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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/04/0098 2005/04/0267 2005/04/0268Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerden des Mag. DDr. S in V, vertreten durch Dr. Alois Nussbaumer, Dr. Stefan Hoffmann und Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 19, gegen die Bescheide des Bundeskanzlers 1. vom 3. September 2002, Zl. 601.668/003-V/A/5/2002 (hg. Zl. 2004/04/0018), 2. vom 15. November 2004, Zl. BKA- 601.668/0012-V/A/5/2004 (hg. Zl. 2005/04/0098), 3. vom 7. September 2005, Zl. BKA-601.668/0012-V/A/5/2005 (hg. Zl. 2005/04/0267) und 4. vom 10. Mai 2005, Zl. BKA- 601.668/0005-V/A/5/2005 (hg. Zl. 2005/04/0268), jeweils betreffend Versagung der Erteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.527,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 3. September 2002 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. August 2002 auf Erlassung eines Bescheides über sein Auskunftsersuchen vom 28. Jänner 2002 gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Auskunftspflichtgesetz - APG, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 1998/158, ab. Dieses Auskunftsersuchen betreffend einen Beschluss des Nationalrates aus seiner Sitzung am 13. Dezember 2001 lautete wie folgt (Hervorhebungen und Unterstreichungen im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"1.) Ist der obige BESCHLUSS des Nationalrates, wonach eine behördliche Verfolgung der ÖVP-Abgeordneten zum Nationalrat R. ... unzulässig sei, durch den Artikel 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958 gedeckt?
2.) Wenn ja, bedeutet dies, dass dann das Privat- und Familienleben der österreichischen Frauen und Männer einschließlich deren praktiziertes SEXUALVERHALTEN von ABGEORDNETEN im Schutz der IMMUNITÄT in parlamentarischen Reden behandelt werden dürfen?"
Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß Art. 20 Abs. 4 erster Satz B-VG und § 1 Abs. 1 APG hätten alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegenstehe. Der Begriff "Auskunft" sei nach einheitlicher Auffassung von Lehre und Rechtsprechung als die Mitteilung von gesichertem Wissen - sei es im tatsächlichen oder sei es im rechtlichen Bereich - zu verstehen, nicht aber von Meinungen, Auffassungen, Prognosen und Mutmaßungen. Abgesehen davon, dass Beschlüsse des Nationalrates im Einzelfall nicht zu den Angelegenheiten des Wirkungsbereiches des Bundeskanzlers zählten, ziele der vorliegende Antrag nicht auf eine Auskunft im oben geschilderten Sinne ab, sondern laufe vielmehr auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens betreffend das Verhalten des Nationalrates hinaus. Ein solches Rechtsgutachten sei jedoch vom Begriff "Auskunft" im Sinne des § 1 Abs. 1 APG nicht erfasst und könne daher keinesfalls Gegenstand des Auskunftsrechtes sein.
Die Behandlung der dagegen vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 25. November 2003, B 1519/02, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der sie zur Zl. 2004/04/0018 in Behandlung nahm.
2. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 15. November 2004 wies die belangte Behörde das auf § 4 APG gestützte Begehren des Beschwerdeführers vom 22. September 2004 auf Erlassung eines Bescheides betreffend sein Auskunftsersuchen vom 25. Mai 2004, der Bundeskanzler möge zu einer näher beschriebenen Vorgangsweise eines namentlich genannten Volksanwalts eine Auskunft erteilen, gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 APG zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, Auskünfte seien nur über solche Angelegenheiten zu erteilen, die entweder schon Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens vor der befragten Behörde seien oder gewesen seien oder nach der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit in einem Verwaltungsverfahren vor dieser Behörde zu entscheiden wären. Die Verwaltung sei nicht zu umfangreichen Ausarbeitungen, zur Erstellung von Rechtsgutachten, zur Beschaffung auch anders zugänglicher Informationen und dergleichen verhalten (mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers beziehe sich seinen eigenen Angaben zufolge auf Vorgänge, die nicht dem Aufgabenbereich des Bundeskanzlers zuzurechnen seien; aus diesem Grund sei keine Zuständigkeit des Bundeskanzlers zur Erteilung der gewünschten Auskunft gegeben. Im Übrigen laufe das Begehren zumindest teilweise auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens betreffend das Verhalten "eines Mitgliedes eines Bundesorganes" hinaus, das nicht dem Bundeskanzler unterstehe. Ein solches Rechtsgutachten sei vom Begriff "Auskunft" im Sinne des § 1 Abs. 1 APG nicht erfasst und könne daher keinesfalls Gegenstand des Auskunftsrechtes sein.
Die Behandlung der dagegen vom Beschwerführer an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 3. März 2005, B 1546/04, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der sie zur Zl. 2005/04/0098 in Behandlung nahm.
3. Mit dem drittangefochtenen Bescheid vom 7. September 2005 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. August 2005, über sein unerledigtes Auskunftsersuchen vom 20. April 2005, ob "die Übermittlung von Informationen aus der VOLKSANWALTSCHAFT in das Büro des Landeshauptmann Dr. ... in den Art. 148a bis 149j B-VG gedeckt (ist)", mit Bescheid zu entscheiden, zurück, wobei die Begründung mit jener des zweitangefochtenen Bescheides ident ist.
Die Behandlung der dagegen vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 12. Oktober 2005, B 2258/05, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der sie zur Zl. 2005/04/0267 in Behandlung nahm.
4. Mit dem viertangefochtenen Bescheid vom 10. Mai 2005 wies die belangte Behörde schließlich den Antrag des nunmehr anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers vom 15. März 2005 zurück, einen Bescheid gemäß § 4 APG betreffend seine beiden unbeantworteten Auskunftsersuchen vom 27. Oktober und vom 27. Dezember 2004 zu erlassen. Diese beiden Auskunftsersuchen an den Bundeskanzler lauteten:
"1.) Ist der dargestellte Versand des zitierten Textes durch das 'Büro VA Mag. ...' im Rahmen der Volksanwaltschaft in den Art. 148a bis 148j B-VG gedeckt?
2.) Wenn nein, sind Sie dann bereit, den oben aufgezeigten Vorfall im Österreichkonvent vorzutragen?"
Sowie:
"Aus welchen 'besonderen Gründen' haben Sie die 8-wöchige Frist zur Beantwortung meines an Sie gerichteten Auskunftsersuchens vom 10.8.2004 nicht eingehalten?"
Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung mit den schon unter 2. und 3. wiedergegebenen Erwägungen, wonach das Auskunftsbegehren die Erstattung eines Rechtsgutachtens betreffend das Verhalten eines Mitgliedes eines Bundesorgans zum Gegenstand habe, das nicht dem Bundeskanzler unterstehe. Die zweite Frage beziehe sich auf keine Auskunft über gesichertes Wissen, das allein Gegenstand einer Auskunft sein könne, und betreffe überdies keine Angelegenheit, die Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens vor der befragten Behörde sein könne. Die letzte, zusätzliche Frage schließlich beziehe sich auf die Gründe behördlichen Handelns und falle schon deshalb nicht unter die Auskunftspflicht.
Auch die dagegen vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhobene Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 27. September 2005, B 653/05, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der sie zur Zl. 2005/04/0268 in Behandlung nahm.
5. Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihren Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer replizierte jeweils auf die Gegenschriften und beantragte u.a. wegen der verspäteten Vorlage der den zweitangefochtenen Bescheid betreffenden Verwaltungsakten die Entscheidung auf Grund des Beschwerdevorbringens.
6. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide jeweils in seinem Recht auf Erteilung einer Auskunft nach dem APG verletzt und führt dazu - insoweit in sämtlichen Beschwerden im Wesentlichen gleich lautend - aus, nach § 1 APG hätten die Organe des Bundes sowie der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegenstehe. Der Bundeskanzler habe als Leiter des Bundeskanzleramtes die Stellung eines Bundesministers; er sei zusätzlich Vorsitzender des Kollegiums der Bundesregierung und habe dabei wichtige Koordinationsaufgaben. Eine speziell politisch hervorgehobene Stellung komme ihm dadurch zu, dass ein Bundesminister auf seinen Vorschlag vom Bundespräsidenten zu ernennen und zu entlassen sei. Darüber hinaus übertrage ihm das B-VG eine Reihe weiterer Kompetenzen, sodass er im Rahmen des Kollegiums der Bundesregierung als das verfassungsrechtlich zuständige Mitglied anzusehen sei (mit zahlreichen Literaturhinweisen). Das Ersuchen um eine Rechtsauskunft im Zusammenhang mit verfassungsrechtlichen Fragen sei daher im Sinn des Art. 20 Abs. 4 B-VG zulässigerweise an den Bundeskanzler im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu stellen.
Die §§ 1 und 4 APG lauten:
"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.
...
§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."
Den angefochtenen Bescheiden liegt die Auffassung zu Grunde, einerseits sei die belangte Behörde zur Erteilung der begehrten Auskünfte nicht zuständig und andererseits habe der Beschwerdeführer die Erstattung von Rechtsauskünften beantragt, die nicht Gegenstand des Auskunftsrechtes seien, weshalb seine Anträge ab- bzw. zurückzuweisen seien.
Gemäß § 1 Abs. 1 APG haben die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist gemäß § 4 leg. cit. auf Antrag des Auskunftswerbers "hierüber" ein Bescheid zu erlassen. Mit diesem Auskunftsverweigerungsbescheid wird ausschließlich über die Frage abgesprochen, ob ein subjektives Recht des Auskunftswerbers auf Erteilung der begehrten Auskunft besteht oder nicht. Die begehrte Auskunft selbst ist keinesfalls Gegenstand dieses Bescheides. Besteht das Recht auf Auskunftserteilung nicht, hat das ersuchte Organ die Nichterteilung der Auskunft bzw. das Fehlen einer Auskunftsverpflichtung mit Bescheid festzustellen und die Gründe hiefür darzulegen (zu Spruch und Begründung eines Bescheides gemäß § 4 APG vgl. das Erkenntnis vom 12. Juli 1989, Zl. 88/01/0212, VwSlg 12.974; als Gründe kommen beispielsweise in Frage: fehlender Wirkungsbereich des befragten Organs oder gesetzliche Verschwiegenheitspflichten - § 1 Abs. 1 APG, eine wesentliche Beeinträchtigung der Besorgung der übrigen Verwaltungsaufgaben - § 1 Abs. 2 leg. cit., offenbare Mutwilligkeit - vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 97/19/0022). Die Zurückweisung eines nach § 4 APG gestellten Antrages wegen Unzuständigkeit kommt hingegen nur dann in Betracht, wenn der Bescheid von einem Organ begehrt wird, das für die Auskunftsverweigerung nicht zuständig ist, etwa weil dem Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Verneinung der Auskunft gar kein Auskunftsersuchen vorausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis 11. Oktober 2000, Zl. 98/01/0473, sowie insbesondere Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 354 (360 f und 362), und Wieser in Korinek/Holoubek, B-VG, 4. Lfg (2001), Art. 20/4 Rz. 67 f).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. November 1990, Zl. 90/13/0086, ausgesprochen, dass die auch aus § 1 Abs. 2 APG erkennbare Absicht des Gesetzgebers, die Auskunftserteilung unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie zu regeln, ein Verständnis des Begriffes "Wirkungsbereich" in § 1 Abs. 1 leg. cit. nahe legt, das dem des § 4 Abs. 3 Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76, entspricht, dass nämlich die Organe des Bundes innerhalb ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Auskünfte erteilen (vgl. dazu auch Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2, 41 ff sowie, Wieser in Korinek/Holoubek, B-VG, 4. Lfg (2001), Art. 20/4 Rz. 37).
Die beiden dem erstangefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Auskunftsersuchen betreffen die Auslegung des Art. 57 B-VG betreffend die Immunität von Nationalratsabgeordneten über die von ihnen gemachten mündlichen Äußerungen im Nationalrat im Hinblick auf Art. 8 MRK. Die übrigen Anfragen betreffen die Vereinbarkeit bestimmter vom Beschwerdeführer dargelegter Sachverhalte mit den Bestimmungen des siebenten Hauptstücks des B-VG über die Volksanwaltschaft (Art. 148a ff B-VG).
Die Rechtsansicht der belangten Behörde, die begehrten Auskünfte fielen nicht in ihren Wirkungsbereich und stellten überdies Ersuchen um Erteilung von Rechtsauskünften dar, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Nach Art. 24 B-VG übt die Gesetzgebung des Bundes der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus. Zum verfassungsrechtlichen Begriff der Staatsfunktion der "Gesetzgebung" gehören alle Akte der Organe der Gesetzgebung (Nationalrat, Bundesrat, Bundesversammlung und Landtage), aber auch Akte von Teilorganen (Ausschüsse; Handhabung der Geschäftsordnung des Nationalrates durch den Präsidenten - vgl. dazu den Beschluss des VfGH vom 13. Dezember 1993, B 563/93, VfSlg. 13.641, sowie den in einer anderen Beschwerdesache desselben Beschwerdeführers ergangenen hg. Beschluss vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0152; zur Mitwirkung eines Vollziehungsorgans - des Bundeskanzlers - an der Gesetzgebung vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2003, VfSlg. 16.852 - 16.848) sowie das Verhalten von Abgeordneten bei Ausübung ihres Berufes (vgl. zu alldem Öhlinger, Verfassungsrecht5, Rz. 434). Dem Bundeskanzler kommt daher schon von Verfassungs wegen - auch als Mitglied der Bundesregierung - bei der Gesetzgebung kein Wirkungsbereich zu, in dem er mit solchen die Auskunftspflicht begründenden Verwaltungsaufgaben im Sinn des Art. 20 Abs. 4 erster Satz B-VG betraut wäre.
Auch die Tätigkeit der Volksanwaltschaft als unabhängiges, d. h. weisungsfreies, Hilfsorgan des Parlaments zur Kontrolle der Verwaltung (vgl. Art. 148a Abs. 4 B-VG sowie Öhlinger, Verfassungsrecht5, Rz 665) gehört nicht zum Wirkungsbereich des Bundeskanzlers, sodass auch hinsichtlich der übrigen Auskunftsersuchen des Beschwerdeführers für die belangte Behörde keine Auskunftspflicht bestand.
Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur gesichertes Wissen - sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich - Gegenstand einer Auskunft sein. Auskunftserteilung bedeutet somit die Weitergabe von Informationen, die der Behörde - aus dem Akteninhalt - bekannt sind und nicht erst zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Die Verwaltung ist keinesfalls zu umfangreichen Ausarbeitungen oder zur Erstellung von (Rechts-)Gutachten verpflichtet (vgl. dazu zuletzt das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 98/01/0473, mit weiteren Judikaturhinweisen; zu einem Auskunftsersuchen betreffend Auslegung der EMRK im österreichischen Recht vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 97/19/0022).
Das APG dient auch nicht dazu, Behörden zur Wertung von Tatsachen zu verhalten, um auf diesem Umweg rechtskräftige Bescheide oder - wie im Fall des erstangefochtenen Bescheides - Beschlüsse des Nationalrates oder Entscheidungen der Gerichtsbarkeit, in denen diese Wertungen bereits vorgenommen wurden, einer (neuerlichen) Überprüfung zugänglich zu machen; das APG soll nur Informationen über bereits vorhandenes Wissen der Behörde, nicht aber eine vorzunehmende Bewertung, der Partei zugänglich machen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1997, Zl. 96/09/0192, sowie auch Wieser in Korinek/Holoubek, B-VG, 4. Lfg (2001), Art. 20/4 Rz. 33). Es besteht weder die Verpflichtung, Absichten des Bundeskanzlers im Verfassungskonvent, die den Verfahrensgegenstand des zweit- und viertangefochtenen Bescheides bilden, bekannt zu geben (so bereits die hg. Erkenntnisse vom 12. Juli 1989, Zl. 88/01/0212, VwSlg. 12.974, und vom 19. November 1997, Zl. 96/09/0192), noch dient das APG der Ausdehnung des in Art. 52 B-VG dem Nationalrat und dem Bundesrat eingeräumten Interpellationsrechtes auf jedermann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/19/0022).
Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses wie auch die Gründe für die Überschreitung einer dafür gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfrist in einem laufenden Verwaltungsverfahren, die der Beschwerdeführer mit seinem letzten Auskunftsersuchen vom 27. Dezember 2004 in Erfahrung bringen will, fallen gleichfalls nicht unter die Auskunftspflicht (vgl. dazu zuletzt den hg. Beschluss vom 9. September 2004, Zl. 2001/15/0053).
Der Umstand, dass der erstangefochtene Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen anstatt - dem Antrag auf Bescheiderlassung Folge gebend - bescheidmäßig festgestellt hat, dass dem Beschwerdeführer das Recht auf Auskunft nicht zukommt, kann nach der Bescheidbegründung lediglich als ein Vergreifen im Ausdruck gewertet werden, das diesfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt. Ebenso wurde der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung der gemäß § 4 APG gestellten Anträge in den zweit- bis viertangefochtenen Bescheiden, obwohl eine Entscheidung in der Sache zu treffen gewesen wäre, weil nach dem APG die mangelnde Zuständigkeit eines Organs für eine Auskunft außerhalb seines Wirkungsbereiches einen Auskunftsverweigerungsgrund darstellt, nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. dazu abermals Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 354 (360 f)).
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Dem Antrag des Beschwerdeführers, anhand seiner Beschwerdebehauptungen zu entscheiden, konnte schon deshalb nicht Rechnung getragen werden, weil es dem Sinn des VwGG zuwiderliefe, Akten bzw. Gegenschriften, die zwar nach Ablauf der Vorlagefrist, jedoch vor der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof bei diesem eingelangt sind, nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis 15. November 1993, Zl. 93/10/0086).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. September 2006
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004040018.X00Im RIS seit
07.11.2006