Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael S*****, vertreten durch Dr. Michael Lackner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei P***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Martin Stock, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen S 973.000.- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. 12. 1997, GZ 4 R 72/97d-47, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508, a Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt, wer als Mitbewerber bewußt
in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich einer fremden
Gewerbeberechtigung eingreift, um so im Wettbewerb einen Vorsprung
gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (stRsp ua
ÖBl 1990, 7 - Rupertitag; ÖBl 1991, 67 - Bankfeiertag; ÖBl 1992, 120
- Plakatkampagne; ÖBl 1994, 15 - Kontaktlinsen; ÖBl 1994, 213 -
Haushaltsübliche Reinigungsarbeiten). Nur eine auch subjektiv
vorwerfbare Mißachtung der Vorschriften der Gewerbeordnung würde es
aber rechtfertigen, über die bloße Verantwortlichkeit nach der
übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen
die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iSd § 1 UWG
anzunehmen. Dieser Grundsatz muß vor allem dort gelten, wo es um eine
unterschiedliche Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift
geht. Bei der Prüfung der Frage, ob die Verletzung einer Vorschrift
gegen § 1 UWG verstößt, kommt es vor allem darauf an, ob die
Auffassung über den Umfang der Befugnisse durch das Gesetz so weit
gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Ist dies
der Fall, so kann eine auf dieser Auslegung beruhende Tätigkeit nicht
mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise
verstoßende Handlung angesehen werden (stRSp ua SZ 56/2 = EvBl
1983/49 = ÖBl 1983, 40 - Metro-Post I; WBl 1993, 264; ecolex 1994,
181 = ÖBl 1994, 17 - Contact; ÖBl 1996, 118 - Gleitschirmschule; WBl 1997, 260 - Ungarischer Zahnarzt).
Eine eindeutige und allgemein gültige Abgrenzung zwischen dem Gewerbe eines Immobilienmaklers und dem Gastgewerbe bzw. Reisebürogewerbe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen; nach der Rsp des VwGH kommt es bei der Frage, ob die Vermietung von Räumlichkeiten eine gewerbliche Tätigkeit begründet, darauf an, ob die dabei anfallende Verwaltungstätigkeit in erheblichem Umfang jenes Maß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Liegenschaftsvermögens verbunden ist (ecolex 1990, 380). Erhielt die Beklagte auf ihre Anfragen bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg, der Handelskammer Salzburg und der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See Auskünfte jeweils dahin, daß für die von ihr ausgeübte Tätigkeit keine Gewerbeberechtigung erforderlich sei, war der von ihr eingenommene Rechtsstandpunkt, zur Vermietung von Wohnungen ohne (weitere) Gewerbeberechtigung berechtigt zu sein, sofern ihre Nebenleistungen nicht über die Beistellung von Bettwäsche, allfälligen Zusatzbetten oder Gitterbetten, die Anmeldung der Gäste, Schlüsselübergabe, Endreinigung, Inkasso des Miet- und Reinigungsentgelts und die Organisation eines "Semmeldienstes" hinausgeht, zumindest so weit gedeckt, daß er mit guten Gründen vertreten werden kann.
An diesem guten Glauben der Beklagten vermag unter den gegebenen Umständen auch die allenfalls in einem Schreiben des Steuerberaters der Beklagten geäußerte Meinung nichts zu ändern, die Vermietung von Appartements durch die Beklagte berge die Gefahr einer steuerlichen Behandlung als "Nicht-Gewerbebetrieb" oder bei Ausgestaltung des Verhältnisses zum Kunden mit allen Bestandteilen der Beherbergung und zugehörigen Serviceleistungen die Gefahr einer Kollision mit gewerberechtlichen Bestimmungen in sich: Vor allem mangels täglicher Reinigung der vermieteten Räumlichkeiten sowie mangels Bereitstellung eines kompletten Frühstückes konnte die Beklagte ihren Standpunkt weiterhin mit guten Gründen vertreten. Damit ist aber dem Vorwurf, die Beklagte habe infolge einer unvertretbaren Auffassung der Gewerbeordnung gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen, der Boden entzogen. Auf eine Prüfung der gewerberechtlichen Frage kommt es damit nicht mehr an.
Anmerkung
E49199 04A00548European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00054.98I.0224.000Dokumentnummer
JJT_19980224_OGH0002_0040OB00054_98I0000_000