TE OGH 1998/3/31 4Ob48/98g

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Veröffentlicht am 31.03.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Vereinigte F***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. V***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. V***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Christoph Leon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 470.000,--), infolge Revisionsrekurses aller Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 30. Dezember 1997, GZ 4 R 155/97m-12, mit dem der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23.Juni 1997, GZ 39 Cg 19/97f-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung hat sie vorläufig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 22.671,-- bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 3.778,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Beklagten haben die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Wochenzeitschrift "D*****"; die Erstbeklagte ist Eigentümerin und Verlegerin der Wochenzeitschrift "NEWS". Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Im April und Mai 1997 veranstalteten die Beklagten durch vier Wochen hindurch ein "Österreich Millionenspiel". Die Teilnehmer hatten Lose zu sammeln und auf einem "Urlaubs-Bonus-Scheck" einzukleben. Jedes der Lose lautete auf einen Geldbetrag zwischen S 100,-- und S 500,--, der für einen Urlaub in einem von "300 öster- reichischen Spitzenhotels" verwendet werden konnte. Gleichzeitig konnte damit ein Geldbetrag gewonnen werden; der Spitzengewinn belief sich auf S 1,000.000,--.

Die Beklagten kündigten das Gewinnspiel in der Ausgabe Nr. 16 der Zeitschrift "NEWS", in Rundfunkspots, in einer österreichweit an alle Haushalte verteilten Werbeschrift, in Inseraten in Tageszeitungen und auf zahlreichen, vor allem bei Zeitungsverschleißstellen aufgestellten Plakaten an. Im Fernsehen warben die Beklagten jeweils am 16. und 17.4.1997 in Einschaltungen, die fünf und zehn Sekunden dauerten. Die Beklagten wiesen in den Gewinnspielankündigungen darauf hin, daß die wöchentlich verteilten Lose dem aktuellen "NEWS"-Heft entnommen, aber auch, ebenso wie der "Urlaubs-Bonus-Scheck", gratis in der Trafik abgeholt oder unter der gebührenpflichtigen Telefonnummer 0450-199 000 000 angefordert werden konnten. Dieser Hinweis war in der Ankündigung in "NEWS" unter "Spielregeln" enthalten. Auf den Plakaten und in den Inseraten war der Hinweis in wesentlich kleinerem Druck gehalten als die Gewinnspiel- ankündigung:

"NEWS" und "LETZTE CHANCE: 1 MILLION IN BAR!", "ÖSTERREICH MILLION!", "Heute 1 Million gewinnen!" oder "Heute gratis von NEWS" waren blickfangartig hervorgehoben. In den Fernseheinschaltungen wurde eine bzw. zwei Sekunden lang "Gratisteilnahme: 0450/199 000 000 (8-/min)" eingeblendet.

Unter der Telefonnummer 0450-199 000 000 meldete sich eine Stimme wie folgt: "Herzlich willkommen bei der Österreich-Werbung Urlaubs-Hotline. Ihr Telefonat kostet maximal S 14,--. Teilen Sie uns bitte nach dem Signalton mit, ob Sie den Sammelpaß, das Bonus-Los der aktuellen Woche oder beides bestellen wollen." Die Erstbeklagte ließ tausende telefonische Bestellungen von Sammelpässen und Losen entgegennehmen und bearbeiten. Warum einzelne Bestellungen nicht ausgeführt wurden, blieb unaufgeklärt.

Die Erstbeklagte erteilte der M***** GmbH den Auftrag, in der Kalenderwoche 16 70.000 Teilnehmerpässe und in der Kalenderwoche 17 weitere 100.000 "Urlaubs-Bonus-Schecks" sowie 50.000 Lose an alle Trafikanten österreichweit zu verteilen. In den Kalenderwochen 18 bis 20 wurden jeweils 50.000 Lose verteilt. Die Erstbeklagte ersuchte die Trafikanten, Gewinnpässe und Lose zur freien Entnahme aufzulegen. Sie wies auf die Möglichkeit hin, jederzeit Gewinnpässe und Lose nachzubestellen.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Zugaben zur Zeitschrift "NEWS" in der Form anzukündigen und/oder zu gewähren, daß die Zeitschrift "NEWS" ein Los, eine Teilnahmekarte oder einen ähnlichen die Zugabe verbriefenden Bestandteil - insbesondere ein eingeklebtes "Bonus-Los" - enthält, welcher zur Teilnahme an einem Gewinnspiel berechtigt, insbesondere wenn dieser Bestandteil auch dann, wenn er keinen Gewinn verbrieft, einen selbständigen wirtschaftlichen Wert hat, welcher den Kaufpreis der Zeitschrift "NEWS" übersteigt, so beispielsweise dann, wenn dieser Bestandteil zur Inanspruchnahme eines Rabatts auf die Ware oder Dienstleistung eines Dritten in Höhe von mindestens S 100,-- berechtigt. Eventualiter begehrt die Klägerin, den Beklagten zu untersagen, Zugaben zur Zeitschrift "NEWS" in der Form anzukündigen und/oder zu gewähren, daß die Zeitschrift "NEWS" ein Los, eine Teilnahmekarte oder einen ähnlichen, die Zugabe verbriefen- den Bestandteil - insbesondere ein eingeklebtes "Bonus-Los" - enthält, welcher zur Teilnahme an einem Gewinnspiel berechtigt, insbesondere wenn dieser Bestandteil auch dann, wenn er keinen Gewinn verbrieft, einen selbständigen wirtschaftlichen Wert hat, welcher den Kaufpreis der Zeitschrift "NEWS" übersteigt, so beispielsweise dann, wenn dieser Bestandteil zur Inanspruchnahme eines Rabatts auf die Ware oder Dienstleistung eines Dritten in Höhe von mindestens S 100,-- berechtigt, sofern nicht in jeder Ankündigung dieser Zugabe in gleich auffälliger Weise auf die Möglichkeit hingewiesen wird, in den Besitz einer dem "NEWS"-Bestandteil, der die Zugabe zu "NEWS" verbrieft, gleichwertigen Unterlage völlig unabhängig vom Kauf der Zeitschrift "NEWS" auf gleich bequemem Weg wie durch den Kauf der Zeitschrift "NEWS" jedenfalls und kostenlos zu gelangen. Das Millionenspiel verstoße zumindest gegen das Zugabenverbot. Jedes Los sei mindestens S 100,-- bis S 500,-- wert; es werde der Zeitschrift "NEWS" beigelegt und sei daher eine Zugabe. Es komme gar nicht darauf an, ob das Los auch gratis erhältlich sei. Die Angabe einer Telefonnummer, unter der die Lose bestellt werden können, sei keine dem Heftkauf gleichwertige Alternative.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Erhalt der Lose und die Teilnahme am Gewinnspiel seien vom Heftkauf unabhängig. Mangels Akzessorietät liege keine Zugabe vor. Daß die Lose auch der Zeitschrift "NEWS" beigelegen seien, schade nicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Den Beklagten sei es gelungen, die Teilnahmemöglichkeit an ihrem Gewinnspiel vom Kauf ihrer Zeitschrift gänzlich zu entkoppeln. Angesichts der jedem Haushalt zeitgerecht zugestellten Werbeschriften und der vielfältigen Möglichkeiten, sowohl Sammelpässe als auch Lose ohne nennenswerten Zeit- und Kostenaufwand zu erhalten, habe niemals ein Anreiz entstehen können, die Zeitschrift der Beklagten der Teilnahme an dem Gewinnspiel wegen zu kaufen. Ein übertriebenes Anlocken liege nicht vor, weil die Gutscheine nur in Hotels der gehobenen Kategorie einzulösen gewesen seien.

Das Rekursgericht gab dem Eventualbegehren statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungs- gegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Angesichts des nicht unbeträchtlichen Wertes der ausgespielten Gewinne sei die Teilnahme am Gewinnspiel der Beklagten durchaus attraktiv gewesen. Die Hinweise auf den Plakaten über die alternativen Teilnahmemöglichkeiten und die Einblendung der Telefonnummer im Fernsehspot seien dem Heftkauf nicht gleichwertig. Der Zeitschriftentitel "NEWS" sei blickfangartig hervorgehoben; dadurch entstehe der Eindruck, daß der Kauf eines Heftes die Teilnahme am Gewinnspiel jedenfalls wesentlich erleichtere. Die Laufzeit des Gewinnspieles über einen längeren Zeitraum und die Ankündigung, daß auch die Folgeausgaben Lose und Gewinnpässe enthalten, habe zum Kauf mehrerer Ausgaben verleitet. Die massive Werbung und die Art der Gestaltung hätten den Anlockeffekt derart verstärkt, daß eine unzulässige Verknüpfung des Gewinnspiels mit dem Absatz der Zeitschrift vorgelegen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionsrekurse der Klägerin und der Beklagten sind zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt verhält; keiner der beiden Revisionsrekurse ist jedoch berechtigt.

Die Klägerin bekämpft die Abweisung des Hauptbegehrens mit der Begründung, daß Zuwendungen in der Form eines Gewinnloses, das unabhängig von der darin verbrieften Gewinnchance einen selbständigen Wert verkörpere, auch dann gegen das Zugabenverbot verstießen, wenn weitere Wertsurrogate auf andere Weise als durch Kauf der Zeitschrift erhältlich seien. Die Beklagten hätten jeder Ausgabe ihrer Zeitschrift ein Gewinnlos beigelegt, das mindestens S 100,-- wert gewesen sei und damit den Preis eines Heftes weit überstiegen habe. Es komme somit nicht darauf an, ob man Bonus-Lose auf irgendeine Weise auch gratis erhalten habe können.

Die Beklagten sind der Auffassung, dem Heftkauf gleichwertige alternative Teilnahmemöglichkeiten eingeräumt und diese auch ausreichend angekündigt zu haben. Psychischer Kaufzwang liege nur vor, wenn sachliche Erwägungen gänzlich ausgeschlossen würden. Seit der Entscheidung des EuGH MR 1997, 158 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333 - Laura sei maßgebend, ob das Gewinnspiel einen Kaufanreiz bewirke, der zu einer Verlagerung der Nachfrage führen kann. Auf dem Wochenzeitungs-/Magazinmarkt stünden nur wenige große Anbieter miteinander im Wettbewerb.

Zu diesen Ausführungen hat der erkennende Senat erwogen:

Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil,

der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung

angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der

Hauptleistung zu fördern. Dieser Vorteil muß mit der Hauptware

(Hauptleistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv

geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware

(Hauptleistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein. Ob

eine Zuwendung vom Abschluß eines Hauptgeschäftes abhängt, richtet

sich nicht danach, was der Werbende bezweckt; vielmehr kommt es

darauf an, ob für die beteiligten Verkehrskreise der Eindruck der

Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug erweckt wird, also darauf,

was der Kunde, an den sich die Werbung richtet, bei verständiger

Würdigung annehmen muß (stRsp ua ecolex 1993, 252 = MR 1993, 69 = ÖBl

1993, 24 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens; MR 1997, 227 = ÖBl 1997,

287 = WBl 1997, 400 - Krone Aktion, jeweils mwN; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 § 1 ZugabeVO Rz 5 mwN).287 = WBl 1997, 400 - Krone Aktion, jeweils mwN; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 Paragraph eins, ZugabeVO Rz 5 mwN).

Die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel ist eine

Zuwendung im Sinne des § 9a Abs 1 Z 1 UWG (MR 1995, 67 -

Millionenschatzsuche ua; Koppensteiner, Österreichisches und

europäisches Wettbewerbsrecht3 § 25 Rz 13). Auch sie verstößt, wie

jede andere Zuwendung, nur dann gegen das Zugabenverbot, wenn sie

nach Einschätzung der beteiligten Verkehrskreise vom Warenbezug

abhängig ist. Wird eine gleichwertige Möglich- keit geboten, sich auf

anderem Weg am Gewinnspiel zu beteiligen, so liegt keine Zugabe vor

(stRsp ua MR 1988, 167 [Korn] = ÖBl 1988, 156 = WBl 1988, 367 -

Ferien-Bank- noten-Gewinnspiel; ecolex 1993, 252 = MR 1993, 69 = ÖBl

1993, 24 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens; MR 1995, 67 -

Millionenschatzsuche).

Dieser - bisher nur auf Zuwendungen in Form der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel angewendete - Rechtssatz hat für Zuwendungen ganz allgemein zu gelten: Kann die Zuwendung auch ohne Warenbezug erlangt werden und ist die Möglichkeit, sie zu erhalten, dem Warenerwerb gleichwertig, so ist sie kein Werbe- oder Lockmittel, das bei objektiver Betrachtung geeignet wäre, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (Hauptleistung) zu beeinflussen. Das gilt naturgemäß auch dann, wenn der Wert der Zuwendung den der Hauptware übersteigt. Auch in diesem Fall entfällt der Lockeffekt, wenn der Interessent die Zuwendung unabhängig davon erhält, ob er die Hauptware kauft.

Die Frage, ob eine Alternative gleichwertig ist, stellt sich erst, wenn sie mit dem gleichen Auffälligkeitswert angekündigt wird wie die Zuwendung und deren Abhängigkeit vom Erwerb einer bestimmten Ware. Nur dann wird dem Interessenten - an dessen Aufmerksamkeit keine hohen Anforderungen gestellt werden können - bewußt, daß ihm auch andere Möglichkeiten offenstehen, zu der angekündigten Zuwendung zu kommen (s JBl 1974, 209 = ÖBl 1974, 87 - Zeitungs-Bilderpreisausschreiben; WBl 1990, 276 - Gewinnkupons).

Für die Beurteilung, ob eine Bezugsmöglichkeit gleichwertig ist, kommt es immer darauf an, wie beschwerlich und wie erfolgversprechend - im Vergleich zum Erwerb der Ware - der Weg ist, der neben dem Warenbezug offensteht, um die Zuwendung zu erhalten. Keine gleichwertige Alternative besteht, wenn die gebotenen Ausweichmöglich- keiten umständlicher, beschwerlicher und zeitaufwendiger sind als der Kauf der Ware (Torggler, Aleatorische Werbespiele und Wettbewerbsrecht, ÖJZ 1977, 29 [32] mwN; ÖBl 1979, 157 - Steirischer Gasthaus-Grand-Prix; MR 1988, 167 [Korn] = ÖBl 1988 156 = WBl 1988, 367 - Ferien-Banknoten-Gewinnspiel). Damit verstößt die Zuwendung zwar nicht mehr gegen den Buchstaben des Gesetzes, vereitelt aber den Zweck des Zugabenverbots, unsachliche Kaufentschei- dungen zu verhindern. Das Verbot der umgangenen Norm richtet sich in einem solchen Fall auch gegen den Umweg (s Torggler aaO ÖJZ 1977, 32 mwN).

Ob eine Ausweichmöglichkeit gleichwertig ist, hängt auch immer davon ab, wie die Werbemaßnahme gestaltet ist. So wurde die dem Teilnehmer bei einem weder auf der Titelseite noch sonst in der Werbung angekündigten Zeitungsgewinnspiel eingeräumte Möglichkeit, statt der der Zeitung beiliegenden Antwortkarte eine Postkarte zu verwenden, als eine dem Zeitungskauf gleichwertige Alternative gewertet (MR 1995, 67 - Millionenschatzsuche); nicht hingegen - bei einem in einer Postwurfsendung und in einer Wochenzeitung angekündigten und über mehrere Wochen durchgeführten Gewinnspiel - die Möglichkeit, die Unterlagen dadurch zu erhalten, daß sie mit einer Postkarte angefordert werden oder daß ein Einrichtungshaus aufgesucht wird (ecolex 1993, 252 = MR 1993, 69 = ÖBl 1993, 24 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens).

Die Frage nach dem Bestehen gleichwertiger Alternativen stellt sich nur dann, wenn die Zuwendung (jedenfalls) dadurch erlangt werden kann, daß die Hauptware gekauft wird. Dann ist zu klären, ob die Abhängigkeit vom Warenbezug dadurch aufgehoben wird, daß es dem Interessenten freisteht, auch auf andere gleichwertige Weise zur Zuwendung zu kommen. In einem solchen Fall entfällt mit der Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug deren Zugabeneigenschaft.

Damit ist auch die Frage beantwortet, ob "psychischer Kaufzwang" in

dem Sinn besteht, in dem die Rechtsprechung den Begriff in diesem

Zusammenhang verwendet: Der - zum Erhalt der Zuwendung führende -

Erwerb der Hauptware wird als förderlich angesehen, weil die

alternativen Teilnahmemöglichkeiten dem Warenbezug nicht gleichwertig

sind (ua SZ 45/43 = ÖBl 1972, 128 - M-Familienspiel; MR 1988, 167

[Korn] = ÖBl 1988, 156 = WBl 1988, 367 -

Ferien-Banknoten-Gewinnspiel; MR 1995, 67 - Millionenschatzsuche mwN).

Richtig ist, daß die Rechtsprechung "psychischen Kaufzwang" in einem

anderen Sinn verwendet, wenn die - grundsätzlich zulässige -

Gratisleistung auch nach dem beim Interessenten erweckten Eindruck

nicht vom Warenbezug abhängig ist. In diesem Fall ist zu klären, ob

die Werbemaßnahme den Interessenten in eine psychische Zwangslage

bringt, in der er sich nach der Lebenserfahrung einem

Geschäftsabschluß nur schwer entziehen kann, weil er es als

unanständig oder jedenfalls peinlich empfindet, nichts zu kaufen (ÖBl

1978, 69 - Parfumerie-Gewinnspiel; stRsp ua MR 1989, 181 - Zeitung

zum Kennenlernen [Korn]; MR 1989, 178 = ÖBl 1990, 11 = RdW 1989, 335

= WBl 1989, 314 - Supermarkt-Gratisgabe; ecolex 1997, 442 = MR 1997,

166 [Langer] = ÖBl 1998, 11 = RdW 1997, 455 -

Zuweisungsbescheinigung).

Ein Vorspannangebot - der vom Kauf einer Hauptware abhängige

entgeltliche Erwerb einer Nebenware - ist nur dann sittenwidrig im

Sinne des § 1 UWG, wenn die Koppelung von Haupt- und preisgünstiger

Nebenware geeignet ist, sachliche Erwägungen beim Konsumenten

gänzlich auszuschließen. Das Vorspannangebot muß geeignet sein,

Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung allein wegen der Möglichkeit,

die Vorspannware zu einem Bruchteil des üblichen Preises zu erwerben,

zum Kauf einer Hauptware zu verleiten, die sie sonst erfahrungsgemäß

nicht gekauft hätten (ecolex 1993, 536 = MR 1993, 117 = ÖBl 1993, 73

= ÖZW 1994, 83 [Schauer] = RdW 1993, 245 = WBl 1993, 298 -

Badezimmerradio; Koppensteiner aaO § 33 Rz 16 mwN). Grund für die

Verschiedenbehandlung ist die vom Gesetz- geber in § 9a UWG zum

Ausdruck gebrachte Wertung: Das Zugabenverbot erfaßt nur

unentgeltliche Zuwendungen oder Zuwendungen zu Scheinpreisen; die

Koppelung einer Hauptware mit einer Nebenware zu einem höheren als

einem Scheinpreis kann daher nicht ohne weiteres gleichfalls

unzulässig sein. An die Stelle des Tatbestandselementes der

Unentgeltlichkeit muß ein besonderes Element der Sittenwidrigkeit

treten (ecolex 1993, 536 = MR 1993, 117 = ÖBl 1993, 73 = ÖZW 1994, 83

[Schauer] = RdW 1993, 245 = WBl 1993, 298 - Badezimmerradio).

Im vorliegenden Fall haben die Beklagten ein Gewinnspiel veranstaltet, an dem mit Gewinnlosen teilgenommen werden konnte, die aufeinanderfolgenden Ausgaben ihrer Zeitschrift "NEWS" beilagen. Neben der Chance, bei einer Verlosung einen Geldbetrag zu gewinnen, verbriefte jedes Gewinnlos auch einen Gutschein über mindestens S 100,--, der bei einem Urlaubsaufenthalt in bestimmten österreichischen Hotels eingelöst werden konnte.

Damit haben die Beklagten sowohl die Teilnahme am Gewinnspiel als auch den Erhalt der Gutscheine vom Kauf ihrer Zeitschrift abhängig gemacht. Allerdings haben sie nicht nur in ihrer Zeitschrift, sondern auch in einer österreichweit versandten Werbeschrift, in Inseraten und auf Plakaten darauf hingewiesen, daß Gewinnlose und Sammelpässe auch tele- fonisch bestellt oder in der Trafik abgeholt werden konnten. Ihre Fernsehwerbung enthielt einen Hinweis auf die Möglichkeit der telefonischen Anforderung.

Der Hinweis auf alternative Teilnahmemöglichkeiten vermag, wie oben ausgeführt, die Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug nur dann zu beseitigen, wenn sein Auffälligkeitswert dem der Gewinnspielankündigung gleich ist. Das trifft für die Hinweise der Beklagten nicht zu: Sowohl in den Inseraten als auch auf den Plakaten war "NEWS" blickfangartig hervorgehoben; das gleiche gilt für die Hinweise auf das Gewinnspiel wie "LETZTE CHANCE: 1 MILLION IN BAR!", "ÖSTERREICH MILLION!" und "Heute 1 Million gewinnen!". Wer durch die Fernseheinschaltungen auf das Gewinnspiel aufmerksam wurde, erfuhr nur von der Möglichkeit der telefonischen Gratisteilnahme, wobei die dreizehnstellige Telefonnummer bloß ein bis zwei Sekunden lang eingeblendet wurde.

Von den alternativen Teilnahmemöglichkeiten konnte demnach nur Gebrauch machen, wer die Ankündigungen sorgfältig studierte oder in der Lage war, sich die kurz eingeblendete Telefonnummer zu merken oder sie sofort zu notieren. Ein, wie anzunehmen ist, erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, die angesichts der massiven Werbung vom "NEWS"-Gewinnspiel erfahren hatten, nahm hingegen nur wahr, daß "NEWS" ein attraktives Gewinnspiel veranstaltete; dieser Personenkreis hatte, wenn er am Gewinnspiel teilnehmen wollte, nur die Möglichkeit, die Zeitschrift zu kaufen.

Die von den Beklagten ihrer Zeitschrift "NEWS" beigelegten, (auch) einen Gutschein verbriefenden Gewinnlose sind demnach verbotene Zugaben im Sinne des § 9a UWG. Die Einschränkung des Unterlassungsgebotes auf den Fall, daß keine gleichwertigen alternativen Teilnahmemög- lichkeiten bestehen, stellt klar, daß das - entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur bei Zugaben in Form der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel erhebliche - Bestehen gleichwertiger alternativer Teilnahmemöglichkeiten die Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug und damit die Zugabeneigenschaft beseitigt.Die von den Beklagten ihrer Zeitschrift "NEWS" beigelegten, (auch) einen Gutschein verbriefenden Gewinnlose sind demnach verbotene Zugaben im Sinne des Paragraph 9 a, UWG. Die Einschränkung des Unterlassungsgebotes auf den Fall, daß keine gleichwertigen alternativen Teilnahmemög- lichkeiten bestehen, stellt klar, daß das - entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur bei Zugaben in Form der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel erhebliche - Bestehen gleichwertiger alternativer Teilnahmemöglichkeiten die Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug und damit die Zugabeneigenschaft beseitigt.

Den Beklagten ist zuzugestehen, daß die Entscheidung des EuGH MR 1997, 158 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333 - Laura unter dem Gesichtspunkt der gleich- heitswidrigen Inländerdiskriminierung auch bei reinen Inlandssachverhalten eine Rolle spielen kann. Nach dieser Entscheidung hat der nationale Richter aufgrund einer Untersuchung des österreichischen Pressemarktes zu beurteilen, ob Zeitschriften, die mit Preisausschreiben, Rätseln oder Gewinnspielen eine Gewinnchance eröffnen, mit kleinen Presseunternehmen im Wettbewerb stehen, die sich derartige Verkaufsanreize nicht leisten können, und ob solche Gewinnchancen einen Kaufanreiz auslösen, der zu einer Verlagerung der Nachfrage führen kann. Wird diese Frage verneint, so steht Art 30 EGV einer Anwendung des § 9a Abs 2 letzter Satz UWG auf den Vertrieb einer in einem Mitgliedstaat der EU hergestellten periodisch erscheinenden Zeitschrift in Österreich entgegen, wenn darin Preisrätsel oder Gewinnspiele enthalten sind, die im Herkunftsland des Herausgebers rechtmäßig veranstaltet werden. Gibt ein österreichisches Presseunternehmen eine mit einer solchen Zeitschrift in Wettbewerb stehende Zeitschrift heraus, so wäre es gleichheitswidrig, wenn § 9a Abs 2 letzter Satz UWG für das österreichische Unternehmen anwendbar bliebe.Den Beklagten ist zuzugestehen, daß die Entscheidung des EuGH MR 1997, 158 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333 - Laura unter dem Gesichtspunkt der gleich- heitswidrigen Inländerdiskriminierung auch bei reinen Inlandssachverhalten eine Rolle spielen kann. Nach dieser Entscheidung hat der nationale Richter aufgrund einer Untersuchung des österreichischen Pressemarktes zu beurteilen, ob Zeitschriften, die mit Preisausschreiben, Rätseln oder Gewinnspielen eine Gewinnchance eröffnen, mit kleinen Presseunternehmen im Wettbewerb stehen, die sich derartige Verkaufsanreize nicht leisten können, und ob solche Gewinnchancen einen Kaufanreiz auslösen, der zu einer Verlagerung der Nachfrage führen kann. Wird diese Frage verneint, so steht Artikel 30, EGV einer Anwendung des Paragraph 9 a, Absatz 2, letzter Satz UWG auf den Vertrieb einer in einem Mitgliedstaat der EU hergestellten periodisch erscheinenden Zeitschrift in Österreich entgegen, wenn darin Preisrätsel oder Gewinnspiele enthalten sind, die im Herkunftsland des Herausgebers rechtmäßig veranstaltet werden. Gibt ein österreichisches Presseunternehmen eine mit einer solchen Zeitschrift in Wettbewerb stehende Zeitschrift heraus, so wäre es gleichheitswidrig, wenn Paragraph 9 a, Absatz 2, letzter Satz UWG für das österreichische Unternehmen anwendbar bliebe.

Die Frage der Inländerdiskriminierung stellt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil, wie der erkennende Senat schon in der dieselben Beklagten betreffenden Entscheidung 4 Ob 64/97a ausgesprochen hat, gerichtsbekannt ist, daß in den Bereichen, mit denen sich die Zeitschrift der Beklagten befaßt, eine Reihe auch weniger finanzkräftiger Verlage Zeitschriften mit vergleichbarem Inhalt anbietet, die mit den von den Beklagten veranstalteten Gewinnspielen nicht mithalten könnten. Insoweit bleibt demnach das Gewinn- spielverbot auch nach den vom EuGH in der Entscheidung MR 1997, 158 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333 - Laura aufgestellten Kriterien weiterhin anwendbar.

Beide Revisionsrekurse mußten erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E49964 04A00488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00048.98G.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19980331_OGH0002_0040OB00048_98G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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