Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr.Gerald Herzog ua Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1. E***** AG, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, und 2. I***** AG, ***** vertreten durch Dr.Frank Kalmann und Dr.Karlheinz De Cillia, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 243.717 sA, infolge außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 7.November 1997, GZ 3 R 219/97v-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29.Juli 1997, GZ 26 Cg 162/96m-14, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung hinsichtlich der zweitbeklagten Partei zu lauten hat:
1. Die Klagsforderung besteht mit S 99.590 zu Recht.
2. Die Gegenforderung der zweitbeklagten Partei von S 67.230,72 besteht nicht zu Recht.
3. Die zweitbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S
99.590 samt 4 % Zinsen seit 27.4.1995 sowie 41 % der erstinstanzlichen Pauschal- und Sachverständigengebühren, das sind S 4.132,80, binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 144.127 samt 4 % Zinsen seit 27.4.1995 sowie von einem weiteren Prozent Zinsen aus S 99.590 seit 27.4.1995 wird abgewiesen.
4. Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei 18 % der mit S 70.180,44 (darin S 11.696,74 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten aller drei Instanzen, das sind S 12.632,48, sowie 59 % der Pauschal- und Sachverständigengebühren von S 27.040, das sind S 15.953,60, binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 25.7.1993 gegen 16.30 Uhr ereignete sich auf dem Richtung Graz führenden Fahrstreifen der Autobahn A 2 im Gräberntunnel bei Kilometer 244,5 ein Serienauffahrunfall, an dem sieben Fahrzeuge beteiligt waren. Am ersten Fahrzeug entstand nur ein Heckschaden, am siebenten Fahrzeug bloß ein Frontschaden. Die dazwischen befindlichen Fahrzeuge wurden jeweils an der Front und am Heck beschädigt. Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer und Kaskoversicherer des vierten Fahrzeuges, eines in Ungarn zugelassenen PKWs (Opel Astra). Die Erstbeklagte ist Haftpflichtversicherer des fünften Fahrzeuges (PKW BMW 324d), die Zweitbeklagte Haftpflichtversicherer des sechsten Fahrzeuges (PKW Mazda 323).
Die Klägerin forderte von beiden Beklagten den Betrag von S 243.717 sA. Hiebei handelt es sich um Regreßforderungen. Sie habe als Haftpflichtversicherer des vierten Fahrzeuges die Schäden von insgesamt S 144.127 ersetzt, die am dritten Fahrzeug entstanden seien und die dessen Insassin erlitten habe und habe ferner als Kaskoversicherer des vierten Fahrzeuges aus dessen Beschädigung entstandene Ansprüche von S 99.590 liquidiert. Diese Ansprüche sind der Höhe nach nicht strittig.
Die Klägerin bringt vor, daß das vierte Fahrzeug (Opel Astra) von seinem Lenker hinter dem dritten Fahrzeug anstoßfrei hätte anhalten können, wäre nicht das fünfte Fahrzeug (BMW 324d) aufgefahren, auf das wiederum das sechste Fahrzeug (Mazda 323) aufgefahren sei. Die Zweitbeklagte hafte, selbst wenn den Lenker des sechsten Fahrzeuges (Mazda 323) kein Verschulden treffen sollte, jedenfalls nach dem EKHG solidarisch mit der Erstbeklagten. Die Zweitbeklagte könne sich nicht auf ein unabwendbares Ereignis berufen. Bei entsprechend vorsichtiger Fahrweise und aufgrund des im Tunnel erkennbaren Aufleuchtens der Bremslichter wäre nämlich für den Lenker des sechsten Fahrzeuges (Mazda 323) die Situation früher erkennbar gewesen und hätte er sein Verhalten dem Verkehrsgeschehen anpassen und rechtzeitig anhalten können.
Die Zweitbeklagte verneinte jegliche Haftung. Der Lenker des vierten Fahrzeuges (Opel Astra) sei nämlich zu schnell gefahren und ungebremst auf das vor ihm befindliche dritte Fahrzeug aufgefahren. Er habe nicht nur dem fünften Fahrzeug (BMW 324d), sondern auch dem (diesem) nachfolgenden sechsten Fahrzeug (Mazda 323) den Bremsweg um rund 6 m verkürzt. Der Restbremsweg des sechsten Fahrzeugs (Mazda 323) hätte aber nur noch 4,5 m betragen. Ohne die Kollision, die sich davor (zwischen dem vierten und fünften Fahrzeug) ereignet habe, hätte das sechste Fahrzeug (Mazda 323) hinter dem fünften Fahrzeug (BMW 324d) anstoßfrei anhalten können. Eine frühere Reaktion sei für den Lenker des sechsten Fahrzeuges wegen des im Bereich des Tunnelendes einstrahlenden Tageslichtes nicht möglich gewesen. Deshalb sei auch der Entlastungsbeweis gelungen. Als Gegenforderung machte sie die ihr vom Eigentümer des sechsten Fahrzeugs (Mazda 323) abgetretenen Schadenersatzansprüche in Höhe von S 67.230,72 aufrechnungsweise gegenüber der Klageforderung geltend.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen beide Beklagten, ausgehend vom Zurechtbestehen der Klageforderung und dem Nichtzurechtbestehen der Gegenforderung der Zweitbeklagten, statt und wies lediglich ein 1 %iges Zinsenmehrbegehren ab. Es ging hiebei von folgenden Feststellungen aus:
Die Unfallstelle befindet sich auf der A2 im Gräberntunnel in Fahrtrichtung Graz, wobei die Fahrbahn in Süd-Nord-Richtung verläuft und im Tunnel als Gegenverkehrsbereich geführt wird. Die asphaltierte Fahrbahn weist eine Gesamtbreite von ca 8 m auf, beide Fahrstreifen mit einer Breite von jeweils ca 4 m sind durch eine Sperrlinie getrennt, wobei eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h besteht. Die Fahrbahn im Tunnel war trocken, in Relation zum Freien war es im Tunnel dunkel. Gegen Ende des Tunnels mußte Fahrzeug 1 anhalten, weil ein PKW Citroen BX eine technische Panne hatte und aus dem Tunnel geschoben wurde. Fahrzeug 2 prallte in weiterer Folge gegen Fahrzeug 1, Fahrzeug 3 stieß gegen Fahrzeug 2. Fahrzeug 4 wurde abgebremst und hätte hinter Fahrzeug 3 kontaktfrei anhalten können. Bei einer Restgeschwindigkeit von etwa 10 bis 15 km/h stieß Fahrzeug 5, welches wie Fahrzeug 4 fahrbahnparallel, aber um rund eine Drittel-Wagenbreite nach links versetzt war, mit einer Differenzgeschwindigkeit von etwa 40 bis 45 km/h gegen das Heck des Fahrzeuges 4. Durch die Kollision zwischen Fahrzeug 4 und Fahrzeug 5 wurde Fahrzeug 4 im Uhrzeigersinn um etwa 10 Grad verdreht, wobei die Strecke zum Verdrehen mehr als 1,2 m (das wäre der Restanhalteweg gewesen) betragen hat, und es wurde durch diese kollisionsbedingte Beschleunigung Fahrzeug 4 verdreht auf Fahrzeug 3 gestoßen. Ob Fahrzeug 5 nach der Kollision mit Fahrzeug 4 schon zum Stillstand gekommen ist, als Fahrzeug 6 mit einer Differenzgeschwindigkeit von ca 30 km/h auffuhr, oder ob es zu diesem Zeitpunkt noch in Bewegung war, kann nicht festgestellt werden. Bedingt durch die relative Dunkelheit im Tunnel war das Aufleuchten der Bremslichter der vor Fahrzeug 6 befindlichen Fahrzeuge früher erkennbar als das Aufleuchten der Bremsleuchten am Fahrzeug 5, weshalb der Lenker des Fahrzeuges 6 früher hätte bremsen können.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, daß der Lenker des fünften Fahrzeugs (BMW 324d) eine zu hohe Geschwindigkeit und einen zu geringen Tiefenabstand zum voranfahrenden vierten Fahrzeug (Opel Astra) eingehalten habe. Ein Verschulden des Lenkers des sechsten Fahrzeuges (Mazda 323) sei zwar nicht erwiesen, doch hafte die Zweitbeklagte nach den Bestimmungen des EKHG, weil ihr der Entlastungsbeweis nicht gelungen sei. Das Aufleuchten der Bremslichter der voranfahrenden Fahrzeuge wäre für den Lenker des sechsten Fahrzeuges (Mazda 323) jedenfalls erkennbar gewesen. Ein besonders sorgfältiger Kraftfahrer hätte schon zu diesem Zeitpunkt seine Geschwindigkeit reduziert, wodurch die Kollision vermeidbar gewesen wäre.
Dieses Urteil wurde von der erstbeklagten Partei nicht bekämpft.
Der Berufung der zweitbeklagten Partei gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision - mangels Rechtsfrage der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Art - nicht zulässig sei. Zur Rechtsrüge der zweitbeklagten Partei führte es folgendes aus:Der Berufung der zweitbeklagten Partei gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision - mangels Rechtsfrage der im Paragraph 502, Absatz eins, ZPO umschriebenen Art - nicht zulässig sei. Zur Rechtsrüge der zweitbeklagten Partei führte es folgendes aus:
Unbekämpft stehe fest, daß das vierte Fahzeug abgebremst wurde und hinter dem dritten Fahrzeug kontaktfrei hätte anhalten können, durch das Auffahren des fünften Fahrzeuges aber auf das dritte Fahrzeug gestoßen worden sei. Es stehe nicht fest, ob das vierte Fahrzeug zum Zeitpunkt, als das fünfte auffuhr, noch in Bewegung oder bereits zum Stillstand gekommen gewesen sei, doch habe dieser Umstand auf das nachfolgende Kollisionsgeschehen keinen Einfluß gehabt. Zwar sei nicht erwiesen, daß das fünfte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Auffahrens des sechsten noch in Bewegung war und (nur) deshalb gegen das vierte stieß und dessen Kollision mit dem dritten Fahrzeug auslöste, doch stehe ebensowenig fest, daß im Zeitpunkt der Kollision des sechsten Fahrzeuges mit dem fünften letzteres sich bereits im Stillstand befand.
Die klagende Partei nehme die zweitbeklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Halters des sechsten Fahrzeuges (§ 2 KHVG) nach den Bestimmungen des EKHG in Anspruch. Bei der Gefährdungshaftung nach EKHG habe der Halter nicht aufklärbare Ungewißheiten über wesentliche Einzelheiten des Unfalles zu vertreten. Dies gelte auch im Rahmen der ihn bzw den Haftpflichtversicherer treffenden Beweispflicht, daß der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis im Sinn des § 9 Abs 2 EKHG verursacht wurde, und gingen Zweifel in diese Richtung zu Lasten des Halters bzw des Versicherers. Den ungeklärten Umstand, ob das fünfte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Auffahrens des sechsten noch in Bewegung war, habe die zweitbeklagte Partei daher gegen sich gelten zu lassen; sie könne sich demnach, insoweit sie nur wegen ihrer Gefährdungshaftung in Anspruch genommen werde, nicht darauf berufen, daß kein Kausalzusammenhang zwischen dem Auffahren des sechsten Fahrzeuges auf das fünfte mit den Schäden bestehe, die am vierten Fahrzeug und durch das Auffahren dieses Fahrzeuges auf das dritte entstanden seien.Die klagende Partei nehme die zweitbeklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Halters des sechsten Fahrzeuges (Paragraph 2, KHVG) nach den Bestimmungen des EKHG in Anspruch. Bei der Gefährdungshaftung nach EKHG habe der Halter nicht aufklärbare Ungewißheiten über wesentliche Einzelheiten des Unfalles zu vertreten. Dies gelte auch im Rahmen der ihn bzw den Haftpflichtversicherer treffenden Beweispflicht, daß der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis im Sinn des Paragraph 9, Absatz 2, EKHG verursacht wurde, und gingen Zweifel in diese Richtung zu Lasten des Halters bzw des Versicherers. Den ungeklärten Umstand, ob das fünfte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Auffahrens des sechsten noch in Bewegung war, habe die zweitbeklagte Partei daher gegen sich gelten zu lassen; sie könne sich demnach, insoweit sie nur wegen ihrer Gefährdungshaftung in Anspruch genommen werde, nicht darauf berufen, daß kein Kausalzusammenhang zwischen dem Auffahren des sechsten Fahrzeuges auf das fünfte mit den Schäden bestehe, die am vierten Fahrzeug und durch das Auffahren dieses Fahrzeuges auf das dritte entstanden seien.
Das Erstgericht habe die Haftung der zweitbeklagten Partei nur aus der sie treffenden Gefährdungshaftung nach EKHG bejaht. Zutreffend sei es davon ausgegangen, daß sie den ihr obliegenden Nachweis, daß der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, nicht erbracht habe. Ein solches läge nur vor, wenn der Lenker des sechsten Fahrzeuges jede nur erdenkliche Sorgfalt, ohne daß in deren Unterlassen bereits ein Verschulden gelegen sein mußte, aufgewendet hätte. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß im Tunnel das Aufleuchten der Bremslichter der vor dem fünften Fahrzeug befindlichen Fahrzeuge für den Lenker des sechsten Fahrzeuges früher erkennbar war als das Aufleuchten der Bremslichter des unmittelbar vor ihm fahrenden fünften Fahrzeuges, weshalb er früher hätte bremsen können. Der für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses beweispflichtigen zweitbeklagten Partei sei somit der Nachweis, daß der Lenker des sechsten Fahrzeuges alle nur erdenkliche Sorgfalt in der gegebenen Situation aufwendete, dennoch aber der Unfall bzw das von ihm verursachte Unfallsgeschehen unvermeidbar gewesen war, nicht gelungen. Sie habe den ihr obliegenden Freibeweis nach § 9 Abs 2 EKHG nicht erbracht, weil ein äußerst vorsichtiger Fahrzeuglenker in der gegebenen Situation unter Aufwendung aller nur erdenklicher Sorgfalt schon beim Aufleuchten der Bremslichter der in der Kolonne vor dem fünften Fahrzeug befindlichen Fahrzeuges seine Geschwindigkeit reduziert bzw früher zur Vermeidung des Auffahrens auf das vor ihm befindliche (fünfte) Fahrzeug gebremst hätte.Das Erstgericht habe die Haftung der zweitbeklagten Partei nur aus der sie treffenden Gefährdungshaftung nach EKHG bejaht. Zutreffend sei es davon ausgegangen, daß sie den ihr obliegenden Nachweis, daß der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, nicht erbracht habe. Ein solches läge nur vor, wenn der Lenker des sechsten Fahrzeuges jede nur erdenkliche Sorgfalt, ohne daß in deren Unterlassen bereits ein Verschulden gelegen sein mußte, aufgewendet hätte. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß im Tunnel das Aufleuchten der Bremslichter der vor dem fünften Fahrzeug befindlichen Fahrzeuge für den Lenker des sechsten Fahrzeuges früher erkennbar war als das Aufleuchten der Bremslichter des unmittelbar vor ihm fahrenden fünften Fahrzeuges, weshalb er früher hätte bremsen können. Der für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses beweispflichtigen zweitbeklagten Partei sei somit der Nachweis, daß der Lenker des sechsten Fahrzeuges alle nur erdenkliche Sorgfalt in der gegebenen Situation aufwendete, dennoch aber der Unfall bzw das von ihm verursachte Unfallsgeschehen unvermeidbar gewesen war, nicht gelungen. Sie habe den ihr obliegenden Freibeweis nach Paragraph 9, Absatz 2, EKHG nicht erbracht, weil ein äußerst vorsichtiger Fahrzeuglenker in der gegebenen Situation unter Aufwendung aller nur erdenklicher Sorgfalt schon beim Aufleuchten der Bremslichter der in der Kolonne vor dem fünften Fahrzeug befindlichen Fahrzeuges seine Geschwindigkeit reduziert bzw früher zur Vermeidung des Auffahrens auf das vor ihm befindliche (fünfte) Fahrzeug gebremst hätte.
Zutreffend habe daher das Erstgericht die Haftung der zweitbeklagten Partei für die von der klagenden Partei geltend gemachten, der Höhe nach nicht strittigen Ansprüche bejaht und sie, weil die Klagsforderung die Haftungshöchstgrenze nach dem EKHG nicht übersteigt, zur ungeteilten Hand mit der nach Verschuldensgrundsätzen haftenden erstbeklagten Partei verurteilt.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im ihr gegenüber klagsabweisenden Sinn abzuändern.
Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage teilweise verkannt hat. Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht fehlt der zweitbeklagten Partei auch nicht deshalb die Beschwer, weil die zur ungeteilten Hand mit ihr verurteilte erstbeklagte Partei inzwischen den gesamten Schaden bezahlt hat. Nach der Rechtsprechung kann die Beschwer nicht dadurch wegfallen, daß der Rechtsmittelwerber vor oder während des Rechtsmittelverfahrens die ihm durch das bekämpfte Urteil auferlegte Leistung erbracht hat (MGA JN/ZPO14 § 461 ZPO E 20). Gleiches gilt im Fall der Zahlung durch einen bereits rechtskräftig verurteilten, solidarisch haftenden Mitbeklagten, dessen Rückgriffsanspruch die zweitbeklagte Partei ausgesetzt sein könnte. Hiedurch hat sich auch am für die Revisionszulässigkeit maßgeblichen Wert des Entscheidungsgegenstandes nichts geändert, weil dafür der - hier verfahrensrechtlich unverändert gebliebene - Anspruch maßgebend ist, über den das Berufungsgericht entschieden hat.Die Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage teilweise verkannt hat. Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht fehlt der zweitbeklagten Partei auch nicht deshalb die Beschwer, weil die zur ungeteilten Hand mit ihr verurteilte erstbeklagte Partei inzwischen den gesamten Schaden bezahlt hat. Nach der Rechtsprechung kann die Beschwer nicht dadurch wegfallen, daß der Rechtsmittelwerber vor oder während des Rechtsmittelverfahrens die ihm durch das bekämpfte Urteil auferlegte Leistung erbracht hat (MGA JN/ZPO14 Paragraph 461, ZPO E 20). Gleiches gilt im Fall der Zahlung durch einen bereits rechtskräftig verurteilten, solidarisch haftenden Mitbeklagten, dessen Rückgriffsanspruch die zweitbeklagte Partei ausgesetzt sein könnte. Hiedurch hat sich auch am für die Revisionszulässigkeit maßgeblichen Wert des Entscheidungsgegenstandes nichts geändert, weil dafür der - hier verfahrensrechtlich unverändert gebliebene - Anspruch maßgebend ist, über den das Berufungsgericht entschieden hat.
Die Revision ist teilweise auch berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht zusammengefaßt geltend, der Schaden am Fahrzeug 3 könne ihr als Versicherer von Fahrzeug 6 mangels Zusammenhanges überhaupt nicht zugerechnet werden, der Schaden am Fahrzeug 4, wenn überhaupt, nur nach dem EKHG; diese subsidiäre Haftung komme aber wegen des rechtskräftig festgestellten Verschuldens des Lenkers von Fahrzeug 5 nicht mehr zum Tragen.
Hiezu wurde erwogen:
Die klagende Partei nimmt die zweitbeklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges 6 aus der Gefährdungshaftung des EKHG in Anspruch. Den Nachweis der fehlenden Kausalität oder der Einhaltung jeder gebotenen Sorgfalt muß hiebei der Haftpflichtschuldner erbringen, wobei Zweifel zu seinen Lasten gehen (vgl die Nachweise bei Schauer in Schwimann2 § 9 EKHG Rz 52; Apathy, EKHG § 9 Rz 3).Die klagende Partei nimmt die zweitbeklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges 6 aus der Gefährdungshaftung des EKHG in Anspruch. Den Nachweis der fehlenden Kausalität oder der Einhaltung jeder gebotenen Sorgfalt muß hiebei der Haftpflichtschuldner erbringen, wobei Zweifel zu seinen Lasten gehen vergleiche die Nachweise bei Schauer in Schwimann2 Paragraph 9, EKHG Rz 52; Apathy, EKHG Paragraph 9, Rz 3).
Ein Kausalzusammenhang zwischen der Kollision von Fahrzeug 5 und Fahrzeug 6 mit der Kollision von Fahrzeug 3 und Fahrzeug 4 kann nach den getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, was zu Lasten der zweitbeklagten Partei geht. Dem Berufungsgericht ist auch zuzustimmen, daß der zweitbeklagten Partei der Nachweis nicht gelungen ist, der Lenker des Fahrzeuges 6 hätte jede erdenkliche Sorgfalt aufgewendet. Hiezu wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Im übrigen ist zwischen den Schäden am Fahrzeug 3 (samt Insassenschaden) und am Fahrzeug 4 zu unterscheiden:
Was letzteren Schaden anlangt, so fällt dem Geschädigten in bezug auf die nachfolgenden Fahrzeuge weder ein Mitverschulden noch eine mitwirkende Betriebsgefahr zur Last; Fahrzeug 4 hätte (ohne Anstoß durch nachfolgende Fahrzeuge) hinter Fahrzeug 3 kontaktfrei anhalten können. Der entlastete Halter des Fahrzeuges 4, dessen Ansprüche auf die klagende Partei übergegangen sind, ist daher kein Beteiligter im Sinne des § 11 Abs 1 EKHG, sondern Dritter. Ihm gegenüber haften alle Schädiger gemäß § 8 EKHG solidarisch. Mangels gegenseitiger Ersatzpflicht liegt gar kein Fall des § 11 Abs 1 Satz 2 EKHG vor (Schauer aaO § 11 Rz 5, 55; Apathy aaO § 11 Rz 1, 2; ZVR 1980/17). Daß dem Lenker des Fahrzeuges 5 ein Verschulden anzulasten ist, während im Zusammenhang mit Fahrzeug 6 nur Gefährdungshaftung besteht, ist daher nicht für den Anspruch der klagenden Partei gegen die beiden beklagten Parteien, sondern nur für das zwischen diesen bestehende Verhältnis von Bedeutung.Was letzteren Schaden anlangt, so fällt dem Geschädigten in bezug auf die nachfolgenden Fahrzeuge weder ein Mitverschulden noch eine mitwirkende Betriebsgefahr zur Last; Fahrzeug 4 hätte (ohne Anstoß durch nachfolgende Fahrzeuge) hinter Fahrzeug 3 kontaktfrei anhalten können. Der entlastete Halter des Fahrzeuges 4, dessen Ansprüche auf die klagende Partei übergegangen sind, ist daher kein Beteiligter im Sinne des Paragraph 11, Absatz eins, EKHG, sondern Dritter. Ihm gegenüber haften alle Schädiger gemäß Paragraph 8, EKHG solidarisch. Mangels gegenseitiger Ersatzpflicht liegt gar kein Fall des Paragraph 11, Absatz eins, Satz 2 EKHG vor (Schauer aaO Paragraph 11, Rz 5, 55; Apathy aaO Paragraph 11, Rz 1, 2; ZVR 1980/17). Daß dem Lenker des Fahrzeuges 5 ein Verschulden anzulasten ist, während im Zusammenhang mit Fahrzeug 6 nur Gefährdungshaftung besteht, ist daher nicht für den Anspruch der klagenden Partei gegen die beiden beklagten Parteien, sondern nur für das zwischen diesen bestehende Verhältnis von Bedeutung.
Die Klagsforderung ist somit im Umfang des hierauf entfallenden Betrages von S 99.590 berechtigt.
Was den Schaden am Fahrzeug 3 (samt Insassen) betrifft, so hat die klagende Partei diesen offenbar wegen einer vom bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeug 4 ausgehenden außergewöhnlichen Betriebsgefahr ersetzt (vgl Schauer aaO § 9 Rz 44 mwN; Apathy aaO § 9 Rz 29 mwN). Wenn sie die beklagten Parteien nun insoweit in Anspruch genommen hat, handelt es sich hiebei um eine Rückgriffsforderung gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 EKHG. Mehrere Rückgriffsschuldner haften aber nicht solidarisch, sondern nur nach Maßgabe ihrer Anteile (Schauer aaO § 11 Rz 51; Apathy aaO § 11 Rz 4), das heißt entsprechend der Reihenfolge der Zurechnungsgründe gemäß § 11 Abs 1 EKHG. Da die erstbeklagte Partei eine Verschuldenshaftung, die zweitbeklagte Partei aber nur eine Gefährdungshaftung trifft, hat sich die klagende Partei in erster Linie bei der erstbeklagten Partei zu regressieren. Nur wenn die Forderung bei dieser uneinbringlich wäre - was von der klagenden Partei nicht behauptet wurde - , könnte die zweitbeklagte Partei zum (anteiligen) Regreß herangezogen werden (vgl Schauer aaO § 11 Rz 51).Was den Schaden am Fahrzeug 3 (samt Insassen) betrifft, so hat die klagende Partei diesen offenbar wegen einer vom bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeug 4 ausgehenden außergewöhnlichen Betriebsgefahr ersetzt vergleiche Schauer aaO Paragraph 9, Rz 44 mwN; Apathy aaO Paragraph 9, Rz 29 mwN). Wenn sie die beklagten Parteien nun insoweit in Anspruch genommen hat, handelt es sich hiebei um eine Rückgriffsforderung gemäß Paragraph 11, Absatz eins, Satz 1 EKHG. Mehrere Rückgriffsschuldner haften aber nicht solidarisch, sondern nur nach Maßgabe ihrer Anteile (Schauer aaO Paragraph 11, Rz 51; Apathy aaO Paragraph 11, Rz 4), das heißt entsprechend der Reihenfolge der Zurechnungsgründe gemäß Paragraph 11, Absatz eins, EKHG. Da die erstbeklagte Partei eine Verschuldenshaftung, die zweitbeklagte Partei aber nur eine Gefährdungshaftung trifft, hat sich die klagende Partei in erster Linie bei der erstbeklagten Partei zu regressieren. Nur wenn die Forderung bei dieser uneinbringlich wäre - was von der klagenden Partei nicht behauptet wurde - , könnte die zweitbeklagte Partei zum (anteiligen) Regreß herangezogen werden vergleiche Schauer aaO Paragraph 11, Rz 51).
Die Klagsforderung ist daher im Umfang des hierauf entfallenden Betrages von S 144.127 nicht berechtigt.
Der Revision der zweitbeklagten Partei war somit teilweise Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen waren spruchgemäß abzuändern (die mangelnde Berechtigung der Gegenforderung der zweitbeklagten Partei ist im drittinstanzlichen Verfahren nicht mehr bezweifelt worden).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1, § 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 43, Absatz eins,, Paragraph 50, ZPO.
Anmerkung
E50104 02A00068European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0020OB00006.98S.0423.000Dokumentnummer
JJT_19980423_OGH0002_0020OB00006_98S0000_000