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L72009 Beschaffung Vergabe Wien;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der "H" Bewachungsdienst GmbH in W, vertreten durch Eckert & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 4. Mai 2006, Zl. VKS - 1357/06, betreffend Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages und Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (mitbeteiligte Partei: Land Wien, Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien, Wirtschaftsabteilung, 1090 Wien, Währinger Gürtel 18- 20), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde (soweit hier von Bedeutung) der Antrag der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der mitbeteiligten Partei vom 6. April 2006, Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Durchführung einer Verhandlung und Kostenersatz als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.). Gleichzeitig wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. April 2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung des Nachprüfungsantrages ab (Spruchpunkt 2.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Partei habe in einem offenen Verfahren die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages (betreffend die Bewachung im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien) im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Als vergebende Stelle sei das "Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien, Wirtschaftsabteilung, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien" - ein Teilunternehmen des Wiener Krankenanstaltenverbundes, dem nach der Wiener Stadtverfassung keine eigene Rechtspersönlichkeit zukomme - für die Stadt bzw. das Land Wien als Auftraggeber tätig geworden. Die Zuschlagsentscheidung stamme vom 6. April 2006. Für die Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen des Landes Wien sei gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 und § 2 Abs. 1 des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes (WVRG) der Vergabekontrollsenat des Landes Wien zuständig.
Im gegenständlichen Fall habe die Frist für den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 lit. c WVRG iVm § 100 Abs. 2 Bundesvergabegesetz 2002 14 Tage betragen. Diese Frist habe die Beschwerdeführerin versäumt. Die Zuschlagsentscheidung vom 6. April 2006 sei der Beschwerdeführerin am 10. April 2006 zugegangen, die Frist für den Nachprüfungsantrag habe demnach am 24. April 2006 geendet. Die Beschwerdeführerin habe den gegenständlichen Nachprüfungsantrag zwar am 24. April 2006 eingebracht, allerdings beim Bundesvergabeamt und somit bei der falschen Behörde. Entscheidend für die Wahrung der Frist sei in einem solchen Fall nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Einlangen bei der zuständigen Behörde. Da der Antrag der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde erst am 25. April 2006 eingelangt sei, habe dieser gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 WVRG zurückgewiesen werden müssen.
Zu Spruchpunkt 2. gab die belangte Behörde zunächst die Begründung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wieder. Demnach sei die Beschwerdeführerin von der Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes ausgegangen, weil das AKH Wien auch eine Universitätsklinik sei, und habe am Nachmittag des 24. April 2006 telefonisch Kontakt mit dem Bundesvergabeamt aufgenommen, um den Nachprüfungsantrag zu erörtern. Dabei habe die zuständige Organwalterin des Bundesvergabeamtes Zweifel an der Zuständigkeit ihrer Behörde geäußert, was die Beschwerdeführerin verunsichert habe. Die Beschwerdeführerin habe daher ausdrücklich ersucht, den Antrag gegebenenfalls an die zuständige Stelle weiterzuleiten und habe auf den Ablauf der Frist am 24. April 2006 hingewiesen. Da die Zuständigkeitsfrage auch zum Zeitpunkt eines zweiten Telefonates der Beschwerdeführerin mit dem Bundesvergabeamt am 24. April 2006 noch nicht geklärt gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin neuerlich ersucht, den Antrag gegebenenfalls weiterzuleiten, "damit sie ihn nicht zusätzlich beim Vergabekontrollsenat einbringen müsse". Die Weiterleitung des Antrages sei ihr seitens des Bundesvergabeamtes ausdrücklich auch in einem folgenden dritten Telefonat desselben Tages zugesichert worden. Diese Zusicherung habe die Beschwerdeführerin daraufhin in einem eingeschriebenen Brief vom 24. April 2006 an das Bundesvergabeamt festgehalten. Dennoch habe die letztgenannte Behörde den Nachprüfungsantrag erst am 25. April 2006 (erst an diesem Tag wurde dem Bundesvergabeamt nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid bekannt, dass der Bund mit nur 6,6% am Gesamtausgabenvolumen des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien beteiligt ist) an die belangte Behörde weitergeleitet. Die Beschwerdeführerin vertrete daher im Wiedereinsetzungsantrag die Auffassung, dass sie auf Grund eines unvorhergesehenen Ereignisses und auf Grund eines minderen Grades des Versehens die Frist versäumt habe, weil sie sich auf die Zusage des Bundesvergabeamtes, den Antrag weiterzuleiten, verlassen habe dürfen.
Diese Auffassung werde von der belangten Behörde nicht geteilt. Der Beschwerdeführerin sei nämlich am Nachmittag des letzten Tages der Frist klar gewesen, dass das Bundesvergabeamt Zweifel an seiner Zuständigkeit zur Behandlung des Nachprüfungsantrages der Beschwerdeführerin gehabt habe und dass es diese Frage erst habe prüfen müssen. Es sei daher unverständlich, weshalb es die Beschwerdeführerin bei noch offener Frist unterlassen habe, den Nachprüfungsantrag zusätzlich auch bei der belangten Behörde einzubringen. Dies wäre auch deshalb zu erwarten gewesen, weil die Beschwerdeführerin gegenüber dem Bundesvergabeamt selbst wiederholt auf den bevorstehenden Ablauf der Frist hingewiesen habe. Da die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht einmal behauptet habe, dass ihr seitens des Bundesvergabeamtes auch zugesichert worden sei, die Zuständigkeitsfrage werde noch am 24. April 2006 geklärt, könne nicht von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinn des § 71 Abs. 1 AVG ausgegangen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie den gegenständlichen Nachprüfungsantrag bei der unzuständigen Stelle eingebracht hat und dass dieser erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist bei der belangten Behörde eingelangt ist. Der Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, es sei ihr bei Bekanntwerden der Zweifel des Bundesvergabeamtes über dessen Zuständigkeit am Nachmittag des 24. April 2006 nicht mehr möglich gewesen, den Antrag auch noch zusätzlich beim Vergabekontrollsenat des Landes Wien einzubringen, weil dessen Amtszeit an diesem Tag schon kurz nach Mittag geendet habe. Bei diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin daran zu erinnern, dass für die Wahrung der Frist die Aufgabe des Antrages bei der Post ausreicht.
Im Übrigen bringt die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde vor, sie habe sich auf die Zusicherung des Bundesvergabeamtes, den Antrag gegebenenfalls an den Vergabekontrollsenat weiterzuleiten, verlassen dürfen. Das Versäumen dieser Frist beruhe daher ihres Erachtens nicht nur auf einem unvorhergesehenen Ereignis, sondern auch auf einem minderen Grad des Versehens. Zum Argument der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe gar nicht behauptet, dass das Bundesvergabeamt die Weiterleitung noch am 24. April 2006, somit vor Ablauf der Frist, zugesichert habe, meint die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde diesen Umstand amtswegig hätte klären müssen, so insbesondere durch die Vernehmung der betreffenden Organwalterin des Bundesvergabeamtes.
Damit übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E. 4 zu § 71 AVG referierte Judikatur).
Hat die Beschwerdeführerin daher unstrittig gar nicht behauptet, dass ihr seitens des Bundesvergabeamtes die Weiterleitung des Nachprüfungsantrages noch vor Ablauf der Frist am 24. April 2006 zugesagt worden war, so kommt ihrem Vorbringen, sie habe sich auf das Verhalten des Organwalters des Bundesvergabeamtes verlassen dürfen und es treffe sie daher nur ein minderer Grad des Versehens, schon aus diesem Grund kein Erfolg zu. Vielmehr durfte die Beschwerdeführerin beim gegebenen Sachverhalt - gerade weil auch dem Bundesvergabeamt die Frage der Behördenzuständigkeit nicht geklärt erschien - nicht davon ausgehen, dass diese Frage innerhalb weniger Stunden gelöst sei und dass darüber hinaus der am letzten Tag der Frist eingebrachte Nachprüfungsantrag auch noch so zeitgerecht weitergeleitet werden könne, dass er noch am selben Tag bei der zuständigen Behörde einlangt.
Da somit schon das Beschwerdevorbringen zeigt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006040111.X00Im RIS seit
06.11.2006Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010