TE OGH 1998/4/15 3Ob83/98x

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Veröffentlicht am 15.04.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Julia P*****, geboren am 7. September 1987, vertreten durch die eheliche Mutter Andrea P*****, diese vertreten durch Dr. Rudolf Beck, Rechtsanwalt in Mödling, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Dr. Reinald P*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. November 1997, GZ 45 R 717/97t-161, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 28. Mai 1997, GZ 5 P 68/97f-133, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang des Punktes 2. der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt werden, werden in Punkt 1. lit a (aber nur für ein Besuchsrecht an jedem Freitag bis darauffolgenden Montag) und lit b aufgehoben.Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang des Punktes 2. der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt werden, werden in Punkt 1. Litera a, (aber nur für ein Besuchsrecht an jedem Freitag bis darauffolgenden Montag) und Litera b, aufgehoben.

Insoweit wird die Pflegschaftssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Kindeseltern wurde Ende 1990 im Einvernehmen geschieden. Nach dem pflegschaftsbehördlich genehmigten Scheidungsvergleich vom 5.12.1990 kommt die Obsorge für das eheliche Kind Julia der Mutter allein zu. Eine Besuchsrechtsregelung behielten sich die Eltern vor.

Während des laufenden Besuchsrechtsverfahrens schlossen die Eltern am 27.1.1995 und 20.11.1995 Vergleiche über ein (vorläufiges) Besuchsrecht des Vaters (ON 65 und 85). Offen blieben die Anträge des Vaters, ihm zu seiner Tochter Besuchsrechte bzw Ferienbesuchsrechte in der Form einzuräumen, daß er berechtigt wäre, die Minderjährige

a) an jedem zweiten Freitag zwischen 14 Uhr und 16:30 Uhr von der durch sie besuchten Schule abzuholen, bis 7:50 Uhr des darauffolgenden Montags in diese Schule zurückzubringen, an jedem zweiten Donnerstag zwischen 15:30 Uhr und 17 Uhr von der Schule abzuholen und bis 7:50 Uhr des darauf folgenden Tages in die Schule zurückzubringen, dies an Donnerstagen jener Wochen, in denen er die Minderjährige zuvor an Montagen um 7:50 Uhr in die Schule gebracht hatte,

b) während der Weihnachtsferien eines jeden Jahres durch den Zeitraum einer Woche, während der Semester- bzw der Osterferien eines jeden Jahres gleichfalls durch den Zeitraum einer Woche und während der Sommerferien eines jeden Jahres durch einen Zeitraum von 3 Wochen bei sich zu haben; und ihm

c) ein einstweiliges regelmäßiges Besuchsrecht an jedem zweiten Wochenende in der Zeit von Freitag zwischen 14 Uhr und 16:30 Uhr bis 7:50 Uhr des darauf folgenden Montags sowie ein einstweiliges Ferienbesuchsrecht während folgender Semester- oder Osterferien, beginnend mit dem Unterrichtsschluß des letzten Schultages vor diesen Ferien bis 7:50 Uhr des ersten Schultages nach den Ferien zuzugestehen.

Am 17.11.1995 (ON 83) beantragte der Vater die Anwendung angemessener Zwangsmittel gegen die Mutter, da es ihm nicht möglich gewesen wäre, die Minderjährige am 4. oder 11.11.1995 mit sich zu nehmen.

Am 17.5. und 20.5.1996 stellte der Vater den Antrag auf Anwendung angemessener Zwangsmittel, da es die Mutter ihm nicht ermöglicht hätte, das Besuchsrecht am 4. und 18.5.1996 auszuüben.

Das Erstgericht wies sämtliche Anträge auf Besuchrechtsregelung ab und stellte fest, daß die in den Vergleichen ON 65 und ON 85 dem Vater gewährten Besuchsrechte unberührt blieben (und über den Antrag des Vaters, ihm ein Ferienbesuchsrecht in der Zeit vom 1.8.1997 bis 17.8.1997 zu gewähren, abgesondert entschieden werde). (Punkt 1).

Mit Punkt 2. des Beschlusses wies es die Anträge auf Anwendung angemessener Zwangsmittel gegen die Mutter wegen ihrer Weigerung, dem Vater die Minderjährige am 4.11. und 11.11.1995 sowie am 4.5.1996 zur Ausübung des Besuchsrechtes zu übergeben ab. Dagegen verhängte es in Punkt 3. wegen desselben Verhaltens der Mutter am 18.5.1996 über sie eine Geldstrafe von S 3.000,--.

Neben dem wesentlichen Ablauf des Verfahrens (mit Ausnahmen der vom Vater gestellten Beweisanträge) gab das Erstgericht auch eine Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie ***** (ON 63) und ein Gutachten der Sachverständigen Dr. Rotraut E***** (ON 92 und ON 109) auszugsweise wieder. Den "beigelegten Akteninhalt" beurteilte das Erstgericht unter Beachtung der "weiteren aktenkundigen Umstände" in der Richtung, daß im Konfliktfall bei der gerichtlichen Besuchrechtsregelung dem Kindeswohl der Vorrang einzuräumen sei und die eigenen Interessen der Eltern zurückzutreten hätten. Zur Frage, ob die Minderjährige im Rahmen des 14tägigen Besuchsrechts oder in den Ferien beim Vater übernachten solle oder dies ihrem Wohl widerspreche, vertrat es die Auffassung, daß die Minderjährige selbst durchaus in der Lage sein dürfte, derartige Übernachtungen zu bewältigen und zu verkraften, würden die Eltern bestehende Spannungsverhältnisse abbauen und die Minderjährige dabei unterstützen, Loyalitätskonflikte zu vermeiden. Eine zwangsweise Durchsetzung von Übernachtungen wäre hingegen geeignet, die psychische Situation der Minderjährigen weiter zu verschlechtern; dies würde schließlich dazu führen, daß Kontakte mit dem Vater mit immer tieferen Ängsten belastet, und daher für das Kind von Nachteil wären. Unter diesen Umständen entspreche die Beibehaltung der zwischen den Eltern getroffenen Besuchsrechtsregelung am ehesten dem Wohle der Minderjährigen.

Was die Ausübung des Besuchsrechtes am 4.11., 11.11.1995 und 4.5.1996 angehe, sei ein Verschulden und Fehlverhalten der Mutter nicht in einem solchen Maß gegeben, daß hiedurch die Anwendung von Zwangsmitteln im Sinn des § 19 Abs 1 AußStrG gerechtfertigt wäre. Es sei davon auszugehen, daß die Minderjährige durch die von der Mutter behauptete, nicht mehr widerlegbare Verstörung nicht dazu zu bewegen sei, mit dem Vater in Kontakt zu treten. Es dürfe in diesem Zusammenhang nicht unbedacht bleiben, daß die Minderjährige, die bereits im zehnten Lebensjahr stehe, durchaus fähig sei, Eigeninitiativen zu setzen und ihrem Willen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Anträge seien daher mangels Sinnhaftigkeit und mangels eines der Mutter vorwerfbaren Verhaltens abzuweisen.Was die Ausübung des Besuchsrechtes am 4.11., 11.11.1995 und 4.5.1996 angehe, sei ein Verschulden und Fehlverhalten der Mutter nicht in einem solchen Maß gegeben, daß hiedurch die Anwendung von Zwangsmitteln im Sinn des Paragraph 19, Absatz eins, AußStrG gerechtfertigt wäre. Es sei davon auszugehen, daß die Minderjährige durch die von der Mutter behauptete, nicht mehr widerlegbare Verstörung nicht dazu zu bewegen sei, mit dem Vater in Kontakt zu treten. Es dürfe in diesem Zusammenhang nicht unbedacht bleiben, daß die Minderjährige, die bereits im zehnten Lebensjahr stehe, durchaus fähig sei, Eigeninitiativen zu setzen und ihrem Willen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Anträge seien daher mangels Sinnhaftigkeit und mangels eines der Mutter vorwerfbaren Verhaltens abzuweisen.

Am 18.5.1996 sei aber die Mutter ihrer Aufgabe, auf das minderjährige Kind dahin einzuwirken, daß dieses den auch ihm obliegenden Verpflichtungen nachkomme, Kontakte mit dem nicht erziehungsberechtigten Elternteil aufrecht zu erhalten, nicht nachgekommen. Zur Vermeidung künftiger Verstöße sei daher über die Mutter eine angemessene Geldstrafe zu verhängen.

In seinem gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs bekämpfte der Vater nur die Abweisung seiner Anträge zu 1 lit a und b (lit a aber nur insoweit als ihm das Besuchsrecht an jedem 2. Freitag bis anschließenden Montag 7:50 Uhr nicht gewährt wurde). Das Rekursgericht gab diesem Rekurs mit dem angefochtenen Beschluß nicht Folge; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.In seinem gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs bekämpfte der Vater nur die Abweisung seiner Anträge zu 1 Litera a und b (Litera a, aber nur insoweit als ihm das Besuchsrecht an jedem 2. Freitag bis anschließenden Montag 7:50 Uhr nicht gewährt wurde). Das Rekursgericht gab diesem Rekurs mit dem angefochtenen Beschluß nicht Folge; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Es traf (abgesehen von einer Teilwiedergabe der Aussage der Minderjährigen vor dem Erstgericht am 20.11.1995, ON 85) "Feststellungen" durch teilweise Wiedergabe der Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie (ON 63) und des Berichtes der ***** Jugendgerichtshilfe vom 12.4.1995 (ON 67). In letzterem heißt es unter anderem:

Da aber zum Zeitpunkt der Berichtslegung keine Annäherung der elterlichen Positionen abzusehen ist, wird jede von außen aufgepfropfte Regelung auf heftigen Widerstand der Gegenpartei stoßen. Negative Rückwirkungen auf die im Spannugsfeld der elterlichen Emotionen stehende Minderjährige sind daher mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es wird eine Mediation empfohlen.

Soweit der Vater im Rekurs noch weitere Feststellungen begehre, sei ihm entgegenzuhalten, daß es in der derzeitigen Situation einzig maßgeblich sei, ob nunmehr Besuchskontakte zwischen Vater und Kind auch in der Form dem Kindeswohl entsprächen, daß die Minderjährige beim Vater übernachte. Es erübrigten sich daher Feststellungen darüber, wie umfangreich die Kontakte zwischen Vater und Kind früher gewesen seien und wie sich die "Besuchsrechtsmisere" entwickelt habe. Maßgeblich und unbestritten sei, daß die Spannungen zwischen den Eltern so groß seien, daß die Minderjährige dadurch in Mitleidenschaft gezogen worden sei, woraus ihre Abneigung gegen Übernachtungen beim Vater resultiere. Bereits aus den Berichten ON 63 und 67 sowie aus dem persönlichen Eindruck, den das Kind beim Erstgericht hinterlassen habe, gehe eindeutig hervor, daß die Minderjährige durch das bestehende Mißverhältnis beider Eltern bereits psychisch beeinträchtigt worden sei. Es sei daher derzeit vom Gericht zu prüfen, ob Besuchskontakte zwischen Vater und Kind, die mit Übernachtungen verbunden sind, dem Kindeswohl entsprächen oder dieses gefährdeten. Ähnliches gelte zu dem im Rekurs erhobenen Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Die Sachverständige habe in ihrem Gutachten ON 92 überzeugend ausgeführt, daß Übernachtungen des Kindes beim Vater nur durch Zwang erreicht werden könnte, was nicht dem Kindeswohl entsprächen. Dies sei damit begründet worden, daß die Minderjährige über eine erhöhte Angstbereitschaft auf neurotischer Basis verfüge und durch Zwangsmaßnahmen in erhöhte Spannung und Angst versetzt würde. Entgegen dem Rekursvorbringen seien nicht nur gewisse Irritationen des Kindes, wie sie üblicherweise bei Scheidungskindern auftreten, gegeben, sondern weit darüber hinausgehende psychische Beeinträchtigungen, weshalb von einer auf Zwang beruhenden Übernachtung des Kindes beim Vater abgeraten worden sei. Zwar sei die obsorgeberechtigte Mutter verpflichtet, einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontaktes zum anderen Elternteil durch das Kind entgegenzuwirken. Im großen und ganzen funktioniere das 14tägige Besuchsrecht jedoch und eine Entfremdung zwischen Vater und Kind sei nicht eingetreten. Sollte in Zukunft ein Verhalten der Mutter nachgewiesen werden, aus dem sich eine weitere Verletzung ihrer Plicht zur positiven Einflußnahme auf das Kind ergebe, werde das Erstgericht nach § 19 AußStrG vorzugehen haben. Derzeit sei aber aufgrund des psychischen Zustandes des Kindes im Interesse des Kindeswohl von solchen Zwangsmaßnahmen abzuraten.Soweit der Vater im Rekurs noch weitere Feststellungen begehre, sei ihm entgegenzuhalten, daß es in der derzeitigen Situation einzig maßgeblich sei, ob nunmehr Besuchskontakte zwischen Vater und Kind auch in der Form dem Kindeswohl entsprächen, daß die Minderjährige beim Vater übernachte. Es erübrigten sich daher Feststellungen darüber, wie umfangreich die Kontakte zwischen Vater und Kind früher gewesen seien und wie sich die "Besuchsrechtsmisere" entwickelt habe. Maßgeblich und unbestritten sei, daß die Spannungen zwischen den Eltern so groß seien, daß die Minderjährige dadurch in Mitleidenschaft gezogen worden sei, woraus ihre Abneigung gegen Übernachtungen beim Vater resultiere. Bereits aus den Berichten ON 63 und 67 sowie aus dem persönlichen Eindruck, den das Kind beim Erstgericht hinterlassen habe, gehe eindeutig hervor, daß die Minderjährige durch das bestehende Mißverhältnis beider Eltern bereits psychisch beeinträchtigt worden sei. Es sei daher derzeit vom Gericht zu prüfen, ob Besuchskontakte zwischen Vater und Kind, die mit Übernachtungen verbunden sind, dem Kindeswohl entsprächen oder dieses gefährdeten. Ähnliches gelte zu dem im Rekurs erhobenen Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Die Sachverständige habe in ihrem Gutachten ON 92 überzeugend ausgeführt, daß Übernachtungen des Kindes beim Vater nur durch Zwang erreicht werden könnte, was nicht dem Kindeswohl entsprächen. Dies sei damit begründet worden, daß die Minderjährige über eine erhöhte Angstbereitschaft auf neurotischer Basis verfüge und durch Zwangsmaßnahmen in erhöhte Spannung und Angst versetzt würde. Entgegen dem Rekursvorbringen seien nicht nur gewisse Irritationen des Kindes, wie sie üblicherweise bei Scheidungskindern auftreten, gegeben, sondern weit darüber hinausgehende psychische Beeinträchtigungen, weshalb von einer auf Zwang beruhenden Übernachtung des Kindes beim Vater abgeraten worden sei. Zwar sei die obsorgeberechtigte Mutter verpflichtet, einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontaktes zum anderen Elternteil durch das Kind entgegenzuwirken. Im großen und ganzen funktioniere das 14tägige Besuchsrecht jedoch und eine Entfremdung zwischen Vater und Kind sei nicht eingetreten. Sollte in Zukunft ein Verhalten der Mutter nachgewiesen werden, aus dem sich eine weitere Verletzung ihrer Plicht zur positiven Einflußnahme auf das Kind ergebe, werde das Erstgericht nach Paragraph 19, AußStrG vorzugehen haben. Derzeit sei aber aufgrund des psychischen Zustandes des Kindes im Interesse des Kindeswohl von solchen Zwangsmaßnahmen abzuraten.

Was Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses betreffe, sei dem Erstgericht dahin zu folgen, daß der Mutter nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden habe können, daß sie an den genannten Tagen ihre Pflichten in einem so großen Ausmaß verletzt habe, daß die Verhängung von Beugemitteln gerechtfertigt erschienen wäre. Da es sich um eine Ermessensentscheidung hinsichtlich des Umfanges des Besuchskontaktes handle, seien die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht gegeben.Was Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses betreffe, sei dem Erstgericht dahin zu folgen, daß der Mutter nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden habe können, daß sie an den genannten Tagen ihre Pflichten in einem so großen Ausmaß verletzt habe, daß die Verhängung von Beugemitteln gerechtfertigt erschienen wäre. Da es sich um eine Ermessensentscheidung hinsichtlich des Umfanges des Besuchskontaktes handle, seien die Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG nicht gegeben.

Gegen diesen Beschluß erhebt der Vater unter Wiederholung der Rekursanträge außerordentlichen Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt. Die vom Vater geltend gemachte Nichtigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 16 Abs 3 AußStrG). Zutreffend macht der Vater aber geltend, daß die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen in wesentlichen Teilen unvollständig seien. Dadurch, daß die Vorinstanzen es unterlassen haben, die erforderlichen Tatsachengrundlagen zu schaffen, werde die Rechtssicherheit gefährdet, so daß die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG vorliegen.Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt. Die vom Vater geltend gemachte Nichtigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO in Verbindung mit Paragraph 16, Absatz 3, AußStrG). Zutreffend macht der Vater aber geltend, daß die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen in wesentlichen Teilen unvollständig seien. Dadurch, daß die Vorinstanzen es unterlassen haben, die erforderlichen Tatsachengrundlagen zu schaffen, werde die Rechtssicherheit gefährdet, so daß die Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG vorliegen.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Während der Erstrichter praktisch überhaupt keine konkreten Tatsachenfeststellungen traf, sondern sich (von kurzen Passagen in der rechtlichen Beurteilung abgesehen) mit der Wiedergabe des Akteninhaltes begnügte, vermag auch die Wiedergabe weiterer Passagen des Aktes in der Rekursentscheidung am Fehlen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen nichts zu ändern, selbst wenn man ihnen überhaupt Feststellungscharakter zubilligen könnte.

Was die Frage der Gefährdung des Kindeswohls durch ein über das vergleichsweise vereinbarte Besuchsrecht an jedem zweiten Samstag hinausgehende Besuchsrecht des Vaters, verbunden mit einer Übernachtung angeht, wurden keinerlei Feststellungen getroffen. Solche sind aber jedenfalls notwendig, um den einzuräumenden Umfang des Besuchsrechtes beurteilen zu können.

Wenn auch aus der vom Vater in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 9 Ob 2024/96d nicht der von ihm behauptete Grundsatz abgeleitet werden kann, ein Besuchsrecht im dort dargelegten Ausmaß entspreche jedenfalls dem Kindeswohl, sondern dort nur gesagt wurde, daß dieses Ausmaß zur Aufrechterhaltung der aus der Blutsverwandschaft beruhenden Verbindung zwischen den Kindern und nicht obsorgeberechtigten Elterteilen zur Verhinderung einer Entfremdung ausreiche, wird doch auch darin zum Ausdruck gebracht (insoweit abgedruckt in ÖJZ-LSK 1996/338), daß die Frage des Ausmaßes des Besuchsrechtes grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist, so daß ihr eine Bedeutung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG nur zukommen kann, wenn leitende Grundsätze der Rechtsprechung oder des Wohls des Kindes verletzt wurden. Sehr wohl steht aber diese Entscheidung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß in der Regel bei Kindern etwa ab dem 6. Lebensjahr ein Wochenendbesuchsrecht mit Übernachtung und ein Ferienbesuchsrecht die Regel darstellt (Nachweise bei Schwimann aaO Rz 15 und 16). Im Normalfall wird nämlich bei einem Kind im schulpflichtigen Alter die mit einer Nächtigung außerhalb seiner üblichen Umgebung verbundene Irritation keine besondere Rolle mehr spielen (EFSlg 56.658).Wenn auch aus der vom Vater in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 9 Ob 2024/96d nicht der von ihm behauptete Grundsatz abgeleitet werden kann, ein Besuchsrecht im dort dargelegten Ausmaß entspreche jedenfalls dem Kindeswohl, sondern dort nur gesagt wurde, daß dieses Ausmaß zur Aufrechterhaltung der aus der Blutsverwandschaft beruhenden Verbindung zwischen den Kindern und nicht obsorgeberechtigten Elterteilen zur Verhinderung einer Entfremdung ausreiche, wird doch auch darin zum Ausdruck gebracht (insoweit abgedruckt in ÖJZ-LSK 1996/338), daß die Frage des Ausmaßes des Besuchsrechtes grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist, so daß ihr eine Bedeutung im Sinn des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG nur zukommen kann, wenn leitende Grundsätze der Rechtsprechung oder des Wohls des Kindes verletzt wurden. Sehr wohl steht aber diese Entscheidung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß in der Regel bei Kindern etwa ab dem 6. Lebensjahr ein Wochenendbesuchsrecht mit Übernachtung und ein Ferienbesuchsrecht die Regel darstellt (Nachweise bei Schwimann aaO Rz 15 und 16). Im Normalfall wird nämlich bei einem Kind im schulpflichtigen Alter die mit einer Nächtigung außerhalb seiner üblichen Umgebung verbundene Irritation keine besondere Rolle mehr spielen (EFSlg 56.658).

Nach ständiger Rechtsprechung sind nun die üblichen Irritationen des Kindes, die als natürliche Folge der Trennung der Eltern entstehen, beim Besuchsrecht grundsätzlich hinzunehmen und dürfen nicht zu einer Versagung desselben führen (stR; Nachweise bei Schwimann aaO Rz 6; zuletzt 1 Ob 96/97p). Es ist vielmehr in solchen Fällen Pflicht und Aufgabe der Eltern, bei der Besuchsrechtsausübung die Liebe und Zuneigung des Kindes zu beiden Elternteilen zu fördern (Nachweise aaO). Nur dann, wenn die Beeinträchtigung des Kindes über dieses Maß hinausgeht, verlangt das Kindeswohl eine Versagung oder Einschränkung des Besuchsrechts (Nachweise aaO). Solche Gründe liegen etwa dann vor, wenn die Ausübung des Besuchsrechtes beim Kind merkbare und nicht bloß vorübergehende, seinem Wohl daher abträgliche Auswirkungen zeitigt.

Darin, daß die Vorinstanzen die Besuchsrechtsanträge des Vaters, ohne ausreichende Tatsachengrundlage abgelehnt haben liegt eine erhebliche Beeinträchtigung die Rechtssicherheit.

Weder die im erstgerichtlichen Beschluß wiedergegebenen Aktenauszüge noch diejenigen, um die das Rekursgericht diese ergänzt hat, erlauben die Feststellung, daß die Übernachtung der Minderjährigen bei ihrem Vater ihr psychisches Wohl derart beeinträchtigen würde, daß ein sie umfassendes Besuchsrecht in ihrem Interesse abgelehnt werden müßte.

Würde man etwa die Stellungnahme der Wiener Jugendgerichtshilfe (ON 67) als Leitlinie ansehen, könnte niemals gegen den Willen des obsorgeberechtigten Elternteil dem anderen ein Besuchsrecht eingeräumt werden, ist doch unter diesen Umständen stets eine gewisse Beeinträchtigung des Betroffenen zu erwarten. Unbestritten ist zwar, daß der Vater das Kind am 21.10.1995 wegen dessen Weigerung, bei ihm zu nächtigen, zurückbrachte. Feststellungen, welche Auswirkungen die Situation auf das Kind gehabt hat, fehlen aber. Richtig ist, daß im Gutachten der Sachverständigen Dr. E***** (ON 92) davon die Rede ist, daß das Kind seinen Vater "als stark angstbesetzt" empfindet und sich durch seinen Wunsch bei ihm zu übernachten, überfordert sehe. Auch die Wiedergabe ihrer Stellungnahme und der daraus gezogenen Schlußfolgerung, eine mit Zwang durchgesetzte Übernachtung im Haushalt des Vaters würde nicht dem Wohl des Minderjährigen entsprechen, läßt nicht erkennen, ob das Erstgericht sich mit diesen Äußerungen in der Weise identifiziert, daß es daraus auf eine zu befürchtende Schädigung des Kindes schließen würde.

Dazu kommt noch, daß es nicht angeht, wie es das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung in Übereinstimmung mit der Sachverständigen tut, bei der Frage, ob eine Nächtigung dem Wohl des Kindes widerspräche, sogleich die Anwendung von Zwangsmitteln in die Prüfung einzubeziehen. Solche Folgen einer zwangsweisen Durchsetzung von Übernachtungen wären jeweils erst im Zusammenhang mit dem Treffen von Maßnahmen nach § 19 AußStrG zu beurteilen.Dazu kommt noch, daß es nicht angeht, wie es das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung in Übereinstimmung mit der Sachverständigen tut, bei der Frage, ob eine Nächtigung dem Wohl des Kindes widerspräche, sogleich die Anwendung von Zwangsmitteln in die Prüfung einzubeziehen. Solche Folgen einer zwangsweisen Durchsetzung von Übernachtungen wären jeweils erst im Zusammenhang mit dem Treffen von Maßnahmen nach Paragraph 19, AußStrG zu beurteilen.

Auch der Umstand, daß das Kind bei seiner gerichtlichen Vernehmung (ON 85) auf die offensichtlich ungewohnte Situation in der Weise reagierte, daß es einen mitgebrachten Plüschhasen in das Gespräch miteinbezog, öfters unmotiviert lachte und in seiner Gestik verlegen wirkte, kann nicht ohne weiters in der Richtung interpretiert werden, daß eine Übernachtung beim Vater das Kindeswohl gefährden würde.

Daran vermag auch die Feststellung des Rekursgerichtes, daß die Minderjährige das bestehende Mißverhältnis beider Eltern psychisch beeinträchtigt worden sei, nichts zu ändern, ist dies doch unabhängig von der Frage der Übernachtung zu sehen.

Demnach leiden die Entscheidungen der Vorinstanzen an sekundären Feststellungsmängel. Es sind demnach die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesen Punkten aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen. Ob weitere Beweisaufnahmen (insbesondere die vom Vater beantragten) erforderlich sind, wird es nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen haben. Dabei wird allerdings zu berücksichtigen sein, daß im Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung die Vernehmung des Kindes durch den Richter bereits etwa 2 1/2 Jahre und die Untersuchung durch die Kinderpsychologin ca 2 Jahre zurückliegt, was die uneingeschränkte Berücksichtigung der damals gewonnenen Erkenntnisse doch als fragwürdig erscheinen läßt.

Nicht berechtigt ist der Revisionsrekurs des Vaters, soweit er sich auf die Frage von Maßnahmen nach § 19 AußStrG bezieht. Zur (teilweisen) Regelung des Besuchsrechtes des Vaters haben die Eltern am 27.1.1995 (ON 65) einen Vergleich vor dem Erstgericht geschlossen, welcher mit jenem vom 20.11.1995 abgeändert wurde (ON 85). Den Vergleichen ist auch die Verpflichtung der Mutter zu entnehmen die Minderjährige persönlich oder durch eine hiermit betraute Person zu Beginn der Besuchszeit dem Vater vor ihrer Wohnung zu übergeben. Eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung ist bisher nicht erfolgt, wohl unter Berücksichtigung des Umstandes, daß mit den Vergleichen der Besuchsrechtsregelungsantrag des Vaters nur teilweise erledigt wurde.Nicht berechtigt ist der Revisionsrekurs des Vaters, soweit er sich auf die Frage von Maßnahmen nach Paragraph 19, AußStrG bezieht. Zur (teilweisen) Regelung des Besuchsrechtes des Vaters haben die Eltern am 27.1.1995 (ON 65) einen Vergleich vor dem Erstgericht geschlossen, welcher mit jenem vom 20.11.1995 abgeändert wurde (ON 85). Den Vergleichen ist auch die Verpflichtung der Mutter zu entnehmen die Minderjährige persönlich oder durch eine hiermit betraute Person zu Beginn der Besuchszeit dem Vater vor ihrer Wohnung zu übergeben. Eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung ist bisher nicht erfolgt, wohl unter Berücksichtigung des Umstandes, daß mit den Vergleichen der Besuchsrechtsregelungsantrag des Vaters nur teilweise erledigt wurde.

Die ältere Rechtsprechung zu § 19 AußStrG hatte aufgrund des Wortes "Verfügung" einen vor dem Pflegschaftsgericht beschlossenen Vergleich nicht als nach dieser gesetzlichen Bestimmung vollziehbar (SZ 31/10 = JBl 1958, 367). Von dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof mit den Entscheidungen EvBl 1969/267 und SZ 55/141 = EvBl 1983/15 abgegangen, allerdings unter der Voraussetzung, daß es sich um einen gerichtlich genehmigten Vergleich der Kindeseltern handle. Mangels der hier nicht vorliegenden pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung ist der Vergleich aber nicht wirksam und kann daher auch nicht durch Zwangsmaßnahmen nach § 19 AußStrG vollzogen werden. Daran kann auch der Abschluß vor dem zuständigen Pflegschaftsrichter nichts ändern (zuletzt ZfRV 1997, 204). Die Vorinstanzen haben daher im Ergebnis zu Recht die Verhängung von Geldstrafen wegen der Vereitelung des Besuchsrechts des Vaters am 4.11.1995, 11.11.1995 (Ersatztag) und am 4.5.1996 abgewiesen. Es bedarf daher keiner weiteren Auseinandersetzung mit den dafür ins Treffen geführten Gründen, aber auch nicht mit der Frage, ob im Hinblick auf die ohnehin wegen des Zuwiderhandelns der Mutter am 18.5.1996 verhängte Geldstrafe, gegen deren Höhe der Vater keinen Einwand erhoben hat, für ein Verhalten der Mutter vor diesem Tag eine weitere Geldstrafe verhängt werden könnte.Die ältere Rechtsprechung zu Paragraph 19, AußStrG hatte aufgrund des Wortes "Verfügung" einen vor dem Pflegschaftsgericht beschlossenen Vergleich nicht als nach dieser gesetzlichen Bestimmung vollziehbar (SZ 31/10 = JBl 1958, 367). Von dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof mit den Entscheidungen EvBl 1969/267 und SZ 55/141 = EvBl 1983/15 abgegangen, allerdings unter der Voraussetzung, daß es sich um einen gerichtlich genehmigten Vergleich der Kindeseltern handle. Mangels der hier nicht vorliegenden pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung ist der Vergleich aber nicht wirksam und kann daher auch nicht durch Zwangsmaßnahmen nach Paragraph 19, AußStrG vollzogen werden. Daran kann auch der Abschluß vor dem zuständigen Pflegschaftsrichter nichts ändern (zuletzt ZfRV 1997, 204). Die Vorinstanzen haben daher im Ergebnis zu Recht die Verhängung von Geldstrafen wegen der Vereitelung des Besuchsrechts des Vaters am 4.11.1995, 11.11.1995 (Ersatztag) und am 4.5.1996 abgewiesen. Es bedarf daher keiner weiteren Auseinandersetzung mit den dafür ins Treffen geführten Gründen, aber auch nicht mit der Frage, ob im Hinblick auf die ohnehin wegen des Zuwiderhandelns der Mutter am 18.5.1996 verhängte Geldstrafe, gegen deren Höhe der Vater keinen Einwand erhoben hat, für ein Verhalten der Mutter vor diesem Tag eine weitere Geldstrafe verhängt werden könnte.

Anmerkung

E49946 03A00838

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0030OB00083.98X.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19980415_OGH0002_0030OB00083_98X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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