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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs4 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch Dr. Manfred Pollitsch, Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/10/40, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 19. Mai 2005, Zl. LGS 600/SfA/0566/2005-Dr.Si/S, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 5. Oktober 2004 - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides - "mangels Arbeitslosigkeit" abgewiesen.
In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei vom 15. Mai bis zum 31. Dezember 2003 geringfügig und vom 1. Jänner bis zum 1. August 2004 (214 Tage) arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Parallel zu seiner Beschäftigung habe der Beschwerdeführer ein Studium betrieben. Am 5. Oktober 2004 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt. Er habe auch schon früher Arbeitslosengeld bezogen; es habe sich um einen Antrag auf Fortbezug gehandelt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, neben einem Studium müsse der Arbeitslose eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung von 39 Wochen während eines Zeitraumes von 12 Monaten vor der Geltendmachung nachweisen. Der Beschwerdeführer habe im Jahr vor seiner Antragstellung am 5. Oktober 2004 nur 30,57 anstatt der geforderten 39 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigungszeit neben seinem Studium nachweisen können. Der Beschwerdeführer gelte daher nicht als arbeitslos, weshalb die Zuerkennung von Arbeitslosengeld schon deshalb nicht in Frage komme. Die Bestimmung über die Erfüllung der Anwartschaft bei einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung von insgesamt 28 Wochen in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung bei jeder weiteren Inanspruchnahme sei auch im vorliegenden Fall erforderlich, ändere jedoch nichts an der Voraussetzung einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung von 39 Wochen während eines Zeitraumes von 12 Monaten vor der Geltendmachung; die zuletzt genannte Voraussetzung ist nämlich nur für die Frage von Bedeutung, ob überhaupt Arbeitslosigkeit vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Als arbeitslos im Sinne dieser Bestimmung gilt gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG insbesondere nicht,
"wer in einer Schule oder in einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht".
§ 12 Abs. 4 AlVG lautet:
"(4) Abweichend von Abs. 3 lit. f gilt als arbeitslos, wer
1. während eines Zeitraumes von zwölf Monaten vor der Geltendmachung mindestens 39 Wochen, davon 26 Wochen durchgehend, oder mindestens die Hälfte der Ausbildungszeit, wenn diese kürzer als zwölf Monate ist, arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war,
2. zugleich dem Studium oder der praktischen Ausbildung nachgegangen ist und
3. die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst hat."
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte nicht nur die Zeiten der tatsächlichen Beschäftigung, sondern auch jene Zeiträume für die der Beschwerdeführer Kündigungsentschädigung erhalten hat, in die Frist des § 12 Abs. 4 Z. 1 AlVG einrechnen müssen. Die Kündigungsentschädigung habe der Beschwerdeführer bis 30. September 2004 erhalten, sodass sich eine Zeitspanne von knapp 40 Wochen ergebe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 17. Mai 2006, Zl. 2004/08/0135, ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob die Wortfolge "arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt" in der zuletzt genannten Bestimmung auch den Zeitraum einer Kündigungsentschädigung umfasse und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sie so zu verstehen ist, dass es auf das arbeitsvertragrechtliche Bestehen eines Dienstverhältnisses ankommt und die im Fall der Zahlung einer Kündigungsentschädigung oder einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt eintretende Verlängerung der Arbeitslosenversicherungspflicht nicht zu den Zeiten der arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung zu rechnen ist. Auf die nähere Begründung in diesem Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Demnach ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall zutreffend nur von der Dauer des arbeitsvertragsrechtlichen Bestehens des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers von rund 31 Wochen ausgegangen und hat auf dieser Grundlage zurecht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 12 Abs. 4 AlVG und damit die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers verneint.
Die Vorschriften über die Anwartschaft im Falle des Fortbezuges (§ 14 Abs. 2 AlVG) haben entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht für die Frist des § 12 Abs. 4 AlVG keine Bedeutung, weil es sich bei der Anwartschaft um eine von der - hier zu beurteilenden - Frage des Vorliegens von Arbeitslosigkeit verschiedene Voraussetzung für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld handelt (vgl. § 7 Abs. 1 AlVG).
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333
Wien, am 20. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005080120.X00Im RIS seit
04.12.2006