TE OGH 1998/4/21 4Ob29/98p

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Veröffentlicht am 21.04.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "Garant" Versicherungs-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Siegfried Kommar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei GARANTA ÖSTERREICH Versicherungs-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,-), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 17.November 1997, GZ 3 R 220/97-13, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Juli 1997, GZ 6 Cg 380/96b-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.807,40 (darin S 2.967,90 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 34.625,- (darin S 13.250,- Barauslagen und S 3.562,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 1958 im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Die Beklagte ist seit 15.6.1996 als Zweigniederlassung der GARANTA Versicherungs-Aktiengesellschaft, einer seit 1.6.1984 im Handelsregister des Registergerichtes Nürnberg eingetragenen Gesellschaft, im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg registriert. Die Streitteile sind im Inland unter anderem als Kfz-Versicherer tätig.

Gestützt auf die Bestimmungen der §§ 9 UWG, 43 ABGB begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, die Verwendung des Wortes "GARANTA" als Bestandteil ihres Firmenwortlautes zu unterlassen, in eventu, dieses Wort nur dann in dieser Form zu verwenden, wenn ein unterscheidungskräftiger Zusatz hinzugefügt werde, der die Firma der Beklagten ausreichend von der Firma der Klägerin abhebe. Der eingetragene Firmenname der Beklagten sei geeignet, Verwechslungen mit dem früher eingetragenen Firmennamen der Klägerin herbeizuführen, zu solchen Verwechslungen sei es auch schon gekommen. Die Bezeichnung "Österreich" im Zusammenhang mit "Garant" oder "Garanta" weise in den beteiligten Verkehrskreisen auf die Klägerin hin, die seit 1958 in Österreich tätig sei und Verkehrsgeltung erlangt habe.Gestützt auf die Bestimmungen der Paragraphen 9, UWG, 43 ABGB begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, die Verwendung des Wortes "GARANTA" als Bestandteil ihres Firmenwortlautes zu unterlassen, in eventu, dieses Wort nur dann in dieser Form zu verwenden, wenn ein unterscheidungskräftiger Zusatz hinzugefügt werde, der die Firma der Beklagten ausreichend von der Firma der Klägerin abhebe. Der eingetragene Firmenname der Beklagten sei geeignet, Verwechslungen mit dem früher eingetragenen Firmennamen der Klägerin herbeizuführen, zu solchen Verwechslungen sei es auch schon gekommen. Die Bezeichnung "Österreich" im Zusammenhang mit "Garant" oder "Garanta" weise in den beteiligten Verkehrskreisen auf die Klägerin hin, die seit 1958 in Österreich tätig sei und Verkehrsgeltung erlangt habe.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie wendet ein, als österreichische Zweigniederlassung einer deutschen Gesellschaft nur den Namen zu verwenden, den die Gesellschaft in Deutschland befugt führen dürfe (wozu sie auch verpflichtet sei); mit Hinzufügen des Zusatzes "Österreich" habe sie auch das Zumutbare getan, um Verwechslungen mit der Klägerin zu vermeiden.

Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. "Garant" sei ein aus dem Französischen übernommenes Lehnwort der deutschen Sprache, das in die Umgangssprache Eingang gefunden habe. An diesem Wort bestehe ein Freihaltebedürfnis, es sei deshalb absolut schutzunfähig, wenn es nicht in einem vom gewöhnlichen Sprachgebrauch abweichenden Sinn verwendet werde. Demgegenüber stelle die Buchstabenkombination "Garanta" eine eigenständige Wortneuschöpfung dar; die Verwendung des Buchstabens "a" und des Zusatzes "Österreich" im Firmenwortlaut der Beklagten schließe die Verwechslungs- gefahr mit der Firma der Klägerin aus.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Hauptbegehrens, verurteilte aber die Beklagte im Sinne des Eventualbegehrens; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich beider Begehren S 50.000.- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Wort "Garant" werde im Verkehr gewöhnlich nicht als Bezeichnung für von Versicherungen angebotene Dienstleistungen verwendet, es sei daher als Phantasiewort im weiteren Sinne auch nicht absolut schutzunfähig. Prägender Teil in den Firmenbezeichnungen der Streitteile seien die Worte "Garant" bzw. "Garanta". Da das von der Beklagten verwendete Zeichen vollständig in jenem der Klägerin enthalten sei, werde durch Hinzufügen des Wortes "Österreich" die Verwechslungsgefahr noch nicht beseitigt, weshalb das Eventualbegehren berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist, wonach immer dann, wenn die Beklagte nicht zu einer reinen Unterlassung, sondern zu einer solchen Unterlassung verpflichtet ist, die auch ein positives Tun (hier:

Beseitigung oder Änderung des Firmenwortlautes samt Antragstellung beim Registergericht) enthält, gem. § 409 Abs 2 ZPO vom Gericht eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen ist (SZ 51/76; WBl 1989, 217); überdies hat es die Frage der Verwechslungsfähigkeit von Wortzeichen unrichtig gelöst. Die Revision ist deshalb auch berechtigt.Beseitigung oder Änderung des Firmenwortlautes samt Antragstellung beim Registergericht) enthält, gem. Paragraph 409, Absatz 2, ZPO vom Gericht eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen ist (SZ 51/76; WBl 1989, 217); überdies hat es die Frage der Verwechslungsfähigkeit von Wortzeichen unrichtig gelöst. Die Revision ist deshalb auch berechtigt.

Für die Abgrenzung, welche Bezeichnungen absolut schutzunfähig sind und welchen bei Verkehrsgeltung Schutzfähigkeit nach § 4 Abs 1 Z 2 u 3 MSchG iVm § 4 Abs 2 MSchG zukommt, müssen dieselben Kriterien herangezogen werden, welche nach dem MSchG für die Frage entscheidend sind, in welchen Fällen bei Verkehrsgeltung eine Registrierung als Marke möglich ist. Absolut schutzunfähig auch nach Wettbewerbsrecht sind daher nur Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind. Dies gilt auch für Firmen und Firmenbestandteile (ÖBl 1985, 11 - Flugambulanz; ÖBl 1990, 117 - Propangas; 4 Ob 142/90). Schutzunfähig sind also Wörter, die der Umgangssprache oder einer Fachsprache angehören und für die ein Freihaltebedürfnis besteht, damit nicht ein Wort, das für die Verständigung der Menschen erforderlich ist, durch Monopolisierung zugunsten einer bestimmten Person der Sprache entzogen wird (ÖBl 1976, 154 - Schwedenbombe; ÖBl 1980, 13 - Perlite; ÖBl 1990, 165 - Kombucha; ÖBl 1995, 34 - TÜV II). Maßgebend ist dabei, daß diese Wörter (wenn auch nur innerhalb bestimmter Fachkreise) allgemein gebräuchlich sind und ihnen die Bedeutung eines beschreibenden Hinweises auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens zukommt (ÖBl 1982, 158 - Promotions).Für die Abgrenzung, welche Bezeichnungen absolut schutzunfähig sind und welchen bei Verkehrsgeltung Schutzfähigkeit nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 2, u 3 MSchG in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 2, MSchG zukommt, müssen dieselben Kriterien herangezogen werden, welche nach dem MSchG für die Frage entscheidend sind, in welchen Fällen bei Verkehrsgeltung eine Registrierung als Marke möglich ist. Absolut schutzunfähig auch nach Wettbewerbsrecht sind daher nur Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind. Dies gilt auch für Firmen und Firmenbestandteile (ÖBl 1985, 11 - Flugambulanz; ÖBl 1990, 117 - Propangas; 4 Ob 142/90). Schutzunfähig sind also Wörter, die der Umgangssprache oder einer Fachsprache angehören und für die ein Freihaltebedürfnis besteht, damit nicht ein Wort, das für die Verständigung der Menschen erforderlich ist, durch Monopolisierung zugunsten einer bestimmten Person der Sprache entzogen wird (ÖBl 1976, 154 - Schwedenbombe; ÖBl 1980, 13 - Perlite; ÖBl 1990, 165 - Kombucha; ÖBl 1995, 34 - TÜV römisch II). Maßgebend ist dabei, daß diese Wörter (wenn auch nur innerhalb bestimmter Fachkreise) allgemein gebräuchlich sind und ihnen die Bedeutung eines beschreibenden Hinweises auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens zukommt (ÖBl 1982, 158 - Promotions).

Das Wort "Garant" bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch eine Person, die Gewähr für die Sicherung von etwas bietet; in der juristischen Fachsprache wird damit eine Partei des Garantievertrages benannt. Im Zusammenhang mit Dienstleistungen einer Versicherung ist das Wort "Garant" hingegen weder beschreibend, noch allgemein gebräuchlich. Ob letzteres zutrifft, ist dann eine Rechtsfrage, wenn - wie hier - zu deren Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen ausreicht (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik). Das Berufungsgericht hat deshalb das Freihaltebedürfnis an diesem Wort für Versicherungen zutreffend verneint. Für die Klägerin ist damit aber noch nichts gewonnen. Das von ihr verwendete Firmenschlagwort ist nämlich als "schwaches" Zeichen mit wenig Kenn- zeichenkraft zu beurteilen; damit besitzt es auch nur einen sehr engen Schutzbereich (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 29 Rz 38). Bei "schwachen" Zeichen beseitigen schon geringe Abweichungen häufig die Verwechslungsgefahr (ÖBl 1976, 39 - Therma; ÖBl 1991, 96 - Haus & Grund mwN). Die Beklagte hat nun das von der Klägerin benützte Zeichen nicht etwa unverändert und buchstabengetreu übernommen (was auch bei einem solchen Zeichen in jedem Fall unzulässig wäre), sondern ihm durch Anfügen einer weiteren Silbe, nämlich des hellen Vokales "a", einen deutlich veränderten Wortklang gegeben. Daß sich die beiden Firmenschlagworte in ihrem Kern nur in diesem letzten hinzugefügten Buchstaben unterscheiden, macht sie deshalb allein noch nicht verwechselbar ähnlich, haben doch Endungen im allgemeinen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164 - Palmers/Falmers mwN). Dies gilt hier umso mehr, als die Beklagte - einer Gepflogenheit im internationalen Wirtschaftsverkehr folgend - ihre Firma derart gebildet hat, daß sie ihre am ausländischen Ort der Hauptniederlassung registrierte Firma durch den Zusatz "Österreich" erweitert hat, um damit sowohl auf den organisatorischen Zusammenhang mit der Hauptniederlassung als auch auf ihr regionales Tätigkeitsgebiet hinzuweisen. Anders als in der von der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung ÖBl 1990, 24 - AGRO, wo bei einem unter- schiedlichen Sachverhalt die Wortmarke AGRO als beschreibendes Zeichen für landwirtschaftliche Chemikalien beurteilt und für die Bezeichnung "AGROLINZ" die Verwechslungsgefahr bejaht wurde, hält die Beklagte hier mit ihrer Firma ausreichend Abstand zum Firmenschlagwort der Klägerin. Auf die Frage einer allfälligen Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Klägerin kommt es damit nicht mehr an. Auch das Eventualbegehren erweist sich damit als unberechtigt, weshalb das Ersturteil wiederherzustellen war.Das Wort "Garant" bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch eine Person, die Gewähr für die Sicherung von etwas bietet; in der juristischen Fachsprache wird damit eine Partei des Garantievertrages benannt. Im Zusammenhang mit Dienstleistungen einer Versicherung ist das Wort "Garant" hingegen weder beschreibend, noch allgemein gebräuchlich. Ob letzteres zutrifft, ist dann eine Rechtsfrage, wenn - wie hier - zu deren Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen ausreicht (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik). Das Berufungsgericht hat deshalb das Freihaltebedürfnis an diesem Wort für Versicherungen zutreffend verneint. Für die Klägerin ist damit aber noch nichts gewonnen. Das von ihr verwendete Firmenschlagwort ist nämlich als "schwaches" Zeichen mit wenig Kenn- zeichenkraft zu beurteilen; damit besitzt es auch nur einen sehr engen Schutzbereich (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 Paragraph 29, Rz 38). Bei "schwachen" Zeichen beseitigen schon geringe Abweichungen häufig die Verwechslungsgefahr (ÖBl 1976, 39 - Therma; ÖBl 1991, 96 - Haus & Grund mwN). Die Beklagte hat nun das von der Klägerin benützte Zeichen nicht etwa unverändert und buchstabengetreu übernommen (was auch bei einem solchen Zeichen in jedem Fall unzulässig wäre), sondern ihm durch Anfügen einer weiteren Silbe, nämlich des hellen Vokales "a", einen deutlich veränderten Wortklang gegeben. Daß sich die beiden Firmenschlagworte in ihrem Kern nur in diesem letzten hinzugefügten Buchstaben unterscheiden, macht sie deshalb allein noch nicht verwechselbar ähnlich, haben doch Endungen im allgemeinen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164 - Palmers/Falmers mwN). Dies gilt hier umso mehr, als die Beklagte - einer Gepflogenheit im internationalen Wirtschaftsverkehr folgend - ihre Firma derart gebildet hat, daß sie ihre am ausländischen Ort der Hauptniederlassung registrierte Firma durch den Zusatz "Österreich" erweitert hat, um damit sowohl auf den organisatorischen Zusammenhang mit der Hauptniederlassung als auch auf ihr regionales Tätigkeitsgebiet hinzuweisen. Anders als in der von der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung ÖBl 1990, 24 - AGRO, wo bei einem unter- schiedlichen Sachverhalt die Wortmarke AGRO als beschreibendes Zeichen für landwirtschaftliche Chemikalien beurteilt und für die Bezeichnung "AGROLINZ" die Verwechslungsgefahr bejaht wurde, hält die Beklagte hier mit ihrer Firma ausreichend Abstand zum Firmenschlagwort der Klägerin. Auf die Frage einer allfälligen Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Klägerin kommt es damit nicht mehr an. Auch das Eventualbegehren erweist sich damit als unberechtigt, weshalb das Ersturteil wiederherzustellen war.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.Die Kostenentscheidung ist in den Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO begründet.

Anmerkung

E50094 04A00298

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00029.98P.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19980421_OGH0002_0040OB00029_98P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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