TE OGH 1998/2/25 9ObA33/98p

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Veröffentlicht am 25.02.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Bukovec und Dr.Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gertrude W*****, Prokuristin, ***** vertreten durch Dr.Klaus Herke, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei S***** reg.Gen.mbH, ***** vertreten durch Dr.Alfons Klaunzer und Dr.Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Entlassungsanfechtung (Streitwert S 1,771.239,60), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Oktober 1997, GZ 13 Ra 33/97v-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.Februar 1997, GZ 42 Cga 121/96g-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 24.807,60 (darin S 4.134,60 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 4.10.1947 geborene Klägerin war seit 1.8.1963 Angestellte der Beklagten. Zuletzt war sie Gesamtprokuristin und Leiterin des Rechnungswesens und der Personalverwaltung mit einem monatlichen Bruttogehalt von S 49.201,10. Am 2.7.1996 wurde sie entlassen.

Die Klägerin begehrte mit der am 8.7.1996 überreichten Klage die Feststellung, daß die Entlassung vom 2.7.1996 rechtsunwirksam sei und das Arbeitsverhältnis fortbestehe; hilfsweise focht sie die Entlassung als rechtsunwirksam an. Es sei kein Entlassungsgrund vorgelegen; die Entlassung sei sozialwidrig gewesen. Die Klägerin habe im Alter von 50 Jahren keine Aussicht auf einen vergleichbaren Posten im Großraum L*****. Sie habe über S 1 Mio Schulden und müsse sich um ihre in L***** lebende herzkranke Mutter kümmern.

Die Beklagte beantragte die Zurück- bzw Abweisung des Klagebegehrens. Der Klägerin habe bei Klageeinbringung die Legitimation für ein Anfechtungsbegehren gefehlt. Der Betriebsrat habe der Entlassung ausdrücklich widersprochen; die Klägerin habe jedoch den Betriebsrat nicht zur Anfechtung aufgefordert, sondern die Klage selbst innerhalb der nur dem Betriebsrat offenstehenden Anfechtungsfrist eingebracht. Als leitende Angestellte sei die Klägerin überdies nicht zur Entlassungsanfechtung nach dem ArbVG berechtigt. Die Entlassung sei wegen Untreue und Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin berechtigt gewesen. Im Jänner 1994 habe die Klägerin zu Unrecht die Überweisung der Lohnsteuer von S 50.000,-- monatlich für den karenzierten, früheren Direktor der Beklagten Dipl.Vw. H***** an das Finanzamt vorbereitet. Wenn dies nicht zufällig dem nunmehrigen Vorstand der Beklagten aufgefallen wäre, hätte Dipl.Vw. H***** zu Unrecht ein Steuerguthaben von S 150.000,-- (für drei Monate) erworben. Im Mai 1996 habe die Klägerin Dipl.Vw. H***** über "Äußerungen des Vorstandes der Beklagten über einen Revisor" informiert. Dipl.Vw. H***** habe seinerseits den Revisor davon benachrichtigt, der dann wiederum bei der Beklagten "entsprechende Rücksprache" gehalten habe. Am 2.7.1996 sei die Beklagte verständigt worden, daß Dipl.Vw. H***** in den Besitz einer Notiz der Beklagten vom 28.9.1994 betreffend Sachbezüge gelangt sei, die er seinerseits in einem Verfahren gegen die Beklagte verwendet habe. Diese Notiz könne nur von der Klägerin weitergegeben worden sein.

Die Klägerin bestritt, daß sie leitende Angestellte im Sinne des ArbVG gewesen sei. Die Klageeinbringung sei nicht verfrüht erfolgt, weil der Betriebsrat der Entlassung nicht ausdrücklich widersprochen habe. Sie sei daher anfechtungsberechtigt. Die Lohnabrechnung des karenzierten Vorstandsvorsitzenden Dipl.Vw. H***** sei unklar gewesen; es habe keine nähere Weisung der Beklagten an die Klägerin gegeben. Das jetzt beanstandete Verhalten der Klägerin sei damals, zwei Jahre vor der Entlassung nicht einmal ausgestellt worden. Die behauptete Information an den Revisor sei nicht von der Klägerin weitergegeben worden. Sie habe auch keine Notiz der Beklagten betreffend Sachbezüge weitergegeben. Die Entlassung der Klägerin sei nur erfolgt, um Druck auf Dipl.Vw. H***** auszuüben.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren der Klägerin ab, während es dem Eventualbegehren nach Maßgabe eines Anfechtungsbegehrens stattgab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Als Leiterin des Rechnungswesens bzw der Personalvertretung seit 1992 wurde der Klägerin auch Gesamtprokura verliehen. Sie war befugt, gemeinsam mit anderen Prokuristen und einem Vorstandsmitglied für die beklagte Partei zu zeichnen. Tatsächlich hat die Klägerin auch Unterschriften für die beklagte Partei (aushilfsweise) geleistet, wobei die diesbezüglichen Schriftstücke ihr jedoch fix vorbereitet vorgelegt wurden. Unternehmerische Entscheidungen zu treffen, war die Klägerin nicht befugt. Sie hatte insbesondere keinerlei Kompetenzen im Zusammenhang mit der Eingehung und Auflösung von Arbeitsverhältnissen.

Am 2.7.1996 (= Dienstag) wurde die Klägerin entlassen, nachdem der Vorstandsvorsitzende der Beklagten Dr.B***** am Vortag informiert worden war, daß der frühere Vorstandsvorsitzende Dipl.Vw. H***** in einem arbeitsgerichtlichen Prozeß gegen die Beklagte einen Aktenvermerk Dris.B***** vom 28.9.1994 betreffend Sachbezüge dem Gericht vorgelegt und hiemit die Wiedereröffnung des Verfahrens beantragt hatte. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin den Aktenvermerk an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden weitergeleitet hätte. Der Betriebsratsvorsitzende der Beklagten wurde am 2.7.1996 von der Entlassung verständigt. Am 4.7.1996 (= Donnerstag) teilte der Betriebsrat dem Vorstand der Beklagten schriftlich mit, daß der Entlassung der Klägerin "die Zustimmung des Betriebsrates....... verweigert wird", und ersuchte um Beratung der Angelegenheit. Der Betriebsrat war gewillt, die Entlassung der Klägerin bei Gericht anzufechten. Nachdem jedoch die Klägerin dem Betriebsratsvorsitzenden mitgeteilt hatte, daß sie selbst über ihren Rechtsanwalt die Klage führen werde, ließ es der Betriebsrat dabei bewenden.

Die Klägerin ist alleinstehend und hat keine Unterhaltspflichten. Sie besitzt eine Eigentumswohnung in L*****. Zum 31.5.1995 hafteten Wohnungskredite der Klägerin von rund S 375.000,-- aus. Darüber hinaus hatte die Klägerin zum 22.8.1996 Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten von rund S 300.000,--. Die Klägerin hat sich nach ihrer Entlassung beim Arbeitsmarktservice L***** gemeldet; bisher wurde ihr kein Arbeitsplatz angeboten.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klägerin keine leitende Angestellte mit maßgebendem Einfluß auf die Führung des Betriebes gewesen sei (§ 36 Abs 2 Z 3 ArbVG), weil sie keinen Einfluß auf die Eingehung und Auflösung von Arbeitsverhältnissen, Gehaltsfragen, Vorrückungen, Urlaubseinteilungen, Anordnung von Überstunden, Ausübung des Direktionsrechtes und Aufrechterhaltung der Disziplin im Betrieb gehabt habe. Sie unterliege daher den Bestimmungen des II. Teiles des Betriebsverfassungsrechtes.Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klägerin keine leitende Angestellte mit maßgebendem Einfluß auf die Führung des Betriebes gewesen sei (Paragraph 36, Absatz 2, Ziffer 3, ArbVG), weil sie keinen Einfluß auf die Eingehung und Auflösung von Arbeitsverhältnissen, Gehaltsfragen, Vorrückungen, Urlaubseinteilungen, Anordnung von Überstunden, Ausübung des Direktionsrechtes und Aufrechterhaltung der Disziplin im Betrieb gehabt habe. Sie unterliege daher den Bestimmungen des römisch II. Teiles des Betriebsverfassungsrechtes.

Das Schreiben des Betriebsrates vom 4.7.1996 habe keinen ausdrücklichen Widerspruch gegen die Entlassung enthalten, sondern lediglich die Mitteilung, daß der Entlassung die Zustimmung verweigert werde. Dieses Schreiben habe daher auch kein Anfechtungsrecht des Betriebsrates begründet. Es habe sohin von Anfang an nur das Anfechtungsrecht der Klägerin als Arbeitnehmerin gegeben.

Den behaupteten Entlassungsgrund habe die Beklagte nicht nachweisen können. Es liege Sozialwidrigkeit vor. Die Klägerin weise eine mehr als 30-jährige Betriebszugehörigkeit auf und stehe kurz vor Erreichung des 50. Lebensjahres. Nach der gegebenen Arbeitsmarktsituation erscheine es geradezu ausgeschlossen, daß sie im Hinblick auf ihr Alter einen adäquaten Arbeitsplatz finden werde. Das Anfechtungsbegehren der Klägerin sei daher berechtigt.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, der Klägerin könnte die Berechtigung zur Anfechtung nicht abgesprochen werden, selbst wenn man in der Erklärung des Betriebsrates einen ausdrücklichen Widerspruch gegen die Entlassung sehe. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei nämlich der Betriebsrat gewillt gewesen, die Entlassung bei Gericht anzufechten. Nachdem jedoch die Klägerin gegenüber dem Betriebsvorsitzenden geäußert habe, selbst die Klage zu führen, habe es der Betriebsrat dabei bewenden lassen. In dieser Vorgangsweise sei zumindest konkludent das Verlangen der Klägerin zu erblicken, ihr die Anfechtung der Entlassung bei Gericht zu übertragen. Dies sei sinngemäß als Verlangen nach Anfechtung zu verstehen und habe die Klägerin infolge Zustimmung des Betriebsrates zur Anfechtung legitimiert. Die Selbstanfechtung des Arbeitnehmers vor Ablauf der Anfechtungsfrist des Betriebsrates sei nach Lehre und Rechtsprechung zulässig.

Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Entlassung wesentliche Interessen der Klägerin beeinträchtigt habe. Die Beklagte habe sich zur Rechtfertigung der Entlassung - abgesehen von dem nicht erwiesenen aktuellen Entlassungsgrund - auf eine unrichtige Gehaltsabrechnung der Klägerin vom Jänner 1994 und die Weitergabe von Äußerungen des Vorstandes über einen Revisor berufen. Bei einer Abwägung der durch die Entlassung beeinträchtigten Interessen der Klägerin mit jenen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne der Vorfall vom Jänner 1994 nicht herangezogen werden. Die Beklagte habe nämlich die Geltendmachung dieser behaupteten Pflichtverletzung als Kündigungs- und Entlassungsgrund ungewöhnlich lange unterlassen, sodaß nach der Übung des redlichen Verkehrs ein Verzicht auf die Ausübung des Kündigungs- oder Entlassungsrechtes anzunehmen sei. Die behauptete Pflichtwidrigkeit im Zusammenhang mit Äußerungen über den Revisor könne - selbst wenn sie erweislich wäre - nicht als so schwerwiegend angesehen werden, daß sie bei der nach § 106 ArbVG iVm § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG durchzuführenden Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausschlagen könnte.Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Entlassung wesentliche Interessen der Klägerin beeinträchtigt habe. Die Beklagte habe sich zur Rechtfertigung der Entlassung - abgesehen von dem nicht erwiesenen aktuellen Entlassungsgrund - auf eine unrichtige Gehaltsabrechnung der Klägerin vom Jänner 1994 und die Weitergabe von Äußerungen des Vorstandes über einen Revisor berufen. Bei einer Abwägung der durch die Entlassung beeinträchtigten Interessen der Klägerin mit jenen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne der Vorfall vom Jänner 1994 nicht herangezogen werden. Die Beklagte habe nämlich die Geltendmachung dieser behaupteten Pflichtverletzung als Kündigungs- und Entlassungsgrund ungewöhnlich lange unterlassen, sodaß nach der Übung des redlichen Verkehrs ein Verzicht auf die Ausübung des Kündigungs- oder Entlassungsrechtes anzunehmen sei. Die behauptete Pflichtwidrigkeit im Zusammenhang mit Äußerungen über den Revisor könne - selbst wenn sie erweislich wäre - nicht als so schwerwiegend angesehen werden, daß sie bei der nach Paragraph 106, ArbVG in Verbindung mit Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG durchzuführenden Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausschlagen könnte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Klagebegehren ab- bzw zurückzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 46 Abs 3 Z 2 erster Fall ASGG); sie ist jedoch nicht berechtigt.Die Revision ist zulässig (Paragraph 46, Absatz 3, Ziffer 2, erster Fall ASGG); sie ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 106 ArbVG hat der Betriebsinhaber den Betriebsrat von jeder Entlassung eines Arbeitnehmers unverzüglich zu verständigen und innerhalb von drei Arbeitstagen nach erfolgter Verständigung auf Verlangen des Betriebsrates mit diesem die Entlassung zu beraten. Von der Haltung des Betriebsrates während der Dreitagefrist hängt in weiterer Folge ab, ob und von wem die Entlassung vor Gericht angefochten werden kann. Hat der Betriebsrat keine Stellungnahme abgegeben, hat er der Entlassung ausdrücklich widersprochen bzw vermag seine Zustimmung die Anfechtungsmöglichkeit nicht zu sperren, so kann die Entlassung bei Gericht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 105 Abs 3 ArbVG (Kündigungsanfechtungsgrund) vorliegt und der betroffene Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 622). § 105 Abs 4 bis 7 ArbVG ist gemäß § 106 Abs 3 Satz 3 ArbVG sinngemäß anzuwenden.Gemäß Paragraph 106, ArbVG hat der Betriebsinhaber den Betriebsrat von jeder Entlassung eines Arbeitnehmers unverzüglich zu verständigen und innerhalb von drei Arbeitstagen nach erfolgter Verständigung auf Verlangen des Betriebsrates mit diesem die Entlassung zu beraten. Von der Haltung des Betriebsrates während der Dreitagefrist hängt in weiterer Folge ab, ob und von wem die Entlassung vor Gericht angefochten werden kann. Hat der Betriebsrat keine Stellungnahme abgegeben, hat er der Entlassung ausdrücklich widersprochen bzw vermag seine Zustimmung die Anfechtungsmöglichkeit nicht zu sperren, so kann die Entlassung bei Gericht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne des Paragraph 105, Absatz 3, ArbVG (Kündigungsanfechtungsgrund) vorliegt und der betroffene Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 622). Paragraph 105, Absatz 4 bis 7 ArbVG ist gemäß Paragraph 106, Absatz 3, Satz 3 ArbVG sinngemäß anzuwenden.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist in der Erklärung des Betriebsrates kein ausdrücklicher Widerspruch im Sinne des § 105 Abs 4 ArbVG zu erblicken (vgl infas 1985, A 92; Arb 10.587). Die Erklärung des Betriebsrates ist zwar an keine bestimmte Formvorschrift gebunden; sie muß jedoch klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, worauf sie abzielt. In diesem Sinne muß ein allfälliger Widerspruch "förmlich" erfolgen. Erklärungen, die keinen eindeutigen Widerspruch enthalten, sind dem Stillschweigen gleichzusetzen (Floretta/Strasser, ArbVG 667, 676 f und 683). Wendet sich also der Betriebsrat nicht ausdrücklich gegen die Entlassung, sondern erklärt er nur, die Zustimmung zur Entlassung zu verweigern, so läßt die Stellungnahme einen Widerspruchswillen mit der erforderlichen Deutlichkeit nicht erkennen; sie ist daher nicht als ausdrücklicher Widerspruch zu werten (vgl Arb 10.110).Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist in der Erklärung des Betriebsrates kein ausdrücklicher Widerspruch im Sinne des Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG zu erblicken vergleiche infas 1985, A 92; Arb 10.587). Die Erklärung des Betriebsrates ist zwar an keine bestimmte Formvorschrift gebunden; sie muß jedoch klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, worauf sie abzielt. In diesem Sinne muß ein allfälliger Widerspruch "förmlich" erfolgen. Erklärungen, die keinen eindeutigen Widerspruch enthalten, sind dem Stillschweigen gleichzusetzen (Floretta/Strasser, ArbVG 667, 676 f und 683). Wendet sich also der Betriebsrat nicht ausdrücklich gegen die Entlassung, sondern erklärt er nur, die Zustimmung zur Entlassung zu verweigern, so läßt die Stellungnahme einen Widerspruchswillen mit der erforderlichen Deutlichkeit nicht erkennen; sie ist daher nicht als ausdrücklicher Widerspruch zu werten vergleiche Arb 10.110).

Die Revisionswerberin, die nur zwischen ausdrücklichem Widerspruch und ausdrücklicher Zustimmung unterscheidet, läßt unbeachtet, daß der Betriebsrat auch die Möglichkeit hat, "keine Stellungnahme" abzugeben (§ 105 Abs 4 ArbVG). Als "keine Stellungnahme" im Sinne dieser Bestimmung ist jede Stellungnahme des Betriebsrates anzusehen, die weder als ausdrücklicher Widerspruch, noch als ausdrückliche Zustimmung zu qualifizieren ist. "Keine Stellungnahme" in diesem Sinne ist somit nicht zwangsläufig mit einem Schweigen des Betriebsrates gleichzusetzen.Die Revisionswerberin, die nur zwischen ausdrücklichem Widerspruch und ausdrücklicher Zustimmung unterscheidet, läßt unbeachtet, daß der Betriebsrat auch die Möglichkeit hat, "keine Stellungnahme" abzugeben (Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG). Als "keine Stellungnahme" im Sinne dieser Bestimmung ist jede Stellungnahme des Betriebsrates anzusehen, die weder als ausdrücklicher Widerspruch, noch als ausdrückliche Zustimmung zu qualifizieren ist. "Keine Stellungnahme" in diesem Sinne ist somit nicht zwangsläufig mit einem Schweigen des Betriebsrates gleichzusetzen.

Erklärt der Betriebsrat, daß der Entlassung "die Zustimmung.... verweigert wird", so wird damit eindeutig nur die Erklärung einer Zustimmung ausgeschlossen, was durchaus für den Arbeitgeber rechtserheblich ist, weil sich an die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrates besondere Folgen knüpfen. Mit dem Versagen der Zustimmung ist aber nichts darüber gesagt, ob noch ein ausdrücklicher Widerspruch des Betriebsrates erfolgt oder ob es bei "keiner Stellungnahme" im Sinne des § 105 Abs 4 ArbVG bleibt.Erklärt der Betriebsrat, daß der Entlassung "die Zustimmung.... verweigert wird", so wird damit eindeutig nur die Erklärung einer Zustimmung ausgeschlossen, was durchaus für den Arbeitgeber rechtserheblich ist, weil sich an die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrates besondere Folgen knüpfen. Mit dem Versagen der Zustimmung ist aber nichts darüber gesagt, ob noch ein ausdrücklicher Widerspruch des Betriebsrates erfolgt oder ob es bei "keiner Stellungnahme" im Sinne des Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG bleibt.

Hat der Betriebsrat innerhalb der Dreitagefrist nicht ausdrücklich widersprochen, sondern sich auf "keine Stellungnahme" beschränkt, so kann die Entlassung in diesem Fall nicht mehr vom Betriebsrat, sondern nur mehr vom Arbeitnehmer angefochten werden (Floretta/Strasser aaO 684; Schwarz/Löschnigg aaO 624). Die Anfechtungsfrist beträgt eine Woche (§ 105 Abs 4 ArbVG). Ob die einwöchige Anfechtungsfrist bereits mit der Entlassung oder erst mit dem Ablauf der dreitägigen Frist zur Stellungnahme des Betriebsrates beginnt (siehe zum Meinungsstand Schwarz/Löschnigg aaO 624), kann hier auf sich beruhen. Die Anfechtung der Klägerin vom 8.7.1996 erfolgte nämlich jedenfalls nach Ablauf der Dreitagefrist des Betriebsrates, aber noch vor Ablauf der Einwochenfrist des Arbeitnehmers, und zwar gleichgültig, ob man ihren Beginn ab der Entlassung vom 2.7.1996 oder erst mit dem Ablauf der Dreitagefrist rechnet. Die Anfechtung der Entlassung durch die Klägerin war daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht verfrüht.Hat der Betriebsrat innerhalb der Dreitagefrist nicht ausdrücklich widersprochen, sondern sich auf "keine Stellungnahme" beschränkt, so kann die Entlassung in diesem Fall nicht mehr vom Betriebsrat, sondern nur mehr vom Arbeitnehmer angefochten werden (Floretta/Strasser aaO 684; Schwarz/Löschnigg aaO 624). Die Anfechtungsfrist beträgt eine Woche (Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG). Ob die einwöchige Anfechtungsfrist bereits mit der Entlassung oder erst mit dem Ablauf der dreitägigen Frist zur Stellungnahme des Betriebsrates beginnt (siehe zum Meinungsstand Schwarz/Löschnigg aaO 624), kann hier auf sich beruhen. Die Anfechtung der Klägerin vom 8.7.1996 erfolgte nämlich jedenfalls nach Ablauf der Dreitagefrist des Betriebsrates, aber noch vor Ablauf der Einwochenfrist des Arbeitnehmers, und zwar gleichgültig, ob man ihren Beginn ab der Entlassung vom 2.7.1996 oder erst mit dem Ablauf der Dreitagefrist rechnet. Die Anfechtung der Entlassung durch die Klägerin war daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht verfrüht.

Sämtliche Überlegungen der Revisionswerberin zur Frage, ob die Klägerin vom Betriebsrat eine Anfechtung verlangte, ob der Betriebsrat dem Verlangen der Klägerin entsprach und ob die Klägerin bereits zu einem Zeitpunkt angefochten hat, bevor die Frist des Betriebsrates zur Anfechtung abgelaufen ist, gehen von der falschen Voraussetzung aus, daß ein ausdrücklicher Widerspruch des Betriebsrates erfolgt wäre (§ 105 Abs 4 ArbVG).Sämtliche Überlegungen der Revisionswerberin zur Frage, ob die Klägerin vom Betriebsrat eine Anfechtung verlangte, ob der Betriebsrat dem Verlangen der Klägerin entsprach und ob die Klägerin bereits zu einem Zeitpunkt angefochten hat, bevor die Frist des Betriebsrates zur Anfechtung abgelaufen ist, gehen von der falschen Voraussetzung aus, daß ein ausdrücklicher Widerspruch des Betriebsrates erfolgt wäre (Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG).

Eine wesentliche Voraussetzung für die Entlassungsanfechtung ist, daß die Entlassung unbegründet ausgesprochen wurde (§ 106 Abs 2 ArbVG). Davon ist nach den Feststellungen des Erstgerichtes auszugehen, nachdem der eigentliche Entlassungsvorwurf der Beklagten (Weitergabe eines Aktenvermerks vom 28.9.1994 durch die Klägerin) nicht objektivierbar war. Die beiden weiteren Vorwürfe der Beklagten werden in der Revision nicht mehr zur Begründung der Entlassung, sondern nur mehr als Gegengewicht zu den ebenfalls unstrittig beeinträchtigten wesentlichen Interessen der Klägerin im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG herangezogen, um also darzutun, daß einem weiteren Verbleib der Klägerin im Unternehmen Umstände entgegenstehen, die in der Person der Klägerin gelegen sind und betriebliche Interessen der Beklagten nachteilig berühren.Eine wesentliche Voraussetzung für die Entlassungsanfechtung ist, daß die Entlassung unbegründet ausgesprochen wurde (Paragraph 106, Absatz 2, ArbVG). Davon ist nach den Feststellungen des Erstgerichtes auszugehen, nachdem der eigentliche Entlassungsvorwurf der Beklagten (Weitergabe eines Aktenvermerks vom 28.9.1994 durch die Klägerin) nicht objektivierbar war. Die beiden weiteren Vorwürfe der Beklagten werden in der Revision nicht mehr zur Begründung der Entlassung, sondern nur mehr als Gegengewicht zu den ebenfalls unstrittig beeinträchtigten wesentlichen Interessen der Klägerin im Sinne des Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG herangezogen, um also darzutun, daß einem weiteren Verbleib der Klägerin im Unternehmen Umstände entgegenstehen, die in der Person der Klägerin gelegen sind und betriebliche Interessen der Beklagten nachteilig berühren.

Die Revisionswerberin bestreitet weder das Nichtvorliegen eines Entlassungsgrundes noch den Umstand, daß die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses wesentliche Interessen der Klägerin im Sinne des § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG beeinträchtigt. Sie meint jedoch, die Sozialwidrigkeit sei wegen Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nicht gegeben. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Zu Recht verwies nämlich das Berufungsgericht darauf, daß jedenfalls auch solche Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und betriebliche Interessen nachteilig berühren, vom Arbeitgeber unverzüglich geltend gemacht werden müssen, weshalb er im Falle der Entlassungsanfechtung verhaltensbedingte Gründe nicht zeitlich unbegrenzt zur Rechtfertigung einer sozialwidrigen Entlassung heranziehen kann (Tomandl, Arbeitsrecht II3 243; Marhold in ZAS 1981, 229 [230 f]).Die Revisionswerberin bestreitet weder das Nichtvorliegen eines Entlassungsgrundes noch den Umstand, daß die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses wesentliche Interessen der Klägerin im Sinne des Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG beeinträchtigt. Sie meint jedoch, die Sozialwidrigkeit sei wegen Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nicht gegeben. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Zu Recht verwies nämlich das Berufungsgericht darauf, daß jedenfalls auch solche Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und betriebliche Interessen nachteilig berühren, vom Arbeitgeber unverzüglich geltend gemacht werden müssen, weshalb er im Falle der Entlassungsanfechtung verhaltensbedingte Gründe nicht zeitlich unbegrenzt zur Rechtfertigung einer sozialwidrigen Entlassung heranziehen kann (Tomandl, Arbeitsrecht II3 243; Marhold in ZAS 1981, 229 [230 f]).

Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht vor. Insoweit sie sich auf eine angeblich falsche Lohnabrechnung der Klägerin vom Jänner 1994 stützt, die der Vorstand der Beklagten gerade noch verhindern habe können, ist zu beachten, daß die Entlassung der Klägerin erst rund zweieinhalb Jahre später, nämlich am 2.7.1996 erfolgte. Die Beklagte behauptete in diesem Zusammenhang weder gegen die Beklagte besondere Konsequenzen (zB Verwarnung) ergriffen zu haben, noch besondere Gründe, die eine so lange Überlegungsfrist erforderlich gemacht hätten (vgl Kuderna, Entlassungsrecht2 50). Betriebliche Interessen waren daher schon nach dem Vorbringen der Beklagten im Zeitpunkt der Entlassung nicht in einem gemäß § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG relevanten Ausmaß beeinträchtigt (Tomandl aaO 243).Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht vor. Insoweit sie sich auf eine angeblich falsche Lohnabrechnung der Klägerin vom Jänner 1994 stützt, die der Vorstand der Beklagten gerade noch verhindern habe können, ist zu beachten, daß die Entlassung der Klägerin erst rund zweieinhalb Jahre später, nämlich am 2.7.1996 erfolgte. Die Beklagte behauptete in diesem Zusammenhang weder gegen die Beklagte besondere Konsequenzen (zB Verwarnung) ergriffen zu haben, noch besondere Gründe, die eine so lange Überlegungsfrist erforderlich gemacht hätten vergleiche Kuderna, Entlassungsrecht2 50). Betriebliche Interessen waren daher schon nach dem Vorbringen der Beklagten im Zeitpunkt der Entlassung nicht in einem gemäß Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG relevanten Ausmaß beeinträchtigt (Tomandl aaO 243).

Zur angeblichen Weitergabe vertraulicher Informationen durch die Klägerin an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden gab es im erstinstanzlichen Beklagtenvorbringen nur einen konkreten Vorwurf gegen die Klägerin, nämlich jenen betreffend eine Aktennotiz vom 28.9.1994. Dieser Vorwurf konnte jedoch, nachdem eine Weiterleitung dieser Notiz durch die Klägerin nicht festgestellt werden konnte, nicht objektiviert werden. Hinsichtlich der (angeblichen) laufenden "Weitergabe vertraulicher Informationen" durch die Klägerin fehlte es an jeglichem konkreten Vorbringen der Beklagten zum Inhalt dieser Informationen, insbesondere auch im Zusammenhang mit (angeblichen) Äußerungen des Vorstandes der Beklagten über einen Revisor. Soweit betriebliche Vorfälle gegen die Sozialwidrigkeit einer (nur mehr) Kündigung ins Treffen geführt werden, sind diese zu konkretisieren und hinreichende Tatsachenbehauptungen (Namen, Fakten), die sich nicht in allgemeinen Behauptungen ("Äußerungen über einen Revisor") erschöpfen dürfen, aufzustellen (so jüngst auch 9 ObA 347/97p).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 58 Abs 1 Satz 1 ASGG. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin sind "Hinweise auf Kostenentscheidungen" der Vorinstanzen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 528).Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 58, Absatz eins, Satz 1 ASGG. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin sind "Hinweise auf Kostenentscheidungen" der Vorinstanzen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu Paragraph 528,).

Anmerkung

E49427 09B00338

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00033.98P.0225.000

Dokumentnummer

JJT_19980225_OGH0002_009OBA00033_98P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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