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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. Dr. Herbert Neubauer in Langenlois, vertreten durch. Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Mai 2004, Zl. RU1-V-02195/01 & 02, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. LOISIUM Kellerwelt Betriebs GmbH in 3550 Langenlois, Loisium Allee 1,
2. Stadtgemeinde Langenlois), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Verfahren über die Vorstellung des Beschwerdeführers bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 1. Juli 2003, RU1-V-02195/00, ausgesetzt. Die Behandlung dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. Februar 2005, B 1137/03 und B 1138/03 abgelehnt.
Dem Beschwerdeführer, der sich in seinem Recht darauf verletzt erachtete, dass das Verfahren nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 NÖ GemO ausgesetzt werde, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 28. August 2006 vorgehalten, dass der Aussetzungsgrund weggefallen sei. Der Beschwerdeführer erachtete sich als klaglos gestellt; er hielt sein Kostenersatzbegehren aufrecht.
Wie sich aus den Bestimmungen des § 33 Abs 1 VwGG und des § 34 Abs 3VwGG ergibt, hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und damit auch das Fehlen eines Prozesshindernisses ("negative Prozessvoraussetzung") in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und einen der meritorischen Erledigung der Beschwerde entgegenstehenden Umstand von Amts wegen wahrzunehmen. Aus § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich weiters entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren als Prozessvoraussetzung versteht (hg. Beschluss vom 11. August 2005, Zl. 2004/02/0394). Damit ist zu prüfen, ob eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit deshalb eingetreten ist, weil durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung über den angefochtenen Bescheid weggefallen ist: Durch den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes wurde der Grund der Aussetzung beseitigt; das ausgesetzte Vorstellungsverfahren war von Amts wegen fortzusetzen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren liegt nicht mehr vor.
Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Dessen Absatz 2 hat zum Inhalt, dass der im § 58 Abs. 1 VwGG verankerte Grundsatz, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen kommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen eine Kostenentscheidung zu treffen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden.
Ein solcher unverhältnismäßiger Aufwand an Prüfungstätigkeit
ist hier aber nicht gegeben.
§ 61 Abs 3 NÖ Gemeindeordnung lautet:
"(3) Die Aufsichtsbehörde kann nötige Erhebungen selbst vornehmen oder durch die Gemeindebehörden vornehmen lassen. Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht oder Verwaltungsbehörde ein Verfahren anhängig, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Vorstellung ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgeblichen Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Parteien entgegenstehen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlass zur Aussetzung gegeben hat, ist das ausgesetzte Vorstellungsverfahren von amtswegen fortzusetzen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. September 1999, Zl. 99/16/0278, in welchem es gleichfalls darum ging, ob überwiegende Parteiinteressen der Aussetzung (nach § 211 der NÖ-Abgabenordnung) entgegenstehen, darauf hingewiesen, dass sich Parteiinteressen insbesondere aus dem drohenden Verlust der "Ergreiferprämie" beim Verfassungsgerichtshof ergeben können, wenn die Aussetzung die Partei hindert, Anlassfall i.S. des Art. 140 Abs. 7 B-VG zu werden. In einer Reihe von Entscheidungen (siehe beispielsweise vom 14. Oktober 1999, Zl. 99/16/0157 und vom 25. November 1999, Zl. 99/16/0155) hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsauffassung wiederholt. Entscheidend wurde stets darauf abgestellt, ob die Partei diese Interessen im Rahmen des ihr gewährten rechtlichen Gehörs, im Falle der Verweigerung des Gehörs in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht hat (siehe das eingangs zitierte Erkenntnis).
Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nicht, dass dem Beschwerdeführer vor der Aussetzung dazu Gehör gewährt worden wäre; in der Beschwerde wird dies gerügt und ausdrücklich geltend gemacht, dass die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beabsichtigt gewesen sei. Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Ausgehend von der zitierten Rechtsprechung wäre somit der angefochtene Bescheid, wäre nicht Klaglosstellung eingetreten, aufzuheben gewesen. Dem Beschwerdeführer stehen daher die entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 verzeichneten Kosten zu.
Wien, am 19. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004050151.X00Im RIS seit
22.12.2006