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34 MonopoleNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags einer Casino-Gesellschaft auf Aufhebung einer Bestimmung des Glücksspielgesetzes betreffend die Schließung von Betrieben mangels aktueller rechtlicher BetroffenheitSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt eine ein Kartencasino betreibende Gesellschaft die Aufhebung des §56a des Bundesgesetzes vom 28. November 1989 zur Regelung des Glückspielwesens (Glücksspielgesetz - GSpG) in mehreren Fassungen bis zu BGBl. I 130/1997.
Die angefochtene Bestimmung lautet (eingefügt durch BGBl. 747/1996, seitdem unverändert):
"§56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, daß der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.
(3) Über eine Verfügung nach Abs1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
(4) In einem Bescheid nach Abs3 können auch andere nach Abs1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden. Ein Bescheid ist aufzuheben, wenn eine fortdauernde Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols nicht mehr besteht.
(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu."
1. Die antragstellende Gesellschaft betreibe das Kartencasino auf Grundlage der Berechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter". Vor dem Hintergrund der zahlreich durchgeführten, Kartencasinos betreffenden Verfahren befürchte sie, daß sie aufgefordert werde, den Betrieb des Kartencasinos einzustellen, widrigenfalls die sofortige Schließung des Betriebes verfügt werde. Nach dieser Verfügung wäre dann binnen drei Tagen ein diesbezüglicher Bescheid zu erlassen. Dies erwiese sich aber für die antragstellende Gesellschaft jedenfalls als zu spät, da ihre wirtschaftliche Existenz vernichtet wäre. Da es nicht zumutbar erscheine, eine solche Entwicklung abzuwarten, erachtet die antragstellende Gesellschaft ihre Antragslegitimation als gegeben.
In weiterer Folge versucht der Antrag darzulegen, daß die Bestimmung des §56a GlücksspielG gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf eine "[objektive] Beurteilung und ... Entscheidung durch eine Behörde" sowie gegen Art11 Abs2 und Art18 Abs1 B-VG verstoße.
2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurück-, in eventu Abweisung des Antrages begehrt.
Die Unzulässigkeit des Antrages begründet sie u.a. wie folgt:
Die Bestimmung des §56a GlücksspielG sei mit dem Bundesgesetz BGBl. 747/1996 eingefügt worden, weshalb die Auflistung einer Vielzahl von Fassungen dieses Gesetzes im Antrag (sowohl vor als auch nach der genannten Novelle) ins Leere gehe und nicht geeignet sei, den Prüfungsgegenstand genau und eindeutig iSd §62 Abs1 VfGG zu umschreiben.
Darüber hinaus sei die antragstellende Gesellschaft durch die bekämpfte Gesetzesbestimmung nicht iSd Art140 Abs1 letzter Satz B-VG betroffen: Die antragstellende Gesellschaft sei bisher tatsächlich nicht von einer behördlichen Maßnahme gemäß §56a GlücksspielG betroffen gewesen. Die Befürchtung der antragstellenden Gesellschaft, in Zukunft allenfalls von dieser Vorschrift betroffen zu sein, begründe keine Antragslegitimation im Sinne von Art140 Abs1 letzter Satz B-VG.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
Es kann zwar dem Antrag, §56a GlücksspielG als verfassungswidrig aufzuheben, - da diese Bestimmung mit dem im Antrag u. a. zitierten BGBl. 747/1996 in das GlücksspielG eingefügt wurde und seither von keinen weiteren Novellen betroffen war - mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, auf welche Gesetzesbestimmung er sich bezieht; er erweist sich trotzdem als unzulässig:
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht.
Der vorliegende Antrag tut nicht dar, daß die antragstellende Gesellschaft durch die angefochtene Bestimmung in ihren rechtlich geschützen - vor allem die Erwerbsausübungsfreiheit betreffenden - Interessen überhaupt, geschweige denn aktuell beeinträchtigt ist (vgl. VfSlg. 11.505/1987): Mit dem Vorbringen, daß etliche, Kartencasinos betreffende Verfahren durchgeführt worden seien und die antragstellende Gesellschaft daher auch mit der Schließung ihres Betriebes rechnen müsse, zeigt sie bloß unter Hinweis auf andere (auch strafgerichtliche) Verfahren in weitwendiger Weise die Möglichkeit auf, von Maßnahmen nach der angefochtenen Gesetzesvorschrift betroffen zu werden. Eine aktuelle Betroffenheit durch die Regelung des §56a leg.cit. als solche ist ihren Ausführungen hingegen nicht zu entnehmen, zumal aus ihrem eigenen Vorbringen hervorgeht, daß ihr Unternehmen aufgrund einer Berechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes "Halten von erlaubten Kartenspielen ohne Bankhalter" und somit nicht widerrechtlich betrieben wird. Diesfalls hat die antragstellende Gesellschaft eine Schließung ihres Betriebes gemäß §56a GlücksspielG auch nicht zu befürchten.
III. Der Antrag war daher mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
Glücksspiel, Glücksspielmonopol, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:G265.2001Dokumentnummer
JFT_09979389_01G00265_00