unwilligkeit, einer "offiziellen" Arbeit nachzugehen als für mangelnde Chancen am Arbeitsmarkt. Mangels genauerer Sachverhaltsgrundlagen, die erst durch weitere, im Verfahren zur Herabsetzung oder Einstellung von Unterhaltsvorschüssen durchaus angebrachte Erhebungen festzustellen wären, kann daher nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Z 1 UVG ausgegangen werden.Es ist daher durchaus möglich, daß trotz des Arbeitsplatzverlustes und des Bezuges lediglich von Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für eine Anspannung des Haydar S***** gegeben sind, die einer Herabsetzung der Vorschußbeträge entgegenstehen könnte. Solange ungeklärt ist, ob und inwieweit sich Haydar S***** um die Erlangung einer Arbeit bemüht, scheint es zwar möglich, daß die titelmäßige Unterhaltsfestsetzung durch den Arbeitsplatzverlust unangemessen wurde. Eine entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit spricht jedoch nicht dafür. Der vorliegende Pflegschaftsakt ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, daß immer wieder Vorschüsse gerade wegen der ständig wechselnden Arbeitsplätze und der immer wieder kehrenden Zeiten der Arbeitslosigkeit nach kurzfristigen (offiziellen) Arbeitszeiten gewährt wurden. Auffällig ist auch, daß Haydar S***** trotz immer wieder eintretender Arbeitslosigkeit bereits mehrfach wegen Verletzung seiner Unterhaltspflicht strafgerichtlich verurteilt wurde. Diese Umstände sprechen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte eher für eine Unwilligkeit, einer "offiziellen" Arbeit nachzugehen als für mangelnde Chancen am Arbeitsmarkt. Mangels genauerer Sachverhaltsgrundlagen, die erst durch weitere, im Verfahren zur Herabsetzung oder Einstellung von Unterhaltsvorschüssen durchaus angebrachte Erhebungen festzustellen wären, kann daher nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, UVG ausgegangen werden.

Die nach der derzeitigen Aktenlage nicht gerechtfertigten Entscheidungen der Vorinstanzen auf amtswegige Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse waren daher ersatzlos zu beheben.

Anmerkung

E49563 07A00488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0070OB00048.98D.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19980224_OGH0002_0070OB00048_98D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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