TE OGH 1998/4/2 6Ob79/98f

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Veröffentlicht am 02.04.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred H*****, vertreten durch Dr.Walter Hausberger ua Rechtsanwälte in Wörgl, wider die beklagte Partei Barbara H*****, vertreten durch Dr.Horst Wendling und Mag.Alois Huter, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung, Räumung und Wiederherstellung, infolge der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15.Jänner 1998, GZ 2 R 277/97w-25, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Juli 1997, GZ 14 Cg 46/97b-17, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die dem Obersten Gerichtshof vom Erstgericht vorgelegten Akten werden zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit seiner actio negatoria macht der Kläger die Freiheit seines durch Zuschlag erworbenen Liegenschaftseigentums von drei angemaßten und ausgeübten Benützungsrechten der Beklagten geltend. Die Beklagte habe kein Recht (Titel) auf 1. die Benützung einer Zufahrt und eines Parkplatzes; 2. die Benützung eines Holzschuppens und 3. auf Stehenlassen eines grenzüberschreitenden Überbaus im Ausmaß von rund 16 m2. Der Kläger begehrt zu 1. die Unterlassung der Benützung, zu 2. die Räumung des Holzschuppens und zu 3. die Entfernung des Überbaus und die Wiederherstellung des früheren Zustands.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr das Unterlassungsbegehren. Im Berufungsverfahren waren noch alle drei angeführten Ansprüche strittig. Das Berufungsgericht sprach bei seiner Bewertung des Entscheidungsgegenstandes aus, daß dieser hinsichtlich jedes der drei Begehren 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für nicht zulässig.

Mit seiner an den Obersten Gerichtshof gerichteten "außerordentlichen" Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, daß dem Unterlassungsbegehren stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht ist bei seinem Bewertungs- und Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch von nicht konnexen Forderungen ausgegangen und hat eine getrennte Bewertung der Streitgegenstände vorgenommen. Auf diesen Ausspruch sind - weil das Berufungsgericht nach dem 1.1.1998 entschieden hatte - schon die Bestimmungen der ZPO idgF der WGN 1997 BGBl I 140 anzuwenden. Bei Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichtes über eine getrennte Bewertung der einzelnen Ansprüche ist die Vorlage des Aktes zur Entscheidung über die Revision des Klägers verfrüht:Das Berufungsgericht ist bei seinem Bewertungs- und Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch von nicht konnexen Forderungen ausgegangen und hat eine getrennte Bewertung der Streitgegenstände vorgenommen. Auf diesen Ausspruch sind - weil das Berufungsgericht nach dem 1.1.1998 entschieden hatte - schon die Bestimmungen der ZPO idgF der WGN 1997 Bundesgesetzblatt römisch eins 140 anzuwenden. Bei Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichtes über eine getrennte Bewertung der einzelnen Ansprüche ist die Vorlage des Aktes zur Entscheidung über die Revision des Klägers verfrüht:

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Falle des § 508 Abs 3 leg cit - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 52.000 S, nicht aber insgesamt 260.000 S übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen - hier vorliegenden - Voraussetzungen kann eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO beim Prozeßgericht erster Instanz binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungserkenntnisses einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. In diesem Antrag sind die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes - nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Die an den Obersten Gerichtshof gerichtete außerordentliche Revision des Klägers wäre daher vom Erstgericht keinesfalls dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen. Der Kläger wäre vielmehr aufzufordern gewesen, seinen Schriftsatz binnen angemessener Frist im Sinne des § 508 Abs 1 und 2 ZPO zu verbessern. Im Falle einer solchen Verbesserung wären Antrag und Revision dem Berufungsgericht zur Entscheidung nach Abs 3 und 4 leg cit vorzulegen, andernfalls die Revision nach § 502 Abs 3 ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (2 Ob 100/98i). Die Vorlage der Akten erfolgte auch hier verfrüht, weil die Ansicht über eine getrennte Bewertung der einzelnen Ansprüche des Klägers zutrifft und daher nicht von einem insgesamt 260.000 S übersteigenden Gesamtstreitwert (den das Berufungsgericht folgend den Bewertungsangaben des Klägers offenbar im Auge hatte) auszugehen ist:Gemäß Paragraph 502, Absatz 3, ZPO ist die Revision - außer im Falle des Paragraph 508, Absatz 3, leg cit - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 52.000 S, nicht aber insgesamt 260.000 S übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen - hier vorliegenden - Voraussetzungen kann eine Partei nach Paragraph 508, Absatz eins und 2 ZPO beim Prozeßgericht erster Instanz binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungserkenntnisses einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. In diesem Antrag sind die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes - nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Die an den Obersten Gerichtshof gerichtete außerordentliche Revision des Klägers wäre daher vom Erstgericht keinesfalls dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen. Der Kläger wäre vielmehr aufzufordern gewesen, seinen Schriftsatz binnen angemessener Frist im Sinne des Paragraph 508, Absatz eins und 2 ZPO zu verbessern. Im Falle einer solchen Verbesserung wären Antrag und Revision dem Berufungsgericht zur Entscheidung nach Absatz 3 und 4 leg cit vorzulegen, andernfalls die Revision nach Paragraph 502, Absatz 3, ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (2 Ob 100/98i). Die Vorlage der Akten erfolgte auch hier verfrüht, weil die Ansicht über eine getrennte Bewertung der einzelnen Ansprüche des Klägers zutrifft und daher nicht von einem insgesamt 260.000 S übersteigenden Gesamtstreitwert (den das Berufungsgericht folgend den Bewertungsangaben des Klägers offenbar im Auge hatte) auszugehen ist:

Bei objektiver Klagehäufung ist bei der Bewertung § 55 JN maßgeblich (§ 500 Abs 3 ZPO). Eine Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche setzt einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang voraus (§ 55 Abs 1 Z 1 JN). Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn alle Ansprüche aus demselben in der Klage behaupteten Sachverhalt abgeleitet werden können und die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts für einen der mehreren Ansprüche nicht erforderlich ist. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 55 JN mwN aus der Judikatur). Eine Zusammenrechnung findet nicht statt, wenn jeder der Ansprüche unabhängig von den anderen besteht, also jeder ein verfahrensrechtliches eigenes Schicksal haben kann (3 Ob 119/97i; SZ 63/188 uva). Entscheidend sind somit der vom Kläger behauptete Sachverhalt und die Rechtsgrundlage der Ansprüche. Hier hat der Kläger für alle Ansprüche den Rechtsgrund der Eigentumsfreiheit (§ 523 ABGB) für sich in Anspruch genommen und diesen auf den für alle Ansprüche gleichermaßen gültigen Sachverhalt gestützt, der Kläger habe infolge Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren lastenfreies Eigentum erworben, sodaß dem Beklagten kein Titel (insbesondere keine Servituten) zur Benüzung der fremden Liegenschaft zustehe. Auf den ersten Blick erscheint daher sowohl der Sach- als auch der Rechtszusammenhang aller drei Ansprüche vorzuliegen. In Wahrheit liegt aber kein identischer sondern nur ein gleichartiger Sachverhalt vor, werden doch einzelne, voneinander verschiedene und unabhängige, das Eigentumsrecht des Klägers störende Handlungen des Beklagten bezüglich verschiedener körperlicher Teile der Liegenschaft des Klägers behauptet. Daß diese in einer physischen Nähe zueinander stehen, reicht aber noch nicht aus, einen tatsächlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 JN bejahen zu können. Der Sachverhalt ist weder bezüglich der Störungshandlungen noch bezüglich des Störungsobjektes (im Sinne der betroffenen physischen Teile) identisch. Auch ein rechtlicher Zusammenhang ist zu verneinen. Wohl ist die Rechtsgrundlage (der Rechtsgrund) in allen Fällen die Freiheit des Eigentums nach § 523 ABGB. Damit allein wird der im § 55 Abs 1 JN geforderte rechtliche Zusammenhang der auf dieselbe Norm gestützten Ansprüche untereinander noch nicht hergestellt. Die behauptete Eigentumsfreiheit von im Tatsachenbereich verschiedenen Belastungen (Servituten oder auch nur obligatorischen Rechte) ist auch für den Bereich der anspruchsbegründenden Rechtsnorm nicht als Einheit aufzufassen. Der Kläger stützt sich in Wahrheit dreimal auf die Freiheit seines Eigentums von drei verschiedenen Belastungen, macht also dreimal denselben Rechtsgrund kumulativ geltend, wie dies etwa auch für den Fall eines Exszindierungsklägers zutrifft, der die Aussonderung verschiedener in Exekution gezogener Pfandsachen jeweils auf sein Eigentumsrecht stützt (der Rechtsgrund wäre auch hier jedes Mal derselbe), dieses aber noch aus weiteren Sachverhalten ableitet, etwa aus verschiedenen Kaufverträgen. Bei verschiedenen Erwerbsarten sind die einzelnen Exszindierungsansprüche aber nicht zusammenzurechnen (3 Ob 119/97i). Diese Erwägungen gelten auch hier. Die dreimal auf dieselbe Norm gestützte Freiheit des Eigentums von verschiedenen Belastungen ist nicht als einheitlicher Rechtsgrund im Sinne des § 55 JN zu qualifizieren. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht getrennte Bewertungen vorgenommen. Danach kann aber vor Durchführung des Zwischenverfahrens nach § 508 Abs 1 ZPO über die verfrüht vorgelegte Revision noch nicht entschieden werden.Bei objektiver Klagehäufung ist bei der Bewertung Paragraph 55, JN maßgeblich (Paragraph 500, Absatz 3, ZPO). Eine Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche setzt einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang voraus (Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer eins, JN). Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn alle Ansprüche aus demselben in der Klage behaupteten Sachverhalt abgeleitet werden können und die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts für einen der mehreren Ansprüche nicht erforderlich ist. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu Paragraph 55, JN mwN aus der Judikatur). Eine Zusammenrechnung findet nicht statt, wenn jeder der Ansprüche unabhängig von den anderen besteht, also jeder ein verfahrensrechtliches eigenes Schicksal haben kann (3 Ob 119/97i; SZ 63/188 uva). Entscheidend sind somit der vom Kläger behauptete Sachverhalt und die Rechtsgrundlage der Ansprüche. Hier hat der Kläger für alle Ansprüche den Rechtsgrund der Eigentumsfreiheit (Paragraph 523, ABGB) für sich in Anspruch genommen und diesen auf den für alle Ansprüche gleichermaßen gültigen Sachverhalt gestützt, der Kläger habe infolge Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren lastenfreies Eigentum erworben, sodaß dem Beklagten kein Titel (insbesondere keine Servituten) zur Benüzung der fremden Liegenschaft zustehe. Auf den ersten Blick erscheint daher sowohl der Sach- als auch der Rechtszusammenhang aller drei Ansprüche vorzuliegen. In Wahrheit liegt aber kein identischer sondern nur ein gleichartiger Sachverhalt vor, werden doch einzelne, voneinander verschiedene und unabhängige, das Eigentumsrecht des Klägers störende Handlungen des Beklagten bezüglich verschiedener körperlicher Teile der Liegenschaft des Klägers behauptet. Daß diese in einer physischen Nähe zueinander stehen, reicht aber noch nicht aus, einen tatsächlichen Zusammenhang im Sinne des Paragraph 55, JN bejahen zu können. Der Sachverhalt ist weder bezüglich der Störungshandlungen noch bezüglich des Störungsobjektes (im Sinne der betroffenen physischen Teile) identisch. Auch ein rechtlicher Zusammenhang ist zu verneinen. Wohl ist die Rechtsgrundlage (der Rechtsgrund) in allen Fällen die Freiheit des Eigentums nach Paragraph 523, ABGB. Damit allein wird der im Paragraph 55, Absatz eins, JN geforderte rechtliche Zusammenhang der auf dieselbe Norm gestützten Ansprüche untereinander noch nicht hergestellt. Die behauptete Eigentumsfreiheit von im Tatsachenbereich verschiedenen Belastungen (Servituten oder auch nur obligatorischen Rechte) ist auch für den Bereich der anspruchsbegründenden Rechtsnorm nicht als Einheit aufzufassen. Der Kläger stützt sich in Wahrheit dreimal auf die Freiheit seines Eigentums von drei verschiedenen Belastungen, macht also dreimal denselben Rechtsgrund kumulativ geltend, wie dies etwa auch für den Fall eines Exszindierungsklägers zutrifft, der die Aussonderung verschiedener in Exekution gezogener Pfandsachen jeweils auf sein Eigentumsrecht stützt (der Rechtsgrund wäre auch hier jedes Mal derselbe), dieses aber noch aus weiteren Sachverhalten ableitet, etwa aus verschiedenen Kaufverträgen. Bei verschiedenen Erwerbsarten sind die einzelnen Exszindierungsansprüche aber nicht zusammenzurechnen (3 Ob 119/97i). Diese Erwägungen gelten auch hier. Die dreimal auf dieselbe Norm gestützte Freiheit des Eigentums von verschiedenen Belastungen ist nicht als einheitlicher Rechtsgrund im Sinne des Paragraph 55, JN zu qualifizieren. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht getrennte Bewertungen vorgenommen. Danach kann aber vor Durchführung des Zwischenverfahrens nach Paragraph 508, Absatz eins, ZPO über die verfrüht vorgelegte Revision noch nicht entschieden werden.

Anmerkung

E50238 06A00798

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00079.98F.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19980402_OGH0002_0060OB00079_98F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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