Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Johann Meisterhofer und Dr.Peter Fischer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing.Heinrich S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) M***** KG, und 2.) persönlich haftender Gesellschafter Dipl.Ing.Max D*****, vertreten durch Dr.Manuela M.Pacher, Rechtsanwältin in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Dezember 1997, GZ 10 Ra 335/97a-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.Juli 1997, GZ 29 Cga 201/96g-18, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung des Berufungsurteils, die Kündigung des Klägers zum 31.12.1996 sei durch die die persönlichen Nachteile des Klägers überwiegenden betrieblichen Gründe gerechtfertigt, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).Die Begründung des Berufungsurteils, die Kündigung des Klägers zum 31.12.1996 sei durch die die persönlichen Nachteile des Klägers überwiegenden betrieblichen Gründe gerechtfertigt, ist zutreffend (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Den Revisionsausführungen ist zu erwidern:
Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge des Klägers ausreichend auseinandergesetzt. Es ist aber nicht verpflichtet, auf jedes einzelne gebrauchte Argument einzugehen. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe die Beweisrüge des Klägers mit einem "Stehsatz" abgetan, läßt außer acht, daß der Zusammenfassung, das Berufungsgericht übernehme die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung, auf drei Seiten eine knappe Wiedergabe der Beweisrüge und eine ausführliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten vorausgehen. Ein Mangel des Berufungsverfahrens wäre nur dann gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung überhaupt nicht befaßt hätte (RIS-Justiz RS0043162; zuletzt etwa 8 ObA 403/97s).Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO); das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge des Klägers ausreichend auseinandergesetzt. Es ist aber nicht verpflichtet, auf jedes einzelne gebrauchte Argument einzugehen. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe die Beweisrüge des Klägers mit einem "Stehsatz" abgetan, läßt außer acht, daß der Zusammenfassung, das Berufungsgericht übernehme die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung, auf drei Seiten eine knappe Wiedergabe der Beweisrüge und eine ausführliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten vorausgehen. Ein Mangel des Berufungsverfahrens wäre nur dann gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung überhaupt nicht befaßt hätte (RIS-Justiz RS0043162; zuletzt etwa 8 ObA 403/97s).
Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für einschneidende Sparmaßnahmen kann bei einem operativen Verlust von über 15 Mio S im Jahr 1995 und einer nahezu gänzlichen Aufzehrung des Gesellschaftskapitals im Jahr 1996 im Zusammenhalt mit der inhaltlichen Änderung der Unternehmenstätigkeit - zunehmende Schwierigkeiten beim Verkauf von Baumaschinen machten einen weitgehenden Übergang zum Vermieten (Leasing) dieser Geräte an Kunden notwendig, wodurch die Tätigkeit des Klägers als Produktmanager (Verkauf von Baumaschinen und Bergbaumaschinen) vermindert und die Übernahme dieser (restlichen) Tätigkeiten durch andere Mitarbeiter der beklagten Parteien ermöglicht wurde - nicht zweifelhaft sein. Die Vermutung des Reorganisationsbedarfes im Sinne der §§ 1 Abs 3 und 22 Abs 1 Z 1 Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG) - das zwar erst mit 1.10.1997 in Kraft trat (§ 30 URG) - hinsichtlich der die Existenz eines Unternehmens bedrohenden Unternehmenskennzahlen begründet die Betriebsnotwendigkeit von Sparmaßnahmen auch schon vor dem formellen Inkrafttreten des URG. Die "vorausschauend feststellbare wesentliche und nachhaltige Verschlechterung der Eigenmittelquote" (§ 1 Abs 3 URG) ermöglicht den Erhalt - ergänze:Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für einschneidende Sparmaßnahmen kann bei einem operativen Verlust von über 15 Mio S im Jahr 1995 und einer nahezu gänzlichen Aufzehrung des Gesellschaftskapitals im Jahr 1996 im Zusammenhalt mit der inhaltlichen Änderung der Unternehmenstätigkeit - zunehmende Schwierigkeiten beim Verkauf von Baumaschinen machten einen weitgehenden Übergang zum Vermieten (Leasing) dieser Geräte an Kunden notwendig, wodurch die Tätigkeit des Klägers als Produktmanager (Verkauf von Baumaschinen und Bergbaumaschinen) vermindert und die Übernahme dieser (restlichen) Tätigkeiten durch andere Mitarbeiter der beklagten Parteien ermöglicht wurde - nicht zweifelhaft sein. Die Vermutung des Reorganisationsbedarfes im Sinne der Paragraphen eins, Absatz 3 und 22 Absatz eins, Ziffer eins, Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG) - das zwar erst mit 1.10.1997 in Kraft trat (Paragraph 30, URG) - hinsichtlich der die Existenz eines Unternehmens bedrohenden Unternehmenskennzahlen begründet die Betriebsnotwendigkeit von Sparmaßnahmen auch schon vor dem formellen Inkrafttreten des URG. Die "vorausschauend feststellbare wesentliche und nachhaltige Verschlechterung der Eigenmittelquote" (Paragraph eins, Absatz 3, URG) ermöglicht den Erhalt - ergänze:
eines Großteiles - der Arbeitsplätze von 250 bis 300 Arbeitnehmern in der Unternehmensgruppe der erstbeklagten Partei nur bei Verwirklichung sämtlicher Rationalisierungs- und Einsparungskonzepte. Die im Verfahren SZ 69/256 vom beklagten Arbeitgeber zur Abwehr einer Motivkündigung zu Unrecht gebrauchte Drohung, das Unternehmen würde bei Verhinderung einer Sanierung wegen wirtschaftlicher Gründe durch das Gericht "allenfalls in den Konkurs getrieben", hat hier bei dem Reorganisationsbedarf durchaus reale Bedeutung.
Der Feststellungen, deren Fehlen der Kläger rügt (Umsatzentwicklung, Entwicklung der Arbeitnehmeranzahl im Betrieb und der Betriebsabteilung des Klägers), bedarf es nicht; es genügt, daß die Rationalisierung (Kostensenkung ua) durch eine Übernahme der veränderten bzw verminderten Aufgaben durch eine geringere Anzahl von Arbeitnehmern angestrebt wird und die Tätigkeit des Klägers auf andere, bereits vorhandene Mitarbeiter aufgeteilt wurde, somit der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist. Eine solche Einschränkung des Betriebes könnte unter Umständen sogar die Kündigung besonders kündigungsgeschützter Arbeitnehmer rechtfertigen (vgl § 121 Z 1 ArbVG; § 10 Abs 3 MSchG; § 14 Abs 1 lit b APSG), wobei statt des in diesen Kündigungstatbeständen zusätzlich erwähnten erheblichen Schadens für den Betrieb "betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen" (§ 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG) auf eine schon leichtere Gewichtung der Kündigungsrechtfertigungsgründe als für die vorzunehmende Interessenabwägung ausreichend schließen lassen.Der Feststellungen, deren Fehlen der Kläger rügt (Umsatzentwicklung, Entwicklung der Arbeitnehmeranzahl im Betrieb und der Betriebsabteilung des Klägers), bedarf es nicht; es genügt, daß die Rationalisierung (Kostensenkung ua) durch eine Übernahme der veränderten bzw verminderten Aufgaben durch eine geringere Anzahl von Arbeitnehmern angestrebt wird und die Tätigkeit des Klägers auf andere, bereits vorhandene Mitarbeiter aufgeteilt wurde, somit der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist. Eine solche Einschränkung des Betriebes könnte unter Umständen sogar die Kündigung besonders kündigungsgeschützter Arbeitnehmer rechtfertigen vergleiche Paragraph 121, Ziffer eins, ArbVG; Paragraph 10, Absatz 3, MSchG; Paragraph 14, Absatz eins, Litera b, APSG), wobei statt des in diesen Kündigungstatbeständen zusätzlich erwähnten erheblichen Schadens für den Betrieb "betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen" (Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera b, ArbVG) auf eine schon leichtere Gewichtung der Kündigungsrechtfertigungsgründe als für die vorzunehmende Interessenabwägung ausreichend schließen lassen.
Das Bestandinteresse des Klägers (vgl dazu Karl, Zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, JBl 1997, 702) tritt gegenüber den betrieblichen Kündigungsrechtfertigungsgründen zurück. Interdependenz von Personalkostenreduktionen und Sanierungsmaßnahmen zum Fortbestand des Unternehmens mit einer verminderten Belegschaft rechtfertigt die Kündigung einzelner Arbeitnehmer auch dann, wenn die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Betroffenen - drohende Langzeitarbeitslosigkeit des im Zeitpunkt der Kündigung des 57 Jahre alten Klägers - durchaus massiv ist.Das Bestandinteresse des Klägers vergleiche dazu Karl, Zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers iSd Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, ArbVG, JBl 1997, 702) tritt gegenüber den betrieblichen Kündigungsrechtfertigungsgründen zurück. Interdependenz von Personalkostenreduktionen und Sanierungsmaßnahmen zum Fortbestand des Unternehmens mit einer verminderten Belegschaft rechtfertigt die Kündigung einzelner Arbeitnehmer auch dann, wenn die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Betroffenen - drohende Langzeitarbeitslosigkeit des im Zeitpunkt der Kündigung des 57 Jahre alten Klägers - durchaus massiv ist.
Soweit der Revisionswerber Feststellungen über eine allfällige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vermißt, ist er auf die für den Obersten Gerichtshof bindende Feststellung zu verweisen, daß die erstbeklagte Partei in der Führungsebene, der der Kläger angehörte, überhaupt kein Personal neu eingestellt hat und außer dem Kläger auch weitere vergleichbare, ebenso wie er höher entlohnte Angestellte, unter anderem auch seinen früheren Vorgesetzten, gekündigt hat. Ein Sozialvergleich war mangels Widerspruches des Betriebsrates gegen die Kündigung gemäß § 105 Abs 4 ArbVG nicht vorzunehmen (siehe 9 ObA 142/97s).Soweit der Revisionswerber Feststellungen über eine allfällige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vermißt, ist er auf die für den Obersten Gerichtshof bindende Feststellung zu verweisen, daß die erstbeklagte Partei in der Führungsebene, der der Kläger angehörte, überhaupt kein Personal neu eingestellt hat und außer dem Kläger auch weitere vergleichbare, ebenso wie er höher entlohnte Angestellte, unter anderem auch seinen früheren Vorgesetzten, gekündigt hat. Ein Sozialvergleich war mangels Widerspruches des Betriebsrates gegen die Kündigung gemäß Paragraph 105, Absatz 4, ArbVG nicht vorzunehmen (siehe 9 ObA 142/97s).
Soweit der Kläger in seiner Revision erneut auf das behauptete verpönte Motiv seiner Kündigung zurückkommt, entfernt er sich von der Feststellung, wonach es ihm in der rechtlichen Zusammenfassung der diesbezüglichen Feststellungen nicht gelungen sei, ein verpöntes Motiv glaubhaft zu machen, er also insoweit seiner Bescheinigungslast im Sinne des § 105 Abs 5 ArbVG nicht genügte.Soweit der Kläger in seiner Revision erneut auf das behauptete verpönte Motiv seiner Kündigung zurückkommt, entfernt er sich von der Feststellung, wonach es ihm in der rechtlichen Zusammenfassung der diesbezüglichen Feststellungen nicht gelungen sei, ein verpöntes Motiv glaubhaft zu machen, er also insoweit seiner Bescheinigungslast im Sinne des Paragraph 105, Absatz 5, ArbVG nicht genügte.
Für die Kostenentscheidung ist vorerst die Bemessungsgrundlage gemäß dem RATG klarzustellen. In der Klage führte der durch einen Sekretär der GPA vertretene Kläger den Streitwert mit S 7.950,-- und den Gebührenwert mit S 20.000,-- an. In dem die Klagebeantwortung funktionell ersetzenden vorbereitenden Schriftsatz der schon in erster Instanz anwaltlich vertretenen beklagten Parteien wurde der Streitwert mit S 666.540,-- angeführt; dieser Betrag ist das 14-fache des in der Klage angeführten letzten Monatsgehalts des Klägers. Das Erstgericht hat zu den unterschiedlichen Bewertungen des Streitgegenstandes nicht Stellung genommen und die gemäß § 7 RATG gebotene Bewertung im Hinblick auf § 58 Abs 1 ASGG als entbehrlich erachtet. Im Berufungsverfahren wurde dieser offene Dissens nicht releviert. Gemäß § 14 lit a RATG ist die Bemessungsgrundlage "im Zweifel" mit S 300.000,-- zu bewerten (8 ObA 61/98y). Im übrigen gründet sich die Kostenentscheidung auf die §§ 41, 50 ZPO.Für die Kostenentscheidung ist vorerst die Bemessungsgrundlage gemäß dem RATG klarzustellen. In der Klage führte der durch einen Sekretär der GPA vertretene Kläger den Streitwert mit S 7.950,-- und den Gebührenwert mit S 20.000,-- an. In dem die Klagebeantwortung funktionell ersetzenden vorbereitenden Schriftsatz der schon in erster Instanz anwaltlich vertretenen beklagten Parteien wurde der Streitwert mit S 666.540,-- angeführt; dieser Betrag ist das 14-fache des in der Klage angeführten letzten Monatsgehalts des Klägers. Das Erstgericht hat zu den unterschiedlichen Bewertungen des Streitgegenstandes nicht Stellung genommen und die gemäß Paragraph 7, RATG gebotene Bewertung im Hinblick auf Paragraph 58, Absatz eins, ASGG als entbehrlich erachtet. Im Berufungsverfahren wurde dieser offene Dissens nicht releviert. Gemäß Paragraph 14, Litera a, RATG ist die Bemessungsgrundlage "im Zweifel" mit S 300.000,-- zu bewerten (8 ObA 61/98y). Im übrigen gründet sich die Kostenentscheidung auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.
Anmerkung
E50024 08B00868European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:008OBA00086.98Z.0330.000Dokumentnummer
JJT_19980330_OGH0002_008OBA00086_98Z0000_000